Titel: | Die Hebemaschinen auf der Weltausstellung in Brüssel 1910. |
Autor: | K. Drews |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 722 |
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Die Hebemaschinen auf der Weltausstellung in
Brüssel 1910.
Von K. Drews, Oberlehrer an der Kgl.
höheren Maschinenbauschule zu Posen.
(Fortsetzung von S. 628 d. Bd.)
Die Hebemaschinen auf der Weltausstellung in Brüssel
1910.
Elektrisch betriebener Laufkran
von Zobel, Neubert & Co. in Schmalkalden.Elektrische Ausrüstung von den Bergmann-Elektrizitäts-Werken A.-G. in
Berlin. (Fig. 1–4.)
Für Montagezwecke ist in der Kraftmaschinenhalle der deutschen Abteilung von der
Firma Zobel, Neubert & Co. ein elektrisch betriebener Viermotoren-Laufkran aufgestellt worden,
der namentlich in seinem elektrischen Teil manches Bemerkenswerte zeigt.
Die Hauptdaten des Kranes sind folgende:
Spannweite
23
m
Tragkaft
großer Hakenkleiner Haken
307,5
tt
Motoren
2 Hubmotoren zu jeKatzefahrmotorKranfahrmotor
351250
PS„„
bei„„
n
n
n
===
525525560
Geschwindig-keiten beiHöchstlast
Heben mit Hauptwinde „ „
Hilfswinde.KatzefahrenKranfahren
3,212,8
m/Min.„„„
Betriebsspannung 220 Volt Gleichstrom.
Krangerüst. Dieses besteht aus vier parallelen
Fachwerkträgern mit parabolischem Untergurt, innen die beiden Hauptträger, außen die
beiden Seitenträger. Je ein Haupt- und ein Seitenträger bilden einen kräftigen
Fachwerk-Kastenträger von großer seitlicher Steifigkeit. Diese Kastenträger sind
oben mit gelochtem Blech abgedeckt und bilden Galerien, von denen aus die Laufkatze
gut bedient werden kann, außerdem nehmen sie den Kranfahrmotor mit Längswelle und
das später zu besprechende Steueraggregat auf.
Die vier Stahlgußlaufrollen sind in zwei kräftigen, aus Walzeisen zusammengenieteten
Radkästen gelagert. Der Radstand beträgt 3,2 m
Der Führerkorb hängt an dem einen Ende des Krangerüstes; er ist an der dem Lasthaken
zugewandten Seite offen, so daß der Führer einen ungehinderten Ausblick auf das
Arbeitsfeld des Hakens hat.
Der Kranfahrmotor a, ein gekapselter Hauptstrommotor,
überträgt seine Leistung mittels eines in Oel laufenden Stirnrädervorgeleges b auf die Längswelle, von der dann mittels eines
weiteren Räderpaares je ein Laufrad an beiden Enden angetrieben wird. Das
Motorritzel aus geschmiedetem Stahl sitzt nicht unmittelbar auf der Ankerwelle,
sondern auf einer besonderen, in zwei Ringschmierlagern ruhenden Welle, die mit
jener durch eine elastische Lederkupplung verbunden ist. In der Nähe des
Führerkorbes sitzt auf der Längswelle eine kräftige Bandbremse c zum genauen Einstellen und schnellen Anhalten
des Kranes; sie wird mittels eines in Fig. 4 erkennbaren
Gestänges von dem Führer mit dem Fuß betätigt.
Laufkatze. Der Rahmen der Katze besteht aus genieteten
schmiedeeisernen Trägern. Der Radstand beträgt 2,15 m, die Spurweite 1,9 m. Der
Fahrmotor d treibt mittels eines Schneckengetriebes und
eines geteilten Stirnradvorgeleges zwei Laufräder an.
Die Laufkatze trägt zwei Hubwinden, die Hauptwinde für 30 t höchster Hakenlast und
die Hilfswinde für Lasten bis 7,5 t. Das Zugorgan ist bei beiden ein
Gußstahldrahtseil.
Der Hubmotor e der Hauptwinde überträgt seine Bewegung
mittels eines Schneckengetriebes und je eines Räderpaares auf die beiden Trommeln
mit gegenläufigen Rillen. Die Last hängt an sechs Seilsträngen; die beiden losen
Enden sind je an einer der Trommeln befestigt. Das Seil geht von der einen Trommel
abwechselnd über die drei Rollen in der Unterflasche und die beiden im Rahmen der
Katze zwischen den Trommeln gelagerten Leitrollen zur anderen Trommel; die
Seilführung ist wie gewöhnlich so, daß die Last beim Heben und Senken nicht wandert,
sondern sich nur in senkrechter Richtung bewegt.
