Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Autor: | H. |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 29 |
Download: | XML |
Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Neue Hitzdrahtinstrumente.
Die Hitzdrahtinstrumente, die in vielen Fällen unentbehrlich sind, waren seit jeher
mit dem Uebelstande behaftet, daß bei schnellen Temperaturänderungen ihr Nullpunkt
sich änderte, „wanderte“. Diese Aenderungen sind so groß, daß beispielsweise
beim Oeffnen der Türen einer Zentrale der starke, kalte Luftzug nach einigen Minuten
die stromlosen Hitzdrahtinstrumente zum Ausschlagen um einige Grad unter die
Nullstellung bringt. Bei eingeschalteten Instrumenten treten die Fehler weniger auf.
Immerhin sind bei plötzlichen Sonnenbestrahlungen eines Instrumentes Abweichungen
von 1–2 v. H. gegenüber im Schatten liegenden Instrumenten bemerkt worden. Es ist
zwar zur Abhilfe eine Kompensationsplatte vorhanden; diese folgt jedoch einer
Temperaturschwankung erst in etwa ½ Stunde, so daß dann erst ein Ausgleich
stattfindet.
Um diese Schwankungen verständlich zu machen, sei darauf hingewiesen, daß die gesamte
zum Erzielen des Endausschlages nötige Drahtverlängerung bei den älteren
Instrumenten nur etwa 0,1 mm beträgt. Ferner sind die Ausschläge für die
Anfangswerte so gering, daß man mit Hilfe einer exzentrischen Rolle für sie eine
Uebersetzung eingeschaltet hat, die naturgemäß auch auf die ungewollten
Verlängerungen bei Temperaturschwankungen anspricht.
Da die eingebauten festen Kompensationsplatten mit der Zeit einen Ausgleich bewirken
und andererseits die schneller arbeitende Drahtkompensation andere Uebelstande im
Gefolge hat, so schien es, als ob man sich mit diesen Uebelständen der
Hitzdrahtinstrumente abfinden müßte. Nun gelang vor zwei Jahren nach eingehenden
Untersuchungen die Feststellung, daß die Temperatur des Hitzdrahtes für den
Endausschlag kaum 100° C beträgt. Da man bisher annahm, daß diese Temperatur 500 bis
600° C wäre, so erschien das Ansprechen auf Temperaturänderungen sofort unter einem
völlig veränderten Gesichtswinkel. Es lag nahe, zur Abhilfe mit der Drahtwärme auf
300–400° hinaufzugehen. Dann wäre es aber wiederum nicht möglich, den Forderungen
der Praxis nachzukommen, gemäß denen ein Instrument ohne Schaden mindestens eine
zweifache, für einen Augenblick sogar noch eine etwas stärkere Ueberlastung
aushalten solle. Ferner ist folgendes zu beachten: Unter den in Frage kommenden
Materialien für den Hitzdraht besitzt als einziges einen hohen
Ausdehnungskoeffizienten das bereits von Cardew
gefundene Platinsilber. Dieses muß mindestens eine Drahtstärke von 0,05 mm besitzen,
damit es beim Rotglühen nicht zerreißt. Um einen solchen Draht auf 300–400° zu
erwärmen, ist jedoch eine Stromstärke von 0,3 Amp. erforderlich, die zuzüglich der
Verluste von etwa 40 Watt den Meßtransformatoren nicht zugemutet werden darf.
Neuere Untersuchungen ergaben nun, daß Platiniridium trotz seines nur halb so großen
Ausdehnungskoeffizienten sich viel besser für Hitzdrähte eignet. Seine Festigkeit
gestattet ein Herabgehen auf 0,03 mm und ferner verträgt es eine doppelt so
hohe Stromwärme wie Platinsilber. Die Verwendung des Platiniridiumdrahtes ergab nun
sofort eine größere Unempfindlichkeit gegen Temperaturschwankungen.
