Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 763 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Einfluß der Druckleitung auf das Schwungradgewicht von
Turbinen.
Zwischen der Länge der Druckleitung und dem erforderlichen Schwunggewicht einer
Turbine kann man leicht eine rechnerische Beziehung ableiten, wenn man
berücksichtigt, daß die beim Schließen der Leitradkanäle am unteren Ende der
Druckleitung auftretende Drucksteigerung die lebendige Kraft des Wassers aufzehren
muß. Sind v1
und v2 die
Anfangs- und Endgeschwindigkeit des Wassers, t die
Dauer des Regelvorganges, m die bewegte Wassermasse und
P die verzögernde Kraft, so gilt allgemein:
½ (v1 + v2) P ∙ t = ½
m (v12
– v22)
P=\frac{m\,(v_1-v_2)}{t}
Nun ist aber P, die durch die Drucksteigerung erzeugte
Verzögerung der Wassersäule, keine unveränderliche Kraft, sondern sie steigt nach
einem nicht genau benannten, wahrscheinlich linearen Gesetz, derart, daß man die
Drucksteigerung als Mittelwert aus der Anfang- und Enddrucksteigerung, und die
größte Drucksteigerung, auf welche es ankommt, als das Doppelte des Mittelwertes
ansehen kann. Mit Rücksicht auf Undichtheiten und Formänderungen der Leitung dürfte
aber diese Höchstdrucksteigerung nicht auf das Doppelte, sondern vielleicht nur auf
3/2 des
Mittelwertes steigen. Setzt man dies und für
m = 0,102 L
ein, worin L in m die Länge der Druckleitung darstellt, so erhält man
für die größte Drucksteigerung in der Leitung in kg/qcm
p=0,0153\,\frac{L\,(v_1-v_2)}{t}
oder für die Dauer des Reguliervorganges
t=0,0153\,\frac{L\,(v_1-v_2)}{p}
Während dieser Zeit wird also dem Turbinenrade noch Leistung
zugeführt, und zwar nicht gleichförmig, sondern in abnehmedem Grade derart, daß man
den von dem Schwungrade aufzunehmenden Ueberschuß in kg/m annähernd durch
75 ∙ N∙ t/2
ausdrücken kann, wenn TV die Leistung in PS darstellt. Dieser
Zuwachs ist gleich dem Zuwachs an lebendiger Kraft infolge der zugleich
stattfindenden Beschleunigung der umlaufenden Massen:
75\,N\,.\,t/2=\frac{G\,.\,4\,\pi\,R^2\,.\,n^2\,.\,\delta}{g\,.\,3600}
oder
G\,R^2=2420\,\frac{N\,t}{n^2\,.\,\delta}=52,3\,\frac{N\,.\,L\,(v_1-v_2)}{p\,.\,n^2\,.\,\delta}.
Hierin sind G R2 das Moment der Schwungmassen
n die
normale Umdrehungszahl und
δ die
zugelassene Geschwindigkeitsänderung.
Das Ergebnis der Rechnung sei auf eine 5000 pferdige Turbine, welche bei 300
Umdrehungen i. d. Min. aus einer 180 m langen Druckleitung gespeist wird, angewendet
Die normale Wassergeschwindigkeit betrage 1,8 m i. d. Sek., als größte
Geschwindigkeitsänderung seien 8 v. H. und als größte Drucksteigerung 3,5 kg/qcm
gegeben. Mit Hilfe der letzten Gleichung ergibt sich dann
G\,R^2=52,3\,\frac{5000\,.\,180\,.\,1,8}{3,5\,.\,90000\,.\,0,08}=3370
t=0,0153\,\frac{180\,.\,1,8}{3,5}=1,415\mbox{ Sek.}
Hierbei ist v1 =
1,8 m als Wassergeschwindigkeit am Beginn und v2 = 0 als Wassergeschwindigkeit am Ende des
Reguliervorganges eingesetzt. (Peek.) [Engineering News
1910 II, S. 151 – 152.]
H.
Einfluß des elektrischen Stromes auf Beton.
Die wichtigste Frage, ob der elektrische Strom auf den Beton und Eisenbeton schädlich
einwirkt, ist von Gehler in Dresden, angeregt durch die
Versuche des Amerikaners Knudson, untersucht worden.