Die Hilfswinde wird von dem Motor f in derselben Weise
angetrieben. Die Last hängt hier an vier Strängen, wovon wieder zwei auf die mit
gegenläufigen Rillen versehene Trommel auflaufen. Beide Lasthaken sind in ihren
Gehängen drehbar auf gehärteten Stahlkugeln gelagert.
Das Halten der hochgewundenen Last sowie das Regeln der Senkgeschwindigkeit wird bei
beiden Winden in derselben Weise bewirkt. Auf den Schneckenwellen sitzt je eine
Bremsscheibe g für eine von den Elektromagneten h betätigten gewichtsbelasteten Bandbremse. Diese dient
nur zum Halten der Last; wird der Hubmotor ausgeschaltet, so fällt der Magnetanker
ab und das auf dem Bremshebel sitzende Gewicht zieht die Bremse fest. Die Regelung
der Senkgeschwindigkeit und die Abkürzung des Nachlaufweges der bewegten Massen
geschieht mittels Senkbremsschaltung der Hubmotoren; d.h. diese arbeiten unter dem
Antrieb der Last oder der bewegten Massen als Dynamomaschinen. Der erzeugte Strom
bewirkt entweder eine gleichförmige, aber durch Regulierwiderstände veränderliche
Senkgeschwindigkeit oder eine Verzögerung der bewegten Massen bis fast zum
Stillstand.
Der Laufkran bietet in der Gerüstkonstruktion und in dem mechanischen Teil eigentlich
nichts Neues; es ist ja schon früher erwähnt worden, daß die Durchbildung normaler Laufkrane
als abgeschlossen zu betrachten ist. Anders liegt die Sache indes bei dem
elektrischen Teil; hier kann man noch mancherlei Neuerungen erwarten. Und eine
solche weist auch der Ausstellungskran von Zobel,
Neubert & Co. auf.
Textabbildung Bd. 325, S. 722
Fig. 1. Elektrisch betriebener Laufkran von Zobel, Neubert & Co.
Die Neuerung besteht darin, daß die Hubmotoren ihren Strom nicht unmittelbar, sondern
unter Zwischenschaltung eines rotierenden Umformers aus dem Leitungsnetz des
Kraftwerkes erhalten, und daß das Anlassen sowie die Veränderung der Umlaufzahl
nicht durch Vor- oder Abschalten von Widerstand im Ankerstromkreis, also durch
Abdrosseln der Netzspannung geschieht, sondern durch Spannungsänderung an der Dynamo
des Umformers, also durch verlustlose Aenderung der Ankerspannung des
Hubmotors. Man nennt diese Art der Steuerung von Motoren Leonard-Schaltung. Ich habe sie schon früher in meiner Arbeit „Der
gegenwärtige Stand des Fördermaschinenbaues“, D. p. J. 1909, S. 161 u. f.,
eingehend besprochen. Da ich außerdem auf die I Bedeutung dieses Steuersystems für
den Kranbetrieb in einem späteren Artikel über Geschwindigkeitsregelung genauer
eingehen werde, so kann ich mich hier auf eine kürzere Besprechung beschränken.
Das Steuersystem der Bergmann-Elektrizitätswerke A.-G.
in Berlin besteht aus einem Umformer und dem Hubmotor. Der Umformer bildet sozusagen
ein besonderes Kraftwerk für die Hubwinde des Kranes. Im vorliegendem Falle steht
der Umformer U in der Mitte der Kranbrücke auf der
einen Galerie. Er besteht aus dem Antriebsmotor und der Steuerdynamo. Beide sind
normale Nebenschluß-Wendepolmaschinen; sie laufen bei allen Belastungen
funkenfrei.
Fig. 5 zeigt eine Prinzipskizze der Schaltung.
Textabbildung Bd. 325, S. 722
Laufkatze zum Laufkran von Zobel, Neubert & Co.
