Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 325, Jahrgang 1910, S. 795 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Die Dampfturbinen auf der Weltausstellung in Brüssel
1910.
Die Turbine der Maschinenbau-A.-G. Pokorny & Wittekind, Frankfurt a. M., mit einem Kompressor direkt
gekuppelt, ist eine Gleichdruckturbine mit wenigen Druckstufen mit gleicher
teilweiser Beaufschlagung, wobei die Austrittsgeschwindigkeit ausgenutzt werden
kann. Bei Kondensationsturbinen schließt sich an den Hochdruckteil mit drei bis vier
Druckstufen noch ein vielstufiger Niederdruckteil nach dem Gleichdruckprinzip mit
voller Beaufschlagung an. In allen Stufen sind Scheibenräder verwendet; die
Laufschaufelkränze sind außen durch einen Deckring abgeschlossen. Die Welle ist
durch Labyrinthdichtung mit vorgelegten Kohlenringen abgedichtet.
Gebr. Stork & Co. in
Hengelo und die Société Alsacienne de Construktions
Mécaniques in Belfort haben Zoelly-Turbinen
ausgestellt. Bei der Storkschen Turbine ist die
Labyrinthdichtung der Zwischenwände durch Federn welche um jede Hälfte der
Dichtungsschalen gelegt sind, etwas beweglich gemacht, so daß sie den
Gehäusedehnungen und den Durchbiegungen der Welle nachgeben kann. Die Kupplung der
Turbinen- und Dynamowelle erlaubt eine Längs- und eine Querbeweglichkeit der Wellen,
indem zwischen die Klauen der Kupplungsscheiben ein Zwischenstück mit festen und
herausnehmbaren Mitnehmerleisten eingebaut ist. Die letzteren werden für das
Abkuppeln der Dynamowelle herausgenommen. Für die Lagerschmierung und Regulierung
ist Drucköl verwendet; beim Nachlassen des Oeldruckes schließt sich das
Absperrventil. Die Turbine der Société Alsacienne hat
als Zwischendichtung Labyrinthkammern, die durch eingesetzte Kupferringe gebildet
sind; die äußeren Wellendichtungen haben Graphitringe. Beim Anlassen der Turbine
wird das Kondenswasser vom Dampfeinlaßraum durch eine Verbindungsleitung in den
Abdampfraum geleitet, um beim Ablassen keine Luft in die Turbine eindringen zu
lassen.
Die Bergmann-Elektrizitätswerke haben eine Turbine von
2500 PS und von 10000 PS ausgestellt. Der Hochdruckteil hat ein Curtis-Rad, in welchem der Dampf bis auf 1,5 at
ausgenutzt wird. Der anschließende vielstufige Gleichdruckteil hat volle
Beaufschlagung. Die Schaufeln des Niederdruckteiles sitzen reiterartig auf den
einzelnen Laufradscheiben; die Prüfung der Verbindung hat eine Festigkeit von 2100
kg ergeben, während im Betriebe nur eine Beanspruchung von 150 kg/qcm auftritt. Die
Räder sind sehr leicht ausgeführt; die kritische Tourenzahl der Welle liegt bei etwa
4000. Die Turbine hat Labyrinthdichtungen mit Dampf als Sperrflüssigkeit, die
Regulierung wirkt durch Drosselung des Frischdampfes mit Hilfe eines
Druckölservomotors. Eine kleinere 85 KW-Turbine arbeitet mit einem zweikränzigen Curtis-Rad und mit vierfachen Druckstufen.
Dujardin & Co. haben
eine Oliron-Turbine ausgestellt. Diese ist eine
vielstufige Turbine, deren 22 Stufen in vier Gruppen mit zunehmendem Raddurchmesser
zusammengefaßt sind. Die einzelnen Scheiben sitzen auf einer gemeinsamen Trommel.
Der Achsialschub wird durch einen Entlastungskolben auf der Hochdruckseite
aufgenommen. Eine 560 KW-Turbine ergab bei 11 at Dampfüberdruck 272 ° Temperatur und
93 v. H. Luftleere einen Dampfverbrauch von 9,6 kg f. d. KW-Stunde.
