Titel: | Die Hebemaschinen auf der Weltausstellung in Brüssel 1910. |
Autor: | K. Drews |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 625 |
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Die Hebemaschinen auf der Weltausstellung in
Brüssel 1910.
Von K. Drews , Oberlehrer an der Kgl.
höheren Maschinenbauschule zu Posen.
Die Hebemaschinen auf der Weltausstellung in Brüssel
1910.
Der moderne Hebemaschinenbau, insbesondere der Kranbau, blickt nunmehr auf eine
zehnjährige Entwicklungsperiode zurück, eine Entwicklungsperiode so glanzvoll und
umgestaltend, wie sie unter dem Einfluß der Elektrotechnik kein anderer Zweig des
Maschinenbaues durchgemacht hat. Man kann das Jahr der letzten Pariser
Weltausstellung, 1900, als den Zeitpunkt bezeichnen, von wo an die Entwicklung des
modernen Kranbaues ihren ungehemmten Verlauf nahm. Obwohl bei den dort ausgestellten
Kranen noch mancherlei, namentlich die Gerüstkonstruktion, an die alten Vorbilder
erinnerte, so zeigten sie doch deutlich genug, daß die Hebezeugkonstrukteure sich
dem elektrischen Betriebe anzupassen gewußt hatten und daß man sich hier schon zu
gewissen allgemein anerkannten Grundsätzen durchgearbeitet hatte.
Die Umwälzung, die sich seit Mitte der 90er Jahre auf dem Gebiete des Hebezeugbaues
vollzogen hatte, trat Jedoch erst auf der Düsseldorfer Ausstellung im Jahre 1902
voll in Erscheinung. Für den Kranbau gewann diese Ausstellung schon dadurch an
Bedeutung, daß die drei bedeutendsten Kranfirmen Rheinland-Westfalens, Bechem & Keetman in
Duisburg, die Benrather Maschinenfabrik und Ludwig Stuckenholz in Wetter, als solche mit
Mustergültigen Konstruktionen und auch neuen Typen zum erstenmal an die breite
Oeffentlichkeit traten. Die Entwicklung des elektrisch betriebenen normalen
Dreimotoren-Laufkranes konnte man damals schon als abgeschlossen betrachten. Aus dem
heute so reichhaltigen Gebiete der Sonderhebezeuge für den Stahlwerksbetrieb indes
war auch in Düsseldorf nur erst das Modell eines Chargierwagens für Martin-Oefen ausgestellt.
Die Weltausstellung in Lüttich im Jahre 1905 brachte im Hebezeugbau wenig Neues, da
die bedeutenderen deutschen Hebezeugfirmen mit Ausnahme von Ludwig Stuckenholz, und diese Firma auch nur mit einem normalen
LaufkranD. p. J. 1906. S.
18.), dort nicht vertreten waren.
Die Entwicklung des deutschen Hebezeugbaues ging seit der Düsseldorfer Ausstellung
mit raschen Schritten und in zielbewußter Weise vorwärts, so daß heute manche
Gebiete schon als abgeschlossen zu betrachten sind. Es gibt heute wohl kaum eine
Aufgabe auf dem Gebiete der Materialbewegung, und möge sie noch so schwierig sein,
die unsere Hebezeugkonstrukteure nicht zu lösen vermöchten. Die Lösung wird in den
meisten Fällen allerdings nur mittels des elektrischen Antriebes möglich sein;
dieser bildet denn auch den Lebensnerv des neuzeitlichen Hebezeugbaues; ohne ihn
hätte letzterer niemals den heutigen hohen Grad der Vollkommenheit erreichen können.
Der elektrische Antrieb ist die conditio sine qua non für unsere heutigen Hebezeuge,
namentlich solche für Sonderzwecke; mit ihm steht und fällt der neuzeitliche
Hebezeugbau.
Ueberblicken wir die Errungenschaften der letzten zehn Jahre, so sind auf dem Gebiete
des Kranbaues als bedeutendste Neuschöpfungen die Krane für Schiffswerften und für
den Stahlwerksbetrieb zu nennen; bei jenen treten mehr die Gerüstformen, bei diesen
mehr die Greiforgane in den Vordergrund. Auf dem Gebiete des Aufzugbaues wiederum
werden die Fortschritte des letzten Jahrzehnts durch die Fahrstühle mit
Druckknopfsteuerung und durch die elektrische Hauptschachtfördermaschine
gekennzeichnet.