Da die abweichenden Ausdehnungsverhältnisse eine Aenderung der Uebersetzung sowie
eine Aenderung der aus verschiedenen Metallen zusammengesetzten Kompensationsplatte
notwendig machte, so nahm die Firma Hartmann & Braun bei der Einführung der neuen Drähte eine
vollständige Umkonstruktion ihrer Hitzdrahtinstrumente vor und es wurde hierbei
das Gewicht des beweglichen Systems bis auf 0,6 g herabgesetzt.
Der Aufbau des Instrumentes ist jetzt derart, daß der Hitzdraht zwischen festen
Stromzuführungen eingespannt ist. In seiner Mitte greift ein nicht stromführender
Draht, der sogen. Brückendraht, an, dessen anderes Ende wiederum eingespannt ist.
Von der Mitte dieses Brückendrahtes führt erst ein Kokonfaden zu einer auf der
Zeigerachse sitzenden größeren Rolle und von einer daneben angebrachten kleineren
Rolle ein zweiter Kokonfaden zu einer Spannfeder. Die Uebersetzungsverhältnisse sind
derartig, daß bei der höchsten Strombelastung der Platiniridiumdraht sich um 0,2 mm
ausdehnt, seine seitliche Durchbiegung hierbei 2 mm und die des Brückendrahtes 6 mm
beträgt. Der Kokonfaden wickelt sich dann 6 mm lang auf die Rolle auf und diesem
Betrage entspricht eine Zeigerbewegung von etwa 90° über die Skala. Zur Dämpfung der
Zeigerbewegungen ist auf dessen Achse eine Aluminiumscheibe befestigt, die sich
zwischen den Polen eines permanenten Hufeisenmagneten verschiebt.
Die Kompensationsplatte besteht aus einem großen und dicken Eisenblech und einem
kleinen Stück Nickelstahl. (Hartmann-Kempf.)
[Elektrotechnische Zeitschrift, 1910, S. 269–271.]
Pr.
Rollenlager in elektrischen Bahnmotoren.
Eine möglichst vollkommene Lagerung der Motorwelle ist für das gesamte Getriebe der
elektrischen Fahrzeuge deshalb von besonderer Wichtigkeit, weil häufige und
kostspielige Ausbesserungen der elektrischen Einrichtung, teurer Zahnradersatz,
längere Außerdienststellung der Fahrzeuge selbst und ein höherer Reservebestand die
notwendige Folge starker Lagerabnutzung sind. Eine Verringerung der letzteren
versuchte der Verfasser mittels einer Rollenlageranordnung bei den Motoren des Benrather Netzes der Bergischen
Kleinbahn zu erzielen. Die Lager bestehen aus Lagerschilden mit Flanschen
und glasharten, geschliffenen, stählernen Arbeitsflächen. In diesen laufen in
Käfigen gelagerte, kräftige, harte Walzen, die sich auf glasharten auf die
Ankerwelle aufgepreßten Büchsen abrollen. Zur Sicherung gegen achsiale
Verschiebungen ist auf der Kommutatorseite ein mittels einer Mutter nachstellbares
Doppeldruck-Kugellager angeordnet. Schmiergefäße sind nicht vorgesehen, sondern es
sind nur in das Innere des Lagers führende und mittels Schraube verschlossene
Einfüllöffnungen vorhanden, durch die etwas Spezialfett in größeren Zeitabschnitten
eingepreßt wird.
Die Versuche, welche unter Mitwirkung der Firma G. u. W.
Jäger G. m. b. H., Elberfeld, an 40 Motoren ausgeführt wurden, haben
durchaus befriedigt, denn eine I Abnutzung der Rollenlager war nach etwa 35000
Wagenkilometern, das sind etwa 70 Millionen Umdrehungen der Ankerwelle, noch kaum
wahrnehmbar. Die Lebensdauer der Zahnräder wird wesentlich gesteigert,
voraussichtlich auf das drei- bis vierfache Hierbei ist die Abnutzung der Zähne eine
vollkommen gleichmäßige und die Vorzüge einer versuchsweise verwendeten
Zykloidenverzahnung kommen bei dem genauen Einhalten der Zentrale voll zur Geltung,
Auch ist eine vollkommene Abdichtung der Motorteilfuge sowie eine Verminderung der
Kohlenstaubbildung im Motor festgestellt worden.