Die von H. Bollinckx ausgestellte Barbezat-Turbine ist sehr eigenartig. Der Dampf wird
durch elf Düsen (bei Ueberlastung durch vier weitere Düsen) dem Hochdruckrad ohne
Geschwindigkeitsstufen zugeführt und dabei auf 3–5 at entspannt. Daran schließt sich
eine Reaktionsturbine mit allmählich zunehmendem Durchmesser und abnehmendem
Reaktionsgrad. Dadurch wird die Stufenzahl verringert. Die Trommel hat eine
eigenartige kegelige Form, um die Verluste bei abgesetzten Durchmessern zu
vermeiden, und ist hydraulisch auf die Welle gepreßt. Die Laufschaufeln des
Hochdruckrades sind mit der Trommel autogen verschweißt. Reguliert wird die Turbine
durch Drosselung mittels Druckölservomotor. Ein Versuch an einer 750 PS-Turbine
ergab bei 9,8 at Ueberdruck und 302° hinter dem Regulierventil bei 0,084 at
Kondensatordruck einen Dampf verbrauch von 5,7 kg f. d. PSe-Stunde entsprechend einem thermischen Wirkungsgrad
von 56,8 v. H.
Die Société Anonyme John Cockerill stellte eine Turbine
der Bauart Brown-Boveri-Parsons aus, Brown, Boveri & Cie
zwei Turbinen von 1000 und 1200 KW. Erstere hat reine Ueberdruckbauart, die
letzteren haben ein Curtis-Rad in der Hochdruckstufe.
Die Trommel ist auf die Welle aufgeschrumpft und wird, damit die Verbindung nicht
locker wird, von innen geheizt. Bei der Turbine von Cockerill wird das Regulierventil durch Exzenter und Schwinghebel, an dem
ein Oeldrucksteuerkolben hängt, in oszillierender Bewegung erhalten, während der
Regulator den Schwingungspunkt verstellt. Durch Abstellung des Drucköls oder
Nachlassen des Oeldruckes wird das Regulierventil geschlossen. Bei der neueren
Reguliereinrichtung von Brown-Boveri verstellt der
Regulator mit seiner Muffe direkt den Schieber, welcher den Zu- und Abfluß des
Drucköls steuert; damit wird der Oeldruck unter dem Steuerkolben und die Stellung
des Regulierventiles geändert.
Von ähnlicher Bauart ist die 3000 KW-Turbine von Franco
Tosi. Der Wellenzapfen auf der Hochdruckseite wird mit Dampf aus dem Raum
hinter dem Curtis-Rad geheizt; die Scheibe des Curtis-Rades besteht mit der Trommel aus einem Stück.
Die Regulierung erfolgt durch Drosselung mit Hilfe eines Servomotors, bei welchem
der Oelabfluß durch den Regulator verändert wird. Auch das Ueberlastungsventil
untersteht dem Einfluß des Regulators. Der Axialschub der Welle wird durch ein
Kammlager aufgenommen; zwischen den einzelnen Kämmen herrscht je nach der Stellung
der Welle ein größerer oder geringerer Oeldruck, welcher den Axialschub
ausgleicht.
Bei den Turbinen von Rud. Meyer in Mülheim-Ruhr und der
Elektra-Dampfturbinengesellschaft in Karlsruhe wird
ein Gleichdruckrad mehrmals vom selben Dampfstrahl beaufschlagt, bei ersterer
Turbine in axialer, bei letzterer in radialer Richtung. Die Turbine von Meyer hat zwei Druckstufen, und zwar in der
Hochdruckstufe mit drei Geschwindigkeitsstufen; zu beiden Seiten des Hochdruckrades
sind zwei Niederdruckräder mit vier Geschwindigkeitsstufen angeordnet. Die Elektra-Turbine ist in einer kleinen einstufigen
Ausführung und als 250 KW-Turbine mit zwei Druckstufen in der französischen
Abteilung vertreten. Zur Abdichtung dienen hier einfache Rillen auf der Welle; bei
Gegendruckturbinen werden geteilte Ringe verwendet, die auf die Welle aufgepaßt sind
und deren Gewicht durch Federn aufgenommen wird. Der durch Schneckenrad angetriebene
Federregulator wirkt direkt auf das Drosselventil. Den beiden gegenüberliegenden
Hochdruckdüsen wird der Dampf durch ein Verbindungsrohr zugeführt. (Dubbel.) [Zeitschrift des Vereins deutscher
Ingenieure, S. 1305–1311 und 1428 bis 1435.]
M.
