Titel: | Elektrisch betriebene Blockschere der Deutschen Maschinenfabrik A.-G., Werk Bechem & Keetman in Duisburg auf der Weltausstellung in Brüssel 1910. |
Autor: | K. Drews |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 786 |
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Elektrisch betriebene Blockschere der Deutschen
Maschinenfabrik A.-G., Werk Bechem & Keetman in Duisburg auf der Weltausstellung in
Brüssel 1910.
Von K. Drews, Oberlehrer an der Kgl.
höheren Maschinenbauschule zu Posen.
Elektrisch betriebene Blockschere der Deutschen Maschinenfabrik
A.-G. usw.
Eins der größten und beachtenswertesten Stücke in der deutschen Maschinenhalle
der Brüsseler Ausstellung war zweifellos die elektrisch betriebene Blockschere von
Bechem & Keetman.
Fig. 1 zeigt den Stand der Deutschen
Maschinenfabrik. Die ausgestellte Schere vermag warme Blöcke bis 450 mm im Quadrat
mit einer Materialfestigkeit von 800 kg/qcm zu zerschneiden. Das entspricht einem
höchsten Scherdruck von etwa 1600000 kg. Die Hubzahl der Maschine beträgt 10 in der
Minute, der Hub selbst 500 mm. Die Schere wird von einem Elektromotor von 280 PS
angetrieben. Bei Bemessung dieser Leistung ist angenommen worden, daß in der Minute
vier Blöcke von normaler Wärme zerschnitten werden. Die ganze Höhe der Schere
beträgt 7,7 m, wovon 2,4 m unter Flur liegen, die Breite in Flurhöhe 6,5 m. Das
Eigengewicht stellt sich auf 175 t. Die ausgestellte Schere stellt einen Typ dar,
bei dem gewisse, dem elektrischen Antriebe bisher anhaftende Mängel wohl als
überwunden zu betrachten sind.
Textabbildung Bd. 325, S. 785
Fig. 1. Stand der Deutschen Maschinenfabrik A.-G. auf der Brüsseler
Weltausstellung.
Das gebräuchlichste Betriebsmittel für Blockscheren war bisher das Preßwasser, da
sich mit diesem die in Betracht kommenden hohen Scherdrücke am einfachsten erzeugen
lassen. Man hatte im Laufe der Zeit hierfür auch bewährte Konstruktionen
geschaffen. Die einfache Bauart der hydraulischen Scheren erleicherte deren
Handhabung und Instandhaltung.
Nun hat aber das Preßwasser als Betriebskraft gewisse nicht zu beseitigende Mängel.
Die Notwendigkeit langer Rohrleitungen für das Preßwasser und auch, wenn wie oft ein
Dampfdruckübersetzer vorhanden ist, für den Dampf dürfte die schwächste Seite des
hydraulischen Betriebes sein.
Hochdruckwasserleitungen bedürfen der sorgfältigsten Ueberwachung, um sie dicht zu
halten; eine sehr sorgfältige Behandlung erfordern auch die Steuerungsteile und die
Stopfbüchsen. Von den Dampfleitungen gilt dasselbe; hier kommen zudem noch die sehr
großen Dampfverluste bei langen Leitungen durch Kondensation hinzu. Auch der
Dampfdruckübersetzer selbst ist ein großer Dampfixesser. da er beinahe bei jedem
Schnitt mit Vollfüllung arbeitet und seine Zylinderwandungen zwischen den einzelnen
Schnitten sich beträchtlich abkühlen. Ein einigermaßen wirtschaftlicher Betrieb ist
bei diesem Betriebsmittel wohl nicht zu erzielen. Dazu kommt noch im Winter die
Gefahr des Einfrierens.