Stromverbrauchsmessungen ergaben in bergigem Gelände bei einem Zuggewicht von etwa 22
t einen Kraftverbrauch von 38,1 Wattstunden für das Tonnenkilometer. (Hebert.) [Zeitschrift f. Kleinbahnen, 1910, S. 208–210.]
Pr.
Elektrische Personenzuglokomotive.
Für den Zugdienst auf ihrer New Yorker Endstrecke hat die Pensylvaniabahn 24 Gleichstromlokomotiven in Auftrag gegeben, die je 150 t
Dienstgewicht besitzen sollen. Jede der beiden durch Kurzkupplung mit einander
verbundenen Hälften der Lokomotiven erhält zwei Triebachsen, auf die je 23,75 t
Achsdruck entfallen. Jede Hälfte ruht ferner auf einem zweiachsigen Drehgestell,
welches 27,5 t aufnimmt. Der Antrieb der Lokomotiven erfolgt durch zwei je etwa 19 t
schwere Motoren, die über der äußeren Triebachse gelagert sind und durch
Kuppelstangen mit Hilfe einer in Laufachshöhe seitlich liegenden Blindwelle die
untereinander gekuppelten Triebräder antreiben. Die Motorachse liegt hierbei rund
2,4 m über Schienenoberkante und damit der Fahrzeugschwerpunkt etwa 2 m hoch, ein
Betrag, der entsprechend den Erfahrungen mit neueren Dampflokomotiven die günstigste
Laufsicherheit ergibt. Bemerkenswert an den Motoren ist, daß der Ankerkörper nicht
unmittelbar auf der Ankerwelle sitzt, sondern letztere erst mit Hilfe einer
Reibungskupplung antreibt, damit bei etwaigen Kurzschlüssen keine übermäßig starken
Stöße in das Triebwerk gelangen können. Die Kurbeln zu beiden Seiten des Fahrzeuges
sind um 90° gegeneinander versetzt; ferner sind alle Kurbeln durch Gegengewichte
ausbalanziert. Der Triebraddurchmesser beträgt 1,72 m, der Laufraddurchmesser 0,915
m, die Entfernung der Triebachsen voneinander ist 2,185 m, der der Laufräder 2 m,
der gesamte Achsstand einer Hälfte rund 7 m und der der ganzen Lokomotive rund 17 m.
Die Länge zwischen den Buffern schließlich stellt sich auf 19,86 m.
Die Führerhäuser besitzen viereckige Kastenform, sind aus Stahlblech hergestellt und
stehen auf der Seite der Kurzkupplung miteinander durch Türen und Faltenbälge in
Verbindung. Nach dem freien Ende zu befindet sich in jeder Hälfte ein Führerabteil,
welches die Steuer-, Brems- und Signalapparate enthält. In dem anderen, größeren
Raum, befinden sich außer dem Motor die Anfahrwiderstände, die elektro-pneumatischen
Einzelschalter und eine Motorluftpumpe.
Die mit zehn Hauptpolen und zehn Hilfspolen ausgeführten Motoren arbeiten mit einer
Klemmenspannung von 600 Volt und können bei einer Stromaufnahme von 2900 Amp. rund
2000 PS entwickeln. Sie besitzen natürliche Ankerlüftung, können jedoch außerdem
mittels Anblasen von Luft gekühlt werden. Neben der Widerstandsregelung beim
Anfahren ist Reihen-Parallelschaltung mit Hilfe der ohne Stromunterbrechung
wirkenden Brückenschaltung, sowie mehrstufige Feldschwächung zur
Geschwindigkeitsregelung vorgesehen. Die Ausführung dieser Schaltung wird durch die
elektro-pneumatische Vielfachsteuerung der Westinghouse-Gesellschaft erzielt, bei der die die Einzelschalter
antreibenden Druckluftzylinder über elektrisch gesteuerte Ventile gespeist werden.
