Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 590 |
Download: | XML |
Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Francis-Turbinen für große Gefälle.
In den Werkstätten der J. P. Morris Company in
Philadelphia, die durch ihre bemerkenswerten Wasserturbinenbauten schon bekannt ist,
sind gegenwärtig zwei für das Wasserkraftwerk Noriega
in Mexico der Michoacan Power Company bestimmte
6000pferdige Francis-Turbinen im Bau, welche für das
bei Francis-Turbinen bis jetzt unerreichte Gefälle von
204,21 m bestimmt sind. Die Turbinen sind als einfache Turbinen mit
Innenbeaufschlagung und Spiralgehäuse konstruiert und treiben mit 514 Umdrehungen i.
d. Min. Drehstromerzeuger von je 3500 KW Leistung bei 60 Perioden i. d. Sek. an. Die
Maschinengruppen haben wagerechte Wellen und sind mit annähernd 9000 kg wiegenden
Schwungrädern ausgerüstet. Bei voller Belastung verbraucht jede Turbine 2,795 cbm i.
d. Sek. Das Wasser wird beiden Turbinen durch eine gemeinsame Druckleitung von
annähernd 1,7 km Länge zugeführt.
In bezug auf das Gefälle übertreffen diese Turbinen sogar die bekannten
18000pferdigen Turbinen des Kraftwerkes am Feather River die für 160 m größte
Druckhöhe bemessen sind, vorläufig aber nur mit 128 m Gefälle arbeiten. Allein, es
liegt nahe anzunehmen, daß die J. P. Morris Company,
welche auch diese Turbinen gebaut und versuchsweise für die Laufräder verschiedene
Metalle angewendet hat, ihre Erfahrungen beim Bau der neuen Turbinen verwertet
hat.
Die einfachen Laufräder der neuen Turbinen sind aus einem Stück in Bronze gegossen
und auf angeschmiedete Naben der kräftigen Wellen aufgesetzt. Die zweiteiligen
Gehäuse aus Stahlguß sind bei der Druckprobe auf 40 kg/qcm geprüft worden und besonders
dadurch bemerkenswert, daß sie an den Stellen, wo sie an dem Laufrad anliegen,
auswechselbare Beilagen haben, derart, daß der angenommene Spaltverlust stets
eingehalten werden kann. Aehnlich sind auch die Fortsetzungen der Leitkanäle
auswechselbar.
Die Turbinen sind mit Druckölregulatoren versehen, welche die Leitschaufeln
beeinflussen. Mit dem Reguliergestänge sind ferner Leerlaufschieber so gekuppelt,
daß bei plötzlichem Schließen der Leitradöffnungen die volle Wassermenge seitlich
abgeleitet werden kann. Endlich sind auch noch Sicherheitsventile vorhanden, die
sich bei Ueberschreitungen des Wasserdruckes in der Druckleitung öffnen. Der
Wirkungsgrad der Turbinen beträgt bei 6000 PS 80 v. H. bei 5000 PS 82 v. H. (Taylor.) [Power and the Engineer 1910, S.
1192–1194.]
H.
Die Gaspumpe von Smyth.
Versuche mit der Gaspumpe von Humphrey, über die wir
seinerzeit berichteten,s. D. p. J. S. 61 d.
Bd. hatten ein derart günstiges Ergebnis, daß nicht nur
namhafte Firmen in England und Amerika, sondern auch die deutschen Siemens-Schuckert-Werke sich die Ausführungsrechte
sicherten. Nun tritt der Amerikaner Smyth mit einer
ähnlichen Konstruktion in die Oeffentlichkeit und behauptet, dieselbe vor Humphrey zum Patent angemeldet und gebaut zu haben.
Ohne näher auf diese Behauptungen einzugehen, geben wir nachstehend eine kurze
Beschreibung der Konstruktion und Wirkungsweise dieser Pumpe wieder. Von dem unteren
Ende der Explosionskammer 1 (s. Fig. 1) ragt ein Rohr 3
von kleinerem Durchmesser in den Brunnen und wird von einem größeren Rohr 4 umgeben; zwischen beiden Rohren befindet sich eine
Luftkammer. An Rohr 4 schließt sich das sogen.
