Titel: | Dreilagergasmaschinen. |
Autor: | E. Körting |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 769 |
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Dreilagergasmaschinen.
Von E. Körting,
Körtingsdorf bei Hannover.
Dreilagergasmaschinen.
Textabbildung Bd. 325, S. 769
Fig. 1.
Nach der erfolgreichen Einführung der Groß-Gasmaschinen in Hochofenwerken gelangten
große Gasmaschinen auch an anderen Stellen mehr und mehr zur Einführung, und es war
selbstverständlich, daß die weitverbreitete doppeltwirkende Viertakt –
Tandemmaschine das Ideal aller derjenigen wurde, welche sich eine größere
Gasmaschine anschaffen wollten. Infolgedessen wurden von den Käufern auch die
komplizierteren doppeltwirkenden Viertaktmotoren dort verlangt, wo einfachere, im
einfachwirkenden Viertakt arbeitende Maschinen vollkommen genügt hätten. Diejenigen
Firmen, welche Motoren von Vieren Leistungen bauten, waren daher gezwungen,
wenn sie sich nicht vom Markte verdrängen lassen wollten, solche Maschinen zu
offerieren und zu bauen, wenn auch häufig gegen ihre eigene bessere Ueberzeugung.
Denn es stellte sich für diese Firmen sehr bald heraus, daß bei Grössen bis zu
mehreren 100 PS die einfachwirkenden Viertaktmotoren in Einzylinder- oder
Zwillingsanordnung sowohl sich billiger herstellen und daher auch billiger verkaufen
ließen, als auch eine Reihe Vorteile gegenüber den doppeltwirkenden
Viertaktmaschinen hatten. Der einfache Tauchkolben der Viertaktmaschine, das nach
Entfernung des Einlaßventiles leicht zu demontierende Auslaßventil und die nach
Herausziehen des Kolbens bequeme
Textabbildung Bd. 325, S. 770
Fig. 2.
Textabbildung Bd. 325, S. 770
Fig. 3.
Kontrolle des Zylinders und des ganzen Verbrennungsraumes waren Vorteile,
gegen welche die günstigere Ausnutzung der Triebwerksteile bei den doppeltwirkenden
Maschinen nicht in Frage kam.
Textabbildung Bd. 325, S. 771
Fig. 4.
Textabbildung Bd. 325, S. 771
Fig. 5.
Denn, um nur einiges anzuführen, selbst die best
durchkonstruierten Stopfbüchsen der doppeltwirkenden Maschinen sind empfindlich
gegen Teer und Staub, und auch trotz guter Kühlung und Schmierung ist es bei nicht
absolut reinem Gase zuweilen notwendig, die Auslaßventile nachzusehen und zu
Einigen. Die Revision ist bei einfachwirkenden offenen Gasmaschinen, bei
welchen das Einlaßventil sich direkt über dem Auslaßventil befindet, sehr bequem, so
daß sich die Demontage des Auslaßventiles in wenigen Minuten ohne große Hilfskräfte
erreichen läßt, gegenüber der schwierigen Demontage des Auslaßventiles und seines
Gehäuses bei den doppeltwirkenden Maschinen, bei welchen das Auslaßventil und sein
Gehäuse durch Aussparungen der Fundamente herabgelassen werden müssen, um es
überhaupt möglich zu machen, das Auslaßventil zu reinigen und nachzuschleifen.
Ferner besitzen die größeren Maschinen auf der Rückseite des Ventilkopfes eine
Revisionsöffnung, durch welche ohne Demontage von Ventilen oder Leitungen der
Verbrennungsraum leicht gereinigt werden kann. Schließlich werden die
doppeltwirkenden Maschinen durch die absolut notwendige Kolbenkühlung mit ihren
Gelenken und Dichtungen verhältnismäßig komplizierter und schwerer zu
beaufsichtigen, während bei den einfachwirkenden offenen Viertaktmaschinen die
Kühlung des Kolbens noch bei Größen bis zu 200 PS ruhig fortgelassen werden
kann.