Knudson verwendete zwei Betonwürfel, von denen
der eine in Süßwasser, der andere in Salzwasser stand. In dem einen war als positive
Elektrode ein eisernes Rohr, in dem andern als negative Elektrode eine eiserne
Platte einbetoniert. Beide Körper wurden nebeneinander geschaltet. Der Strom wurde
30 Tage lang auf 0,1 Ampere gehalten. Aus den eingeschalteten Spannungsmessern wurde
für den Betonkörper im Süßwasser 400 Ohm, für den Betonkörper im Salzwasser 120 Ohm
als Widerstand festgestellt. Druckversuche zeigten, daß der im Süßwasser gelagerte
Körper sich leichter zerdrücken ließ als der andere. Außerdem zeigten beide Körper
von Rost durchsetzte Risse. Wie weitere Versuche zeigten, bildete sich der Rost an
den eisernen Elektroden durch die Wirkung des elektrischen Stromes.
Gehler sucht durch seine Versuche die Frage zu lösen, ob
der elektrische Strom der Straßenbahnen einen nennenswerten zerstörenden Einfluß auf
einen Stampfbetonkörper ohne Eiseneinlagen ausübt, und benutzt als Maßstab die
Würfelfestigkeit von Betonkörpern, die vom elektrischen Strom durchflössen werden,
im Vergleich zu der Festigkeit solcher Betonkörper, die dem elektrischen Strome
nicht ausgesetzt sind.
Die Versuche wurden vom April 1908 bis August 1909 in Dresden ausgeführt. Bei zwei
Versuchsreihen wurden als Elektroden Messingblech, bei der dritten Versuchsreihe
wurde Eisenblech verwendet. Die beiden Elektroden wurden in ein und demselben
Betonkörper einbetoniert, aus dem später zwischen den Elektroden ein Betonwürfel zur
Feststellung der Würfelfestigkeit herausgesägt wurde. Die Stromstärke betrug 1 bis 3
Ampere. Teilweise wurden bei den Versuchen mehrere Betonkörper hintereinander
geschaltet. Die Betonkörper wurden verschieden behandelt. Teils lagerten sie an der
Luft, teils im Wasser, teils wurden sie mit gegen die Luftfeuchtigkeit schützenden
und den elektrischen Strom schlecht leitenden Stoffen gestrichen und umhüllt.
Bei sämtlichen Versuchen zeigten sich folgende Erscheinungen, die um so stärker
hervortraten, je größer der anfängliche Feuchtigkeitsgehalt der Körper war. Das
Wasser an der Oberfläche der Betonkörper verdunstete allmählich. Nach wenigen
Minuten zeigten sich Wasserbläschen in den Poren der Körper. Dann trat eine sich
immer mehr steigernde Dampfentwickelung ein, bis die ganze Feuchtigkeit an der
Oberfläche verdunstet war. In diesem Zustand war die größte Körperwärme und der
kleinste Widerstand vorhanden. Später trat eine allmähliche Abkühlung des Körpers
bis nahezu auf die Anfangstemperatur und eine teilweise sehr große Steigerung des
Widerstandes ein. Durch den elektrischen Strom ging ein starker Austrocknungsprozeß
sowohl bei den naß als auch bei den trocken gelagerten Körpern vor sich. Der
Leitungswiderstand des Betons nahm mit der Erwärmung ab und mit der Austrocknung zu.
Ein Einfluß der Messingelektroden auf die Betonkörper wurde nicht festgestellt. Bei
den mit Eisenblechelektroden versehenen Betonkörpern traten nach einer 33 stündigen
Versuchsdauer an der positiven Elektrode Risse auf, so daß die Betonkörper an diesen
Stellen zersprengt wurden. Durch Zersägen wurde festgestellt, daß die negative
Elektrode blank geblieben war, während die positive Elektrode von Rost fast ganz
überzogen war, so daß durch die Volumenvergrößerung der Elektrode die Risse
eintreten mußten. Das Rosten der positiven Eisenelektrode wird durch die
elektrolytischen Vorgänge erklärt. Am positiven Pol setzt sich infolge der
Elektrolyse des Wassers der Sauerstoff ab, während der Wasserstoff sich an der
negativen Elektrode ausscheidet. Es bildet sich daher auf der Eisenelektrode eine
Rostschicht. Der Beton ist als ein elektrischer Leiter zweiter Klasse anzusehen.
Infolge des Stromdurchganges findet eine chemische Zersetzung statt, deren Folge eine
Abnahme der Würfelfestigkeit ist. Die Abnahme der Festigkeit betrug im Mittel 27 v.
H. Das Maximum von 37 v. H. wurde bei in Wasser gelagerten Betonkörpern mit einer
Mischung 1: 4: 5, das Minimum von 0 v. H. bei an der Luft gelagerten Betonkörpern
mit einer Mischung 1: 2½: 2½ erzielt. Im ungünstigsten Falle betrug die Spannung rd.