Treibrohr und an dieses das unten geschlossene Rohr 6
an, das mit Rohr 5 einen Expansionsraum für die Reißen
Gase bildet. Zwischen Rohr 4 und 5 ist ein ringförmiges Mundstück 8 angeordnet und zu jeder Seite von Rohr 8 befinden sich Oeffnungen im unteren Teile von 4 und oberen Teile von 5.
Ein Gehäuse schließt diese ganzen Rohre gut ein, dient gleichzeitig als Saug- und
Druckrohr und stützt die Explosionskammer 1. Der
Brennstoff tritt aus dem Behälter 23 durch die
Spritzdüse 24 in die Kammer 21, von wo er als fein zerteilter Dampf durch Nadelventil 20 in die Explosionskammer 1 strömt und sich mit der durch Ventil 2
eintretenden Luft vermischt.
Textabbildung Bd. 325, S. 590
Fig. 1.
Der Brennstoffbehälter 23 ist mit
der Luftkammer zwischen 3 und 4 noch durch ein Rohr mit Rückschlagventil 26 direkt verbunden. Der Druck im Behälter 23
wird also stets gleich sein dem höchsten Druck in der Luftkammer und dieser ist
höher als der Druck in der Kammer 1, außer während der
Explosionsperiode.
Die Wirkungsweise ist folgende:
Nehmen wir an, es sei Druck im Brennstoffbehälter und der Explosionskammer, so kann
die Pumpe angelassen werden, durch Oeffnen des Nadelventils 20, worauf der Brennstoff in Kammer 21
zerstäubt und in die Explosionskammer 1 eintritt. Hier
mischt er sich mit der durch Ventil 2 eintretenden Luft
bis das Gasluftgemisch durch die Zündkerze 27 entzündet
wird. Während der Explosion wird die oben sichtbare Kugel gegen ihren oberen Sitz
gepreßt und schneidet die Brennstoffzufuhr ab. Die sich rapide ausdehnenden
Explosionsgase strömen schnell das Rohr 3 hinunter und
treiben das Wasser in Rohr 6 und 5 (wie gez.) mit großer Geschwindigkeit in die Höhe.
Die Wassersäule in 5 und 6
saugt bei ihrer Aufwärtsbewegung durch Mundstück 7 noch mehr Wasser aus dem Gehäuse
nach und ein großer Teil dieses Wassers gelangt durch Oeffnungen des Mundstücks 8 nach außen (wie durch Pfeile angedeutet) und zum
Druckbehälter. Der Rest des Wassers steigt in der Luftkammer zwischen 3 und 4 auf und verzehrt
seine Energie, indem er die dort befindliche Luft zusammenpreßt. Die Explosionsgase
folgen bei ihrer Ausdehnung der in 5 und 6 aufsteigenden Wassersäule, bis der Druck in der
Explosionskammer 1 unter den atmosphärischen Druck
fällt. In diesem Augenblick öffnet sich Luftventil 2
und reine Luft strömt in die Explosionskammer 1, das
Rohr 3 und auch die Rohre 5,
6, während noch immer Wasser durch Mundstück 7
nachfließt. Da nur der statische Druck im Druckbehälter überwiegt, kehrt die
Wassersäule ihre Bewegung um, steigt in Rohr 3 und
komprimiert die frische Luft in der Explosionskammer 1,
worauf Brennstoff einströmt und ein neuer Takt beginnt.
Diese Pumpe wurde in mehreren Bauarten ausgeführt und soll sehr befriedigende
Ergebnisse hinsichtlich Leistung, Brennstoffverbrauch gezeitigt haben. [Engineering
News 1910, I, S. 596–598.]
Renold.
Jvatts Lokomotivkurbelachse.