Man konnte nun erwarten, daß die Brüsseler Weltausstellung gerade im Hebemaschinenbau
ein gegen frühere Ausstellungen völlig verändertes Bild zeigen würde. Und in dieser
Erwartung wurde man auch nicht getäuscht. Sind die meisten der neuzeitlichen Hebe-
und Transportvorrichtungen dort auch nur durch Modelle und Abbildungen
veranschaulicht, so gibt die Ausstellung uns doch einen sehr guten Ueberblick über
den gegenwärtigen Stand dieses wichtigen Zweiges des Maschinenbaues. Die Brüsseler
Ausstellung zeigt aber auch klar und deutlich, daß Deutschland auf diesem Gebiete
allen anderen Ländern weit überlegen ist. Diese Ueberlegenheit besteht ja schon seit
etwa zehn Jahren. Man hätte indes erwarten können, daß es den Ländern mit
entwickeltem Maschinenbau gelingen würde, den Abstand ihrer Leistungen von den
Deutschlands nach und nach zu vermindern, zumal die Literatur der letzten 10 Jahre
über Hebe- und Transportvorrichtungen außerordentlich reichhaltig ist.
Dies ist jedoch nicht geschehen, denn unsere großen Hebezeugfirmen beherrschen auch
heute noch im Bau von elektrisch betriebenen Kranen und Winden, namentlich von
Schwerlastkranen und solchen für Sonderzwecke, den Weltmarkt.
Fragt man nach den Gründen für die Ueberlegenheit der deutschen Hebezeugtechnik, so
ist wohl als erster die Spezialisierung dieses Gebietes bei uns zu nennen. In
Deutschland gibt es eine recht erhebliche Anzahl von Firmen, die sich nur mit dem
Kran- und Windenbau beschäftigen. Die drei Firmen Ludwig
Stuckenholz in Wetter a. Ruhr, Benrather
Maschinenfabrik und Duisburger
Maschinenbau-A.-G., die sich kürzlich zu einer einzigen Firma, der Deutschen Maschinenfabrik A.-G. in Duisburg, vereinigt haben,
verdanken ihren Weltruf doch in erster Linie den von ihnen gebauten Kranen. Und
innerhalb dieses Spezialgebietes selbst findet noch eine weitgehende Arbeitsteilung
statt. Unsere größeren Kranfirmen besitzen besondere Abteilungen für Dreh-, Lauf-,
Stahlwerkskrane, Verladeanlagen usw. Sie verfügen über eine stattliche Anzahl von
Spezialkonstrukteuren, die neben reichem theoretischen Wissen eine langjährige
praktische Erfahrung besitzen.
Einen sehr großen Einfluß auf die Entwicklung und den heutigen Hochstand unserer
Hebezeugtechnik haben die großen deutschen Elektrizitätsfirmen ausgeübt, indem sie
für die elektrische Ausrüstung von Hebezeugen aller Art besondere Abteilungen
einrichteten, deren Aufgabe es war, die Erfordernisse des intermittierenden
Betriebes zu studieren und diesem angepaßte Motoren und Steuerapparate zu schaffen.
Die Arbeit dieser Abteilungen war außerordentlich erfolgreich. Sie liefern vor allen
Dingen der Hebezeugtechnik betriebssichere, in ihrer Steuerfähigkeit den
allerschärfsten Ansprüchen gewachsene Motoren; in gemeinsamer Arbeit mit den
Hebezeugfirmen haben sie die Sicherheitsvorrichtungen und den selbsttätigen Betrieb
zu hoher Vollendung gebracht. Ich hatte in diesem Sommer wiederholt Gelegenheit, den
Kranbetrieb in einigen größeren Stahlwerken des Saargebietes und
Rheinland-Westfalens zu beobachten. Es ist ganz erstaunlich, welche rauhe Behandlung
durch die Art des Betriebes die Motoren und Steuerapparate der Stahlwerkskrane,
namentlich der Muldenbeschick- und Stripperkrane, auszuhalten haben. Ueberlastungen
bis zum Stillstand des Motors, sehr schnelles Umsteuern und dergl. sind an der
Tagesordnung.
Dieser erfolgreichen Arbeit der Kranabteilungen innerhalb unserer Elektrizitätsfirmen
ist es denn auch zu verdanken, daß das früher bestehende Mißtrauen, namentlich
älterer Betriebsleiter, gegenüber dem elektrischen Antriebe von Hebezeugen heute
nahezu verschwunden ist.