Der Umformermotor A M, der seinen Strom aus der
Hauptleitung erhält, treibt die Steuerdynamo mit bei allen Belastungen nahezu
unveränderlicher Umlauf zahl an. Das Feld der Dynamo S
D wird ebenfalls durch Strom aus der Hauptleitung erregt. Es kann mittels
eines Feldregulators F R von Null bis zu einem
Höchstwerte nach beiden Stromrichtungen geändert werden. Die Klemmenspannung der
Dynamo ist aber bei unveränderlicher Umlaufzahl der Feldstärke verhältnisgleich;
ebenso hängt die Richtung ihres Ankerstromes von der Richtung des Stromes in der
Erregerwicklung ab.
Der Hubmotor M M der Laufkatze erhält nun seinen
Betriebsstrom von der Steuerdynamo, deren jeweilige Spannung auch die
Betriebsspannung des Hubmotors ist und ebenso wie jene durch von Null bis zu einem
Höchstwert unveränderlich ist. Der Hubmotor ist bei diesem Steuersystem nicht wie sonst
üblich ein Hauptstrommotor, sondern er besitzt Fremderregung aus einer Stromquelle
von unveränderlicher Spannung, hier aus der Hauptleitung.
Der Betrieb geht nun wie folgt vor sich. Zunächst wird der Umformer angelassen und
auf seine normale Umlaufzahl gebracht; die Klemmenspannung der Steuerdynamo ist
dabei gleich Null. Soll nun der Hubmotor H M. zum
Lastheben angelassen werden, so steigert der Kranführer jene Spannung je nach der
gewünschten Hubgeschwindigkeit bis auf ihren Höchstwert, und zwar mittels des
Feldregulators. Dieser besitzt ebenso wie die gewöhnlichen Kran-Steuerapparate die
Kontrollerform. Seine Handhabung mittels Handrades oder Hebels ist genau dieselbe
wie dort.
Textabbildung Bd. 325, S. 723
Fig. 5.
Die Regelung der Lastsenkgeschwindigkeit geschieht bei durchziehenden Lasten auf
elektrischem Wege, indem die niedergehende Last den Hubmotor als Dynamo antreibt. Da
die Verbindung mit dem Umformer bestehen bleibt, so geht der erzeugte Bremsstrom
über jenen in die Hauptleitung zurück. Kleinere Lasten, die das Hebewerk nicht mehr
genügend beschleunigen können, werden mit Strom gesenkt. Die Umkehr der Drehrichtung
des Hubmotors geschieht durch Aenderung der Stromrichtung in der Erregerwicklung der
Steuerdynamo mittels des Feldregulators F R. Das Halten
der freischwebenden Last geschieht, wie schon oben erwähnt, durch eine von einem
Elektromagneten betätigte Bandbremse.
Mittels eines Umschalters kann die Steuerdynamo Wechselweise sowohl mit dem Hubmotor
der Haupt- wie mit dem der Hilfswinde verbunden werden.
Im besonderen ist noch folgendes zu bemerken: Die minutliche Umlaufzahl des
Steueraggregates beträgt 525; sie ist also verhältnismäßig niedrig angenommen, um
einen möglichst geräuschlosen Gang zu erzielen. Es liegt natürlich nichts im Wege,
höhere Umlaufzahlen, d.h. billigere Typen zu wählen, namentlich bei schweren
Brückenkonstruktionen. Die Klemmenspannung der Steuerdynamo kann mittels des
Führerkontrollers von 0 bis ± 400 Volt eingestellt werden. Bei 400 Volt erreicht der
Hubmotor seine höchste Umlaufzahl, und da er ein Nebenschlußmotor ist, so würde sich
diese bei allen Belastungen nur wenig ändern. Dies würde jedoch im allgemeinen nicht
den Bedingungen des Kranbetriebes entsprechen; man wünscht hier größere Lasten mit
kleinerer und kleinere Lasten mit größerer Geschwindigkeit zu heben und zu senken.
Der bei der gewöhnlichen Steuerungsniethode verwandte Hauptstrommotor tut dieses ja
auch von selbst.
Will man also bei der Bergmann-Schaltung eine solche
Geschwindigkeitsabstufung haben, so darf bei größeren Hakenbelastungen die Spannung
des Hubmotors nicht bis 400 Volt gesteigert werden, weil er und das Steueraggregat
sonst zu stark belastet werden würde. Um das sachgemäße Einstellen der Spannung
bezw. Umlaufzahl aber nicht der Willkür des Führers zu überlassen, ist in dem
vorliegenden Fall an dem Führerkontroller eine selbsttätige Sperrvorrichtung
angeordnet worden, die es verhindert, daß von einer bestimmten Last an aufwärts die
Spannung des Hubmotors 220 Volt überschreitet. Die Spannungen von 220 bis 400 Volt
können dann nur bei kleineren Lasten bezw. beim Heben des leeren Hakens eingestellt
werden.
