Titel: | Einiges über deutsche Löffelbagger. |
Autor: | Hubert Hermanns |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 648 |
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Einiges über deutsche Löffelbagger.
Von Ingenieur Hubert Hermanns,
Aachen.
(Schluß von S. 612 d. Bd.)
Einiges über deutsche Löffelbagger.
Eine Weiterbildung und Modifikation der Löffelbagger gewöhnlicher Ausbildung
stellen die Eisenbahnlöffelbagger dar, auf die bereits Prof. Buhle in seiner mehrfach erwähnten Arbeit in dieser Zeitschrift
hingewiesen hat. Es mögen hier lediglich noch einige ergänzende Mitteilungen zu
diesem Gegenstande Platz finden. In der maschinellen Ausrüstung sind die
Eisenbahnlöffelbagger den gewöhnlichen Dampfbaggern durchaus ähnlich durchgebildet,
in ihrem Gesamtaufbau weichen dieselben jedoch in mancher Hinsicht von den letzteren
ab. Wie schon aus der Bezeichnung hervorgeht, ist der Eisenbahnlöffelbagger – Fig. 5 zeigt einen in weichem mit Steineinschlüssen
durchsetzten Boden arbeitenden Bagger – auf einem Eisenbahnwagen montiert, so daß
derselbe auf normal- oder schmalspurigem Eisenbahngleis transportiert und in
Güterzüge eingestellt werden kann. Zu diesem Zwecke ist der Baggerwagen mit den
erforderlichen Einrichtungen, wie Zughaken, Puffern usw., ausgerüstet, wie sie für
den Transport auf den Eisenbahngleisen von der Eisenbahnverwaltung vorgeschrieben
sind.
Von Interesse dürfte die Beförderung und Verladung eines solchen fertig
montierten Baggers auf der Eisenbahn sein. Wie aus Fig.
6 hervorgeht, braucht der Bagger für den Transport nicht vollständig
demontiert zu werden; vielmehr wird lediglich der Ausleger mit Löffelstiel und
Löffel und eine Reihe leichterer Ausrüstungsteile abgenommen und auf einen vor dem
Baggerwagen stehenden Eisenbahnwagen geladen. Der den Ausleger haltende Bock wird
geneigt und mittels eines Verlängerungsstückes der Zugstangen in geneigter Lage
gehalten. In diesem Zustande paßt sich der Bagger den vorgeschriebenen
Durchgangsprofilen der Eisenbahn ohne weiteres an.
Textabbildung Bd. 325, S. 647
Fig. 5. Eisenbahn-Löffelbagger mit maschineller Seitenstützenbewegung und
gebremster Löffelklappe.
Aus dieser Eigenschaft des Eisenbahnlöffelbaggers dürfte hervorgehen, daß derselbe
nicht nur in bequemster Weise zur jeweiligen Arbeitsstelle transportiert werden
kann, sondern auch die für die Montage sowohl als auch für die Demontage
erforderliche Zeit bemerkenswert kurz ist, so daß die hierfür aufzuwendenden
Ausgaben wesentlich geringer sind, als wenn der Bagger vollständig aus- einander genommen werden
müßte. Von besonderem Vorteil ist der Eisenbahnlöffelbagger also dann, wenn er seine
Arbeitsstelle in mehr oder minder kurzen Zwischenräumen wechseln muß, wobei
naturgemäß vorauszusetzen ist, daß Eisenbahngleise bis in die Nähe der Arbeitsstelle
herangeführt sind. Der Eisenbahnlöffelbagger erzielt dann erheblich mehr
nutzbringende Arbeitstage als ein vollständig zu demontierender Löffelbagger, dessen
Montagekosten in solchen Fällen unter Umständen so hoch steigen können, daß er nicht
mehr mit Vorteil angewendet werden könnte.
Es möge nunmehr auf die Punkte des näheren eingegangen werden, in denen sich der
Eisenbahnlöffelbagger von dem Löffelbagger gewöhnlicher Bauart unterscheidet. Da die
geringere Spurweite der normal- und schmalspurigen Gleise dem Bagger nicht
ausreichende Standsicherheit gibt, so ist derselbe mit zwei vorne am Wagen
befindlichen Seitenstützen versehen, die maschinell auf- und abbewegt werden und
unabhängig voneinander arbeiten können. Um den Druck der Seitenstützen in wirksamer
Weise auf dem Boden verteilen zu können, erhalten die Stützen große Holzunterlagen,
die an den Seitenstützen selbst befestigt werden.
Textabbildung Bd. 325, S. 648
Fig. 6.