Den Strom für die letzteren liefert eine kleine Akkumulatorenbatterie, die ferner
erforderliche Druckluft, zwei Motorluftpumpen, welche je 1700 l i. d. Min.
fördern.
Die zur Stillsetzung des Fahrzeuges dienende Druckluftbremse gestattet bei 3,6 at in
den Bremszylindern 85 v. H. des Lokomotivgewichtes abzubremsen. Für die Zugheizung
ist ein elektrisch betriebener Dampfkessel vorgesehen, (Lee.) [Elektrotechnische Zeitschrift, 1910, S. 241–242.]
Pr.
Der Dampfer „Olympic“ der White Star-Linie.
Dieser Dampfer ist nicht nur durch seine Größe bemerkenswert, sondern auch durch die
Verbindung von Kolbendampfmaschinen und Dampfturbinen für den Antrieb der
Schiffsschrauben. Diese Verbindung wurde auf Grund besonderer Erfahrungen gewählt;
für die vorgesehene Schiffsgeschwindigkeit von 21 Knoten hätten der heutigen Praxis
entsprechend eigentlich Turbinen für den Propellerantrieb in Anwendung kommen
sollen. Von der gleichen Werft, auf welcher „Olympic“ gebaut wurde, wurden
vor einem Jahr zwei Schiffe „Megantic“ und „Laurentic“ gebaut, die
sich nur durch ihre Antriebsmaschinen unterschieden. Das erstere war mit
Vierfach-Expansions-Kolbenmaschinen zum Antrieb von drei Schrauben, das letztere mit
Dreifach-Expansionsmaschinen für den Antrieb der äußeren Schrauben und einer Parsons-Niederdruckturbine für die mittlere Schraube
ausgerüstet. Bei den Versuchen mit diesen Schiffen ergab sich bei gleicher
Geschwindigkeit (14 Knoten) ein 14 v. H. geringerer Kohlenverbrauch der
„Laurentic“ gegenüber dem „Megantic“ mit ausschließlich
Kolbenmaschinen; das Maschinengewicht des „Laurentic“ war nur wenig größer
als dasjenige des „Megantic“: Das Ergebnis wird noch bemerkenswerter durch
den Umstand, daß die Vierfach-Expansionsmaschinen der Erbauerin (Firma Harland & Wolff in Belfast) gegenüber ihren
Dreifach-Expansionsmaschinen eine nicht unerhebliche Verbesserung in der
Dampfökonomie aufweisen.
In Anbetracht der großen Steigerung der Maschinenleistung bei Steigerung der
Schiffsgeschwindigkeit (z.B. bei der „Mauretania“ und „Lusitania“ bei
einer Schiffslänge von 230 m auf 75000 PSi bei 26
Knoten Geschwindigkeiten, während die Maschinenleistung bei 22 Knoten 37500 PSi beträgt) hat man für den 260 m langen
„Olympic“ und das Schwesterschiff „Titanic“ nur eine
Schiffsgeschwindigkeit von 21 Knoten vorgesehen mit einer Maschinenleistung von
30000 PSi der Kolbendampfmaschinen und 16000 PS der
Turbinen. Das Deplazement beträgt bei beiden Schiffen 60000 t.
Die mit vier Zylindern ausgerüsteten Dreifach-Expansions-Kolbenmaschinen arbeiten mit
einem Anfangsdruck von 15 at und mit einer Abdampfspannung von ⅔ at absolut. Ihr
Aufbau zeigt weiter keine Besonderheiten; die Maschine besitzt eine fast
vollständige Ausgleichung der bewegten Massen. Der Hochdruckzylinder hat 1360 mm,
der Mitteldruckzylinder 2120 mm und die beiden Niederdruckzylinder 2450 mm .
