Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 655 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Umsteuerbarer Marinemotor für Petroleumbetrieb.
Textabbildung Bd. 325, S. 655
Fig. 1.
Textabbildung Bd. 325, S. 655
Fig. 2.
Messrs. W. Beardmore & Co.
Ltd. haben einen umsteuerbaren Zweitaktmotor für Petroleumbetrieb gebaut,
der für die Beiboote der englischen Marine bestimmt ist und mit verhältnismäßig
geringer Tourenzahl läuft, so daß Propeller mit großem Durchmesser verwandt werden
können. Der Motor hat vier Zylinder von 300 mm Bohrung, leistet 240 Umdr. i. d.
Min., 180 PS, und wiegt insgesamt ungef. 7250 kg. Beim Aufwärtshube des Kolbens
(Fig. 1) entsteht ein geringes Vakuum in der
Kurbelkammer, worauf sich Ventil D im Kurbelkasten und
gleichzeitig Ventil F im Zylinderkopf, das mit Ventil
D durch Rohr B
verbunden ist, öffnen. Ueber dem Ventil F befindet sich
eine Ladung Petroleum, die beim Oeffnen desselben in den Raum über Ventil G tritt, wo sich das Petroleum mit Luft mischt; weitere
Luft tritt durch Ventil D und Rohr B in diesen Raum ein. Bewegt sich der Kolben infolge
der Explosion abwärts, so legt er erst die Auspuffkanäle E frei und der Druck im Zylinder fällt sehr schnell; sobald hier der Druck
genügend gesunken ist, überwiegt der Druck im Kurbelkasten sowie in dem Raum über
Ventil G, welches sich öffnet und das
Petroleumluftgemisch in den geheizten kugelförmigen Verdampfungsraum eintreten läßt,
wo es augenblicklich verdampft. Da dies Gemisch noch zu gasreich ist, um
explosionsfähig zu sein, werden beim weiteren Niedergang des Kolbens die Kanäle A frei, durch welche Luft aus der Kurbelkammer in den
Zylinder strömt, den über dem Kolben lagernden Rest der Verbrennungsgase
austreibt und das Gemisch genügend verdünnt. Dann geht der Kolben aufwärts,
komprimiert die Mischung, die explodiert, worauf das Spiel von neuem beginnt. Der
Verdampfungsraum ist besonders gestaltet, so daß das Gasluftgemisch gut
durcheinandergewirbelt und inniger vermischt wird. Um den Motor anzulassen, wird der
Hebel H (Fig. 2) gegen
den Motor zu gestoßen, hierdurch werden die
Rollen J (Fig. 1) in
Berührung mit dem Nocken K gebracht und Preßluft tritt
in Rohr L ein. Durch Niederziehen des Hebels M strömt Preßluft über den Kolben und setzt den Motor
in Bewegung, während gleichzeitig Hebel M wieder in die
Nullstellung zurückgeht. Wird Hebel M angehoben, so
wird die Brennstoffzufuhr abgeschnitten, der Motor steht still. Zur Umkehr der
Drehrichtung wird Hebel H vom Motor weggezogen, so daß
die Rollen N in Berührung mit dem Nocken O kommen; alle sonstigen Operationen sind dieselben wie
vorher. Das ganze Ventilgestänge u.s.f. steht still, während der Motor läuft; in dem
beschränkten Bootsraum gewiß ein Vorteil. Die Preßluft steht in einem Behälter unter
17 at Druck; eine Füllung dieses Behälters reicht aus zu etwa 30 Umsteuerungen; dann
muß der Behälter vom Kompressor gespeist werden. Im übrigen genügt schon ein Druck
von 3 at zum Umsteuern des Motors. Der Verdampfer wird vor dem Anlassen 5–10 Min.
mit der Lampe geheizt, nachher wird er durch die Explosionen auf der richtigen
Temperatur gehalten. Der Motor kann bis 20 Min. abgestoppt und ohne Anheizen des
Verdampfers wieder angelassen werden; bei längeren Pausen ist Anheizen notwendig.
Die Zündung wird zwar schon durch die bei der Kompression und im Verdampfer
freiwerdende Hitze bewirkt, doch ist außerdem ein Hochspannungsmagnetapparat mit
Kerze vorgesehen. Versagt der Magnetapparat, so kann nach Umstellen eines Ventils
der Motor, wie eben erwähnt, ohne jede äußere Zündung laufen; ein nicht zu
unterschätzender Vorteil. [Engineering II, S. 50–51.]
Renold.
Anwendung der Dampfturbinen zum Antriebe von
Lokomotiven.
