Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 573 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Berechnung und Konstruktion raschlaufender Rotore von
Dampfturbinen.
Die Berechnung und Konstruktion von Dampfturbinen geht zunächst von physikalischen
Gesetzen aus, nach Welchen sich der Wirkungsgrad der Turbinen richtet; doch bedingt
in vielen Fällen die Rücksicht auf die Festigkeit und Dehnung des Materials, auf das
Gewicht, die Größe und die Anlagekosten Abweichungen von der theoretisch günstigsten
Konstruktion. So geben bei kleinen Turbinen die Kosten den Ausschlag und zwingen zu
einer einfachen Ausführung des Rotors mit einem geringeren thermischen Wirkungsgrad.
Die langsamlaufenden Turbinen für den Antrieb von Schiffen verlangen eine
Beschränkung in der Größe des Rotordurchmessers, was ebenfalls mit einem Opfer an
Wirkungsgrad verbunden ist. Für den am meisten vorkommenden Antrieb von
Dynamomaschinen und Kreiselpumpen wird gewöhnlich nur auf die zulässige Festigkeit
der Rotoren Rücksicht genommen. Bei der Verschiedenheit der Bedingungen variieren
dann auch die vorkommenden Umdrehungszahlen zwischen 30000 bei den kleinsten de Laval-Turbinen bis 750 bei den größten mehrstufigen
Turbinen.
Die Berechnung und Konstruktion der Rotoren wird meist nach der Erfahrung
vorgenommen, weniger auf Grund theoretischer Festigkeitsrechnungen. Die
Konstrukteure lehnen sich bei ihrer Formgebung in der Regel an frühere Ausführungen
an, die sich bewährt haben. In manchen Fällen, wo Mißstände vorgekommen sind, ist
das Verhalten der Rotoren in der Dampfwärme und die kritische Tourenzahl der Wellen
nicht genügend berücksichtigt worden.
1. Die einstufige Druckturbine von de Laval besitzt eine
Scheibe als Rotor, deren Form nach der Beanspruchung durch die Zentrifugalkraft
bestimmt ist, an der Naebe also stärker. Eine 200 PSe-Turbine mit 10000 Umdrehungen i. d. Min. hat einen mittleren
Schaufelkreisdurchmesser von 620 mm entsprechend einer Umfangsgeschwindigkeit von ∾
325 m i. d. Sek. Dieselbe Umfangsgeschwindigkeit ließe sich auch bei einem langsamer
laufenden Rad mit entsprechend größerem Durchmesser erreichen, aber dann nimmt die
Reibung der Scheibe namentlich in dichterem Dampf sehr zu. Die Radscheibe wiegt rd.
90 kg, jede der 160 Schaufeln etwa 25 g. Die kritische Geschwindigkeit der nur 30 mm
starken Welle liegt bei 3000 Umdrehungen. Die Schaufeln und ihre
Befestigungseinrichtung beansprucht die Scheibe mit etwa 1600 kg/qcm. Die
Torsionsbeanspruchung der Welle ist bei der Uebertragung von 200 PSe etwa 270 kg/qcm, das Torsionsmoment beträgt ∾ 14 mkg, das
Biegungsmoment 8,3 mkg, das kombinierte Moment also ∾ 16 mkg entsprechend einer
Beanspruchung in der Welle von 310 kg/qcm.
2. Mehrstufige Druckturbinen. Hierbei werden eine Reihe von Einzelscheiben
angewendet, die zwischen zwei feststehenden Wänden rotieren. Der Spielraum bei
Durchtritt der Welle durch die so gebildeten Kammern darf nur sehr klein sein, weil
sonst zu große Dampfverluste entstehen. Bei reibungsfreier Strömung beträgt die
durch 1 qcm des Spaltes an der Welle in der ersten Stufe durchtretende Dampf menge
bei einem Anfangsdruck von 10 at etwa 500 kg i. d. Std. Sie nimmt in den folgenden
Stufen entsprechend dem sich vermindernden Druck allmählich ab und beträgt z.B. in
der 10. Stufe bei einem Druck von 1,8 at ∾ 100 kg und in der 16. Stufe bei einem
Druck von ¼ at abs. etwa 18 kg/qcm. Nach Stodola kann
zur Berücksichtigung der Strömungswiderstände bei einem Spalt von 1 mm ein Abzug von
15 v. H., bei einem Spalt von 0,1–0,2 mm ein Abzug von 30 v. H. gemacht werden.
Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit eines sehr geringen Spielraums an der Welle
vor allem für die Stufen mit höherem Druck. Die Stufenzahl beträgt bei kleineren Turbinen
(4–500 KW) etwa 10, bei größeren bis zu 20. Die Durchmesser der Scheiben in den
Hochdruckstufen sind gewöhnlich geringer als in den Niederdruckstufen, um die
Reibungsverluste in dem dichteren Dampf zu verringern und um die Druckunterschiede
zwischen jeder Stufe und damit die Undichtigkeitsverluste zu verringern. Bei
geringer Stufenzahl sind natürlich die letzteren Verluste größer. Man macht auch wie
bei der Rateau- und Oerlikon-Turbine die Welle im Hochdruckteil schwächer und verstärkt sie
allmählich nach der Mitte zu, um die Undichtigkeitsverluste in den Hochdruckstufen
zu vermindern.
Die Scheiben selbst werden mit Rücksicht auf die Verbiegung der Welle so leicht als
möglich gemacht; ihre Stärke beträgt bei Zoelly-Turbinen gewöhnlich nur 10 mm am Kranz und 20 mm an der Nabe; die
größten Scheiben werden oft nur 25–30 mm dick gemacht. Rateau verwendet zwei 5 mm dünne Scheiben aus Nickelstahl, die am Umfang
zusammengenietet und an der Nabe an einen ringsumlaufenden Flansch befestigt sind.
Die Schaufeln werden mit ihrem flanschartigen Fuß am Scheibenkranz durch Nietung
befestigt. Diese außerordentlich leichte Konstruktion eignet sich aber für hohe
Geschwindigkeiten nicht. Die Welle ist für jedes Rad abgesetzt; die Räder werden
unter hohem Druck auf die Welle aufgezogen. Beim Austritt aus dem Gehäuse wird bei
der Zoelly-Turbine eine Metallpackung ähnlich
derjenigen bei Kolbenstangenstopfbüchsen angewendet, weil hier der innere
Ueberdruck, gegen den die Welle abgedichtet werden muß, ziemlich groß ist. Die
Packungen im Niederdruckteil können kürzer ausfallen.
Die Schaufelkonstruktion der Zoelly-Turbine und der
Turbine von Oerlikon ist ungefähr die gleiche. Beide
erhalten meist einen äußeren Abschlußring für die Schaufelkanäle, der aus einzelnen
Segmenten besteht, die mit den Schaufeln vernietet sind.
3. Mehrstufige Druckturbinen mit Geschwindigkeitsstufen (Ausführung der A. E. G.) besitzen gewöhnlich nur zwei Scheiben, die
als Körper gleicher Festigkeit ausgebildet und deshalb an der Nabe sehr verstärkt
sind. Es ist hier nur eine Trennungswand mit einem Spalt vorhanden, durch welchen
Dampf von der einen zur anderen Stufe entweichen kann. Bei reibungsfreier Strömung
entweichen etwa 530 kg f. d. qcm der Spaltfläche. Der Spaltverlust ist also hier
größer als bei der vielstufigen Druckturbine; doch kann wegen der geringen Zahl der
Scheiben die Welle kürzer und dünner und damit der Spalt kleiner gemacht werden. Die
Anordnung zweier Schaufelkränze auf einem Radkranz führt zu einer beträchtlichen
Verstärkung derselben und der ganzen Scheibe; die Räder werden deshalb bei diesen
Turbinen ziemlich schwer. Um sie leicht von der Welle herunterbringen zu können,
sitzen sie auf konischen Buchsen, die über die glatte Welle gezogen sind. Mit den
Schaufelgeschwindigkeiten geht man hier bis zu 150 m i. d. Sek.
