Titel: | Die Hebemaschinen auf der Weltausstellung in Brüssel 1910. |
Autor: | K. Drews |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 81 |
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Die Hebemaschinen auf der Weltausstellung in
Brüssel 1910.
Von K. Drews, Oberlehrer an der Kgl.
höheren Maschinenbauschule zu Posen.
(Fortsetzung von S. 72 d. Bd.)
Die Hebemaschinen auf der Weltausstellung in Brüssel
1910.
Elektrisch betriebener Hochofenschrägaufzug. Das
ausgestellte Modell sollte die charakteristischen Merkmale des Pohligschen Systems zur Anschauung bringen. Fig. 34 zeigt einen solchen Aufzug.
Das Fördergefäß ist ein zylindrischer Kübel mit trichterförmigem Boden, der nach Art
des Parryschen Trichters durch einen konischen Deckel
unten verschlossen ist.D. p. J. 1908, Seite
177 u. f. Der Deckel hängt mittels einer Stange an dem Haken der
sogen. Lastkatze. Das Fördergefäß hat einen Inhalt von etwa 5–8 cbm; es faßt
ungefähr 3–6 t Erz oder 2½–4 t Koks.
Das Fördergerüst ist ein kräftiger, schräger Fachwerkträger, auf dessen Ober- und
Untergurtungen sich zwei Laufkatzen gegenläufig bewegen. Die auf den Obergurtungen
laufende heißt die Motorkatze, die auf den Untergurtungen laufende die Lastkatze.
Erstere ist mit einem Fahrmotor versehen; sie bewegt sich durch eigenen Antrieb an
einer Zahnstange entlang, da bei der großen Steigung ein Fortbewegen lediglich durch
Adhäsion ausgeschlossen ist. Von dieser Motorkatze führen nun zwei Drahtseile über
Leitrollen am Kopfe des Fördergerüstes zur Lastkatze, deren Form die Fig. 34 erkennen läßt. Sie besteht aus einem Rahmen,
der auf vier Laufrollen ruht. Fest mit dem Rahmen verbunden ist eine Scheibe, auf
die sich die den Förderkübel tragende Panzerkette aufwickelt. Die Zugseile greifen
an dem hinteren Ende der Lastkatze an.
Fig. 34 zeigt die Lastkatze in drei verschiedenen
Stellungen; gestrichelt: in der untersten Stellung beim Aufnehmen des Kübels und in
einer Mittelstellung während der Fahrt; voll ausgezogen: in der höchsten Stellung
beim Ausschütten des Beschickgutes. Die Stellung der Motorkatze entspricht dabei der
erstgenannten Stellung der Lastkatze.
Das selbsttätige Herablassen und Ausschütten des Materials in die Gicht des Ofens
geht in folgender Weise vor sich. Ueber der Gichtbühne ist an dem Fördergerüst ein
Balancier gelagert, von dem der eine Hebelarm die Fortsetzung der Fahrbahn der
Lastkatze bildet, der andere durch ein Gegengewicht belastet ist. Für gewöhnlich
befindet sich der Balancier in der gestrichelt gezeichneten Lage. In der höchsten
Stellung der Lastkatze gelangen die Vorderräder auf den fast wagerecht liegenden Arm
des Balanciers, während die Hinterräder zwischen den beiden in Fig. 34 sichtbaren Leitschienen bis an den Drehpunkt
des Balanciers gelangen. Der andauernde Seilzug bewirkt nun ein Drehen sowohl des
Balanciers wie der Lastkatze, wobei sich die Panzerkette von ihrer Scheibe
abwickelt. Der Kübel besitzt unten, wo der trichterförmige Boden beginnt, einen
Winkeleisenring, mit dem er sich auf die obere Oeffnung der Gichtglocke setzt. Dann
geht bei weiterer Drehung der Lastkatze der Verschlußboden des Kübels für sich
abwärts, öffnet dabei den Gichtverschluß und der Kübelinhalt gleitet unmittelbar in
den Ofen hinab, sich dort gleichmäßig über dessen Umfang verteilend. Fig. 34 zeigt diesen Zeitpunkt.
Textabbildung Bd. 326, S. 81
Fig. 34.Hochofenschrägaufzug von Pohlig.
Hat der Kübel diese Stellung erreicht, dann bleibt die Motorkatze stehen. Um den
leeren Kübel wieder herunterzuholen, wird letztere umgesteuert. Da nun der Seilzug
nachläßt und die Hakenlast der Lastkatze um das Gewicht des Kübelinhalts geringer
ist, so überwiegt das rechtsdrehende Moment des Balanciers. Durch Aufwickeln der
Kette wird zunächst der Kübelboden, wobei der Gichtverschluß folgt, dann der Kübel
selbst gehoben und die Laufrollen der Lastkatze gelangen wieder auf ihre Schienen am
Fördergerüst. Unten wird der leere Kübel auf einen Zubringerwagen gesetzt und ein
bereitstehender gefüllter wieder eingehängt, worauf das Spiel von neuem beginnt.
In Fig. 34 bemerkt man noch über dem Kübel einen
konischen Deckel. Dieser bildet keinen integrierenden Bestandteil des Pohligschen Systems; sein Vorhandensein hängt von der
Konstruktion des Gichtverschlusses ab. Würde der betr. Deckel hier nicht vorhanden
sein, so würden beim Beschicken des Ofens stets die Gichtgase durch den Kübel nach
außen entweichen. Das wird heute stets verhindert, um die Arbeiter auf der
Gichtbühne nicht der Gefahr einer Gasvergiftung auszusetzen, ferner um nicht ganz
beträchtliche Mengen der wertvollen Gase zu verlieren und auch um den Ofengang nicht
zu verschlechtern.