Der Hub aller Zylinder beträgt 1900 mm. Die Lager haben Oelschmierung unter einem
Druck von 1½ at, der nicht direkt durch eine Pumpe, sondern durch die hohe Lage des
Oeltanks erzeugt wird, in welches das ablaufende Oel immer wieder hoch gepumpt wird,
nachdem es vorher gereinigt und gekühlt worden ist. In gleicher Weise wird auch das
Kühlwasser für die Lager hochgelegenen Wasserbehältern entnommen. Die Wellenstärke
beträgt etwa 70 cm mit einer Bohrung von 30 cm.
Die von den Kolbenmaschinen angetriebenen Propeller haben 7 m und machen,
wenn jede der zwei Maschinen 15000 PSi entwickelt,
75 Umdrehungen i. d. Min.
Die Auspuffdampfturbine, welche den mittleren Propeller antreibt, ist eine Parsons-Turbine und arbeitet mit ⅔ at absolutem
Anfangsdruck und 0,07 at Gegendruck. Der Oberflächenkondensator liefert bei 76 cm
Barometerstand ein Vakuum von 72 cm bei einer Kühlwassertemperatur von 13 bis 10° C.
Der Rotor aus Stahlguß hat 3600 mm und eine Länge von 4000 mm; die Schaufeln
haben eine Länge, die von 450 mm bis 650 mm zunimmt. Eine Rückwärtsturbine ist nicht
vorgesehen, da der mittlere Propeller beim Manöverieren des Schiffes außer Tätigkeit gesetzt
wird. Die Lagerung und Regulierung ist die bei Parsons-Turbinen übliche. Die Turbine kann durch einen Elektromotor in
Bewegung gesetzt werden; das Anheben des oberen Gehäusedeckels und des Rotors
geschieht ebenfalls durch eine elektrisch angetriebene Hebevorrichtung. Der Rotor
hat ein Gewicht von 130 t; die ganze Turbine wiegt 410 t. Die Turbinenwelle hat
einen Durchmesser von 570 mm und ist mit einer Bohrung von 250 mm versehen. Die von
der Turbine angetriebenen Propeller aus Manganbronze haben vier Flügel mit einem
Durchmesser von 5 m und laufen mit 165 Umdrehungen i. d. Min. bei einer Leistung an
der Turbinenwelle von 16000 PS. Zum Manöverieren sind Wechselventile vorgesehen,
welche den Abdampf der Kolbenmaschinen direkt dem Kondensator zuführen. Außerdem ist
in der Leitung von den Kolbenmaschinen zu der Turbine ein großes Absperrventil
eingebaut, um im Falle eines Defektes an der Turbine dieselbe von den
Kolbenmaschinen ganz abzusperren. Dieses sehr große Ventil wird mittels eines
Schneckenradantriebes durch einen Elektromotor bewegt. [Engineering 1910, S. 564 bis
572.]
M.
Wasserkraft-Elektrizitätswerk der Northern Hydroelectric Power
Company
Das auf annähernd 144 km Länge etwa 315 m betragende Gefälle des Peshtigo River,
eines durch die Gleichförmigkeit seiner Abflußmengen während des Jahres
bemerkenswerten Flusses im Norden von Wisconsin, hat die Northern Hydroelectric Power Company unternommen, in zwei Kraftwerken
auszunutzen, von denen eines, dasjenige bei High Falls, vor kurzem in Betrieb
genommen worden ist. Für das zweite, 3,2 km unterhalb des ersten gelegene Werk
Johnson's Falls, welches 3000 KW liefern soll, werden die Pläne ausgearbeitet. Das
Werk High Falls arbeitet mit einem Gefälle von 25,9 m, welches durch einen bis zu
13,72 m hohen, auf einer 12,2 m hohen Klippe im Flußbett sitzenden Staudamm von 1372
m Gesamtlänge erzeugt wird. Der mittlere, 275 m lange Teil dieses Dammes ist ganz
aus Stampfbeton mit 19,5 m Sohlenbreite hergestellt, zum Teil als Ueberfall mit
sechs Segmentschützen von je 3,66 m Breite ausgeführt und außerdem mit einer 2,5 m
breiten Floßschleuse von 79 m Länge versehen. Außerdem enthält dieser Teil zwei
Grundablässe von 1,2 m Breite und 1,2 m Höhe, welche während des Baues als
Durchlässe benutzt wurden. An den beschriebenen Dammteil schließen sich auf beiden
Seiten mit Kernmauern aus Stampfbeton versehene und durch Steinschüttungen
gesicherte Erddämme von Trapezquerschnitt mit 3,05 m Kronen- und 19,5 m Sohlenbreite
an, welche auf der Stauseite durch Betonplatten gesichert werden sollen.