Nun könnte man ja sagen, wenn der schwierigste und empfindlichste Teil der Hebezeuge
die Motoren und Steuerapparate sind, während der mechanische Teil verhältnismäßig
einfach ist, so müßte es doch den ausländischen Firmen ein leichtes sein, unter
Benutzung von elektrischen Ausrüstungen deutscher Elektrizitätsfirmen ebenso
betriebssichere und leistungsfähige Hebezeuge zu demselben Preise wie unsere
Hebezeugfabriken zu liefern. Bezüglich einfacherer Hebezeuge, z.B.
Werkstättenlaufkrane, Drehkrane usw., mag dies wohl noch gelten. Bei den modernen
Krantypen, Drehlaufkranen, fahrbaren Wandkranen, Werft- und Stahlwerkskranen
erfordert jedoch der richtige Zusammenbau vom elektrischen und mechanischen Teil der
Triebwerke, sowie die richtige Dimensionierung aller Teile neben gutem theoretischen
Wissen ein hohes Maß an praktischer Erfahrung; ohne letztere wird man trotz
guter Motoren und Steuerapparate mit einem Mißerfolg rechnen müssen. Dies dürfte
ganz besonders bei Schwerlastkranen und Stahlwerkskranen mit ihren selbsttätigen
Greiforganen der Fall sein. Unsere großen Hebezeugfirmen konnten in den vergangenen
zehn Jahren an ihren zahlreichen Ausführungen einen großen Schatz von Erfahrungen
sammeln. Das ist nun aber ein Vorsprung, der sich nicht von heute zu morgen einholen
läßt.
Nicht unwichtig für den Wettbewerb auf dem Weltmarkte dürfte es sein, daß die
deutschen Hebezeugkonstrukteure mit den rechnerischen Methoden des Eisenfachwerkes
im allgemeinen besser vertraut sind als ihre ausländischen Kollegen. Bei den großen
ortsfesten und Schwimmkranen für den Werftbetrieb, deren Tragkraft neuerdings bis
auf 200 t Betriebs- und 265 t Probelast gesteigert worden ist, bei den
weitgespannten Verladebrücken für Massengüter waren recht schwierige Aufgaben der
Statik zu lösen. Die sichere Ermittlung der Stabkräfte in den Krangerüsten und die
dadurch gewonnene gute Ausnutzung des Materials kann aber bei den in Betracht
kommenden sehr großen Eigengewichten zu einer derartigen Kostenersparnis führen, daß
diese neben den oben erwähnten Gründen einen großen Einfluß auf die Auftragerteilung
ausübt. Auch die guten Werkstatteinrichtungen, die Normalisierungen vieler Teile
usw. mag nicht wenig zu der Konkurrenzfähigkeit der deutschen Hebezeugfirmen
beitragen. Nicht unerwähnt darf man ferner unsere geschickte Auslandsvertretung, die
vornehme Reklame, die weitgehendste Auskunft- und Raterteilung bei Projekten lassen.
Und wieviel die Veröffentlichungen über Werke der deutschen Hebezeugtechnik in
unserer Fachpresse zu ihrem Erfolg auf dem Auslandsmarkt beigetragen haben, das läßt
sich im einzelnen nicht nachweisen.
Trotzdem nun die Brüsseler Ausstellung auf dem Gebiete des Hebezeugbaues gegenüber
früheren Ausstellungen sehr viel Neues bringt, so sind die dort ausgestellten neuen
Typen von Hebe- und Transportvorrichtungen den Lesern dieser Zeitschrift durch eine
Reihe von Veröffentlichungen in den letzten drei Jahrgängen nicht unbekannt. Um
nicht schon früher zum öfteren Gesagtes und Beschriebenes zu wiederholen, werde ich
mich in dem folgenden Bericht begnügen, nur die wichtigeren der ausgestellten
Hebezeuge und solche Neuerungen, die den Lesern dieser Zeitschrift noch nicht
bekannt sind, ausführlicher zu besprechen.
Da bekanntlich die deutsche Maschinenabteilung von der internationalen getrennt ist,
so soll diese Trennung auch in dem nachstehenden Verzeichnis der ausgestellten Hebe-
und Transportvorrichtungen beibehalten werden.
Deutsche Abteilung.
Textabbildung Bd. 325, S. 626
D. p. J. 1908, S. 177.
D. p. J. 1908, S. 66.
D. p. J. 1908, S. 275.
Firma; Gegenstand; Ort der
Aufstellung; Deutsche Maschinenfabrik A.-G., Duisburg; Werk Benrath, früher
Benrather Maschinenfabrik; Werk Bechern & Keetman, Duisburg; früher
Duisburger Maschinenbau-A.-G.; Werk Stuckenholz, Wetter a. Ruhr; früher
Märkische Maschinenbauanstalt Ludwig Stuckenholz A.-G.
