Titel: | Der Spannungszustand von Schwungrädern bei gleichförmiger Rotation. |
Autor: | Otto Mies |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 692 |
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Der Spannungszustand von Schwungrädern bei
gleichförmiger Rotation.
Von Otto Mies,
Charlottenburg.
Der Spannungszustand von Schwungrädern bei gleichförmiger
Rotation.
Die Spannungen in Schwungrädern rühren, abgesehen von den durch Riemen oder
Seile übertragenen Kräften, von den Massenkräften her, die infolge der zentripetalen
und tangentialen Beschleunigungen bei der Rotation entstehen. Ausschließlich
zentripetale Beschleunigungen treten bei Umdrehung mit konstanter
Winkelgeschwindigkeit, also im normalen Betriebe, auf. Dazu kommen bei Aenderungen
der Winkelgeschwindigkeit durch Stöße oder Durchgehen der Maschine noch tangentiale
Beschleunigungen, deren Einfluß aber meist gegenüber den Zentrifugalwirkungen gering
ist. Beide Spannungszustände sollen in zwei getrennten Aufsätzen behandelt werden,
von denen sich der vorliegende mit dem durch die Zentrifugalkräfte hervorgerufenen
beschäftigt.
Die erste Berechnung der im Schwungradkörper sowohl durch zentripetale, wie auch
durch tangentiale Beschleunigungen hervorgerufenen Spannungen veröffentlichte Grashof im Jahre 1866 in seinem Buche „Die
Festigkeitslehre“. Numerische Tabellen zur bequemeren Anwendung der Grashofschen Formeln gab Krüger im Jahre 1872 in der „Zeitschrift des Vereins deutscher
Ingenieure“ heraus. Durchsichtigere Formeln als Grashof entwickelte KöchyKöchy, Ueber
Schwungradexplosionen, Verh. d. Ver. z. Bef. d. Gewbfl. 1886. S.
25. in einer Arbeit aus dem Jahre 1886. Den Spannungszustand
infolge der tangentialen Beschleunigungen ermittelt er im Gegensatz zu Grashof ohne Annäherung. Eine etwas abweichende
Behandlung beider Spannungszustände gibt GöbelGöbel, Ueber
Schwungradexplosionen, Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1898, S.
352. in einer im Jahre 1898 veröffentlichten Arbeit. In
einem ZusatzGöbel, Ueber Schwungradexplosionen, Zeitschr.
d. Ver. deutsch. Ing. 1899 S. 237.) sucht derselbe die Wirkungen
der Fliehkraft der Kranzverbindungen zu berechnen. Im Jahre 1905 wurde eine weitere
Schwungradberechnung von Tolle in seinem Buche: „Die
Regelung der Kraftmaschinen“ veröffentlicht. Derselbe bestimmt zum ersten
Mal den Einfluß der Verjüngung der Arme durch ein graphisches Verfahren. In der
formalen mathematischen Behandlung weichen alle Arbeiten mehr oder weniger
voneinander ab.
Ohne im einzelnen auf eine Kritik der erwähnten Rechnungsmethoden einzugehen, läßt
sich behaupten, daß das regelmäßige Auftauchen neuer Methoden in gewissen Zeiträumen
ein Beweis dafür ist, daß die vorhandenen den Interessen des praktischen Ingenieurs
nicht vollkommen genügen, sei es, daß sie den Einblick in die Spannungserscheinungen
und deren Abhängigkeit von den Konstruktions- und Betriebsgrößen nicht genügend
erleichtern, sei es, daß ihre Endergebnisse sich nicht zu einer einfachen
numerischen Berechnung eignen. Fußend auf den Erfahrungen mit den bestehenden
Rechnungsmethoden, wurde bei dem im folgenden entwickelten Verfahren versucht,
gerade in diesen beiden Punkten Fortschritte zu erzielen und ein Ergebnis zu
erlangen, welches qualitativ durchsichtig und zahlenmäßig genügend genau mit Hilfe
des Rechenschiebers zu bestimmen ist.
1. Grandzüge des Rechnungsganges. In einem frei
rotierenden kreisförmigen Ringe, dessen Umfangsgeschwindigkeit in der
Schwerpunktsfaser gleich v ist, entsteht unter der Voraussetzung, daß seine Höhe
gering im Vergleich zum Krümmungsradius ist, in radialen Querschnitten die
gleichmäßig verteilte Zugspannung
σ1= γ1/gv2 . . . .