Durch diesen Damm wird das Wasser des Peshtigo River bis auf 12,8 km zurück
aufgestaut, wobei eine Reihe von Seen mit 670 ha Gesamtoberfläche und annähernd
24000000 cbm Inhalt gebildet werden. Der Inhalt dieser Stauseen ist so groß wie der
Gesamtabfluß während eines Monates und ermöglicht, die Leistung des Werkes
wesentlich höher zu bemessen, als der mittleren verfügbaren Abflußmenge entsprechen
würde. Am Fuße der Klippe, auf welcher der mittlere Dammteil erbaut ist, ist 19,8 m
entfernt von dem Damm das Maschinenhaus errichtet, welches gegenwärtig fünf für je
1000 KW bemessene Maschinengruppen sowie zwei Erregergruppen enthält. Diesen wird
das Wasser durch ebensoviele, aus 10 mm-Blech genietete Druckrohre zugeführt, welche
2438 mm Weite und 24,4 m Länge besitzen und deren obere Mündungen durch elektrisch
angetriebene Absperrschützen verschlossen werden können. Die Rohre sind mit
besonderen Füllschiebern und Luftventilen versehen. Für die Erregerturbinen haben
die Rohre nur 914 mm . Die Hauptturbinen sind als wagerechte
Zwillingsturbinen mit Kesselgehäusen ausgeführt. Sie leisten je 1900 PS und treiben
unmittelbar je einen 1000 KW-Drehstromerzeuger für 2300 Volt mit 375 Umdr. i. d.
Min. an. Da die durch Druckölregulatoren beeinflußten Leitschaufeln wegen der
langen, schwachen Druckleitung nur langsam geschlossen werden dürfen, so ist jede
Maschine zur Erhöhung der Gleichförmigkeit mit einem schweren Schwungrade versehen.
Die Erregerturbinen sind wagerechte, einfache Spiralturbinen von je 375 PS bei 500
Umdr. i. d. Min. und mit 120 Volt-Stromerzeugern von je 200 KW Leistung gekuppelt.
Der in sechs Oeltransformatoren von je 1110 KW auf 66000 Volt gebrachte Strom wird
auf 1000 km Entfernung mit Hilfe einer doppelten, auf Eisentürmen verspannten
Fernleitung nach Green Bay übertragen. [Electrical World 1910, II, S. 1227 bis
1232.]
H.
Neuartiger Staudamm.
Gelegentlich des Umbaues eines aus dem Jahre 1858 stammenden, hölzernen Stauwehres im
Nordarme des Raritan River bei High Bridge, N. J., hat man eine eigenartige
Konstruktion für die um etwa 1,5 m erhöhte Stauanlage mit gutem Erfolge angewendet.