4. Die Ueberdruckturbine: Der Rotor unterscheidet sich hier von den Scheibenrädern
grundsätzlich durch die Ausführung als Trommel, an deren Enden sich die Wellenstücke
anschließen. Die Trommel erhält zwei, drei oder vier Abstufungen in den Durchmessern
je nach dem die Undichtigkeitsverluste eingeschränkt werden sollen, ohne den
radialen Spielraum zu sehr zu verkleinern. Der achsiale Spielraum zwischen Leit- und
Laufschaufeln kann groß genommen werden; partielle Beaufschlagung ist
ausgeschlossen. Zur Verminderung des Lässigkeitsverlustes ist es notwendig, das
Verhältnis des radialen Spielraums zur Schaufellänge nicht zu klein zu machen. Es
beträgt gewöhnlich 1/20 im Hochdruckteil und 1/100 im Niederdruckteil. Der Durchmesser der Trommel
im Niederdruckteil ist begrenzt durch die Rücksicht auf die Zugbeanspruchung
durch die Zentrifugalkräfte. Die Schaufeln werden gegen den Hochdruckteil zu kürzer
entsprechend dem abnehmenden Dampfvolumen. Werden dabei die Schaufeln so kurz, daß
das Verhältnis des radialen Spielraums zur Schaufellänge ungünstig wird, so wird der
Trommeldurchmesser verkleinert. Wird der radiale Spielraum konstant gehalten, so
nimmt dessen Verhältnis zur Schaufellänge ungefähr im Quadrat des mittleren
Schaufelkreisdurchmessers ab, während die Zahl der Schaufelreihen bei einem
gegebenen Druckgefälle umgekehrt mit dem Quadrat des mittleren
Schaufelkreisdurchmessers wächst. Der Lässigkeitsverlust f. d. qcm Spaltfläche für
reibungsfreie Strömung bestimmt, ist bedeutend geringer als bei den Druckturbinen;
er beträgt z.B. in der ersten Stufe bei einem Anfangsdruck von 10 at nur 130 kg/qcm
Spaltfläche; am Ende der zweiten Stufengruppe bei einem Druck von etwa 4 at nur 55
kg/qcm. Da wo
die Schaufelkanäle nicht durch einen äußeren Ring bedeckt sind, üben die
Schaufelenden eine führende Wirkung auf den seitlich ausweichenden Dampfstrom aus
und dadurch wird der tatsächliche Lässigkeitsverlust noch verhältnismäßig geringer.
Bei der großen Zahl von Stufen hat ein Lässigkeitsverlust in einer Stufe einen
geringeren Einfluß auf den Gesamtwirkungsgrad als bei den Turbinen mit weniger
Stufen. Andererseits ist die Spaltfläche infolge des größeren Durchmessers größer.
Der Ausgleich des Achsialschubes wird bekanntlich durch Entlastungskolben bewirkt,
die durch die geniale Labyrinthdichtung von Parsons
abgedichtet werden. Durch die Anzahl der Labyrinthkammern kann jede gewünschte
Abdichtung erzielt worden. Sobald eine doppelte Dampfströmung von der Mitte der
Trommel aus oder nach der Mitte zu ausgeführt wird, können die Entlastungskolben
wegfallen. Bei einzelnen Bauarten hat man an den Schaufelenden noch eine
Labyrinthdichtung angebracht, um die Spaltverluste zu vermindern. Die Schaufeln
werden entweder mit den Zwischenstücken einzeln in die Rillen der Trommeln
eingesetzt oder zuerst segmentweise zusammengefaßt und die Segmente mit der Trommel
befestigt. Vielfach werden die Schaufeln an der Spitze zugeschärft, so daß sie bei
einer Berührung mit dem feststehenden Gehäuse ohne Schaden abschleifen; die
entstehende Wärme wird durch die dickeren Teile der Schaufeln sofort abgeleitet,
ohne eine schädliche Dehnung hervorzurufen.
Die Befestigung der Welle mit der Trommel wird auf verschiedene Weise ausgeführt,
z.B. dadurch, daß die Welle große Flanschen erhält, welche mit den Trommelenden
verschraubt sind. Auch wird die Trommel auf die Wellenstümpfe aufgeschrumpft; doch
ist diese Verbindung nur dann dauerhaft, wenn dafür gesorgt wird, daß das
Trommelende und der Wellenstumpf die gleiche Temperatur behalten; sonst lockert sich
die Verbindung. Brown und Boveri wenden hierbei einen Bajonettverschluß an, um bei eingetretener
Lockerung immer noch eine Verbindung zu haben. Die Wellenlager erhalten fast
durchweg kugelförmige Stützung.
5. Kombinierte Bauarten suchen die Vorteile der verschiedenen vorhergehenden Systeme
zu vereinigen. Die Melms- und Pfenninger-Turbine ist im Hochdruckteil eine Druckturbine mit Trommel; die
Schaufeln haben eine Art Labyrinthdichtung, um die Undichtigkeitsverluste zu
vermindern. Der Niederdruckteil ist eine gewöhnliche Reaktionsturbine. Brown, Boveri & Cie.
schaltet ihrer Reaktionsturbine ein Aktionsrad mit zwei Geschwindigkeitsstufen vor.