Die schmale Bauart des Baggerwagens bedingt es, daß der Ausleger, der auf dem
vorderen Teile des Wagens aufgebaut ist und durch einen kräftigen Bock gehalten
wird, nicht im ganzen Kreise, sondern nur um 200 ° gedreht werden kann. In der Regel
wird man ja überhaupt mit dieser Drehmöglichkeit bei Baggerarbeiten auskommen. Der
Antrieb der verschiedenen Arbeitsvorgänge des Eisenbahnlöffelbaggers erfolgt durch
drei umsteuerbare Dampfmaschinen, von denen die eine den Löffel hebt, während die
zweite die Drehung des Auslegers bewirkt und die dritte, welche auf dem Ausleger
selbst montiert ist, die Verschiebung des Löffels ausführt. Dementsprechend erfolgt
die Steuerung des Eisenbahnlöffelbaggers durch drei Leute. Der mit der Führung
des Baggers betraute Maschinist hat seinen Sitz auf dem Vorderteil des Baggerwagens,
während der Löffelsteuermann auf einem am Ausleger angebrachten Podest sitzt. Der
für den Heizer vorgesehene Raum befindet sich auf dem hinteren Teil des
Baggerwagens. Scheint somit die Bedienung und Steuerung des Eisenbahnlöffelbaggers
eine verhältnismäßig kostspielige zu sein, so ist andererseits nicht außer acht zu
lassen, daß das von demselben bewältigte Arbeitsquantum ein sehr großes ist, da der
Maschinist seine ganze Aufmerksamkeit auf die Baggerarbeit zu richten in der Lage
ist und bei der Steuerung des Wagens beim richtigen Zusammenarbeiten von dem
Löffelführer in wirksamster Weise unterstützt wird. Ein schnelles Arbeiten ergibt
sich auch daraus, daß für jede Bewegung eine besondere Antriebsmaschine vorgesehen
ist, so daß eine Umkupplung nicht erforderlich wird. Außerdem ist auch das Gewicht
der zu drehenden Massen wesentlich geringer als beim gewöhnlichen Löffelbagger, da
lediglich der Ausleger mit Löffel zu drehen ist, während bei dem letzteren der
gesamte Oberwagen mit darauf montiertem Kessel, Dampfmaschine, Windwerk, Führerhaus
und Ausleger samt Löffel und Löffelstiel gedreht werden muß. Die genannten Vorteile
bewirken denn auch in der Tat, daß der Eisenbahnlöffelbagger ohne Einrechnung der
unvermeidlichen Arbeitspausen, die das Gesamtergebnis natürlich in ungünstigem Sinne
beeinflussen, drei Hübe i. d. Min. zu machen vermag. Es lassen sich auch in ziemlich
schwerem und steinigem Boden Leistungen von 2000 cbm i. d. Std. erreichen.
Naturgemäß hängt die erzielte Arbeitsleistung auch von der Größe der Löffel ab, die
eine wesentlich beeinflussende Rolle spielt.
In Fig. 7 ist ein in schwerem Felsboden arbeitender
Eisenbahnlöffelbagger dargestellt, der das Material ohne Vornahme von Sprengungen
abbaut, während Fig. 8 einen beim Abraumbetrieb einer
großen Erzgrube benutzten Eisenbahnlöffelbagger wiedergibt, wobei der abzubauende
Sandstein nicht vorgesprengt wird.
Auf die in ihrer Gesamtanordnung den Eisenbahnlöffelbaggern durchaus ähnlich
durchgebildeten Löffelbagger, auf breiten Straßenrädern fahrend, hat bereits Prof.
Buhle hingewiesen. Es sei mir lediglich noch
gestattet, die weitgehende Selbständigkeit und Unabhängigkeit dieses Baggers,
bedingt durch den Fortfall des Fahrgleises, zu erwähnen. Seinem Wesen nach eignet
sich derselbe besonders dort zur Anwendung, wo sich die Arbeitsstelle für den Bagger
fortlaufend ändert, wo also das notwendige Vorrücken der Gleise einerseits große
Kosten, andererseits eine wesentliche Leistungsverminderung des Baggers zur Folge
haben würde.
Textabbildung Bd. 325, S. 649
Fig. 7. Bagger Modell J bei einer großen Kanalarbeit, auf 900 mm Spur
laufend.