Versuche über Kraftbedarf und Leistung von
Luftschrauben.
In dem Mechanical Engineering Department des Nordhampton
Institutes wurden eine Reihe von Versuchen unternommen, um die Leistung und
den Kraftbedarf von Luftschrauben verschiedener Form festzustellen. Der hierzu
errichtete Versuchsapparat besteht im wesentlichen aus einer leichten, 32 mm starken
Welle aus Stahl, die an drei Stellen gelagert ist und am Schwanzende die zu prüfende
Luftschraube aufnimmt, sowie einem 2 PSe.
Nebenschlußmotor (15 Amp., 100 Volt), der mit der Welle direkt gekuppelt und auf
starkem Holzrahmen montiert ist. Die Kupplung zwischen Motor und Schraubenrolle
gestattet geringe seitliche Verschiebungen der Wellen; das Wellenlager an der Seite
der Luftschrauben ruht auf
Tabelle 1.
Textabbildung Bd. 325, S. 797
Steigung der Schrauben;
Bemerkungen; Konstante Steigung von ungefähr 500 mm; Konstante Steigung von 698
mm bis zu einem Radius von 380 mm, von da abnehmend auf 507 mm Steigung am
Flügelende; Konstante Steigung von 685 mm bis zu einem Radius von 380 mm, von da
zunehmend bis 711 mm Steigung am Flügelende; Allmähliches Anwachsen der Steigung
von 648 mm bei 152 mm Radius auf 674 mm bei 355 mm Radius, dann abnehemde
Steigung bis 558 mm am Flügelende; Allmähliches Anwachsen der Steigung von 888
mm bei 152 mm Radius auf 1000 mm bei 406 mm Radius, von da ab schnell steigend
auf 1422 mm Steigung am Flügelende; Allmähliches Anwachsen der Steigung von 863
mm bei 152 mm Radius auf 952 mm bei 406 mm Radius, von da ab schnelles Steigen
auf 1524 mm Steigung am Flügelende; Allmähliches Anwachsen der Steigung von 914
mm bei 152 mm Radius auf 1028 mm Steigung bei 431 mm Radius, von da ab schnelles
Steigen auf 1384 mm am Flügelende; Schnelles Anwachsen der Steigung von 968 mm
bei 152 mm Radius auf 1830 mm am Flügelende; Anwachsen der Steigung von 1524 mm
bei 152 mm Radius auf 1625 mm bei 304 Radius, von da ab konstante Steigung von
1625 mm bis zum Flügelende; Treibfläche etwas konkav; Flügel breit
auseinanderlaufen an den Enden; Flügelenden eckig; Treibfläche konkav; Größte
Breite auf 2/3 der Flügellänge; Flügelenden abgerundet; Treibfläche fast flach;
Vordere und hintere Flügelkanten gerade; Flügelbreite beständig bis zum Ende
wachsend; Treibfläche wenig konkav; Vordere und hintere Flügelkanten geradlinig;
Flügelbreite wachsend bis zur halben Flügellänge, von da konstant bis zum Ende;
Treibfläche konkav; Flügelbreite wachsend bis 3/4 der Flügellänge; Flügelende
abgerundet; Vordere Flügelkante geradlinig; Treibfläche etwas konkav;
Flügelbreite schnell abnehmend bis zur halben Flügelbreite, von da ganz schmaler
Flügel bis zum Ende; Gewöhnliche Flügelform; Hintere Flügelkante gerade; Größte
Breite auf halber Flügellänge, spitz zulaufend nach dem Flügelende; Flügelform
ähnlich Nr. 7; Treibfläche konkav; Gewöhnliche Form der Flügel, die nach dem
Ende zu schmäler werden
Tabelle 2.
