Titel: | Die Schaufel als Maschine. |
Autor: | Julius Petersen |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 561 |
Download: | XML |
Die Schaufel als Maschine.
Von Ing. Julius Petersen,
St. Jürgen (Schleswig).
[Die Schaufel als Maschine.]
Fast mit jedem Jahre werden der Fördertechnik neue Maschinen zugeführt, die
entweder durch ihre größere Leistung, ihren billigen Betrieb oder ihre bessere
Handhabung das Althergebrachte verdrängen.
Auch bei unserer gewöhnlichen Handschaufel ist eine weitere Entwicklung zu
verzeichnen. Ursprünglich nur von Hand bedient, verlangten unsere Industrien andere
Mittel, die einerseits das Arbeitsvermögen der Arbeiter schonten und andererseits
durch Anwendung von Pferde oder Maschinenkräfte und durch entsprechende
Arbeitseinteilung an effektive Leistung zu gewinnen.
Textabbildung Bd. 325, S. 561
Fig. 1.
Die Handschaufel hat bei längerer Anwendung die Ermüdung der Rückenmuskeln zur Folge,
ein Umstand, der die Leistung des Arbeiters vermindert resp. die Arbeitskosten
vermehrt. Diesen Nachteilen entgegen zu wirken, haben einige amerikanische Firmen
veranlaßt, die Schaufelgröße um ein erhebliches zu vermehren und die Schaufel durch
Rollen zu unterstützen, um auf diesen das Fördergut nach dem Bestimmungsorte
abzufahren, statt es hinzuwerfen.
Diese Schaufeln (s. Fig. 1), als
„Scoop-Trucks“ bezeichnet, fassen einen Inhalt von 2½ Bushel (= 87,5 l).
Sie sind 700 mm breit, 550 mm lang und haben eine größte Tiefe von 275 mm. Ihr
Material ist gepreßtes Stahlblech, welches zur größeren Steifigkeit und zur Aufnahme
der beiden Handgriffe auf der Rückwand, Preßfurchen hat. In ihnen liegen auch die
Rollen. Die Verwendung dieser Schaufeln ist namentlich dort vorteilhaft, Wo es sich
um die Fortbewegung von kleinstückigen Massen handelt; besonders für Materialien,
wie Getreide, Feinkohle, Sand und ähnliches.
In Amerika werden diese Schaufeln mit Vorteil zum Entleeren von Waggons benutzt, in
denen das Getreide lose, also nicht in Säcken, aufgestapelt ist.
Der Maßstab für die Nutzanwendung ist daraus ersichtlich, daß nach Angabe der
Fabrikanten mit diesen Schaufeln die Entleerung eines Waggons in ⅕ der Zeit erfolgen
kann, als mit den gewöhnlichen Handschaufeln.
Die Abmessungen der obigen Schaufeln sind so gewählt, daß die Bedienung für acht- bis
zehnstündige Arbeitszeit innerhalb des Arbeitsvermögens des Arbeiters liegt. Für
größere Leistungen sind bereits Konstruktionen auf dem Markt, bei denen der Antrieb
durch ein bis drei Pferde oder durch Dampf resp. Elektrizität erfolgt. Besonders für
Erdarbeiten ist das in Fig. 2 dargestellte
Gerät in den Vereinigten Staaten in Gebrauch, welches von einem Mann und
mehreren Pferden bedient wird. Hervorragende Dienste leisten diese Schaufeln bei dem
Planieren oder Anhäufen von Bauplätzen, sowie bei Wege- und Dammbauten. Man läßt
nach Möglichkeit die Gespanne hintereinander in einem Kreise oder in sonst
geschlossener Linie arbeiten, wodurch der Betrieb ein ununterbrochener wird.
Textabbildung Bd. 325, S. 561
Fig. 2. Selbsttätige Erdschaufel mit Eisenmulde in Arbeitsstellung.
In Deutschland ist die Firma- Hugo Kriesel, Dirschau,
Fabrik landwirtschaftlicher Maschinen und Geräte, Fabrikant dieser Schaufeln.
Textabbildung Bd. 325, S. 561
Fig. 3. Selbsttätige Erdschaufel mit Eisenmulde, umgekippt.