Der elektrisch betriebene Löffelbagger wird nach dem Dreimotoren-System gebaut, bei
dem Hubwinde und Vorschubwerk durch je einen Motor angetrieben werden, während Dreh-
und Fahrwerk durch einen gemeinsamen Motor betätigt werden. Er gleicht im
wesentlichen dem Dampflöffelbagger Modell G, Fig. 2 und
3, S. 87 dieses Jahrganges. Der elektrisch betriebene Löffelbagger ist hier der
gleichen Entwicklung gefolgt, wie sie elektrische Kräne, Walzwerkseinrichtungen und
sonstige Arbeitsmaschinen mit elektrischem Antrieb aufweisen. Während man
beispielsweise früher Verladelaufkräne ausschließlich nach dem Ein- oder
Zweimotorensystem auszubilden Pflegte, hauptsächlich, um die Baukosten möglichst
niedrig halten zu können, wobei die Umsteuerung auf die einzelnen Getriebe mittels
Kupplungen oder Friktionsgetriebe, also auf rein mechanischem Wege erfolgte, hat man
diesen Weg fast vollständig verlassen, und wendet das Einmotorensystem höchstens
noch bei sehr kleinen Leistungen und dort an, wo der Preis für die
Elektromotoren ein unverhältnismäßig hoher sein würde. Heute sieht die
Kranbautechnik für jeden Arbeitsvorgang einen besonderen Motor vor, so daß sämtliche
Steuerungen elektrisch betätigt werden können. In ähnlicher Weise ist man bei den
verschiedensten Antrieben von Arbeitsmaschinen vorgegangen, wobei ich noch an die
Anordnung der Antriebstransmissionen in großen Werkstätten mit einer bedeutenden
Anzahl von einzelnen Maschinen erinnern möchte. Ehedem wurde hier die Kraft von
einer gemeinsamen Maschine geliefert und durch lange Transmissionen den einzelnen
Maschinen zugeführt. Nicht nur wurde hierdurch ein sehr großer Kraftverbrauch
hervorgerufen, der Betrieb wurde auch wenig übersichtlich und erforderte viel
Bedienungs- und Unterhaltungskosten, abgesehen von den für die Arbeiter vorhandenen
großen Gefahren. Jetzt geschieht die Kraftübertragung durch elektrische Kabel, und
man versieht große Maschinen von beträchtlichem Kraftbedarf mit einem besonderen
Motor, während man mehrere kleinere Maschinen zu einer Gruppe vereinigt und von
einem gemeinsamen, auf eine kurze Transmission arbeitenden Motor antreiben läßt. Den
gleichen Weg hat auch der Löffelbaggerbau eingeschlagen. Hieraus ergaben sich für
den Baggerbetrieb mannigfache Vorteile, auf deren wichtigste im nachstehenden in
Kürze hingewiesen sein möge:
1. Infolge der großen Fahr-, Hub- und Vorschubgeschwindigkeiten erhält der Bagger
eine gesteigerte Leistungsfähigkeit und Beweglichkeit. Nicht nur können die
einzelnen Bewegungen schnell eingeleitet und abgestellt werden, sondern es liegt
auch andererseits die Möglichkeit vor, zwei Bewegungen gleichzeitig auszuführen.
2. Da ein Mann für die Bedienung des Baggers vollständig ausreicht, so sind die
Betriebskosten entsprechend gering. Außerdem aber ist die Leistungsfähigkeit des
Baggerführers insofern eine besonders große, als derselbe keinerlei körperlichen
Anstrengungen unterworfen ist. Es wird dies dadurch erzielt, daß die Steuerung der
Motore sich auf elektrischem Wege vollzieht unter Ausschluß von Kupplungen und
Friktionsgetrieben, wie schon oben bemerkt.
3. Der Stromverbrauch stellt sich gering, da die Motore nicht ständig umlaufen,
sondern je nach Bedarf angelassen und abgestellt werden, während bei Verwendung von
nur einem oder zwei Motoren diese bei regelmäßigem Baggerbetrieb ständig im Gange
sind.
4. Bei der Verwendung von langsam laufenden Motoren, die zwar in ihrem
Anschaffungspreis wesentlich teurer sind als schnellaufende Motore, können die
erforderlichen Bewegungen schnell eingeleitet und abgestellt werden. Diese
Eigenschaft ist für den Baggerbetrieb, bei dem die einzelnen Bewegungen in
regelmäßiger Reihenfolge schnell aufeinander folgen, von erheblicher Bedeutung.
Es möge nun noch auf einige Konstruktionseinzelheiten des elektrisch betriebenen
Löffelbaggers eingegangen werden. Die Ausführung desselben stimmt in der Anordnung
der Hauptteile, wie Unterwagen, Oberwagen, Ausleger, Löffel mit Löffelstiel, mit
derjenigen eines Dampfbaggers im allgemeinen überein. Die Hubwinde ist mit einer
Bremsbandkupplung, welche die Löffeltrommel vom Motor trennt, und einer
Differentialbremse ausgerüstet, welche zum Festhalten des Motors dient. Um den
Motor, wenn beim Graben der Löffel im Erdreich stecken bleibt und so Brüche zu
befürchten sind, stromlos zu machen, ist ein Maximalausschalter vorgesehen, der
eine zu weitgehende Ueberlastung des Motors selbsttätig verhindert.