500 Volt und die Stromstärke etwas über 1 Ampere. Betrug die Spannung und die
Stromstärke nur die Halte oder ein Drittel dieser Werte, so war die
Festigkeitsabnahme nur einige v. H. der ursprünglichen Festigkeit. Da nun die
Spannung zwischen den Schienen einer elektrischen Straßenbahn gegen Erde nur
ausnahmsweise mehr als 6 Volt beträgt, so kann man annehmen, daß die Abnahme der
Festigkeit des Betonkörpers praktisch ohne Bedeutung ist. Bei der Verbindung
größerer Eisenteile wie gewalzter Profile und genieteter Konstruktionen mit Beton
können durch den elektrischen Strom starke Rosterscheinungen eintreten und diese das
Zersprengen der Betonhülle herbeiführen. Aus dieser Tatsache kann jedoch auf die
Wirkung des elektrischen Stromes bei Eisenbetonbauten noch nicht geschlossen werden,
weil hier die Eisenstäbe sehr schwach sind. Es ist jedoch wünschenswert, daß durch
weitere Versuche diese Frage geklärt wird. (Gehler).
[Beton und Eisen 1910, S. 278 – 281 und 304 – 308.]
Dr. Ing. P. Weiske.
Die Mahlmaschine „Perplex“.
Zu den Zerkleinerungsmaschinen, welche in der letzten Zeit in den industriellen
Werken eingeführt wurden, gehört unter anderen die Mahlmaschine „Perplex“ der
Alpine Maschinenfabrik-Gesellschaft Augsburg, vorm.
Holzhäusergesellschaft, deren Konstruktion sich auf langjährige
Betriebserfahrungen stützt.
Textabbildung Bd. 325, S. 765
Fig. 1.
Die Perplex-Mühle (Fig. 1) ist eine Rivalin der
vielfach eingeführten Mahlgänge, Scheibenmühlen, Kollergänge, Schlagkreuzmühlen,
Desintegratoren und Kugelmühlen geworden. Sie stellt eine Schleudermühle dar, welche
auf dem Prinzip der stufenweisen Zerkleinerung beruht. Die Mahlwirkung wird durch
charakteristisch geformte, unter Patentschutz stehende Anwurfringe und Schläger
hervorgerufen, wobei ein Ringrost die beliebigen Feinheitsänderungen des Mahlgutes
ermöglicht. Die Ausführungsform der Mahlelemente ist normalisiert, so daß deren
Befestigung unter geringstem Zeitaufwand erfolgen kann. Als Zuführung des Mahlgutes
dient ein automatisch wirkender Speiseapparat; die Lagerung der Welle erfolgt in
großräumigen Lagern. Die Perplex-Mühle soll eine Vereinfachung des Mahlverfahrens
überall dort herbeiführen, wo unter möglichstem Ausschluß von Hilfsmaschinen Wert
auf die Erzeugung eines Produktes gelegt wird, das aus wirtschaftlichen Rücksichten
eine mehrfache Bearbeitung nicht verträgt. Ihre Konstruktion seilt hierzu die
Verfügung einer Mahl- und Sichtmaschine dar; sie soll die Gewähr für die Erzeugung
eines gleichartigen Mahlgutes bieten, ohne daß während des Betriebes irgend Reiche
Nachstell- und Schärfungsarbeiten vorzunehmen und. Die Mühle vermahlt nicht nur
Körnerfrüchte, sondern auch schalenartige Abfallprodukte, ferner Anilinfarben,
Kreide, Salz, Harz, Oelkuchen, Gerbstoffe usw.
ε.
Ueber die zur Bekämpfung der Staubplage empfohlenen
Präparate.
Die Gründe, welche zur Bekämpfung des Staubes in Gebäuden und auf Straßen zwingen,
sind vor allem gesundheitlicher Natur. Es steht nicht nur fest, daß der die
Luft verunreinigende Staub durch mechanische Reizung die Atmungsorgane schädigt,
sondern es bestehen auch gewichtige Gründe für die Annahme, daß er geeignet ist,
ansteckende Krankheiten zu verbreiten. Diese Annahme hat durch zahlreiche
wissenschaftliche Untersuchungen ihre experimentelle Bestätigung gefunden. Es kann
daher nicht wundernehmen, daß eine ganz neue Industrie entstand, die sich mit der
Herstellung und dem Vertriebe von Erzeugnissen zur Bekämpfung des Staubes befaßte.