Textabbildung Bd. 325, S. 797
Nr. der Luftschraube; Umdrehungen
in der Minute; Achsialschub der Luftschraube in kg; Kraftbedarf der Luftschraube
in PS; Achsialschub in kg f. d. PS
einem Metallrahmen, der dem von der Schraube erzeugten
Luftstrom wenig Widerstand bietet. Der ganze Versuchsapparat wurde soweit als
möglich vom Boden und von den Wänden des Versuchsraumes entfernt aufgestellt, um
eine etwaige Beeinflussung des Luftstromes zu verhüten. Der Achsialschub der
Luftschrauben wird aufgenommen durch den senkrechten Ann eines Winkelhebels, der
gegen ein auf der Schraubenwelle befestigtes Druckkugellager drückt, und gemessen
durch Gewichte, die auf der am wagerechten Arm des Hebels hängenden Wageschale
ruhen. Die normale Drehzahl des Motors betrug 1200 Umdr. i. d. Min., doch konnte die
Drehzahl in weiten Grenzen geändert werden, da außer dem Anlaßwiderstand mit fünf
Stufen noch ein Zusatzwiderstand mit 14 Stufen angeordnet war. Um den
Wirkungsgrad des Motors bei den verschiedenen Belastungen und Tourenzahlen und so
mit den tatsächlichen Kraftbedarf der Luftschrauben festzustellen, wurde auf der
Schraubenwelle eine Bremsscheibe mit Bandbremszaum aufgekeilt. Während der Prüfung
der Luftschraube wurde der Bremszaum nicht angewandt; aber der Achsialschub wurde
gemessen sowie der Ampère- und Voltverbrauch und die Tourenzahl. Dann wurde der
Propeller entfernt, der Bremszaum angelegt, und soviel belastet, bis die Ablesungen
an Volt- und Ampèremeter sowie die Tourenzahl dieselbe war. Um auch denselben
Widerstand bei beiden Versuchen zu erhalten, wurden auch die beiden Widerstandshebel
in dieselbe Stellung gebracht, ebenso war die Belastung des Winkelhebels dieselbe. Auf diese Weise
wurde erreicht, daß die an der Bremse gemessene Leistung in PS tatsächlich der von
der Luftschraube benötigte Kraftbedarf in PS ist.
Es wurden neun Luftschrauben von folgenden Abmessungen und Formen geprüft: (s. Tab.
1.)
Diese Luftschrauben wurden bei verschiedenen Tourenzahlen geprüft; die Versuche
hatten folgendes Ergebnis. (s. Tab. 2.)
Wenn man nach dem Achsialschub f. d. PS urteilt, so haben die besten Ergebnisse die
Luftschrauben Nr. 1, 2, 3 und 4 mit kleinen Steigungswinkeln und größter
Flügelfläche nahe dem Ende. Geht man aber von dem größten Achsialschube aus, den
eine Luftschraube ohne Rücksicht auf den Kraftbedarf ausübt, so ist die Schraube Nr.
5 mit großem Steigungswinkel und breiter, mehr gerundeter Flügelfläche die beste,
dann folgen die Schrauben Nr. 7 und 8 mit gewöhnlicher Flügelform. [Engineering
1910, II, S. 319–324.]
Renold.
Mechanische Aufsetzvorrichtung für Förderkörbe.
Textabbildung Bd. 325, S. 798
Fig. 1.
Die Aufsetzvorrichtungen, welche neuerdings bei allen Förderanlagen Anwendung finden,
und deren Zweck es ist, das zeit- und kraftverschwendende Anheben der Förderkörbe
vor dem Senken zu vermeiden, werden in der Regel als Kniehebelvorrichtungen
ausgeführt, weil diese, obgleich sie bedeutende Drücke im Gelenk aufnehmen, dennoch
mit verhältnismäßig geringem Kraftaufwand verstellt und zurückgezogen werden können.
Wegen der Reibung in den Gelenken sind die Kniehebel aber doch nur bis zu gewissen
Belastungen verwendbar, und diese Reibung wächst mit der infolge der Stöße rasch
zunehmenden Abnutzung der Gelenke. Man hat daher getrachtet, die Gelenke möglichst
zu entlasten. Eine hierher gehörige Aufsetzvorrichtung, welche die Maschinenfabrik
und Eisengießerei A. Beien in Herne i. W. ausführt, ist
in Fig. 1 dargestellt. Den Aufsetzriegel bildet ein
Winkelhebel A, welcher sich mit seinen beiden
gleichmäßig gekrümmten Rückenflächen d und e gegen passende Anschlagflächen des Tragkörpers B so anlegt, daß der in einem Schlitz b des Hebels geführte Gelenkzapfen a nur wenig belastet wird, wenn sich der Förderkorb auf
die Anschlagfläche c aufsetzt. Beim Umlegen des
Handhebels C wird der Gelenkzapfen a in dem Schlitz b nach
oben gezogen, wobei sich der ganze Hebel A unter dem
Förderkorb wegbewegt und gleichzeitig die Anschlagfläche etwas senkt. Da hierbei
beide Flächen d und e
unterstützt bleiben, so hat der Zapfen a nur die
durch die Reibung entstehenden Kräfte aufzunehmen. Werden die Hebel zu früh
ausgelegt, so drückt sie der aufwärts fahrende Förderkorb in die gestrichelt
eingezeichnete Lage zurück; die Hebel fallen aber sofort wieder nach außen, wenn der
Korb die Stelle überfahren hat.
