Titel: | Ueber einige neuere Lager-Gebäude und -Behälter für Kohle. |
Autor: | M. Buhle |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 741 |
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Ueber einige neuere Lager-Gebäude und -Behälter
für Kohle.
Von M. Buhle, Professor in
Dresden.
(Fortsetzung von S. 714 d. Bd.)
Ueber einige neuere Lager-Gebäude und -Behälter für
Kohle.
Nachstehend seien noch einige sehr bemerkenswerte Leitsätze bezw. Regeln
wiedergegeben, die Gebr. Rank aufgestellt haben. Sie
lauten:
Der Lagerraum für Kohlen in Gaswerken soll ungefähr den Bedarf für drei Monate des
stärksten Gasverbrauchs fassen; das macht bei den Wintermonaten, November, Dezember
und Januar, etwa ein Drittel des Jahresbedarfs aus.
Textabbildung Bd. 325, S. 740
Fig. 6. Kohlensilo des Fernheiz- und Elektrizitätswerks des Hauptbahnhofes
München.
Beispiel: Jahreserzeugung 5000000 cbm; Jahresbedarf an Kohlen bei 31 cbm Gasausbeute
aus 100 kg Kohlen: \frac{5000000\,\times\,100}{31}=16130000\mbox{ kg
}=16130\mbox{ t.} Kohlenvorrat ein Drittel hiervon = 5380 t. Erheblich
größere Lagerräume wird man dort benötigen, wo der ganze Jahresbedarf im Sommer auf
dem Wasserwege zur Anfuhr gelangt.
Bei der Lagerung erleidet die Kohle einen Verlust an Gas- und Ammoniakausbeute.
Dieser Verlust ist bei der Lagerung in überdachten, trockenen Räumen erheblich
geringer als bei der Lagerung im Freien, so daß in den weitaus meisten Fällen die
Lagerung unter Dach vorzuziehen ist. Hierbei ist es in bezug auf den Gasverlust
gleichgültig, ob die Kohle in großen Stücken als Grobkohle oder in gebrochenem
Zustand lagert.
Durch langsame Oxydation der Steinkohle an der Luft wird im Innern der Kohlenlager
eine Temperaturerhöhung hervorgerufen. Sie kann sich bei Zusammentreffen
verschiedener Umstände, zumal bei Gegenwart von Feuchtigkeit, bis zur
Selbstentzündung steigern. Die Schütthöhe spielt bei der Selbstentzündung nicht mehr
in dem Maße eine Rolle, wie man es früher angenommen hat. Dagegen soll man durch
feuersichere Zwischenwände den ganzen Lagerraum in einzelne Abteilungen trennen,
die im Falle einer Selbstentzündung unabhängig voneinander in kurzer Zeit entleert
werden können. Diese Abteilungen schaffen auch eine gute Uebersicht über die
Kohlenvorräte, indem die Lieferungen verschiedener Monate sowie verschiedene
Kohlensorten voneinander gesondert gelagert werden können. Feuchte, grusige Kohle
neigt besonders zur Selbstentzündung, und soll daher nicht mit anderer Kohle
zusammen gelagert, sondern vielmehr bald dem Verbrauch zugeführt werden.
Eine Durchlüftung der Kohle ist nicht zweckmäßig, dagegen ist es erforderlich, zumal
in hohen Lagerräumen, eiserne Rohre anzubringen, mittels deren die Temperatur im
Innern durch eingehängte Thermometer regelmäßig gemessen wird. Bei eingetretener
Selbstentzündung läßt sich der Brand nicht mittels Wasser löschen; es muß die
betreffende Abteilung des Lagers vollständig entleert werden.
Textabbildung Bd. 325, S. 741
Fig. 7. Kohlensilo auf Schacht: Unterbau des Kgl. Steinkohlenbergwerks
Peißenberg.
Bei mittleren und größeren Werken erfolgt die Beförderung der Kohle in das Lager und
von diesem zum Ofenhaus mechanisch. Die Wahl der Fördereinrichtung hängt in erster
Linie von den örtlichen Verhältnissen ab. Es kommen sowohl Hängebahnen als auch
Elevatoren, Bandförderer, Schüttelrinnen, Kratzerförderer usw. zur Verwendung. Bei
Lagerung unter Dach wird die Kohle fest stets, sobald sie aus den Bahnwagen oder aus
Schiffen entladen ist, gebrochen. Die Förderung soll so eingerichtet sein, daß die
ankommende Kohle sowohl auf das Lager als auch unmittelbar zum Verbrauch in das
Ofenhaus geschafft werden kann.
Die Lagerräume werden entweder als weite Hallen mit Entnahme der Kohle von oben her
mittels Selbstgreifer, die auf fahrbaren Brücken laufen, ausgebildet, oder sie
werden als Silos gebaut, die sich nach unten hin auf die mechanische
Fördereinrichtung selbsttätig entleeren. Die einzelnen voneinander feuersicher
getrennten Abteilungen sollten nicht größer sein, als daß sie sich im Falle
einer Selbstentzündung mittels der vorhandenen Fördereinrichtung in 2 – 5 Tagen
entleeren lassen.
Bei Anlagen mit Greiferbetrieb ist darauf zu achten, daß die Lagerräume auch ohne
Hilfe der Greifer durch seitliche Türen und dergl. entleert werden können. Bei Silos
muß die untere Fördereinrichtung so beschaffen sein, daß damit auch glühende Kohle
fortgeschafft werden kann.