Auch an Oekonomie war die einfachwirkende Viertaktmaschine der doppeltwirkenden
überlegen, da sich bei einfachwirkenden Maschinen der Verbrennungsraum günstiger
ausgestalten läßt als wie bei solchen Maschinen, bei welchen derselbe durch die
Kolbenstange geteilt wird.
Der einzige Nachteil der einfachwirkenden Maschine gegenüber der doppeltwirkenden
Einzylinder-, noch mehr aber der doppeltwirkenden Viertakt-Tandemmaschine ist die
ungünstige Ausnutzung der Triebwerksteile, namentlich der Hauptkurbel, denn wenn die
einzylindrige doppeltwirkende von den vier Hüben des Viertaktes zwei resp. die
doppeltwirkende Tandemmaschine alle vier ausnutzt, so wird bei der einfachwirkenden
Viertaktmaschine nur der Expansionshub voll ausgenutzt. Auch erfordert die
einfachwirkende einzylindrige Maschine mit Rücksicht auf das Viertaktverfahren recht
erhebliche Schwungmassen, und man ist deshalb mit Leistungen von 200 – 250 PS f. d.
Zylinder, namentlich bei den hohen Gleichförmigkeitsgraden, wie sie bei
Dynamomaschinenantrieb verlangt werden, ungefähr an die Grenze des praktisch
Brauchbaren gekommen.
Textabbildung Bd. 325, S. 772
Fig. 6.
Um nun die Vorteile der einfachwirkenden offenen Viertaktmaschine auch für größere
Einheiten auszunutzen und um den Forderungen als Antriebsmaschine elektrischer
Maschinen zu genügen, großen Gleichförmigkeitsgrad bei geringem Schwungmomente und
bei gegebenem Ungleichförmigkeitsgrad auch geringere Transportgewichte, namentlich
des Schwungrades, zu erhalten, wurden deshalb schon früh Zwillingsmaschinen gebaut,
welche aus zwei normalen Einzylindermaschinen mit gemeinschaftlicher Kurbelwelle
bestehen. Das Schwungrad oder die Drehstromdynamo wurde in der Mitte zwischen den
beiden Maschinen auf die Kurbelwelle aufgekeilt. Fig.
1 zeigt den Grundriß einer solchen normalen Maschine, während Fig. 2 das Elektrizitätswerk der Julienhütte in
Bobrek O. S., in welchem eine Reihe einfachwirkender Zwillingsmaschinen mit
direkt auf der Maschinenwelle aufgekeilten Schwungrad-Drehstromdynamos aufgestellt
sind, darstellt. Unbequemer wurde die Anordnung der normalen Zwillingsmaschine, wenn
es sich nicht um Drehstrommaschinen oder solche Antriebe handelte, bei welchen mit
Hilfe eines Riemens oder eines Seiltriebes Dynamomaschinen, Pumpen oder
Transmissionen angetrieben wurden, sondern wenn es sich darum handelte, direkt
gekuppelte Gleichstrommaschinen mit solchen Maschinen zu verbinden. Es war dann
notwendig, die Kurbelwelle nach außen hin zu verlängern, um auf die Außenseite den
Anker der Gleichstrommaschine aufzukeilen resp. mit Hilfe eines Kuppelflansches die
Ankerwelle mit der Maschinenwelle zu verbinden. Selbstverständlich ist die Montage
und das Ausrichten zweier Rahmen schwieriger als wie dasjenige eines einzigen
Rahmens, und es ist ferner der Raumbedarf der Maschine ein verhältnismäßig
größerer.
Als daher im Jahre 1905 die Aufgabe an Gebr. Körting
Aktiengesellschaft herantrat, in einem gegebenen Raume, d.h. in dem Keller
eines großen Warenhauses, möglichst viele Pferdestärken unterzubringen, ging Gebr. Körting Aktiengesellschaft dazu über, die
Zwillingsmaschine in der Weise auszuführen, daß sie die beiden Rahmen zu einem
gemeinschaftlichen vereinigte, d.h. die beiden Mittellager zu einem Lager
zusammenzog und das Schwungrad seitlich lagerte. Der gemeinsame Rahmen erhielt also
drei Lager gegenüber den vier Lagern der Zwillingsmaschine. Zur Unterstützung des
Schwungrades und der Dynamo wurde ein besonderes Außenlager wie bei einfachen
einzylindrigen Maschinen angeordnet. Fig. 3 stellt
den Grundriß dieser Maschine dar und Fig. 4 eine
weitere Ausführung der Maschine. Bei der unter Fig.