Franco Tosi führt eine ähnliche Bauart aus; für
höhere Druckgefälle werden auch zwei Aktionsräder angeordnet. Die
Labyrinthdichtungen für die Welle haben eine über die Welle mit einem gewissen
Spielraum gezogene Büchse, so daß bei einem Anstreifen der Dichtung die Reibungswärme
nicht der Welle mitgeteilt wird.
Die Berechnung der Trommel auf Grund der Beanspruchung durch die Fliehkräfte
gestaltet sich einfach, da es genügt, die Festigkeit des einfachen Ringes unter
Berücksichtigung der Verschwächung durch die Rillen für die Schaufeln zu bestimmen.
Die Bestimmung der Beanspruchung von Scheibenrädern ist ein schwieriges Problem. Mit
gewissen Annahmen ist das Problem einer rotierenden Scheibe mathematisch streng
gelöst. Ein Sonderproblem ist die Scheibe gleicher Festigkeit, wie sie z.B. bei der
Laval-Turbine ausgeführt wird.
Die Berechnung der Turbinenwelle hat mit Rücksicht auf die Durchbiegung und auf die
kritische Tourenzahl zu erfolgen. Durch Verstärkung der Welle und durch Verkürzung
des Lagerabstandes wird die Durchbiegung verringert. Doch ist beides von Einfluß auf
den Wirkungsgrad dadurch, daß der Spielraum der Dichtung zwischen zwei Druckstufen
vergrößert bezw. die Zahl der Stufen verringert wird. Das Gewicht des Rotors wird
mit Rücksicht auf die Durchbiegungen der Welle möglichst verringert. Zur Berechnung
der biegenden Momente und der Durchbiegung benutzt man vorteilhaft die graphische
Methode, die zwar etwas aufhaltend, aber im Prinzip einfach ist. Die Wellen von
Trommelrotoren werden gewöhnlich in Lagern mit kugeliger Stützung gelagert, in denen
sie jede Neigung annehmen können; bei Scheibenrotoren zieht man zur Erhöhung der
Steifigkeit der Welle gewöhnlich lange Traglager vor. Wenn in letzterem Fall die
Lager nicht genau gleichachsig sind, können beträchtliche Biegungsmomente auftreten.
Der Belastungsdruck der Lager mit Kugelunterstützung wird gewöhnlich gleich 3,5–7
kg/qcm
genommen, bei festen Lagern 1,5 bis 3,5 kg/qcm.
Die Berechnung der kritischen Geschwindigkeit gestaltet sich für glatte Wellen
einfach; zu berücksichtigen ist, ob die Welle in den Lagern frei gestützt oder
eingespannt ist. Für Wellen mit verschiedenen Durchmessern in verschiedener
Belastung empfiehlt sich, ein graphisches Verfahren mit Hilfe der elastischen Linie
(siehe Stodola, Die Dampfturbinen und Morley, Engineering, Bd. 88. S. 135).
Als Material für die Rotoren dient gewöhnlich Siemens-Martinstahl und Nickelstahl. Große Rotoren mit Trommelbauart werden
auch aus Stahlguß hergestellt, der aber leicht poröse Stellen und ungleichmäßige
Massenverteilung ergibt. Es finden sich auch Trommeln aus Gußeisen.
Als Schaufelmaterial hat sich für Reaktionsturbinen nach einer etwa zwanzigjährigen
Erfahrung Bronze als am geeignetsten erwiesen; die Schaufeln werden durch den Dampf
nicht angegriffen. Für Aktionsturbinen mit hohen Dampfgeschwindigkeiten ist aber
Bronze zu weich, weicher Stahl rostet. Vor einigen Jahren verwendete man Stahl mit
25 v. H. Nickel; es hat sich gezeigt, daß das Material bei gewissen Druckturbinen
doch angegriffen wird und es haben sich nach drei- bis vierjährigem Betrieb
plötzlich Schaufelbrüche gezeigt. Man hat neuerdings verschiedene Nickelstahlsorten
mit Beimischungen von Bronze mit gutem Erfolg benutzt; doch kann ein endgiltiges
Urteil über das bei Aktionsturbinen zu verwendende Schaufelmaterial heute noch nicht
gegeben werden.