Diese Präparate lassen sich in zwei Gruppen scheiden:
I. Mittel zur Bekämpfung des
Straßenstaubes.
Das älteste und noch heute am meisten für Straßen angewendete Verfahren besteht
bekanntlich in dem Besprengen mit Wasser. Die Dauer
der Wirkung ist hierbei je nach der Art der Straßenbefestigung, der Witterung
und der Jahreszeit verschieden. Die Besprengung der Straßen ist mit recht hohen
Kosten verknüpft, in Dresden z.B. entfielen auf 1 qm Besprengungsfläche
im Jahre
1899
1900
1901
5,5
6,3
6,7 Pf.
In diesem Betrage sind neben den Wasserkosten auch die
Unterhaltung der Geräte sowie Arbeits- und Fuhrlöhne inbegriffen. Aus diesem
Grunde kommt die Wasserbesprengung nur für die Straßen innerhalb der Städte in
Frage, während man sich für die Chausseen nach einem Ersatz umsehen mußte.
Als solchen versuchte man zunächst in Californien das Rohpetroleum, mit dem man später auch in Europa Versuche anstellte.
Sie ergaben, daß zwar eine sofortige Unterdrückung der Staubbildung möglich ist,
daß dieser Erfolg bei starkem Verkehr aber nur 6 – 8 Wochen anhält; da ferner
auf 1 qm Fläche 1 kg Rohpetroleum erforderlich war, stellte sich das Verfahren
für europäische Verhältnisse zu teuer.
Man ging darauf zu dem Teer über, der zuerst im
Jahre 1903 in Monaco auf einer Straßenfläche von 3000 qm Anwendung fand. Die
hierbei entstehende, zusammenhängende asphaltartige Schicht, die bei regem
Verkehr auch nach acht Monaten noch völlig intakt erschien, erwies sich für
Feuchtigkeit undurchlässig und war daher bei Regenwetter schmutzfrei, bei
trockener Witterung aber ohne Staub. Allerdings trug zu diesem guten Resultate
der Umstand bei, daß der Kalksteinuntergrund ein 5 cm tiefes Eindringen des
Teers zuließ. Zweckmäßiger erscheint es, den Teer gleich bei der Anlegung der
Straßen mit den Baumaterialien zu vermischen. Solche Teerstraßen verursachten in
Kaiserslautern z.B. nur einen Kostenaufwand von 4 M für den qm, gegen 8,50 M bei
Steinpflaster und 12 M bei Asphalt- und Holzpflaster. In ähnlicher Weise findet
das von der Firma Raschig in den Handel gebrachte
Präparat Kitonvgl. S. 621 dieses Bandes. Anwendung, das aus einem
Gemisch von Teer mit Ton besteht.
In ein neues Stadium trat die Bekämpfung der Staubplage durch die Erfindung der
sogenannten wasserlöslichen Oele, die mit Hilfe von
Sprengwagen aufgetragen werden sollten und in der ersten Zeit eine
außerordentlich günstige Beurteilung erfuhren. Als Vorbild dieser Präparate hat
das Westrumit zu gelten (D. R. P. 183664), eine
Emulsion von mineralischen Schmierölen in Wasser die durch Zugabe von etwas
Ammoniak erzielt wurde. Da aber mit der Verflüchtigung des Ammoniaks eine
fortschreitende Trennung der Emulsion in zwei Schichten, nämlich Wasser und Oel,
erfolgt, die zu großen Uebelständen Anlaß gibt, ging man dazu über, den Zustand
der feinen Verteilung durch Zusätze nichtflüchtiger
Emulgierungsmittel dauernder zu gestalten. So enthält z.B. das Präparat Antistoff Kaliseife, das Standutin, eine Dextrin und Stickstoff enthaltende Substanz,
wahrscheinlich Mehlkleister als Emulgierungsmittel.
Von hoher Wichtigkeit für die Beurteilung aller wasserhaltigen Staubbindemittel
erscheint ihr Verhalten bei niedrigen Temperaturen, da eine frühzeitige
Eisbildung ihre Anwendung während der kalten Jahreszeit ausschließen müßte.
Diesbezügliche Versuche ergaben eine Eisbildung bei Anwendung von
zehnprozentigen Lösungen von
Westrumit
Antistoff
Standutin
bei
– 1 °C
– 3½ °C
– 4 °C
Die Ansichten über die Brauchbarkeit der Oelemulsionen,
besonders des Westrumits, sind noch sehr geteilt; auch die Preisfrage ist noch
nicht hinreichend geklärt.