H.
Sterilisierung großer Wassermengen durch ultraviolette
Strahlen.
(Fortsetzung zu S. 719.) V. Dornic und Daire haben die Sterilisierung durch ultraviolette
Strahlen zur Anwendung gebracht bei der Bereitung von Butter im Betriebe der Genossenschaftsmeierei in Surgères.
Nach den Untersuchungen von Sommaruga, Reimann sowie Jensen wird nämlich das rasche und vorzeitige
Ranzigwerden der Butter verursachtZeitschrift
für Hygiene, 1894, Bd. 18, S. 441. – Zentralblatt für Bakterien, 1900, Bd.
2, S. 131. – Annuaire agricole de la Suisse 1901. durch
mikroskopisch kleine Pilze, wie Bacillus fluorescens liquefaciens, Oidium lactis,
Nicrococcus acidi lactici, Bacillus butyricus liquefaciens, Bacillus prodigiosus,
Cladosporium butyri, Bacillus derogenes, Streptrothrix alba, Streptrothrix
chromogena, Penicillium glaucum.
Diese Mikroben sind selten in der Milch schon dann vorhanden, wenn ihr der Rahm zum
Verbuttern abgenommen wird; sind sie es, so werden sie bei dem üblich gewordenen
Pasteurisieren des Rahmes im allgemeinen vernichtet. Sie kommen vielmehr erst später
hinein aus dem in den Meiereien selten keimfreien Wasser, womit aus der halbfertigen
Buttermasse die Milchreste ausgewaschen werden müssen; sowie auch dadurch, daß die
Gefäße, in denen gebuttert wird, bisher immer nur mit solchem nicht keimfreien
Wasser gereinigt werden konnten. Denn zum Buttereibetrieb ist sehr viel Wasser
erforderlich; etwa 50 bis 60 mal soviel wie Rahm verbuttert wird.
So große Mengen lassen sich nicht in hinreichend kurzer Zeit pasteurisieren oder gar
gründlich abkochen. Durch chemische Zusätze wie Karbolsäure oder Chlor darf man sie
für diesen Zweck auch nicht sterilisieren. Filtrierung versuchten darum Dornic und Daire; aber in
zuverlässiger Weise gelang es nicht, weder mit gewöhnlichen Flachfiltern noch mit
Kerzenfiltern. Ozonisierung des Wassers war ihnen zu teuer in Anlage- und
Betriebskosten. Darum führten sie in ihrem Betrieb die Sterilisierung durch
ultraviolette Strahlen ein.
Zunächst wurde eine Kiste mit Glas wasserdicht ausgelegt und in vier Kammern geteilt
durch Glaswände, über deren Ränder hinweg das Wasser in dünner Schicht sich von
einer Kammer in die andere ergoß. Durch den Deckel ragten zwei 220
Volt-Quecksilberdampfquarzlampen für 3,5 Amp. von der Quarzlampengesellschaft in den Behälter hinein bis dicht über den
Wasserspiegel, so daß das Wasser möglichst überall den Strahlen der Lampe ausgesetzt
war und außerdem an den Ueberlaufstellen auch dem bei solchen Lampen in der Luft
vorhandenen Ozongas.
Zweckmäßig und sachgemäß war dieser nur für vorläufig beschaffte Sterilisierkasten
jedenfalls nicht eingerichtet; denn trotz der zwei Lampen sterilisierte er kaum 3
cbm/std.Des Vergleichs wegen
sei erwähnt, daß mit den 1540 Watt, die die beiden
Quecksilberdampfquarzlampen hier verbrauchten, um 3 cbm/Std. zu
sterilisieren, die „Sterilisiertröge, System Moore-Schneckenberg“ von der Moore-Licht-A.-G. in Berlin mehr als 100 cbm/Std. vollkommen
sterilisieren würden., was bei zehnstündigem Betrieb ausreicht
für Verarbeitung von 5000 Litern Milch, wenn zu jeglicher Reinigungsarbeit, oder von
20000 Litern, wenn nur zum Auswaschen der Butter das sterilisierte Wasser benutzt
wird.