Dem elektrischen Betriebe haften diese Mängel nun nicht an. Die sachgemäß verlegten
Leitungen bedürfen keiner dauernden Wartung, sie sind überall mit Leichtigkeit hinzuziehen und
versperren nicht den Raum. Die Energieverluste sind bei richtig bemessenem
Leitungsquerschnitt gering; sie sind auch nicht veränderlich wie bei Druckwasser-
und Dampfleitungen, wo die Verluste wachsen, wenn sie nicht gut instand gehalten
werden. Ein großer wirtschaftlicher Vorteil des Elektromotors gegenüber Druckwasser
und Dampf ist seine Selbstregulierung, d.h. er nimmt nicht mehr Strom auf, als er
gerade braucht. Zudem kommt noch als sehr wesentlicher Faktor hinzu, daß alle
neuzeitlichen Stahl- und Walzwerke bestrebt sind, ihre Krafterzeugung zu
zentralisieren und für alle Antriebe nur ein einziges Kraftmittel zu verwenden;
dieses Kraftmittel kann aber nur Elektrizität sein. In den meisten Fällen ist heute
ja auch mit dem Stahlwerk ein Hochofenwerk verbunden; reine Stahl- und Walzwerke
werden immer seltener. Die Gichtgase der Hochöfen werden aber am wirtschaftlichsten
in Gasmaschinen zur Erzeugung elektrischer Energie verbraucht. Es ist daher ein
berechtigtes Bestreben der Hüttenwerke, möglichst alle ihre Maschinen elektrisch zu
betreiben. Bei den Hebe- und Transportvorrichtungen ist der elektrische Antrieb
heute schon zur Regel geworden. Auch beim Walzwerksbetrieb im engeren Sinne kommt
der Elektromotor als Antriebsmaschine immer mehr in Aufnahme. Es sei hier erwähnt,
daß das Werk Bechem & Keetman auf seinem Stand in Brüssel auch einen elektrisch betriebenen
Rollgang ausgestellt hatte, bei dem sich namentlich die Steuerfähigkeit des
Elektromotors im glänzendsten Licht zeigte; das Umsteuern konnte ohne Funkenbildung
am Kollektor fast momentan bewirkt werden. Als Walzenzugsmaschine steht ja
bekanntlich der Elektromotor heute im scharfen Kampfe mit der Dampfmaschine.
Textabbildung Bd. 325, S. 786
Fig. 2 und 3. Schema der elektrisch betriebenen Blockschere von Bechem &
Keetman.
Wenn nun die Versuche, auch die Blockscheren elektrisch anzutreiben, zunächst nicht
gerade ermutigend ausfielen, so lag das daran, daß man teils kleinere elektrisch
betriebene Scheren als Vorbilder nahm, oder sich an die Konstruktionen hydraulischer
Scheren anlehnte. Diesen Weg haben ja auch fast alle elektrischen Antriebe gehen
müssen; ich erinnere u.a. an die Entwicklung der elektrisch betriebenen Krane. Der
Erfolg stellte sich erst ein, als man den Aufbau der Maschine den Eigentümlichkeiten
des Elektromotors anzupassen gelernt hatte.
In bezug auf die Bewegung der Schneidmesser unterscheidet man drei Systeme:
1. bewegtes, in einem Schlitten gelagertes Obermesser und
festes Untermesser;
2. bewegliches Untermesser und festes Obermesser;
3. bewegliches Ober- und Untermesser.
Bei festem Untermesser wird der Block von oben her durchgeschnitten, das
abgeschnittene Ende wird nach unten gedrückt. Ist die Schere, wie recht oft, in
einen Rollgang eingebaut, so muß dieser für das nach unten gehende Blockende
genügend Raum freigeben. Zu diesem Zweck ist in der Regel hinter der Schere eine
Wippe eingebaut. Diese geht bei jedem Schnitt nach unten und wird nach dem Schnitt
wieder hochgehoben. Solche Wippen geben nun aber vielfach zu Betriebsstörungen
Anlaß. Man hat deshalb versucht, statt ihrer, schräg ansteigende Rollgänge
einzubauen. Aber auch diese bewährten sich bei stärkeren Blöcken nicht; außerdem
sind sie nur anwendbar, wenn der geschnittene Block nicht wieder durch die Schere
zurück zur Straße gebracht werden muß. Diese Scheren erfordern ferner vor dem Messer
Niederhalter. Der Einfachheit wegen wurden diese mit Druckwasser, neuerdings auch
mit Druckluft betätigt. Damit hatte man jedoch wieder die lästigen Rohrleitungen,
die man durch den elektrischen Betrieb doch beseitigen wollte.