Die neuesten und anscheinend auch aussichtsvollsten Mittel zur Bekämpfung der
Staubplage auf Landstraßen sind die wässerigen Lösungen hygroskopischer Salze. Die Besprengung von Straßen mit
Chlorkalziumlösung soll schon 1828 versucht worden sein; aber erst in den
fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts fand das Verfahren in Frankreich
weitere Verbreitung. Auch in Amerika hatte das Verfahren guten Erfolg. Nach den
in Basel angestellten Versuchen mit 10- und 5-proz. Lösungen zeigten die Straßen
ein sauberes Aussehen und waren völlig staubfrei, ohne schlüpfrig zu werden; die
Kosten betrugen für 1000 qm 13 M.
Lösungen hygroskopischer Salze entstehen als Abfallprodukte bei vielen Zweigen
der chemischen Industrie, besonders bei Ammoniaksodafabriken, Chlorfabriken
(nach Weldon), Borsäure-, Essigsäure- und
Sodawasserfabriken. Die Sodafabrikation ergibt eine Lösung von 10 – 12 v. H.
Chlorkalzium und zwar, weil jeder Tonne Soda 10 t 10-proz. Chlorkalziumlösung
entsprechen, in so ungeheurer Menge, daß sie für sämtliche Verkehrswege der Erde
ausreichen würde. Für deutsche Verhältnisse kommen besonders die
magnesiumchloridhaltigen Abfallaugen der Kali-Industrie in Betracht. Derartige
Erzeugnisse kommen unter Fantasienamen, wie Antistaubit,
Sprengelit u.a., in den Handel. Eine schädliche Einwirkung dieser
Lösungen auf Kleidungsstücke, Gummireifen und den Straßenbelag konnte nicht
beobachtet werden, dagegen wurde schon früher festgestellt, daß Chlorkalzium die
Metallteile von Wagen und Automobilen durch Bildung von Oxychlorid angreift; dem
kann indessen durch häufigere Reinigung der betr. Teile entgegengewirkt werden.
Eine Lauge, die im Verhältnis 1 : 4 mit Wasser verdünnt war, zeigte den
Gefrierpunkt – 7 °C; diese Verdünnung dürfte daher für normale
Temperaturverhältnisse in den meisten Fällen die geeignetste sein.
Es wäre zu wünschen, daß jede Stadtverwaltung und jede Fabrik weitere Versuche
mit Salzlösungen wie mit anderen eigenen Abwässern
anstellt. Auf diese Weise können nicht nur lästige Abfallstoffe kostenlos
beseitigt, sondern noch ziemlich vorteilhaft im Interesse des Gemeinwohls
verwertet werden.
II. Staubbindemittel für
Innenräume.
Zur Bekämpfung des Staubes in Wohnungen, Kasernen und Schulen finden sowohl Fußbodenöle wie pulverförmige Kehrmittel Anwendung. Beide bezwecken, die
Staubteilchen durch Bindung an das klebrige Oel am Aufwirbeln zu verhindern, und
unterscheiden sich nur durch die Art ihrer Anwendung.
Mit Fußbodenölen wurden in Dresden schon seit 1899 Versuche angestellt, die zur
großen Zufriedenheit ausfielen. Das Wirksame in allen diesen Mitteln ist ihr
Gehalt an Mineralöl. Im Hinblick hierauf und auf den hohen Preis (bis zu 1,50 M
für 1 kg) versuchte man, an ihrer Stelle Spindelöle
vom spez. Gewicht 0,89 – 0,90 zu benutzen, und erzielte damit ausgezeichnete
Ergebnisse.
Da diese Oele bisweilen zu große Konsistenz hatten, sah man sich veranlaßt,
in den Lieferungsbedingungen eine Viskosität von 5 – 8 (bei 20° im Engler sehen Apparat gemessen) vorzuschreiben. Eine
zu starke Glätte des Fußbodens wird vermieden dadurch, daß das Oel heiß
aufgetragen und sorgfältig eingerieben wird. Beim Oelen von Turnhallen ist eine
gewisse Vorsicht angezeigt. Für das Oelen der Fußböden in den Schulen sind
sowohl von der Stadt Dresden wie von dem preußischen MedizinalministerMinisterialblatt für Medizinal-Angel.
1908, Nr. 7. genaue Anweisungen ausgegeben worden. Im Mittel
verursachten 1000 qm bei dreimaliger Oelung im Jahre einen Kostenaufwand von 123
M, der sich inzwischen noch ermäßigt hat. Eine Reihe anderer Präparate, wie
Oelemulsionen und Didymchlorid, werden in speziellen Fällen auch gute Dienste
leisten.