. . 1)
wenn γ1 das spezifische Gewicht des Ringmaterials
bedeutet. Besitzt der Ring ein symmetrisches Armkreuz, das ihn mit der Nabe
verbindet, so wird die Spannungsverteilung durch die Zugkräfte beeinflußt, die von
den Armen auf den Ring übertragen werden. Daß von den Armen nicht auch Schubkräfte
oder Biegungsmomente auf den Ring übertragen werden, folgt daraus, daß die
Armmittellinien Symmetrieachsen sind. Die zwischen den Armen und dem Kranz wirkenden
Zugkräfte Z sind demnach charakteristisch für die
Beanspruchung des Rades. Sie kommen unter folgenden Bedingungen zustande.
Textabbildung Bd. 325, S. 692
Fig. 1.
Das Armkreuz werde längs der Innenfläche des Kranzes von diesem abgeschnitten.
Rotieren in diesem Zustande Kranz und Armkreuz unabhängig voneinander mit der
gleichen Winkelgeschwindigkeit ω, so vergrößert sich
infolge der Zentrifugalwirkung der Kranzmassen der Schwerpunktsradius r des Kranzes, und annähernd auch der Radius der
inneren Kranzfaser A um das Stück ρc, das sich nach
Gleichung 1 ohne weiteres ergibt zu
\rho_c=\frac{\sigma_1}{E_1}\,.\,r=\frac{\gamma_1}{g\,E_1}\,r^3\,\omega^2
. . . . 2)
wenn mit E1 der Elastizitätsmodul des Kranzmaterials
bezeichnet wird, während sich die Arme infolge der Zentrifugalkräfte ihrer Massen um
die noch zu bestimmende Strecke λc verlängern. Die geringe Ausdehnung der
Nabe bleibe unberücksichtigt. Da λc stets kleiner ist als ρc, so klaffen
die Schnittfugen um die Strecken ρc
– λc, wie Fig. 1 andeutet.
Textabbildung Bd. 325, S. 693
Fig. 2.
Die in Wirklichkeit in den Schnittfugen auftretenden Zugspannungen rufen an dem Kranz
radial nach innen, an den Armen radial nach außen gerichtete Zugkräfte Z hervor, welche den Kranz an den Armstellen um die
Strecken ρz
radial nach innen biegen (Fig. 2), und die Arme um
die Strecken λz
verlängern, und so dafür sorgen, daß in Wirklichkeit keine Fugen entstehen. Es muß
also zwischen den durch die Rotation und den durch die Zugkräfte Z hervorgerufenen Längenänderungen die Beziehung
bestehen
ρz +
λz
= ρc
– λc . . . . . 3)
Setzt man, da ρz
und λz
proportional der Zugkraft Z sind,
ρz= u ∙ Z und λz
= w ∙ Z, . . . . 4)
so ergibt sich aus Gleichung 3
Z=\frac{\rho_c-\lambda_c}{u+w} . . . . . .
5)
Die Zugkraft Z kann also nach
Berechnung der Formierungen ρ und λ von Kranz und Armen als bekannt angenommen
werden.
Die Spannungen in Kranz und Armen setzen sich, wie die Formänderungen, aus solchen
zusammen, die durch die Rotation, und solchen, die durch die Zugkräfte Z verursacht werden. Die einzelnen Anteile werden
gepennt zum Teil mit Hilfe der als bekannt zu betrachtenden Zugkraft Z bestimmt und schließlich mit Berücksichtigung des
Richtungssinnes zusammengefügt.
Für den Gang der Berechnung ergibt sich also folgende Reihenfolge:
Bestimmung der Formänderungen ρ und
λ.
Entwicklung des Ausdrucks für die Zugkraft Z.
Berechnung der Spannungen.
2. Die Einbiegungen ρz
des Kranzes an den Armgellen. Aus dem Kranze werde
durch Schnitte in zwei benachbarten Armmittelebenen ein Segment mit dem Zentriwinkel
2 α herausgeschnitten (Fig.