Die Scheren mit beweglichem Untermesser wiederum haben den Fehler, daß die
Schnittfläche um so schiefer zur Blockachse ausfällt, je mehr der zu schneidende
Block angehoben werden muß, ehe er sich an das feste Obermesser legt. Außerdem fällt
das abgeschnittene Ende auf den Rollgang und Plattenbelag herab. Werden gegen die
hier auftretenden Stöße nicht besondere Vorkehrungen getroffen, so sind jene in
kurzer Zeit zerstört. Immerhin stellt dieses System gegenüber dem ersteren einen
Fortschritt dar. Das dritte System, die von unten schneidende Schere mit vor dem
Schnitt auf den Block sich aufsetzendem Obermesser, vermeidet nun die Mängel der
beiden anderen Systeme; es ist auch bei hydraulischen Scheren vielfach angewandt
worden.
Die elektrisch betriebene Blockschere der Deutschen
Maschinenfabrik A.-G. Werk Bechem & Keetman auf der Brüsseler Ausstellung ist ebenfalls nach diesem Prinzip
gebaut.
Fig. 2 und
3
zeigen zunächst eine schematische Darstellung zur Erläuterung des
Konstruktionsgedankens. O ist der Obermesser-, U der Untermesserschlitten; beide bewegen sich in
Führungen des Ständers 5. V ist durch die Stangen D mit dem Querstück T fest
verbunden. E ist eine Kurbel, deren Welle im
Obermesserschlitten O gelagert ist. K ist eine Schubstange, die mittels des Zapfens Z an dem Querstück T
angreift. Die Kurbelwelle E wird von dem Motor M mittels Zahnradvorgelege angetrieben. Der Hub des
Untermesserschlittens U wird durch den Anschlag A nach unten begrenzt.
Wird die Kurbelwelle gedreht, schwingt die Schubstange K
um den zunächst feststehenden Zapfen Z; der Schlitten
O sinkt dabei infolge seines Eigengewichtes nach
unten, bis sich das Obermesser auf den zu schneidenden Block B setzt. Fig. 3 zeigt diese
Stellung.
Bei weiterer Drehung der Kurbelwelle bleibt O stehen und
bildet einen Stützpunkt für die Schubstange K; das
Querstück und mittels der Zugstangen D auch der
Untermesserschlitten U werden gehoben und der Block
wird durchgeschnitten, Von dem Augenblick an, wo der Schlitten O mit dem Obermesser sich auf den Block setzt, wirkt
die Schere wie jede andere mit schneidendem Untermesser.
Nachdem der Block durchschnitten ist, geht U wieder zurück und setzt
sich auf den Anschlag A. Von da an hängt O durch die Kurbelstange K
an dem nun feststehenden Zapfen Z. Die Kurbel E geht in ihre Anfangslage zurück und zieht dabei den
Schlitten O wieder in seine Höchstlage (Fig. 2). Eine
selbsttätige Ausrückvorrichtung setzt dabei die Kurbelwelle E still, die Schere ist wieder schnittbereit.
Textabbildung Bd. 325, S. 787
Fig. 4 und 5. Elektrisch angetriebene Blockschere, von unten schneidend, mit
vor dem Schnitt auf den Block sich aufsetzendem Obermesser von Bechem &
Keetman.
Fig. 4 und
5
zeigen die konstruktive Ausbildung der Schere. Die Ständer mit den
Schlittenführungen werden oben durch eine Haube verbunden, so daß ein steifer
kräftiger Rahmen entsteht. Das in Fig. 2 und 3 mit T bezeichnete Querstück wird in dieser Haube geführt;
an dessen Zapfen Z greift eine gegabelte Schubstange an. die Kurbel E ist in der Ausführung als Exzenter ausgebildet.
Da die Exzenterwelle und das sie antreibende große Zahnrad in dem Schlitten O gelagert sind, so machen sie die Bewegungen auch mit.