Die Great Northern Railway hat für ihre Lokomotiven eine
neue Bauart für zusammengesetzte Kurbelwellens. D.
p. J. S. 396 d. Bd. eingeführt, die eine stärkere Beanspruchung
und einen guten Massenausgleich der Kurbelwelle selbst zuläßt. Für eine
Zweizylinderlokomotive besteht diese Kurbelwelle aus drei Teilen. Die beiden innen
liegenden Kurbelwangen sind auf der Schmalseite senkrecht zur Achse geteilt. Die so
erhaltenen schmalen Blätter werden durch Schraubenbolzen miteinander verbunden. Um
eine genügend große Festigkeit zu erhalten, sind die geteilten Kurbelwangen breiter
ausgeführt als die ungeteilten. Auf diese Weise läßt sich auch ein guter
Massenausgleich erhalten. [Engineering 1910, S. 312.]
W.
Heißdampflokomotiven.
Die Lancashire und Yorkshire Eisenbahngesellschaft hat
außer mit Verbundlokomotiven (s. Seite 557 dieses Bandes) auch mit
Heißdampflokomotiven Versuche ausgeführt, bei denen die Dampfüberhitzung mehr als
100° betrug.
Folgende Zusammenstellung zeigt die Größe des schädlichen Raumes der Lokomotiven
dieser Eisenbahngesellschaft:
Zwillingslokomotive
7,4
v. H.
Verbundlokomotive,
Hochdruckzylinder
12,36
„
„
Niederdruckzylinder
9,76
„
Heißdampflokomotive,
Personenzuglokomotive
9,88
„
„
Güterzuglokomotive
6,34
„
Eine 3/3 gekuppelte Güterzuglokomotive wurde mit Schmidtschen Ueberhitzer ausgerüstet, die Dampfzylinder besitzen
Schmiervorrichtung, System Ritter. Die
Ueberhitzertemperatur kann auf dem Führerstand durch ein Pyrometer, System Steinle-Hartung, bestimmt werden.
Nach zehnmonatlicher Probefahrt konnte festgestellt werden, daß die
Heißdampflokomotive eine 10prozentige größere Zuglast fördern kann, als
Naßdampflokomotiven derselben Bauart. Weitere Versuche führten zur Einstellung von
weiteren 20 Heißdampflokomotiven und zu dem Versuch, auch bei Personenzuglokomotiven
die Dampfüberhitzung einzuführen und mit Zwillings-Naßdampflokomotiven vergleichende
Zugfahrten auszuführen. Während dieser Versuchsfahrten wurden mit den
Heißdampflokomotiven 110000 Zugkm zurückgelegt und dabei 2250 t Kohle verbrannt, mit
den Naßdampflokomotiven 85000 Zugkm und dabei 1950 t Kohle verbrannt. Das
durchschnittliche Wagengewicht war dabei 370 t. Die Kohlenersparnis der
Heißdampflokomotiven ergaben sich für das Zugkm zu 12,6 v. H. und für die
Kilometertonne zu 12,4 v. H. Die früheren Versuchsfahrten mit Verbundlokomotiven
ergaben kleinere Fahrzeiten (Ersparnis 8,6 v. H., die Heißdampflokomotiven 3,6 v.
H.). Die Verbundlokomotiven hatten außerdem einen kleineren Gesamtkohlenverbrauch
(Dampfverbrauch für Lichtmaschine und für Rangierdienst mitgerechnet). Durch viele
Fahrtunterbrechungen wird bei der Heißdampflokomotive der Dampfverbrauch ungünstig
beeinflußt.
Ebenso wurden Versuchsfahrten mit fünf Heißdampf-Personenzuglokomotiven ausgeführt,
die mit Schmidtschen Ueberhitzer ausgerüstet waren.