3). Alle derartigen Segmente befinden sich der Symmetrie wegen durch
die Kräfte Z in demselben Spannungs- und
Deformationszustande. Die in den Schnittflächen aa und
bb auftretenden entsprechenden Spannungen müssen
gleich groß und symmetrisch zur Mittelachse ∞ des Segmentes gerichtet sein. Sie
lassen sich zu einer Normalkraft P0 und einem Moment M0 zusammenfassen. Eine Schubkraft kann der Symmetrie
halber nicht vorhanden sein. Radial nach innen gerichtet wirkt noch in jeder
Schnittfläche die halbe Armzugkraft Z/2. Zur Bestimmung der radialen Durchbiegungen ρz der Enden
des Segments ist die Kenntnis von P0 und M0 nötig.
Textabbildung Bd. 325, S. 693
Fig. 3.
P0 findet sich
aus dem Gleichgewicht der am Segment angreifenden Kräfte, für welches die
Gleichung
P0∙ sin α = Z/2 ∙ cos α
gilt:
P0 =
Z/2
∙ ctg α . . . . . . 6)
Zur Bestimmung von M0 steht die Deformationsbedingung zur Verfügung, daß die Aenderung Δα des Winkels α bei der
Verbiegung des Kranzes gleich Null sein muß. Diese Bedingung lautet
\Delta\,\alpha=\int\limits_0^{\alpha}\,\frac{M}{E_1\,J}\,r\,d\,\varphi=0,
wenn M das in beliebigem, um den
Winkel φ zur Symmetrieachse oo geneigten Querschnitt (Fig. 3)
herrschende Biegungsmoment, und J das Trägheitsmoment
des Kranzquerschnitts bedeuten.
Das Moment M findet sich aus der
Gleichgewichtsbedingung
M = M0
+ P0
∙ r (1 – cos (α – φ)) – Z/2 ∙ r ∙ sin (α – φ)
mit Hilfe der Gleichung 6 zu
M=M_0+Z/_2\,.\,r\,.\,\frac{1}{\mbox{sin}\,\alpha}\,(\mbox{cos}\,\alpha-\mbox{cos}\,\varphi)
. 7)
Die Deformationsbedingung lautet jetzt
\rho=\frac{r}{E_1\,J}\,\left\{M_0\,\alpha+Z\_2\,.\,r\,.\,\frac{1}{\mbox{sin}\,\alpha}\,(\mbox{cos}\,\alpha\,.\,\alpha-\mbox{sin}\,\alpha)\right\}
woraus sich findet
M_0=Z/_2\,.\,r\,\left(\frac{1}{\alpha}-\mbox{ctg}\,\alpha\right)
. . . . 8)
Die Einbiegung ρz ist der Weg, den die Kräfte Z/2 in den Schnittflächen bei der Verbiegung
zurücklegen, wobei sie eine Arbeit
A= 1/2 ∙ Z/2
∙ ρz . . . . .
9)
leisten. Da weder P0 noch M0 bei der Durchbiegung des Segments eine
Arbeit leisten, ist A auch die Größe der
Formänderungsarbeit, die in jeder Hälfte des Segments vom Zentriwinkel α geleistet wird.
In beliebigem, um den Winkel φ gegen die Symmetrieachse
o... o geneigtem
Querschnitt herrscht das Biegungsmoment M, die
Normalkraft P und die Schubkraft S (Fig. 3).