Der neue Damm, welcher etwas weiter flußabwärts von dem früheren Damm errichtet
worden ist, also ohne Zuhilfenahme eines Kofferdammes gebaut werden konnte, ist im
wesentlichen eine einfache Mauer von 5 m Dicke an der Sohle und 1,2 m Kronenbreite
bei 67 m Kronenlänge und 12,8 m größter Höhe, welche an der Rückseite durch 9,15 m
von einander entfernte Mauern von 1,83 m geschützt wird. Die Staumauer selbst ist an
der Außenseite aus Bruchsteinen hergestellt, während ihr Kern aus Betonmasse von 1 :
3 : 5 Mischungsverhältnis besteht. Das Neuartige an dieser Konstruktion ist, daß die
Druckkräfte, welche die Staumauer zu tragen hat, nicht von dem Beton selbst, sondern
von I-Trägern aufgenommen werden, welche in geeigneten
Abständen übereinander in dem Beton eingebettet und mit ihren Enden in die
Felseneinfassung des Dammes eingelassen sind. Die Träger sind so angeordnet, daß
ihre Stoßfugen gerade auf die Mitten von Stützmauern fallen, und diese schwachen
Stellen werden außerdem durch besondere, diese Stellen gewissermaßen überbrückende
kurze Trägereinlagen verstärkt. Der Damm ist seit Ende 1909 im Betriebe und hat
bereits mehrere Hochwässer mit gutem Erfolg überstanden. Wenn man berücksichtigt,
daß durch diese Bauart etwa 40 v. H. an den Kosten eines vollen gemauerten Dammes
gespart werden können, ohne das die Sicherheit beeinträchtigt wird, daß ferner die
Bauzeit um 50 v. H. verkürzt werden kann, so wird man die Bedeutung dieses
Fortschrittes beurteilen können. (Tainter.)
[Engineering News 1910, II, S. 564.]
H.
Wasserkraftwerk Capital City am Missouri River.
Die United Missouri River Power Company besitzt zurzeit
zwei Wasserkraft-Elektrizitätswerke, von denen dasjenige in Cannyon Ferry von 12000
PS-Leistung seit 1898 im Betriebe ist. Das zweite am Hauser Lake, welches für 25000
PS-Leistung bemessen ist, hat im Jahre 1907 den Betrieb eröffnet, ist aber durch den
bekannten Einsturz seines eisernen Staudammes infolge von Unterspülungen vorläufig
außer Tätigkeit und erhält gegenwärtig einen neuen Damm aus Steinmauerwerk. Durch
das vorliegende Kraftwerk, welches 48 km nördlich von der Stadt Helena, Montana,
in dem kurzen Wolf Creek-Cannyon errichtet wird, will man dem Fernleitungsnetz der
Gesellschaft, welches sich bis in das Gebiet der Kupfergruben in Butte und Anaconda
hin sowie nach anderen Städten im Westen des Staates Montana ausdehnt, insgesamt
über 60000 PS zuführen. Sein Staudamm wird an einer etwa 210 m breiten Stelle des
scharf eingeschnittenen Flußtales quer über den Fluß gelegt und ganz aus Stampfbeton
mit 530 m Kronenlänge und etwa 40 m größter Höhe über der Sohle ausgeführt. Der
Staudamm ist als reiner Ueberfall ohne Grundablässe entworfen und für eine größte
Druckhöhe von 35 m bemessen, wovon der oberste Teil durch zeitweilig aufgelegte, im
Notfall gleichzeitig niederlegbare Planken gebildet wird. Diese stützen sich unten
gegen die Dammkrone, oben gegen eine von einzelnen Betonpfeilern getragene
Laufbrücke aus Eisenbeton. Auf der Stauseite erhält der Damm der mit einem
befahrbaren Stollen und den üblichen Entwässerungsleitungen versehen ist, noch einen
besonderen Schutz gegen Unterspülungen, der aus einer 21 m tief unter das Fundament
hinabgeführten, im Mittel 1,5 m dicken, mit dem Dammauerwerk vollkommen
zusammenhängenden Wand gebildet wird. Auch das parallel zum Damm angelegte
Maschinenhaus, daß sich etwa in der Mitte des Flußbettes befindet und einen hierzu
senkrecht stehenden Flügel für die Aufnahme der Transformatoren erhält, hängt mit
dem Dammauerwerk unmittelbar zusammen. Es ist für acht Maschinengruppen bemessen,
welche getrennte, in dem Damm ausgesparte Einlaufleitungen mit den üblichen Rechen
und Absperrschützen erhalten werden. Jede Maschinengruppe setzt sich aus einer
8800pferdigen Morgan Smith-Turbine mit doppeltem
Spiralgehäuse, mittlerem einfachen Saugrohrkrümmer und Lombard-Druckölregulator
sowie einer mit deren wagerechten Welle unmittelbar gekuppelten 5000
KW-Drehstromdynamo für 6600 Volt zusammen. Der Strom wird in Transformatoren auf
70000 Volt Hochspannung gebracht und der Fernleitung zugeführt. [Engineering News
1910, II, S. 430–431.]