Bei 3 cbm stündlicher Durchflußmenge und mit Bacillus fluorescens liquefaciens
sowie Micrococcus prodigiosus künstlich durchsetztem Wasser wurde die Zahl dieser
Bakterien in 1 cbm von 11000 nur auf 45 (nicht auf Null) verringert.
Nach Beschaffung dieser Sterilisiereinrichtung ließen nun Dornic und Daire die Butter auch weiterhin
bereiten nach dem in jener Meierei schon stets üblichen Verfahren: Der Rahm wird bei
75 bis 80° C etwa fünf Minuten ang pasteurisiert, danach sofort auf 15 bis 16° C
abgekühlt und bleibt, nachdem ihm zum Sauerwerden geeignete Bakterien zugesetzt
sind, 18 Stunden stehen; nachher wird der saure Rahm im Butterfaß so lange
geschlagen, bis sich die in ihm fein verteilten Fettkügelchen zu größeren Klümpchen
zusammenballen; dann wird das Uebrigbleibende, die Buttermilch abgelassen und die in
den Klümpchen eingeschlossene aus ihnen durch zweimaliges gründliches Durcharbeiten
und Waschen mit Wasser befreit und fortgespült; nachher werden die Klümpchen noch
zusammengeknetet.
Zu jenem Auswaschen der halbfertigen Butter ließen sie von jetzt an aber nur noch
sterilisiertes Wasser beinutzen. Doch des Vergleichs wegen wurde auch aus einem und
demselben Rahm bereitete Butter statt mit sterilisiertem mit wie ehemals
nichtsterilisiertem Wasser ausgewaschen: Blieben dann beide Buttersorten ungesalzen
im Juni offen liegen im Laboratorium, so war die mit nicht sterilisiertem Wasser
gewaschene Butter nach acht Tagen völlig ranzig; die mit sterilisiertem Wasser
gewaschene Butter dagegen schmeckte nach derselben Zeit geübten Kennern so, wie
frische Butter am zweiten oder dritten Tage schmeckt. Die Haltbarkeitszeit der
Butter war durchschnittlich um fast drei Wochen länger geworden.
Bei einem dieser Versuche, die stets mit einer Tageserzeugung von 400 kg Butter
angestellt worden sind, erhielt das Wasser vor der Bestrahlung 495
Bakteriensiedlungen, bei einem andern (200) in 1 cm3, darunter 30 (15) von Bacillus liquefaciens; nach der Bestrahlung 20
(20), darunter aber nur noch 2 (0) von Bacillus liquefaciens. Daß eine wesentlich
längere Haltbarkeit der Butter erzielt wurde, trotzdem die Bakterien nicht sämtlich
vernichtet wurden, ist sonach wohl daraus zu erklären, daß gerade die für die Butter
schädlichsten, die Bazillen „liquefaciens“, die sehr häufig im Wasser
vorkommen, vernichtet wurden.
Der Erfolg, der hier erreicht wurde einfach durch Sterilisieren des Wassers, mit dem
die Butter gewaschen wird, ist groß; besonders darum, weil Butter an und für sich
durch ultraviolette Strahlen kaum zu sterilisieren ist, da selbst sehr dünne
Schichten Butter für ultraviolette Strahlen nicht durchdringbar sind.
Erich Schneckenberg.
Walzenwehr in der Trisanna.