Die Handhabung ist ebenso einfach wie zweckmäßig. Nachdem die an den Haken
angeschirrten Pferde angezogen haben und die Mulde auf dem Boden schleift, genügt
ein geringes Anheben der Querstange des Rahmengestells durch den Führer, um die
Muldenschneide in die Erde eindringen zu lassen. Durch den ununterbrochenen Zug der
Pferde schieben sich die Erdmassen in die Mulde, bis diese gefüllt ist. Mit einem
geringen Gegendruck hebt der Führer alsdann die Schneide in die Höhe und der Apparat
fährt mit seinem Inhalt nach den Entladestellen. Für die Entleerung läßt man durch
erneutes Anheben die Muldenschneide tiefer in die Erde eindringen. Der hierdurch
verursachte Widerstand bringt die Schaufel, die drehbar in dem hölzernen
Rahmengestell angeordnet ist, zum Kippen resp. Entleeren. Nach der Entleerung
berührt die Rückseite der Mulde den Boden (Fig. 3).
Bei weiterem Vorwärtsziehen erfolgt eine erneute Drehung um 180° und Rückkehr des
Apparates in die
Anfangs- und Arbeitsstellung. Die Breiten dieser Schaufeln bewegen sich in den
Grenzen von 0,8 bis 1 m, entsprechend dem Fassungsvermögen von 0,18 bis 0,22
cbm.
Die Anordnung von Schaufeln mit maschinellem Antrieb zeigen Fig. 4 und 5. Diese Schaufeln sind im
besonderen in den Vereinigten Staaten weit verbreitet, wo sie unter den Namen
„Power Shovels“ in vielen Industrien Eingang gefunden haben.
Textabbildung Bd. 325, S. 562
Fig. 4.
Textabbildung Bd. 325, S. 562
Fig. 5.
Fast alle großen und neuen Speicherbauten rechnen zu ihrem Maschinenbestand eine
Anzahl dieser leistungsfähigen Maschinenschaufeln, die das Fördergut aus den Waggons
in Elevatorengruben werfen. Sie sind zumeist reihenweise neben den Gleisen in
erhöhter Lage angebracht. Eine durchgehende Transmissionswelle, die im Durchschnitt
60 Umdreh. i. d. Min. macht, ist mittels ausrückbarer Kupplungen imstande eine
Schaufel, oder, falls an mehreren Stellen ausgeladen wird, alle zu gleicher
Zeit in Tätigkeit zu setzen.
Der ganze Apparat setzt sich in seinen Hauptteilen zusammen aus der eigentlichen
Schaufel und der von der Transmission angetriebenen selbsttätigen Windvorrichtung.
Die Schaufel, die leicht und doch kräftig ausgebildet ist, hat an der oberen Seite
zwei Handgriffe, durch die der Arbeiter die Führung bewirkt. In ungefähr ¼ der
Gesamthöhe von unten greifen die Zugseile an, die über Rollen beliebig zur
Windvorrichtung führen. Letztere wirkt in der Weise selbsttätig, daß sie abwechselnd
die Schaufel durch das Seil anzieht, um sie nach Zurücklegung eines bestimmten Weges
wieder frei zu geben. Diesen Augenblick benutzt der Arbeiter, um mit Unterstützung
von Ausgleichgewichten die Schaufel mit dem Seil zurückzuziehen. Ein geringes
Anheben, ein Stoß in das Fördergut und die Schaufel wird erneut, das Material vor
sich schiebend, nach der Entladestelle gezogen.
Die Größe der Schaufeln, die von der Beschaffenheit der zu fördernden Materialien
abhängig ist, beträgt im allgemeinen 800 mm Länge und 900 mm Breite.
Für Waggonentladungen können ein oder zwei Apparate zu gleicher Zeit in Tätigkeit
sein. In einem solchen Falle ist es zweckmäßig, daß die einzelnen Funktionen des
Apparates zeitlich nicht zusammenfallen, sondern vielmehr nacheinander erfolgen.
Mit der Anwendung dieser Apparate lassen sich Waggons in wenigen Minuten entladen.
Die Zeitersparnis, gleichbedeutend mit der Verminderung an Arbeitslöhnen ist somit
nicht unwesentlich.
In Deutschland ist es die Firma Amme, Giesecke & Konegen in Braunschweig, die diese Apparate für den
Transport von Getreide, Feinkohle, Kalisalze und anderes bauen. Unter anderen sind
von dieser Firma fünf Apparate nebeneinander in einer Anlage in Hameln a. d. Weser
im Betriebe, wo sie vorzugsweisen zum Umschlagen von Kalisalzen Verwendung
finden.