Vernachlässigt man die geringe Wirkung der Schubkraft auf die Formänderungsarbeit,
so ergibt sich für sie der Ausdruck
A=\frac{1}{2}\,\int\limits_0^{\alpha}\,\frac{M^2}{E_1\,J}\,r\,d\,\varphi+\frac{1}{2}\,\int\limits_0^{\alpha}\,\frac{P^2}{E_1\,F}\,r\,d\,\varphi
. 10)
wenn mit F die Querschnittsfläche des Kranzes
bezeichnet wird. M ergibt sich aus Gleichung 7 mit
Hilfe der Gleichung 8. P findet sich aus der
Gleichgewichtsbedingung
P = P0
∙ cos (α – φ) + Z/2 sin (α – φ)
mit Hilfe der Gleichung 6. Demnach hat man
\left{{M=Z/_2\,.\,r\,\left(\frac{1}{\alpha}-\frac{\mbox{cos}\,\varphi}{\mbox{sin}\,\alpha}\right)}\atop{P=\frac{\mbox{cos}\,\varphi}{\mbox{sin}\,\alpha}}\
\ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ }\right\}\ .\ .\ .\ .\ 11)
womit Gleichung 10 in die Form übergeht
A=\frac{1}{2}\,\frac{Z^2}{4}\,\left\{\frac{r^3}{E_1\,J}\,\int\limits_0^{\alpha}\,\left(\frac{1}{\alpha}-\frac{\mbox{cos}\,\varphi}{\mbox{sin}\,\alpha}\right)^2\,d\,\varphi+\frac{r}{E_1\,F}\,\int\limits_0^{\alpha}\,\frac{\mbox{cos}^2\,\varphi}{\mbox{sin}^2\,\alpha}\,d\,\varphi\right\}
A=\frac{1}{2}\,\frac{Z^2}{4}\,\left\{\frac{r^3}{E_1\,J}\,\left(\frac{1}{2}\,\left[\mbox{ctg}\,\alpha+\frac{\alpha}{\mbox{sin}^2\,\alpha}\right]-\frac{1}{\alpha}\right)+\frac{r}{E_1\,F}\,.\,\frac{1}{2}\,\left[\mbox{ctg}\,\alpha+\frac{\alpha}{\mbox{sin}^2\,\alpha}\right]\right\}
oder in abgekürzter Schreibweise
A=\frac{Z^2}{4}\,\left(\frac{r^3}{E_1\,J}\,m+\frac{r}{E_1\,F}\,n\right)
. . . 12)
\left{{m=\frac{1}{4\,\mbox{sin}\,\alpha}\,\left(\mbox{cos}\,\alpha+\frac{\alpha}{\mbox{sin}\,\alpha}\right)-\frac{1}{2\,\alpha}}\atop{n=\frac{1}{4\,\mbox{sin}\,\alpha}\,\left(\mbox{cos}\,\alpha+\frac{\alpha}{\mbox{sin}\,\alpha}\right)}\
\ \ \ \ \ \ }\right\}\ .\ .\ .\ 12\mbox{a})
Durch Gleichsetzung der Werte für A nach den Gleichungen
9 und 12 findet sich für die Einbiegung
\rho_z=Z\,\left(\frac{r^3}{E_1\,J}\,m+\frac{r}{E_1\,F}\,n\right)
13)
und für den Wert u nach Gleichung
4
u=\frac{r^3}{E_1\,J}\,.\,m+\frac{r}{E_1\,F}\,.\,n . . .
13a)
Bei der numerischen Ausrechnung kann man die Werte für m
und n der Tab. 1 entnehmen, die für die üblichen Winkel
α, d.h. für die üblichen Armzahlen berechnet
ist.
3. Die Verlängerungen λz
und λc
der Arme. Die Verlängerungen, welche die Arme durch die
Zugkraft Z und die Zentrifugalkraft ihrer eigenen
Massen erleiden, sind verschieden, je nachdem die Arme prismatisch oder verjüngt
sind. Bedeuten
f den Querschnitt eines
prismatischen Armes,
l die Armlänge, zwischen Nabe und
Kranz gemessen,
rn den Halbmesser der Nabe,
γ das spezifische Gewicht des
Armmaterials,
E den Elastizitätsmodul des
Armmaterials,
so gelten für prismatische Arme die allgemein bekannten
Formeln:
\lambda_z=\frac{Z}{E\,f}\,.\,l . . . . . . .
14)
\lambda_c=\frac{\gamma}{g\,E}\,\omega^2\,l^2\,\left(\frac{l}{3}+\frac{r_n}{2}\right)Ueber die Ableitung dieser Formel s.u.a. Tolle, Die Regelung der Kraftmaschinen, 1905,
S. 119. . . . 14a)
Formeln für die entsprechenden Werte verjüngter Arme, die verschieden sind, je
nachdem die Arme konisch oder keilförmig verjüngt sind, habe ich vor einiger Zeit
veröffentlicht.Mies, Die Dehnungen verjüngter Schwungradarme,
D, p. J. 1910, S. 358. Diese Werte lassen sich in der Form
schreiben
\lambda_z=\epsilon_z\,.\,\frac{Z}{E\,f_i}\,.\,l . . . .