Um die Schwierigkeit des Dampfturbinenbetriebs bei Lokomotiven, welche verschiedene
Geschwindigkeiten bei Höchstleistung und verschiedene Leistungen bei gleicher
Geschwindigkeit aufweisen, zu überwinden, sind als Antriebsmaschinen Gleichdruckdampfturbinen
mit Geschwindigkeitsabstufung gewählt worden, und zwar arbeitet der Dampf bei
kleinster Geschwindigkeit mit vier Geschwindigkeitsstufen, bei höchster
Geschwindigkeit jedoch nur mit einem beaufschlagten Schaufelkranz; für
dazwischenliegende Geschwindigkeiten werden zwei oder drei Laufräder beaufschlagt.
Um die Beaufschlagung zu ändern, wird der Dampf vor den betreffenden Radkränzen,
welche ausgeschaltet werden sollen, durch eine gekrümmte Wand nach außen abgelenkt,
geht also nicht durch die Umkehrschaufeln auf den nächsten Schaufelkranz. Eine
Lokomotivturbine muß auch umsteuerbar sein und muß bei Rückwärtsgang annähernd
dieselbe Leistung abgeben wie bei Vorwärtsgang; dies wird dadurch erreicht, daß die
Schaufeln aus zwei übereinanderliegenden verschieden gekrümmten Hälften bestehen. In
Fig. 1 ist die Anordnung dargestellt. Für
Vorwärtsgang tritt der Dampf bei A ein und bei Sa aus, für
Rückwärtsgang tritt er bei J ein und bei Si aus. Der
Ventilationsverlust dieser Schaufelung soll nicht mehr wie 2–3 v. H. betragen.
Textabbildung Bd. 325, S. 656
Fig. 1.
Mit einer älteren Lokomotive, in welche auf zwei Achsen je
eine Dampfturbine eingebaut war, mit einem Gewicht von 26 t und einem Kessel von 60
qm Heizfläche und 10 at Dampfdruck, sind befriedigende Resultate erzielt worden. Die
Triebräder wurden von den Dampfturbinen mittels Vorgeleges angetrieben. Die größte
Leistung der Lokomotive betrug 100 PS; das Anfahren, Vor- und Rückwärtsfahren
vollzog sich ohne Schwierigkeit. Der Dampfverbrauch blieb bei Vor- und
Rückwärtsfahrt unter 16 kg f. d. PS/Std. Dampfturbinen-Lokomotiven werden eine
Steigerung der Geschwindigkeit zulassen und haben nicht die störenden Bewegungen von
Kolbenlokomotiven. Sie arbeiten mit geringerem Brennstoff- und Oelverbrauch,
längerer Lebensdauer und geringeren Unterhaltungskosten. Die Bedienung ist einfacher
und die Gefahr beim Gegendampfgeben geringer. (Belluzzo.) Zeitschrift f. d. gesamte Turbinenwesen 1910, S. 353–354.
M.
Die Mitwirkung des Eisenbahnzuges zu seiner Sicherung
behandelte Reg.-Baumeister Bardtke in der Sitzung des Vereins deutscher Maschineningenieure am 20.
September d. J. Der Vortragende zeigte zunächst eine Anzahl von Einrichtungen, die
dazu dienen, um überall dort durch selbsttätiges Eingreifen des Zuges Fehler in der
Signalgebung zu verhüten, wo solche überhaupt noch möglich sind. Er führte an, daß
diese Einrichtungen sich bereits praktisch bewährt hätten und an allen Gefahr
punkten unserer Bahnen eingeführt seien.
Darauf führte der Vortragende eine Reihe weiterer Vorrichtungen vor, die bestimmt
sind, den Lokomotivführern die Beobachtung der Signale zu erleichtern und
gegebenenfalls selbsttätig in Gefahrfällen den Zug zum Halten zu bringen. Er zeigte,
daß auch auf diesem Gebiete unsere Eisenbahnverwaltungen nichts unversucht lassen,
was irgend eine Aussicht auf Erfolg biete. Er wies aber gleichzeitig auf die
erheblichen Schwierigkeiten hin, mit denen diese Vorrichtungen in der Praxis zu
kämpfen haben, weswegen sie sich auch bisher nur unter ganz besonders günstigen
Verhältnissen einzubürgern vermochten.
Schließlich kam der Vortragende auf die in letzter Zeit wiederholt in der Presse
empfohlenen, ganz selbsttätigen Zugdeckungseinrichtungen zu sprechen und wies nach,
daß diese erheblich mehr zu Versagen neigen als unsere Einrichtungen, also
wesentlich geringere Sicherheit bieten können. Wo dieselben trotzdem zur Einführung
gelangt sind, sei die Veranlassung hierzu nicht die Forderung nach erhöhter
Sicherheit gewesen, sondern das Bestreben, eine möglichst dichte Zugfolge
einzurichten. Man befürchtete, daß bei ihr die Signale von Hand nicht schnell genug
gestellt werden könnten, und daß man auch nicht genug geübtes Personal für die stark
vermehrten Signale erhalten könnte. Bei uns liegen solche Verhältnisse nicht vor, so
daß zur Einführung dieser Einrichtungen kein Bedürfnis besteht.