Textabbildung Bd. 325, S. 627
D. p. J. 1939, S. 777 und 778.
D. p. J. 1910, S. 540.
D. p. J. 1908, S. 564.
D. p. J. 1904, S. 119; 1906, S. 227; 1910, S. 245 und 542.
D. p. J. 1909, S. 55.
D. p. J. 1908, S. 547.
D. p. J. 1909, S. 609.
D. p. J. 1909, S. 17.
Firma; Gegenstand; Ort der
Aufstellung; Werk Stuckenholz, Wetter a. Ruhr; früher Märkische
Maschinenbauanstalt; Ludwig Suckenholz A.-G.; Von allen drei Werken;
Gewerkschaft Eisenhütte Westfalia, Lünen; F. Piechatzek, Hebezeugfabrik, Berlin;
Aktiengesellschaft Lauchhammer; Zobel, Neubert & Co., Schmalkalden; Gebr.
Bolzani, Hebezeugfabrik, Berlin; De Fries & Co., Düsseldorf;
Berlin-Anhaltische Maschinenbau-A.-G.; Ziegeltransport-A-G., Berlin; Hafen
Duisburg-Ruhrort; Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg A.-G.; Adolf Bleichert &
Co, Leipzig; J. Pohlig, A.-G., Köln; Felten & Guilleaume Lahmeyerwerke,
Frankfurt a. M.; Hein, Lehmann & Co, A.-G., Düsseldorf und Berlin; Lübecker
Maschinenbau-Gesellschaft; Gebr. Sachsenberg, Roßlau; Rheiner Maschinenfabrik
Windhoff & Co., Rheine; Internationale Ausstellungshalle; Ateliers Jaspar,
S. A., Lüttich; S. A. des Ateliers de Constructions Electriques de Charleroi;
Jaquement Mesnet et Cie., Paris; Cie. Générale Electrique, Nancy;
Hafenverwaltung Genua; Jngersoll Rand Co.; R. Waggood & Co., London;
Maschinenfabrik Oerlikon, Zürich; Maschinenfabrik A. Stigler, Mailand; Gustin
Fils Ainé, Nancy; Les Ateliers Metallurgiques, S. A. Brüssel
Textabbildung Bd. 325, S. 628
D. p. J. 1908, S. 387.
Firma; Gegenstand; Ort der
Aufstellung; Ateliers Abel Pifre, Paris; Marshall, Sons & Co., Gainsborough;
Ruston, Proctor & Co., Lincoln; Victor Berteaux & Cie., Brüssel; Gebr.
Stork & Co, Hengelo in Holland; Maschinenfabrik Louis Schmulders & Co.
in Utrecht; Soc. An. Figes-Frères, Haarlem; Etablissement Albert Francois Soc.
Sclessin les Liège; Reavell & Co., Jpswich; R. & W. Hawthorn, Leslie
& Co., Newcastle; The Appleby Crane and Transporter Co., Leicester; Le Titan
Anversois, Soc. An, Hoboken bei Antwerpen; Ateliers de Construction de la
Biesme, Soc. An., Boufficalx (Belgien); Soc. An. des Ateliers Détombay,
Marcinelle; Soc. An. des Ateliers Albert Mignot; Ateliers de Constructions
mécaniques L. Carton, Tournai (Belgien); A. F. Smulders, Schiedam (Holland)
Dehnen wir das Gebiet der Hebezeuge bis auf Hauptschachtfördermaschinen aus, so hätte
man wohl erwarten können, der elektrisch betriebenen Fördermaschine, als
bedeutendstem Fortschritt auf diesem Gebiete, in mehrfacher Ausführung zu begegnen.
Da nun aber diejenigen deutschen Elektrizitätsfirmen, die sich mit dem Bau von
Fördermaschinen beschäftigen, sich nicht selbständig an der Ausstellung beteiligt
haben, so fehlen in der deutschen Abteilung diese Maschinen gänzlich. Ebenso
ist auch die moderne Dampffördermaschine dort nicht vertreten.
Die einzige elektrische Hauptschachtfördermaschine auf der Ausstellung findet man in
der internationalen Maschinenhalle, und zwar auf dem Stande der Ateliers de Constructions Electriques Charleroi.
Dampffördermaschinen sind dort ausgestellt von Soc. An. des
Ateliers du Thiriau in La Croyère (Belgien), und Usines Métallurgiques du Hainaut in Couillet.
(Fortsetzung folgt.)