Das Drehwerk ist zum schnellen Stoppen der Bewegung mit einer Bremse versehen.
Außerdem ist der Drehkranz, um die Zahnräder des Drehwerks vor Bruch zu schützen,
schleifend angeordnet. Beim Fahrwerk, das durch Umschalten eines Triebes betätigt
wird, sind beide Achsen angetrieben. Eine Fahrwerksbremse verhindert das
unbeabsichtigte Wegrollen auf dem Gleis.
Textabbildung Bd. 325, S. 650
Fig. 8. Bagger Modell J im Abraumbetrieb einer großen Erzgrube, sehr festen
Sandstein ohne Beihilfe durch Sprengschüsse lösend. Die Abfuhr erfolgt auf
hochliegendem Gleis.
Die Uebertragung der Kraft des Motors auf das Vorschubwerk erfolgt durch
Transmissionskette und Zahnradvorgelege. Der Motor ist so groß gewählt, daß er unter
Strom bleiben kann, so daß auch dann ein Drehmoment i ausgeübt wird, wenn der Motor
stille steht. Wenn beim Graben der Widerstand so groß wird, daß der Motor ihn nicht
mehr zu überwinden vermag, wenn also der Widerstand größer wird als das vom Motor
ausgeübte Moment, so wird letzterer entgegen seinem Moment zurückgedreht. Dies wird
erreicht durch die große Dimensionierung des Motors sowohl als auch des
Steuerschalters in Verbindung mit einem vorgesehenen Schlupfwiderstand. Das
Vorschubwindwerk ist außerdem noch mit einer durch einen Bremslüftmotor betätigten
Bandbremse ausgerüstet, um den Löffel während des Arbeitens in jeder Stellung
festhalten zu können.
An dem Unterwagen des Baggers ist eine Kabeltrommel angebracht, auf welcher sich, wie
bereits oben erwähnt, das Zuleitungskabel aufspult. Diese Kabeltrommel wird durch
das Fahrwerk, des Baggers so angetrieben, daß das Kabel mit der gleichen
Geschwindigkeit auf- und abgewickelt wird, mit welcher der Bagger sich bewegt. Die
Stromzuführung zu dem W agen selbst erfolgt durch den hohlen Mittelzapfen des
Baggers nach.
dem drehbaren Oberwagen, wo zum Anschluß des Kabels eine Schleifringkonstruktion
vorgesehen ist.
Textabbildung Bd. 325, S. 651
Fig. 9. Elektrisch betriebener Löffelbagger beim Abgraben einer Schlackenhalde
zur Gewinnung von Spülversatzgut.
In Fig. 9 ist ein mit elektrischem Antrieb versehener
Löffelbagger abgebildet, welcher die Aufgabe hat, eine Schlackenhalde abzugraben und
das abgebaute Out Grubenwagen zuzuführen, um als Spülversatzmaterial Verwendung zu
finden. Da die direkte Beschickung der Wagen I durch den Löffel einerseits schwierig
und zeitraubend sein würde, andererseits aber auch bei der geringen lichten Weite
der Wagenkasten ein Teil des Ladegutes an denselben vorbeifallen und somit die
Leistung des Baggers eine nicht unwesentliche Verminderung erfahren würde, so mußte
ein Schüttrichter zwischengeschaltet werden, mittels dessen sich die Beschickung der
Kasten einwandfrei und verlustlos erreichen läßt. Der Schütttrichter, welcher
aus profilierten Walzstäben mit ausfüllenden Blechen hergestellt ist, ruht auf einem
aus Eisenkonstruktion gebildeten Gestell, das mit Laufrollen versehen ist und auf
einem kurzen Schienengleis verfahren werden kann, um dem Vorrücken des Baggers
angepaßt werden zu können. Die Mittelentfernungen der Auslauföffnungen des Trichters
entsprechen der Baulänge der Wagen. Nachdem die Kasten nun unter die
Auslauföffnungen gefahren sind, werden mittels Hebeln die Verschlußschieber
geöffnet, und das Ladegut rutscht selbsttätig in die Wagen hinein. Nach der Beladung
werden die Kasten an ein umlaufendes Rangierseil angekuppelt und so zur
Absturzstelle transportiert.