Besonders wurde hier auf eine rasche und zuverlässige Schmierung der bewegten Teile
geachtet. Schwierigkeiten bereiten immer noch die Kolbenschieber bei
Heißdampflokomotiven, die Versuchsfahrten haben aber gezeigt, daß die Dampfsteuerung
bei guter Schmierung auch bei Heißdampf zufriedenstellend arbeiten. Diese
Lokomotiven sind seit einigen Monaten im Betrieb und ergeben für die Kilometertonne
21,4 v. H. Kohlenersparnis. Diese Heißdampf-Personenzuglokomotiven zeigen eine
größere Kohlenersparnis als die Heißdampf-Güterzuglokomotiven, da die ersteren
weniger Rangierdienst zu leisten haben, 90 v. H. der durchfahrenen Kilometer sind
Zugkilometer.
Eine Heißdampflokomotive derselben Bauart mit Flachschieber (Zylinderdurchmesser 483
mm und 660 mm Hub) ergab nur 15,3 v. H. Kohlenersparnis für die Kilometertonne, der
Schmierölverbrauch war um 7 v. H. geringer als der der Heißdampflokomotiven mit
Kolbenschieber (508 mm Zylinderdurchmesser und 660 mm Hub).
Die Heißdampflokomotiven besitzen dieselbe Zugkraft als Naßdampflokomotiven der
Atlantic-Type, die 14 t schwerer sind. [Engineering 1910, S 431–432.]
W.
Elektrohängebahnanlage für die Licht- und Kraftwerke der Stadt
Falkenstein.
Die von der Firma Bleichert & Co., Leipzig, nach deren Patenten erbaute Anlage dient
zur Verbindung des Eisenbahnzweiggleises mit dem Kohlenschuppen für das Gas- und das
Elektrizitätswerk, sowie gleichzeitig zur Rückverladung von Koks. Das Gleis konnte
wegen anderweiter Inanspruchnahme des Grundstücks nicht bis an den Schuppen
herangeführt werden, indessen ließ sich mit der Schwebebahn, welche den Fabrikhof,
Gebäude und eine
Straße in gerader Linie überschreitet, die Transportfrage in sehr bequemer Weise
lösen.
Der Elektrohängebahnwagen ist mit einer Winde versehen, die den leeren Förderkübel in
den Eisenbahnwaggon absetzt und dafür einen inzwischen vollgeschaufelten Kasten
aufnimmt. Einer der Schaufelarbeiter steuert diese Bewegungen mittels eines
tragbaren in den Waggon gesetzten Schaltapparates, dessen Schalter bei jedem
Stromschluß der auf der Laufkatze untergebrachten Steuerwalze eine neue Stellung
gibt. Ist der Kasten in die höchste Stellung aufgezogen, so schaltet sich der Motor
selbsttätig aus; der Mann hat dann nochmals den Schalter niederzudrücken, um den
Wagen zum Abfahren zu bringen. Ueber dem Kohlenlager angekommen, entleert sich der
Kasten selbsttätig, indem die Verriegelung durch einen Anschlag ausgelöst wird, über
einem der Fülltrichter, die mit drehbaren Rohren versehen sind, um jeden Punkt
erreichen zu können, steuert sich darauf, gleichfalls selbsttätig, um, und
kehrt zur Eisenbahn zurück, um auf nochmaliges Niederdrücken des Tasters den Kübel
zu senken, worauf da? Spiel von neuem beginnt. Bei der Entnahme des Koks vom
Lagerplatz vollzieht sich der Arbeitsvorgang in ganz ähnlicher Weise, indem der
Kasten auf den Lagerplatz heruntergelassen, hier gefüllt und dann über den
Eisenbahnwaggon gebracht wird.
Textabbildung Bd. 325, S. 592
Die kleine Anlage ist trotz ihrer Einfachheit charakteristisch für die vielseitige
Benutzbarkeit den einfachen Betrieb und die Anpassungsfähigkeit der Elektrohängebahn
an die örtlichen Verhältnisse. Nicht zu unterschätzen ist der Vorteil, daß nur ein
einziges bewegtes Element vorhanden ist, nämlich der Windenwagen, der infolge der
staubdichten und wetterfesten Kupplung der Motoren und der Herstellung aller Teile
aus besonders widerstandsfähigem Material nur geringer Wartung bedarf.