Die Leistung der Turbine hängt von dem Dampfgewicht ab, das in der Zeiteinheit die
Niederdruckschaufeln durchströmen kann. Bei einem bestimmten günstigen Verhältnis
zwischen Dampfgeschwindigkeit bei einem gewissen hohen Vakuum und der
Schaufelgeschwindigkeit w ist die Leistung einer
Einzelturbine oder Stufe abhängig von r2 . l . w,
wenn r den Schaufelkreisradius und l die Schaufellänge bedeutet. Die Bedingung konstanter
Zugspannung in den Schaufeln verlangt, daß l ∾ l/w und die Zugspannung σ
im Rotor ist proportional r2
w2; also ist die Leistung proportional zu σ/w2. Für
eine bestimmte zulässige Festigkeit ergibt sich also die Maximalleistung umgekehrt
proportional dem Quadrat der Umfangsgeschwindigkeit. Zwei ähnliche Turbinen, deren
Rotordimensionen im Verhältnis l/k stehen, haben ein Verhältnis ihrer Leistung = l/k2. (John
Mckenzie.) [Engineering 1910, Bd. II, S. 64–70 und 101–106.]
M.
Elektrisches Kraftwerk für die Lapplandbahn.
Die Anlagen zur Erzeugung elektrischen Stromes für die schwedische Staatsbahnstrecke
Kiruna–Riksgränsen, auf der elektrischer Betrieb eingeführt werden soll, werden nach
einem Entwurf ausgeführt, den der schwedische Reichstag im Mai d. J. genehmigt hat;
außer zum Betriebe der Eisenbahn soll das Kraftwerk auch noch elektrischen Strom zur
Versorgung der dortigen gewerblichen Anlagen liefern.
Nachdem der Lule-Elf einige Seen durchflössen hat, bildet er die Porjusfälle, die bei
3 km Länge 50 m Gefälle haben. Weiter unterhalb schließen sich dann weitere Fälle
an, darunter der berühmte Harsprang (Hasensprung)Fall, der 74 m Gefälle auf 2 km
Länge hat. Die drei dem Staate gehörigen Wasserfälle, die in dieser Gruppe liegen,
haben ein Gefälle von 15, 25 und 22 m. Die staatlichen Rechte erstrecken sich auf
eine Wasserkraft von 70000 PS, die durch Ausbau der Seen als Talsperren bis 300000
PS gebracht werden kann. Der Entwurf der Regierung umfaßt die Regulierung des ganzen
Wasserlaufs und den Bau einer Anzahl von Talsperren, der Bau des Kraftwerkes an den
Porjusfällen, der allein jetzt zur Ausführung vorgesehen ist, bedarf aber keiner
Regulierungsarbeiten im Flußbett oberhalb der Fälle. Das Niederschlagsgebiet des
Lule-Elf umfaßt 9600 qkm. Nach den Beobachtungen aus den Jahren 1908 und 1909 führt
er bei Porjus mindestens 30 cbm Wasser i. d. Sek., während sieben Monaten im Jahre
sogar 50 cbm, und bei Hochwasser wächst die Wassermenge auf 1300 cbm i. d. Sek. Für
das Kraftwerk wird mit einer Abflußmenge von 24 cbm i. d Sek. gerechnet, die aber
durch den späteren Ausbau der geplanten Anlagen oberhalb Porjus auf 115 bis 125, ja
sogar auf 180 cbm gesteigert werden kann.
Nach den Ermittlungen der Eisenbahnverwaltung ist damit zu rechnen, daß jährlich
3850000 t Eisenerze zu befördern sein werden; hierzu sind täglich zwölf Erzzüge
nötig, zu denen noch zwei Personenzüge täglich in jeder Richtung hinzukommen. Zur
Beförderung dieser Züge werden bei 18½ stündiger Dienstzeit durchschnittlich 10600
PS gebraucht, während als größter Kraftverbrauch 23600 PS erwartet werden. Es sollen
deshalb zwei Einheiten von je 12500 PS für den regelmäßigen Betrieb und eine
ebensolche für Notfälle aufgestellt werden. Zum Betriebe der Turbinen werden im
Durchschnitt für das ganze Jahr gerechnet 16,5 cbm Wasser i. d. Sek. verbraucht
werden. Für die Zwecke des Betriebes der großen Erzbergwerke in Kiruna und Gellivare
soll eine vierte Turbine aufgestellt werden, die weitere 6 cbm verbrauchen wird, so
daß im ganzen 22,5 cbm Wasser i. d. Sek. abfließen müssen, eine Wassermenge, die
stets reichlich vorhanden sein wird. Die Aufstellung einer fünften Turbine ist für
später in Aussicht genommen.