Gleichzeitig mit den Fußbodenölen wurden zahlreiche pulverförmige Kehrmittel in den Handel gebracht, die an Stelle des
früher üblichen angefeuchteten Sägemehls oder Kaffeesatzes vor dem Ausfegen auf
den Fußboden gestreut werden sollten. Sie bestehen fast alle aus einem Gemisch
von Schmieröl mit einem mineralischen Aufsaugemittel, wie etwa Zementmehl,
Schlackenpulver u.a.; einige enthalten daneben noch mehr oder weniger Sägemehl.
Eines der ältesten dieser Mittel ist das Brortil
(D. R. P. 118992), das ein braunes, sandiges Pulver mit Petroleumgeruch
darstellt. In ihrer Wirkung sind alle diese Mittel gleich. Die in den Schulen
damit angestellten Versuche waren recht befriedigend, da neben der erzielten
Verbesserung der Zimmerluft vor allem in der größeren Sauberkeit der Anwendung
ein Vorteil vor dem Oelen besteht. Indessen stellten sich die Kosten wesentlich
höher. Bei einem Preise von 11 Pf. für 1 kg und bei Verwendung von 1 kg auf 100
qm erforderte dreimaliges Kehren in der Woche für 1 qm einen Aufwand von 16 Pf.
im Jahre. In Dresden wurde daher dem Fußbodenöl der Vorzug gegeben. (A Beythien.) [Zeitschr. f. Untersuchung d. Nahr.- und
Genußmittel XIX, S. 189 bis 205.]
Dr. S.
Wasserkraftwerk der Arizona Power Company.
Von dem insgesamt 488 m betragenden Gefälle, welches auf einem verhältnismäßig kurzen
Stück zwischen dem Fossil Creek und dem Verde River verfügbar gemacht werden kann,
wird gegenwärtig der untere, 335 m betragende Teil zur Krafterzeugung ausgenutzt.
Der Abfluß des Fossil Creek ist von bemerkenswerter Gleichförmigkeit und beträgt
1,27 cbm i. d. Sek. Infolgedessen waren nur sehr einfache Einlaufbauwerke, im
wesentlichen nur ein kleines Sandbecken mit Zementausmauerung, erforderlich, um
diesen Abfluß dem Oberwasserkanal zuzuführen. Der Oberwasserkanal selbst ist
insofern ungewöhnlich, als er im unteren Teil ganz aus Eisenbeton hergestellt ist.
Dieser Teil ist außen 1,83 m breit und 1,066 m hoch und bei 3657 m Länge mit 1 v. T.
Gefälle angelegt. Nur auf einem kurzen Stück unmittelbar hinter dem Einlauf ist der
Kanal ausgehoben und mit Zement verkleidet. Die Anwendung von Eisenbeton für diesen
Zweck ergab nicht nur eine Ersparnis in den Baukosten, sondern auch eine
Verringerung der Reibungsverluste gegenüber den in dieser Gegend häufigeren
hölzernen Gerinnen. Von dem übrigen Teil der insgesamt 11582 m langen
Wasserzuleitung sind 3050 m als Stollen mit Betonausmauerung, ungefähr 6700 m als
Holzgerinne, 2290 m als Düker zum Ueberschreiten eines bis zu 76 m tiefen
Einschnittes und ein geringerer Teil als Betonrohr ausgeführt. Im obersten Teil der
Leitung, etwa 8 km vom Einlauf, befindet sich ein als Staubecken ausgebildeter, früherer See,
dessen Inhalt von 335000 cbm ausreicht, um das Kraftwerk mit unveränderter Leistung
mehrere Tage hindurch zu betreiben. An dem Ende des Oberwasserkanals befindet sich
ein 10,97 m hohes Standrohr von 9,14 m innerer Weite, dessen Wasserspiegel bei
Stößen in der Leitung 0,9 m über den Spiegel des Staubeckens steigen kann. An dieses
Standrohr schließt sich eine 1463 m lange Druckleitung an, deren lichte Weite von
1219 mm auf 914 mm abnimmt. Die Leitung ist im oberen Teil genietet, der untere
Teil, dessen Blechstärke von 12,7 mm auf 17,46 mm zunimmt, ist geschweißt und aus
Deutschland bezogen. Das Kraftwerk, welches in Prescott, Arizona, errichtet ist,
enthält drei große Stromerzeugergruppen von je 1800 KW Leistung und ist dadurch
bemerkenswert, daß diese Gruppen vollständig voneinander unabhängig sind, also
insbesondere nicht parallel geschaltet werden können. Jede der Gruppen versorgt
vielmehr ihre eigene Transformatorenanlage, die Strom von 45000 Volt an die
Fernleitung abgibt. Die Maschinengruppen selbst bestehen aus 3000 pferdigen Pelton-Turbinen und Drehstromerzeugern von 1800 KW. Die
Turbinen werden durch Verstellen der Düsennadeln geregelt, wobei gleichzeitig mit
dem Schließen einer Düsennadel die Nadel einer Freilaufdüse geöffnet wird, so daß
keine Ueberdrücke in der Leitung entstehen können. Zwischen dem Regulator und die
Düsennadel ist eine Bremse eingeschaltet, welche zu schnelle Bewegungen der Nadel
verhindert. (Masson.) [Electrical World 1910, II. S.