Diese Sperrvorrichtung besteht aus einer Kombination von Strom- und Spannungsspule,
die bei einer bestimmten Stromstärke einen Eisenkern anzieht, wodurch die
Steuerwalze gegen Weiterdrehen im Sinne höherer Spannungen gesperrt wird.
Wie schon oben erwähnt, kann die Steuerdynamo wechselweise auf den Motor der Haupt-
und der Hilfswinde geschaltet werden; beide werden natürlich mittels desselben
Kontrollers gesteuert. Dieser Umschalter legt auch das Feld des betr. Motors sowie
den Bremsmagneten h der arbeitenden Winde ans Netz.
Ein Sperrmagnet verhindert, daß die Umschaltung nur dann stattfinden kann, wenn der
Führerkontroller sich in Nullstellung befindet, also keinen Strom führt.
Die Vorteile der Bergmann-Schaltung für den Kranbetrieb
bestehen in der größeren Regulierfähigkeit bei jeder Last, in der Handlichkeit der
Steuerapparate selbst bei sehr großen Motorleistungen und in der wirtschaftlichen
Geschwindigkeitsregelung.
Da die Kontakte des Steuerapparates nicht wie bei der gewöhnlichen Steuermethode den
vollen Ankerstrom des Hubmotors, sondern nur Stromstärken von 1 – 2 Amp. zu führen
haben, so fällt er entsprechend klein aus und ist leicht zu bedienen. Es lassen sich
hier daher auch leicht 30 Geschwindigkeitsstufen wie in dem vorliegenden Fall
anordnen, während man bei den gewöhnlichen Krankontrollern in der Regel nicht über
zehn Stufen hinausgehen kann.
Bei dem neuen Steuersystem verwendet man, wie schon oben erwähnt, als Hubmotoren
keine Hauptstrommotoren, sondern solche mit unveränderlicher Fremderregung, die sich
wie Nebenschlußmotoren verhalten, d.h. bei allen Belastungen von Leerlauf bis
Höchstbelastung ihre Umlaufzahl nur wenig ändern. Der Nebenschlußmotor hat aber den
Nachteil, daß er ein kleineres Anlaufmoment als ein gleichgroßer Hauptstrommotor
entwickelt, auch fehlt ihm die Selbstregulierung des letzteren, die ja im
allgemeinen erwünscht ist. In vielen Fällen können jedoch die Forderungen des
schnelleren Anfahrens und der Selbstregulierung zurücktreten gegenüber der Forderung
der sicheren Manövrierfähigkeit; in dieser Beziehung ist nun aber der Nebenschluß-
dem Hauptstrommotor überlegen. Bei dem neuen Steuersystem ist die Hubgeschwindigkeit
bei allen Hakenbelastungen nahezu die gleiche. Einer bestimmten Stellung des
Steuerhebels entspricht auch eine ganz bestimmte Geschwindigkeit sowohl bei
unbelastetem wie bei vollbelastetem Haken. Das ist aber z.B. bei Gießerei- und
Montagekranen, wo auch kleinere Lasten um geringe Beträge sicher gehoben und gesenkt
werden müssen, eine sehr wertvolle Eigenschaft des neuen Steuersystems. Diese und
die leichte Handhabung des Hubkontrollers erleichtern dem Kranführer seine Aufgabe
ganz wesentlich, erhöhen also auch die Betriebssicherheit.
Die Art und Weise des Anlassens bei der Bergmann-Schaltung bewirkt auch, daß die Stromstöße beim Anfahren in ihrer
Wirkung auf das Netz weniger heftig sind als bei der gewöhnlichen Methode; zudem
wirken die rotierenden Massen des Umformers als Buffer.
Der Umformer wird nur in längeren Betriebspausen stillgesetzt.
Die Motoren für die beiden Fahrbewegungen sind Hauptstrommotoren; sie werden in der
gewöhnlichen Weise durch Widerstände im Ankerstromkreis gesteuert.
Der Laufkran legt mit seiner soliden Ausführung, der geschickten Anordnung
seiner einzelnen Teile und der Exaktheit seiner Bewegungen das allerbeste Zeugnis
von der Leistungsfähigkeit seiner Erbauer ab.
(Fortsetzung folgt.)