Eigentlich hätte daher der ganze Antrieb einschließlich Motor an diesem Schlitten
montiert werden müssen. Wie die Figuren jedoch zeigen, ist der Motor auf einer
besonderen, mit dem Ständer verkeilten Grundplatte, das Vorgelege an letzterem
montiert. Durch die Auf- und Abbewegung des auf der Exzenterwelle sitzenden Rades
mit dem Schlitten O ändert sich natürlich die Zentrale
des letzten Räderpaares. Um diese Ungenauigkeit auf ein Kleinstmaß zu beschränken,
ist die feste Vorgelegewelle mit dem Ritzel in Mitte der Bewegungshöhe des
Obermesserschlittens gelagert; dann ist die Zähnezahl des Ritzels und die Zentrale
möglichst groß gewählt worden. Außerdem gestattet ja die Evolventenverzahnung von
vornherein eine gewisse Aenderung der Zentralen, ohne daß der richtige Eingriff der
Zähne verloren geht. Bedenken gegen diese Anordnung lassen sich daher kaum geltend
machen. Sie hat sogar darin einen gewissen Vorteil, daß der Zahndruck mithilft, den
zu schneidenden Block niederzuhalten; ein Abheben des Blockes ist daher
ausgeschlossen, der Schnitt ist infolgedessen ein durchaus gerader.
Auf der Motorwelle sitzt ein Schwungrad. Die beiden Messerschlitten sind, wie Fig. 4
zeigt, durch Gegengewichte zum Teil ausgeglichen. Die Gegengewichte hängen an
Hebeln, die unter Flur untergebracht sind. Die Hebel greifen am Untermesserschlitten
unmittelbar, am Obermesserschlitten mittels Druckstangen an. Die Gegengewichte
selbst sind abgefedert und werden an Gleitschienen geführt.
Das Aus- und Einrücken der Exzenterwelle erfolgt mittels einer auf letzterer
verschiebbaren Klauenkupplung, deren eine Hälfte mit dem Antriebsrad verschraubt
ist. Kurz vor dem Hubende läuft eine Rolle auf eine schräge Bahn auf und rückt
infolge der dadurch eingeleiteten Bewegung die Kupplung aus. Das Einrücken geschieht
durch Ziehen an einem Handhebel, wodurch die schräge Bahn aus dem Bereich der Rolle
gebracht wird. Die Kupplung wird dann durch die Wirkung einer kräftigen Feder
geschlossen.
Elektrisch betriebene Scheren bedürfen großer Schwungmassen, um beim Schneiden den
Motor durch ihr Arbeitsvermögen zu unterstützen. Dieses Arbeitsvermögen ist nun so
groß, daß es die Schere gefährden kann, wenn zu stark abgekühlte Blöcke unter die
Messer kommen. Bei der vorliegenden Schere sind zunächst alle auf Biegung und Zug
beanspruchten Teile aus Stahl oder Stahlguß hergestellt; Gußeisen ist nur für
geringe oder lediglich auf Druck beanspruchte Teile verwendet worden.
Da ein Bruch indes nicht ausgeschlossen ist, so ist es zu empfehlen, ihn von
vornherein an Teile hinzuleiten, die man leicht auswechseln kann.
Bei der vorliegenden Schere sind zwei solcher Bruchstellen angeordnet worden. Die
eine Stelle ist die Verbindung zwischen dem Querhaupt T
und dem Lager für den Zapfen Z. Diese Verbindung stellt
eine einzige rein auf Zug beanspruchte Schraube her, die so bemessen ist, daß sie
bei einer bestimmten Ueberlastung der Schere reißt. Eine zweite Sicherung ist
zwischen das Schwunrad und das Triebwerk eingebaut. Sie besteht aus einem in eine
Kupplung eingelassenen Stift, der bei Ueberlastung abgeschert wird. Dadurch wird das
Schwungrad vom Triebwerk abgetrennt und kann seine Kraft nicht mehr auf die Messer
absetzen. Durch diese Vorsichtsmaßregeln dürfte wohl der hohen Bruchgefahr, die man
den elektrischen Scheren immer zum Vorwurf macht, wirksam begegnet sein.
Die neue Blockschere der Deutschen Maschinenfabrik
besitzt neben ihrer großen Einfachheit den nicht zu unterschätzenden Vorteil, daß
nur Konstruktionselemente Verwendung finden, für deren richtige Ausbildung im
Scherenbau genügend Erfahrungen vorliegen.