Mit der Schütthöhe wird man bei Silos im allgemeinen höher gehen als bei Anlagen mit
Greiferbetrieb. Bei beschränktem Platz wird man daher stets die Lagerung in Silos
wählen, zumal der Raum unter dem Silo für andere Zwecke verfügbar ist. Der
Schräglaschensilo von Gebr. Rank, München, gestattet,
auf das Quadratmeter Grundfläche 12 – 15 t Kohle zu lagern.
Die Baukosten der Lagerhallen bezw. Silos sind je nach Baugrund und Bauort
verschieden; sie wachsen mit der Anzahl von Zwischenwänden im Lagerraum sowie bei
besserer Ausgestaltung der Außenwände.
Für Hallen ohne Zwischenwände mit weitgespannten Dächern und Entnahme der Kohle von
oben her mittels Selbstgreifern kann man 6 – 8 M f. d. Tonne Nutzinhalt rechnen. Bei
derartigen Anlagen mit Zwischenwänden im Lagerraum und massiven Außenwänden werden
die Baukosten bis 14 M f. d. Tonne Nutzinhalt steigen. Die Kosten für die
Greiferbrücken wie überhaupt für die Fördereinrichtung sind hierin nicht
enthalten.
Kohlensilos, für die neuerdings ausschließlich Eisenbeton als Baumaterial in Betracht
kommt, stellen sich auf 12 – 22 M f. d. Tonne Nutzinhalt, je nach der Größe der
einzelnen Taschen, dem Bauorte und dem Baugrunde, wobei gleichzeitig unter dem Silo
Räume für andere Zwecke gewonnen werden. Die Fördereinrichtung bei Silos wird
erheblich billiger als bei Lagerhallen mit Entnahme der Kohle von oben.
Die Betriebskosten sind nach der Art der Fördereinrichtung und den örtlichen
Verhältnissen außerordentlich verschieden. Bei der Entnahme der Kohle von unten,
also bei Silos stellen sie sich erheblich niedriger als bei Greiferbetrieb, so daß
hierdurch die höheren Anlagekosten wieder ausgeglichen werden.
Bezüglich der in Fig. 6 veranschaulichten,
gleichfalls von Gebr. Rank im Herbst 1909 gebauten
Anlage, des 2000 t fassenden Kohlenspeichers vom Fernheiz- und Elektrizitätswerk des
Hauptbahnhofes München, sei von vornherein bemerkt, daß, als die Baufirma zum
Entwurf des Speichers aufgefordert wurde, die Förderanlage bereits vergeben
war.Vergl. auch Guillery, Zeitung des Vereins Deutscher
Eisenbahn-Verwaltungen 1910, S. 763.
Textabbildung Bd. 325, S. 742
Fig. 8. Kohlenwäsche auf der Kgl. Grube Peißenberg in Oberbayern.
Aus Fig. 6 ist ohne weiteres ersichtlich, wie in der
überdachten Vorhalle des in einfachen, aber gefälligen Formen ganz in Eisenbeton
ausgeführten Bauwerks die von der Eisenbahn angebrachten Kohlenwagen auf einem
Kurvenkipper entleert werden. Mittels eines Becherwerks werden die Kohlen dann
gehoben und mit Hilfe kleiner eiserner Sturzwagen und Bänder in die einzelnen mit
geneigten Böden versehenen „Taschen“ des Kohlenspeichers eingefüllt. Aus
diesen einzelnen Taschen wird die Kohle nach Bedarf entnommen und der
Verwendungsstelle zugeführt. Die aus der Figur im allgemeinen ersichtliche Anordnung
des Maschinenwerkes soll hier nicht weiter erörtert werden; es sei nur darauf
hingewiesen, daß sich eine solche Einrichtung mit entsprechend höherer Lage der
Kohlenbehälter oder unter Anfügung besonderer kleiner, hochgelegter Behälter sehr
wohl zur Lagerung der Lokomotivkohlen und zu ihrer Aufbringung auf die Tender der
Lokomotiven eignen möchte (siehe oben).
Fig. 7 zeigt einen Rankschen Silo auf einem Schacht der Königlichen Grube Peißenberg; er nimmt
die Kohle auf, die mittels der Förderbänder aus dem Schacht herausgeschafft werden.
Auch hier ist teilweise das Prinzip der schrägen Taschen angewandt, nur dient es
hier allein dem Zweck, die Kohle beim Abstürzen in den Silo zu schonen. Die erste
aus dem Wipper in den Lagerraum gelangende Kohle bildet sofort eine Schicht auf den
schrägen Böden; der nächste Förderhund wird dann auf die oben bereits lagernde Kohle
geschüttet und so wird allmählich der Silo gefüllt. Drei Kilometer von diesem
Schacht entfernt, mit ihm durch eine Drahtseilbahn verbunden, liegt die Bahnstation
Peißenberg mit der Aufbereitung, der Wäsche, den Verladeeinrichtungen usw. Fig. 8 veranschaulicht die Kohlenwäsche mit ihrer
überaus interessanten Anwendung des Eisenbetons. Es sind dort sämtliche Behälter für
die verschiedenen Kohlensorten, ferner die Schlammbehälter sowie die Säulen und
Decken in einheitlicher Weise in Eisenbeton ausgeführt.
(Schluß folgt.)