. 15)
\lambda_c=\epsilon_c\,.\,\frac{\gamma}{g\,E}\,\omega^2\,l^2\,\left(\frac{l}{3}+\frac{r_n}{2}\right)
. . 15a)
indem man die Verlängerung des verjüngten Armes als das
Vielfache der Verlängerung eines prismatischen Armes von beliebigem Querschnitt fi
darstellt.
Nennt man Höhen- und Breitendimensionen der Arme an der Nabe ai und bi, am Kranz a und b, und wählt als den
Querschnitt fi
des zu substituierenden prismatischen Armes den an der Nabe gelegenen, so ergibt
sich aus den Gleichungen 2 und 4 des genannten Aufsatzes über die Dehnungen
verjüngter Schwungradarme für konische Arme
\epsilon_z=\frac{a_i}{a}=\frac{b_i}{b} . . . . .
. 16)
für keilförmige Arme
\epsilon_z=\frac{a_i\,b_i}{a_i\,b-a\,b_i}\,ln\,\frac{a_i\,b}{a\,b_i}
. . . 16a)
Die Koeffizienten εc lassen sich nach den Gleichungen 6, 9 und 10 des genannten Aufsatzes
bestimmen, aber nicht in so einfacher Form anschreiben, wie die Koeffizienten εz. Zahlen werte für
dieselben sind in dem genannten Aufsatze für verschiedene Verjüngungsverhältnisse
a/ai und b/bi in einer Tabelle
zusammengestellt.
Die Verlängerungen λz und λc der
Arme werden also durch die Gleichungen 15 und 15a in allgemeiner Form dargestellt;
für prismatische Arme im besonderen sind die Koeffizienten e = 1 zu setzen. Für den Faktor w nach
Gleichung 4 findet sich
w=\epsilon_z=\frac{l}{E\,f_i} . . . . . .
17)
4. Die zwischen Arm und Kranz wirkende Zugkraft Z. Mit
Hilfe der Werte für ρc und λc nach
den Gleichungen 2 und 15 a, sowie derer für u und w nach den Gleichungen 13a und 17 findet sich für die
Armkraft Z nach Gleichung 5
Z=\frac{\frac{\gamma_1}{g\,E_1}\,r^3\,\omega^2-\epsilon_c\,\frac{\gamma}{g\,E}\,l^2\,\omega^2\,\left(\frac{l}{3}+\frac{r_n}{2}\right)}{\frac{r^3}{E_1\,J}\,m+\frac{r}{E_1\,F}\,+\epsilon_z\,\frac{l}{E\,f_i}}.
Setzt man zur Abkürzung
l^2\,\left(\frac{l}{3}+\frac{r_n}{2}\right)={r_1}^3 und
\frac{J}{r^2}=F_1, . . 18)
so wird mit
ω2r2 = v2
Z=\frac{\gamma_1}{g}\,v^2\,.\,F\,\frac{1-\epsilon_c\,\frac{\gamma}{\gamma_1}\,\frac{E_1}{E}\,\left(\frac{r_1}{r}\right)^3}{\frac{F}{F_1}\,m+n+\epsilon_z\,\frac{E_1}{E}\,\frac{F}{f_i}\,\frac{l}{r}}
Nennt man die im frei rotierenden Schwungring entstehende Zugkraft Z1, und bedenkt,
daß
Z_1=\frac{\gamma_1}{g}\,v^2\,.\,F=\sigma_1\,.\,F
. . . . 19)
so ergibt sich
Z=Z_1\,.\,\frac{1-\epsilon_c\,\frac{\gamma}{\gamma_1}\,\frac{E_1}{E}\,\left(\frac{r_1}{r}\right)^3}{\frac{F}{F_1}\,m+n+\epsilon_z\,\frac{E_1}{E}\,\frac{F}{f_i}\,\frac{l}{r}}
. . 20)
Im besonderen findet sich für Räder mit dem gleichen Kranz-
und Armmaterial.
Tabelle 1.