373 – 379 und 427 – 429.]
H.
Große Talsperre in Australien.
Der Bau der schon seit einigen Jahren geplanten Talsperre am Murrummbidgee-Fluß
schreitet gegenwärtig schnell vorwärts. Nach dem nunmehr feststehenden Plan erhält
die Staumauer eine Kronenlänge von 240 m bei einer größten Höhe von 73 m, wobei sie
mit einem Halbmesser von 366 m gekrümmt wird. Die Mauer wird aus Betonmauerwerk mit
Graniteinlagen ausgeführt und erhält 50 m Dicke am Fuß, sowie 5,5 m Dicke an der
Krone. Das 6 m hohe Fundament ist gegenwärtig fertiggestellt. Durch diese Mauer wird
ein Staubecken geschaffen, dessen Inhalt mit 905000000 cbm an denjenigen der
ursprünglichen Assuan-Talsperre heranreicht und deren größte Wassertiefe unmittelbar
an dem Damm 81,5m betragen wird. Das Niederschlagsgebiet erstreckt sich auf 12800
qkm und enthält viele Berge. Den Abfluß dieses Staubeckens wird ein mit doppelten
Absperrschiebern versehener Stollen von etwa 4 m Breite und 4,5 m Höhe bilden.
Außerdem sollen auf alle Fälle an den Enden der Talsperre Ueberläufe vorgesehen
werden. Man rechnet darauf, daß etwa 5000 PS für elektrische Krafterzeugung
verfügbar sein werden. Da sich die Talsperre nur 56 km entfernt von Melbourne
befindet, so ist es nicht ausgeschlossen, daß später die Versorgung dieser Stadt mit
Strom in Angriff genommen wird. Besonders günstig sind die Gründungsverhältnisse des
Staudammes. Man hat nicht nur, nachdem das lockere Geröll fortgeräumt worden ist,
als Untergrund vollkommen zusammenhängenden Granit gefunden, sondern das Talbett ist
an dieser Stelle mit einer Menge von Aushöhlungen versehen, die über 1 m tief sind
und in früheren Zeiten von dem Wasser erzeugt worden sind. Diese bilden eine
außerordentliche Sicherung gegen Schubkräfte für die Staumauer. Die Kosten bezogen
auf 1 cbm angestaute Wassermenge dürften nur von der Roosevelttalsperre in Arizona
unterschritten werden. Sobald die Staumauer eine Höhe von 33,5 m erreicht haben
wird, d- h. im August 1911, soll mit dem Anstauen des Wassers begonnen werden, damit
im Sommer 1911/12 bereits Wasser für Bewässerungszwecke verfügbar wird. Die
endgültige Fertigstellung des Dammes soll im August 1913 stattfinden. [The Engineer
1910, II, S. 319.]
H.
Neue Wasserkraft-Elektrizitätswerke der Central Colorado Power
Company.
Diese Gesellschaft hat seit einiger Zeit zwei neue Anlagen in Betrieb genommen,
welche miteinander zusammenarbeiten und in mustergültiger Weise zeigen, wie selbst
unter ungünstigen äußeren Verhältnissen durch die Verbindung mehrerer, einander
ergänzender Wasserkraftwerke ein in jeder Hinsicht zufriedenstellender Betrieb
erzielt werden kann. Das Kraftwerk von Glenwood nutzt das Gefälle der Shoshone-Fälle
des Grand River aus und kennzeichnet sich in seiner Anlage dadurch, daß es fast
ausschließlich auf den regelmäßigen Abfluß dieses Gewässers angewiesen ist und fast
gar keine Staumöglichkeit besitzt. Das tief eingeschnittene Tal des Grand River ist
durch ein vierteiliges Klappenwehr von 75 m Länge, dessen Krone bis zu 9 m über dem
festen Unterbau gehoben werden kann, abgeschlossen, und dieses gestattet, die
Abflußmenge zwischen 35 cbm i. d. Std. auf 2½ Stunden Dauer und 14 cbm i. d. Std.