H.
Neuere Wasserkraftanlagen im Westen der Vereinigten
Staaten.
Von den in den letzten Jahren im Westen der Vereinigten Staaten von Amerika in
Betrieb genommenen Wasserkraft-Elektrizitätswerken sind zunächst die Anlagen der Central Colorado Power Company zu erwähnen, deren
100000 Volt führende Höhen von über 3000 m übersteigende Fernleitung zu den
schwierigsten Unternehmungen dieser Art zu rechnen ist. Die Gesellschaft leitet
bei Boulder einen kleinen Fluß über einen fast senkrechten Abhang 600 m tief zu
einem Kraftwerk, in welchem die Wasserkraft in zwei 5000 KW-Freistrahl-Turbinen
nutzbar gemacht wird, Im Staate Kalifornien sind von den 9000000 PS betragenden
Wasserkräften, die nach der Schätzung verfügbar sind, mehr als 500000 PS bereits
ausgenutzt. In der Regel werden die an lange Fernleitungen angeschlossenen
Kraftwerke mit fast unveränderlicher Belastung betrieben, während die Aufnahme der
Belastungsspitzen und die Regulierung der Periodenzahl den nahe bei den
Verbrauchsstellen gelegenen Werken zugewiesen wird. Eines der größten Verteilnetze
betreibt die Pacific Gas and Electric Company in San
Francisco. Mit mehr als 1600 km Drehstromfernleitungen für 60000 Volt verteilt sie
annähernd 100000 KW elektrische Leistung an 153 Städte und Ortschaften in einem
Gebiete, das sich etwa 320 km weit westlich und 160 km südlich von San Francisco
erstreckt und welches annähernd die Hälfte der Bevölkerung von ganz Kalifornien
beherbergt. Der Strom wird aus elf Wasserkraft- und drei
Dampfkraft-Elektrizitätswerken bezogen, von denen einige über 320 km weit von
einander entfernt sind, und trotzdem von einer einzigen Hauptstelle so verteilt, daß
an keiner Stelle des Netzes eine Betriebsstörung auftreten kann, ohne daß innerhalb
von 3 bis 4 Minuten das betreffende Werk abgeschaltet und Ersatzstrom angeschlossen
werden könnte. Die Belastungsverhältnisse der Anlagen sind außerordentlich günstig,
denn der mittlere Belastungsfaktor beträgt 95 v. H. Den größten Teil des Stromes
liefert das durch seine 18000 PS Turbinen bekannte Werk am Fealher River bei
Oroville, welches der Great Western Power Company
gehört.
Zu erwähnen sind ferner die Wasserkraftanlagen am Stanislaus River, 208 km östlich
von San Francisco, deren Fernleitung für 104000 Volt die Straßenbahnen von San
Francisco versorgt, dann die Kraftwerke im Gebiete von Los Angeles, von denen das
bemerkenswerteste, dasjenige am Kern River, das ausgedehnte Netz der Pacific Electric Railway Company speist, sowie das Werk
der Great Falls Power Company, welches den
Bergwerksbezirk von Butte, Montana, versorgt. Im ganzen sind nicht weniger als fünf
Kraftwerke vorhanden, welche Strom mit 100000 bis 110000 Volt auf 80 bis 230 km
Entfernung übertragen. Obgleich über 100000 Volt die Isolation der Luft bereits
wesentlich vermindert ist, befindet sich auch eine Fernleitung für 135000 Volt im
Bau. [Electrical World 1910, II, S. 1163–1164.]
H.