4 dargestellten Maschine, welche Gebr. Körting
Aktiengesellschaft für das Elektrizitätswerk in Trossingen zu liefern
hatte, mußten, wie aus der Figur zu ersehen, zwei Gleichstrommaschinen mit der
Gasmaschine gekuppelt werden, so daß infolgedessen die eine zwischen Schwungrad und
Außenlager auf die Kurbelwelle aufgesetzt und die andere an der anderen Seite mit
Hilfe eines Kuppelflansches angekuppelt wurde. Bei dieser älteren Konstruktion wurde
aus Fabrikationsrücksichten der Rahmen in der Mitte geteilt, die einzelnen Hälften
wurden für sich gegossen, auf der Innenseite gehobelt, die Rahmenlagerund Zylinderbohrungen
ausgebohrt und die beiden Hälften selbst durch Schrauben und Schrumpfringe
miteinander verbunden. Da diese Zylinderanordnung sich in der Praxis ausgezeichnet
bewährte, führte Gebr. Körting Aktiengesellschaft
dieselbe nun als normale Maschine ein, und es werden von dieser Firma zurzeit
Zweizylinder-Faschinen mit gemeinschaftlichem Rahmen und drei Lagern unter dem Namen
Dreilagermaschinen in Leistungen von 100 – 500 PS f. d. Einheit ausgeführt,
Inzwischen wurden besondere Vorkehrungen in der Werkstatt getroffen, welche
ermöglichen, die Rahmen in einem Stück zusammenzugießen und zu bearbeiten,
namentlich aber die Zylinder genau parallel zueinander auszubohren.
Textabbildung Bd. 325, S. 773
Fig. 7.
Die Rahmen selbst erreichen dabei, namentlich bei den größeren Maschinen von 400 PS
an und darüber, schon ziemlich erhebliche Größen, so daß der Versand derselben auf
Tiefladewagen erfolgen muß. Fig. 5 stellt den Rahmen
einer 400 PS-Maschine dar, wie er für das Elektrizitätswerk des Bahnhofes
Ludwigshafen der Kgl. bayerischen Staatseisenbahnen geliefert ist. Die
Dreilagermaschine selbst besitzt die in jeder Beziehung seit Jahren gewährte
Konstruktion der einfachen Viertaktmaschine der Gebr.
Körting Aktiengesellschaft. Den Längsschnitt durch die Maschine zeigt Fig. 6. Das Ein- und Auslaßventil sind
übereinander im Ventilkopfe der Maschine angebracht und werden durch Nocken und
Hebel betätigt. Der Auspuff wird durch ein gekühltes doppelwandiges Rohr direkt nach
unten abgeführt. Jedes der beiden mit konstantem Hub arbeitenden Einlaßventile der
Dreilagermaschine erhält sein Gas-Luft gemisch von dem selbsttätigen, in Fig. 7 dargestellten Mischventile, welches bei allen
Kolbengeschwindigkeiten und Tourenzahlen ein gleich bleibendes Gas-Luftgemisch
gewährleistet und infolgedessen ein äußerst leichtes Inbetriebsetzen der Maschine
gestattet. Die beiden Mischventile sind in einem gemeinsamen Gußkörper hinter der
Maschine angebracht, und unterhalb eines jeden derselben befindet sich ein konischer
Hahn zum Absperren des Gases. Eine Veränderung der Durchgangsquerschnitte für Gas
und Luft, wie sie bei schwankendem Heizwert des Gases erwünscht ist, findet in den
Mischventilen selbst statt und kann jederzeit während des Ganges der Maschine von
Hand bewirkt werden. Fig. 7 stellt gleichzeitig die
Rückseite einer normalen Dreilagermaschine dar, aus welcher das Gehäuse für die
Mischventile und die Gashähne sowie die allgemeine Anordnung der Steuerung gut
ersichtlich sind.
(Schluß folgt.)