Die in Porjus zu errichtenden Bauten umfassen einen Sperrdamm durch das Flußbett
oberhalb der Porjusfälle, einen Zulauf- und einen Ablauftunnel mit einem
Verteilungsbecken und die Kraftstation selbst. Der Staudamm muß wegen des zu
erwartenden Eisdruckes besonders kräftig gebaut werden; es ist ein Erddamm mit
Eisenbetonkern geplant, der an der Oberwasserseite bis 1,5 m unter dem
Wasserspiegel abgepflastert und auf der Unterwasserseite aus den an Ort und Stelle
beim Bau der Tunnel gewonnenen Felsblöcken gepackt werden soll. Der Damm wird einen
Floßdurchlaß und einen Fischpaß aufweisen.
Der Zulauf- und der Ablaufkanal und der Maschinenraum werden aus dem Felsen
herausgesprengt werden. Das hat in der dortigen Gegend besonders wegen des strengen
Winters große Vorteile; der Maschinenraum muß allerdings künstlich beleuchtet und
gelüftet werden, dies macht aber keine besonderen Schwierigkeiten, weil alle
Schalter und sonstigen Apparate in einem besonderen Gebäude aufgestellt werden, das
über Tag liegt; von diesem aus werden alle Maschinen bedient. Die Turbinen sollen
mit wagerechten Achsen angeordnet werden.
Die Kosten der Anlage, wie sie jetzt ausgebaut werden soll, werden zu über 10000000 M
angegeben; diese Summe soll mit 4 v. H. verzinst werden, dazu kommen noch 3,35 v. H.
für Abschreibung und 1,65 v. H. für Unterhaltung. [Ztg. d. Vereins deutscher
Eisenbahnverwltg. 1910, Nr. 64.]
Güterzuglokomotive für Natal.
Die Staatsbahnen von Natal haben für eine Strecke, auf der wegen der auf große Länge
anhaltenden steilen Neigung von 1 : 30 und der scharfen Krümmung mit 91,5 m
Halbmesser an die Zugkraft der Lokomotive außergewöhnliche Anforderungen gestellt
werden, eine Verbundmaschine Malletscher Bauart von
beachtenswerten Abmessungen beschafft. Sie wiegt ohne Tender 87,5 t, wovon 80 t
als Reibungsgewicht ausgenutzt werden, und mit Tender 131,8 t, für eine Bahn mit
Kapspur (1,07 m) ein sehr beträchtliches Gewicht. Die Lokomotive hat zwei Gruppen
von drei Triebachsen und ein führendes zweiachsiges Drehgestell. Der Gesamtradstand
beträgt 10,12 m, der Radstand jeder Gruppe von Triebachsen, also die größte starre
Länge der Lokomotive, 2,54 m. Die Gesamtlänge der Lokomotive ohne Tender ist 13,2 m.
Die Dampfzylinder haben eine Hublänge von 66 cm, die Hochdruckzylinder einen
Durchmesser von 44,5 cm, die Niederdruckzylinder von 71 cm. Die Feuerbüchse hat eine
Rostfläche von 3,6 qm; der Kessel besitzt 233 Siederohre, die nahtlos aus Stahl
hergestellt sind, und hat eine Heizfläche von 237 qm. Der Dampfdruck beträgt 14 at.
Die Zugkraft der Lokomotive ist so bemessen, daß sie Züge von 325 t Gewicht ziehen
kann, was bei den schon erwähnten ungünstigen Krümmungs- und Neigungsverhältnissen
der Strecke eine recht beachtenswerte Leistung darstellt. Sie wird im regelmäßigen
Betriebe zur Beförderung von 720 t schweren Güterzügen auf der Strecke
Estcourt–Highlands, der schwierigsten des ganzen Netzes, verwendet, wobei jeder Zug
mit drei Lokomotiven befördert werden muß. Die Lokomotive ist von der American Locomotive Company erbaut worden und hat bis
jetzt so befriedigende Ergebnisse aufzuweisen gehabt, daß die Eisenbahnverwaltung
alsbald fünf weitere Maschinen der gleichen Bauart bei derselben Gesellschaft
bestellt hat. [Ztg. d. Vereins deutsch Eisenbahnverwaltungen 1910, Nr. 64.]