Armzahl
a°
m
n
ctg α
\frac{1}{\mbox{sin}\,\alpha}
\frac{1}{\mbox{sin}\,\alpha}-\frac{1}{\alpha}
\frac{1}{\alpha}-\mbox{ctg}\,\alpha
\frac{\mbox{cos}\,\alpha}{\frac{\mbox{sin}\,\alpha}{\alpha}-\mbox{cos}\,\alpha}
\frac{1}{1-\frac{\mbox{sin}\,\alpha}{\alpha}}
6
30°
0,0016806
0,9566
1,7321
2,0000
0,0901
0,1778
9,7
22,2
8
22° 30'
0,0006906
1,2739
2,4142
2,6131
0,0666
0,1323
18,2
39,2
10
18°
0,0003094
1,5919
3,0777
3,2360
0,0528
0,1055
29,2
61,3
Z=Z_1\,\frac{1-\epsilon_c\,\left(\frac{r_1}{r}\right)^3}{\frac{F}{F_1}\,m+n+\epsilon_z\,\frac{F}{f_1}\,\frac{l}{r}}
. . . . . . 20a)
Aus den Gleichungen 20 bezw. 20 a läßt sich Z mit Hilfe der in den Tabellen
enthaltenen Werte für m, n und εc leicht berechnen. Sie zeigen
auch deutlich den Einfluß der einzelnen Konstruktionsgrößen.
5. Die Spannungen im Schwungkranz. Die Spannungen setzen
sich wie die Deformationen aus zwei Teilen zusammen. Zu der durch die Rotation im
freien Kranz hervorgerufenen in allen Querschnitten gleichen und gleichmäßig
verteilten Zugspannung σ1, die durch Gleichung 1 gegeben ist, kommen
noch die Spannungen hinzu, welche durch die Zugkraft Z bei der Verbiegung des
Kranzes erzeugt werden. Diese sind in verschiedenen Querschnitten verschieden,
wiederholen sich aber in den zwischen zwei benachbarten Armen liegenden
Kranzsegmenten periodisch (Fig. 3). In einem um den
Winkel φ gegen die Symmetrieachse des Segments
geneigten Querschnitt sind dies, abgesehen von den zu vernachlässigenden
Schubspannungen, die Normalspannungen σ2 und σ3, welche durch die Normalkraft P und das Biegungsmoment M
erzeugt werden. Die Werte für P und M sind in den Gleichungen 11 ermittelt, so daß sich für
die Spannungen findet
\left{{\sigma_2=-\frac{P}{F}=-\frac{Z}{2}\,\frac{1}{F}\,\frac{\mbox{cos}\,\varphi}{\mbox{sin}\,\alpha}\
\ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \
}\atop{\sigma_3=\pm\,\frac{M}{W}=\pm\,\frac{Z}{2}\,\frac{r}{W}\,\left(\frac{1}{\alpha}-\frac{\mbox{cos}\,\varphi}{\mbox{sin}\,\alpha}\right)}}\right\}
wenn W das entsprechende
Widerstandsmoment des Kranzquerschnitts bedeutet. Das Minuszeichen vor dem Ausdruck
für σ2 deutet
an, daß dieselbe eine Druckspannung ist, während die Spannung σ3 je nach
ihrer Lage zur neutralen Faser eine Zug- oder Druckspannung sein wird. Für die
Gesamtspannung σ im Kranze findet sich nun
σ = σ1 + σ2 + σ3 . . . . . . . . . . .22)
Die gefährlichen Spannungen sind stets Zugspannungen. Sie nehmen extreme Werte für
φ = α und φ = 0 an, d.h. in den Querschnitten an den Armen und
mitten zwischen den Armen. Dabei ruft das Moment M an
den Armstellen die größte Zugspannung in der inneren Kranzfaser, für die das
Widerstandsmoment Wi gelte, hervor, während es mitten zwischen zwei Armen die größte
Zugspannung in der äußeren Kranzfaser erzeugt, für die das Widerstandsmoment mit Wa bezeichnet
sei. An diesen beiden Stellen, die durch die Indizes a
und m gekennzeichnet werden, entstehen demnach gemäß
den Gleichungen 21 die Spannungen
\sigma_{2a}=-\frac{Z}{2}\,\frac{\mbox{ctg}\,\alpha}{F},\sigma_{3a}=\frac{Z}{2}\,\frac{r}{W_i}\,\left(\frac{1}{\alpha}-\mbox{ctg}\,\alpha\right)
23)
bezw.