Gelegentlich einer Erweiterung der die Stadt Landeck mit Hilfe einer
Drehstrom-Fernleitung für 12000 Volt Spannung versorgenden Wasserkraftanlagen der
Kontinentalen Gesellschaft für angewandte
Elektrizität, bei der man neben der Trisanna auch die Rosanna, den zweiten
Quellfluß der in den Inn mündenden Sanna, für die Wasserlieferung herangezogen hat,
wurde das im Frühjahr 1907 durch eine Lawine zerstörte Wehr in der Trisanna
umgebaut. Wegen der außerordentlich starken Geschiebeführung dieses Flusses hatte
man zunächst erwogen, von dem Einbau eines besonderen Stauwehres überhaupt
abzusehen, zumal da man ohnedies die Wasserfassung etwas weiter flußaufwärts
verlegte, um sie aus dem Bereich der Lawinen zu bringen, und daher überschüssiges
Gefälle zur Verfügung stand. Die hierfür vorgeschlagene Lösung bestand in einer
einfachen, niedrigen Bodenschwelle; sie befriedigte aber nicht, weil sich an der
Schwelle zu viel Geschiebe ablagerte, und man entschloß sich daher für den Bau eines
Walzenwehres hauptsächlich deshalb, weil dieses bei Bedarf ganz aus dem
Wasserbereich gebracht werden kann. Für die Einzelheiten des Wehres waren ebenfalls
die Rücksichten auf die starke Geschiebeführung maßgebend. Da sich dieser gegenüber
Eisenteile erfahrungsgemäß schlechter verhalten als Holz, so mußte der Wehrkörper
ganz mit Holzbohlen belegt werden, weshalb man dem Wehrkörper die für diesen Zweck
bequemere Dreiecksform des Querschnittes gab. Die Wände dieses Prismas, das 866 mm
Seitenlänge und 14 m Länge besitzt, sind derart mit Bohlen belegt, daß die Fasern in
der Stromrichtung stehen und auch die seitliche Abdichtung erfolgt gegen Holzbohlen
und nicht unmittelbar gegen das Mauerwerk, so daß das genaue Anpassen erleichtert
wird. Das Wehr hat eine größte Stauhöhe von 1,1 m. Als ein besonderer Vorteil der
Dreiecksbauart verdient erwähnt zu werden, daß man den Wehrkörper auch als Steg
benutzen und daher Arbeiten daran auch sehr bequem ausführen kann, wenn das Wehr
ganz aus dem Wasser herausgehoben ist. In der Rosanna soll ebenfalls ein Wehr dieser
Konstruktion eingebaut werden, das aber bei 18 m Länge 1,8 m größte Stauhöhe
erhalten wird. (Wessely.) [Zeitschrift des oesterr.
Ingenieur- u. Archit.-Vereins 1910, S. 629–632.]
H.
Große amerikanische Stauwehre.
Ein Staudamm von 1340 m Länge quer durch den Mississippi wird für die
Wasserkraftanlage Keokuk an den Stromschnellen von Des Moines gebaut. Das Wehr, das
auf der ganzen Länge als Wehrbrücke mit Schleusendurchlässen ausgeführt wird, hat
11,27 m Höhe und enthält 116 Oeffnungen von je 9,15 m Breite. Darüber befindet sich
eine Brücke, von der aus die Schützen bedient werden. Durch das Wehr soll ein See
von 93 qm Oberfläche angestaut werden, welcher ein nutzbares Gefälle von 6,4–10,6m
ergibt. Die hierdurch geschaffene riesige Wasserkraft soll zunächst in 15
Turbinen-Dynamos von je 5000 KW Leistung ausgenutzt werden. Das Werk ist für die
Versorgung der 225 km entfernten Stadt St. Louis bestimmt, wofür eine Spannung von
110000 Volt in Aussicht genommen ist. Ein anderes großes Wehr ist unterhalb der
Chaudiere-Stromschnellen bei Ottawa in Canada im Laufe des vorigen Jahres
fertiggestellt worden. Das Wehr ist im Grundriß kreisbogenförmig angelegt, mit 172 m
Halbmesser und 396 m Kronenlänge und besteht aus 49 Eisenbetonpfeilern, zwischen
welchen sich Schützenöffnungen von 6,7 m Breite und 5,33 m Tiefe befinden. Diese
Form des Wehrs ist gewählt, damit den an beiden Ufern errichteten Kraftwerken das
Wasser gleichmäßig zugeführt wird. Die Pfeiler sind 12 m lang und an den dicksten
Stellen nur 1,22 m dick. Ihre Standfestigkeit wird aber dadurch erhöht, daß sie an
den oberen Enden durch eine 7,15 m breite Brückenfahrbahn, die ebenfalls aus
Eisenbeton besteht, verbunden sind. Zum Abschließen der Oeffnungen zwischen den
Pfeilern werden nicht Schützentafeln, sondern wagerechte Balken aus Tannenholz
verwendet, die paarweise zusammengeschraubt und an den Enden in Eisenführungen
gefaßt sind. [Electrical World 1910, I, S. 1287–1289 und Engineering News 1910, I,
S. 741–743.]
H.