auf 10 Stunden Dauer zu verändern. An ein kurzes Einlaufbecken schließt sich fast
unmittelbar der 3800 m lange Oberwasserstollen von etwa 5,05 m Breite und 3,35 m
größter Höhe im Lichten an, dessen Inhalt allein zur Bewältigung plötzlich
auftretender Schwankungen in der Belastung ausreichen soll. Dementsprechend hat das
Wasserschloß keinen größeren Wasserinhalt, sondern nur die Aufgabe, das Wasser
möglichst unmittelbar in die Druckleitungen zu überführen. Die beiden Druckleitungen
sind je 2,75 m weit und mit 6,5 – 13 mm Wandstärke ausgeführt. Sie speisen zwei in
einem aus Eisenkonstruktion und Wellblech errichteten Maschinenhaus untergebrachte
Stromerzeugergruppen, bestehend aus je einer 9000 pferdigen wagerechten
Doppelturbine der J. P. Morris Company in Philadelphia
mit unabhängigen Regulatoren und 5000 KW Drehstromerzeugern, welche bei 400
Umdrehungen i. d. Min. Strom von 4000 Volt und 60 Perioden i. d. Sek. liefern. Die
Spannung wird in drei Transformatoren mit Oelisolierung und Wasserkühlung auf 100000
Volt heraufgesetzt.
Im Gegensatz zu dieser Anlage, deren Leistung selbst in der trockensten Jahreszeit
niemals unter die Hälfte der Normalleistung sinken kann, steht die zweite Anlage am
Middle Boulder Creek, dessen Abflußmenge jeweilig bis auf 0,14 cbm i. d. Sek. sinkt.
Dagegen verfügt dieses Werk über ausgezeichnete Staumöglichkeiten, die es befähigen,
die Spitzenbelastungen des Kraftwerkes Glenwood aufzunehmen, sowie im Falle einer
plötzlichen Betriebsstörung ganz für dieses einzutreten. Durch einen Betondamm von
54 m Höhe ist nämlich das Tal dieses Flusses abgeschlossen, wodurch ein Staubecken
von 1970000 cbm Wasserinhalt geschaffen wird. An dieses Becken schließt sich mit
einer 914 mm weiten Betonleitung von 19,2 km Länge ein zweites als Ausgleichbehälter
dienendes Becken an, dessen Inhalt vorläufig 19000 cbm beträgt, aber später durch
Erhöhen seiner Staumauer auf 34000 cbm gebracht werden soll.
Auf diese Weise ist ermöglicht, trotz der verhältnismäßig geringen mittleren
Wassermenge des Flusses, zeitweilig den Wasserbedarf für ein mit 10000 KW
ausgerüstetes Kraftwerk verfügbar zu machen. Von dem zweiten Becken führt zum
Kraftwerk eine am unteren Ende 1118 mm weite Druckleitung, die in Anbetracht des
verfügbaren Gefälles von 557 m Höhe mit Wandstärken von 44,5 mm und Nietdurchmessern
von 50 mm ausgeführt ist. Im Maschinenhause sind zwei Pelton-Turbinen von je 10500 PS, welche durch Strahlablenkung und
Nachstellung der Düsen mit der Hand für verschiedene Dauerbelastungen geregelt
werden, mit 5000 KW Drehstromerzeugern von 4000 Volt Betriebsspannung gekuppelt. Die
Spannung wird auch hier auf 100000 Volt erhöht.
Die mit diesen beiden Werken in Verbindung stehenden Fernleitungen haben fast 300 km
Gesamtlänge. Sie versorgen eine Reihe von größeren Verteilwerken, von welchen
das größte in Denver 245 km von Glenwood und 46 km von Boulder entfernt ist und
Umformer für 15000 KW Gesamtleistung enthält. Das Werk gibt Strom mit 13000 Volt an
eine große Lieferungsgesellschaft ab. Andere Umformerstellen befinden sich in
Leadville, Dillon und Jdaho Springs, [Electrical World 1910, I, S. 1649 – 1653, 1705
– 1709 und II, S. 97 bis 98.]
H.