\sigma_{2m}=-\frac{Z}{2}\,\frac{1}{F}\,.\,\frac{1}{\mbox{sin}\,\alpha},\sigma_{3m}=\frac{Z}{2}\,\frac{r}{W_a}\,\left(\frac{1}{\mbox{sin}\,\alpha}-\frac{1}{\alpha}\right)
23a)
Die in den Gleichungen 23 und 23a vorkommenden Funktionen
des Winkels α können bei der numerischen Berechnung der
Tab. 1 entnommen werden.
Durch Vergleich der sich ganz oder zum Teil aufhebenden Spannungen σ2a und σ3a bezw. σ2m und σ3m nach den
Gleichungen 23 und 23a, kann man von vornherein ohne weitläufige Rechnungen
bestimmen, ob die Gesamtspannungen σa und σm größer oder kleiner als die Spannung a1 werden. Die
Beziehung σa ≤
σ1 besteht
unter der Bedingung σ2a ≥ σ3a, oder nach Gleichung 23, wenn
\frac{F\,.\,r}{W_i}\,\leq\,\frac{\mbox{cos}\,\alpha}{\frac{\mbox{sin}\,\alpha}{\alpha}-\mbox{cos}\,\alpha}
. . . . . . . . . . 24)
Aehnlich wird σm ≤ σ1 unter der Bedingung a2m ≥ <
σ3m, oder nach Gleichung 23a, wenn
\frac{F\,.\,r}{W_a}\,\leq\,\frac{1}{1-\frac{\mbox{sin}\,\alpha}{\alpha}}
. . . . . . . . .24a)
Gilt in einer der Beziehungen 24 und 24a das
Gleichheitszeichen, so wird die entsprechende Gesamtspannung σa oder σm gleich der im freien
Schwungring auftretenden Zugspannung σ1 Für die eine oder andere der Spannungen
trifft das bei ausgeführten Rädern gelegentlich zu, für beide gleichzeitig, so viel
sich feststellen ließ, nicht, obschon sich das unter Umständen erreichen läßt.
Die Werte für die in den Beziehungen 24 und 24a vorkommenden Winkelfunktionen sind in
Tab. 1 enthalten.
Die Nachrechnung an ausgeführten Rädern ergibt, daß die Spannung an den Armstellen
meist größer ist als die mitten zwischen zwei Armen. Mit Rücksicht auf gute
Ausnutzung der Festigkeit des Kranzmaterials könnte man zu erreichen suchen, daß
beide Spannungen gleich groß sind. Das ist der Fall, wenn
σ2a+ σ3a= σ2m+ σ3m,
oder nach den Gleichungen 23 und 23 a, wenn
\frac{\mbox{ctg}\,\alpha}{F}-\frac{r}{W_i}\,\left(\frac{1}{\alpha}-\mbox{ctg}\,\alpha\right)=\frac{1}{F\,.\,\mbox{sin}\,\alpha}-\frac{r}{W_a}\,\left(\frac{1}{\mbox{sin}\,\alpha}-\frac{1}{\alpha}\right)
25)
Nach der Tab. 1 kann man bei den bei Schwungradkonstruktionen üblichen Winkeln a in erster Annäherung
\mbox{ctg}\,\alpha\,\sim\,\frac{1}{\mbox{sin}\,\alpha} und
\frac{1}{2}\,\left(\frac{1}{\alpha}-\mbox{ctg}\,\alpha\right)\,\sim\,\frac{1}{\mbox{sin}\,\alpha}-\frac{1}{\alpha}
. 26)
setzen, womit aus Gleichung 25 folgt
Wi ~ Wa
oder
\eta_i\,\sim\,\frac{1}{2}\,\eta_a . . . . . . .
27)
wenn man mit ηi
und ηa die
Abstände der inneren bzw. äußeren Kranzfaser von der neutralen Faser bezeichnet. Der
Schwerpunkt des Kranzquerschnittes muß also ungefähr in ein Drittel der Kranzhöhe,
von der inneren Faser aus gerechnet, liegen, wenn die beiden Maximalspannungen
gleich groß werden sollen. Das muß auch neben den Bedingungen 24 und 24a der Fall
sein, wenn beide Gesamtspannungen gleich σ1 sein sollen.
(Schluß folgt.)