Textabbildung Bd. 326, S. 82
Fig. 35.Kurvenkipper mit Dampfantrieb von Pohlig.
In dem vorliegenden Fall dient nun der Deckel am Kübel als Gichtverschluß beim
Beschicken des Ofens. Die Situation ist wohl aus Fig.
34 genügend verständlich.
Das Gewicht der Motorkatze ist so bemessen, daß der Seilzug sowohl bei Aufwärts- wie
bei Abwärtsgang der gleiche, nämlich die Hälfte der Nutzlast, ist. Die Fahrmotoren
sind dann in beiden Fällen gleichmäßig belastet.
Die Fahrgeschwindigkeit beträgt etwa 1,5 m i. d. Sekunde. Die genannten Last- und
Geschwindigkeitsverhältnisse genügen selbst für Oefen von 400 t täglicher
Produktion. Die maximale Leistung des Aufzuges wird selbst dann noch immer um 50 v.
H. größer sein als die bei normalem Betriebe.
Die Steuerung der Fahrmotoren geschieht von einem Führerhaus aus mittels Kontroller.
In Fig. 34 befindet es sich oberhalb der Gichtbühne,
es kann natürlich auch ein beliebiger zweckmäßiger Platz gewählt werden, da das
Abstellen der Fahrmotoren in den Endstellungen selbsttätig geschieht, wobei die
Geschwindigkeit vorher ebenfalls selbsttätig verringert wird.
Da das Führerhaus nicht wie bei einigen anderen Systemen die viel Platz
beanspruchende feste Aufzugswinde aufzunehmen hat, sondern nur die Steuerapparate,
so fällt es ziemlich klein aus, 4 qm Grundfläche genügen schon. Die Begichtung
mittels Kübel von großem Fassungsraum hat den Vorteil, daß das Material sowohl beim
Transport zum Aufzug wie beim Herabstürzen in den Ofen außerordentlich geschont
wird, was namentlich dem Koks sehr zu Gute kommt. Das Umladen kann auf das
geringste Maß gebracht werden, ebenso ist die Sturzhöhe im Ofen die erreichbar
geringste.
Auf einige neuere nach dem Pohligschen System
ausgeführte Anlagen sowie auf verschiedene Arten des Transportes zum Aufzug soll in
den diesjährigen Berichten über Fortschritte im Hebemaschinenbau gesprochen
werden.
Wagenkipper. Das ausgestellte Modell war das eines
sogen. Kurvenkippers. Fig. 35 zeigt einen solchen
Kipper mit Dampfantrieb. Er besteht aus einem Gerüst mit einer in einer Kurve
ansteigenden Fahrbahn, die unmittelbar an das Zustellgleis anschließt. Der zu
entladende Wagen wird mittels Ketten auf der Fahrbahn hochgezogen. In der höchsten
Stellung hat der Wagen die zur Entladung erforderliche Neigung von 45° bis 55° gegen
die Wagerechte; die Stirnwand des Wagens wird geöffnet, bevor er in die höchste
Stellung gelangt.
Die den Wagen bewegende Kraft greift an der Vorderachse an, indem diese von zwei
kräftigen Haken gefaßt wird. Da sich diese Achse beim Heraufziehen des Wagens nicht
drehen kann, so ruhen deren Räder hierbei auf einem in Fig. 35 deutlich erkennbaren vierrädrigen Rahmen, dessen unteres Ende
zungenartig ausgebildet ist. Der Wagen wird zunächst durch ein am Zughaken
befestigtes Drahtseil mit seiner Vorderachse auf den fahrbaren Rahmen gezogen. Die
Ketten zum Hochziehen des Wagens auf der Kurvenbahn greifen an dem genannten Rahmen
an, in dem auch die beiden Haken, die die Vorderachse fassen, drehbar gelagert sind.
Das Anziehen der Ketten bewirkt, daß die Haken sich aufrichten und sich hinter die
Achse legen, wodurch der Wagen festgehalten wird.
Textabbildung Bd. 326, S. 82
Fig. 36.Schiffsbekohlungsanlage von Pohlig für den Norddeutschen Lloyd in
Bremerhaven.
Die Wagenladung stürzt meist in einen unter dem Gestell befindlichen Füllrumpf. Der
leere Wagen wird dann wieder herabgelassen. Unten wird der fahrbare Rahmen gehemmt,
worauf durch weiteres Nachlassen der Ketten die beiden Haken sich umlegen und den
Wagen freigeben, der auf dem noch vorhandenen Gefälle durch eine Weiche auf ein
Nachbargleis abläuft.
Das Heranziehen der Wagen an den Kipper mittels des schon oben erwähnten Drahtseiles
geschieht durch ein Windwerk, dessen Trommel mit der Antriebsmaschine des Kippers
gekuppelt werden kann. Dieses Windwerk kann auch gegebenenfalls zum Drehen einer Drehscheibe
benutzt werden.
In Fig. 35 ist die Antriebsmaschine eine
Dampfmaschine; selbstverständlich kann dazu auch jeder andere Antrieb, vornehmlich
Elektromotoren, benutzt werden. Der maschinelle Teil des Kippers ist, wie auch Fig. 35 erkennen läßt, in das Gerüst eingebaut.
Gegenüber Plattformkippern haben Kurvenkipper den Vorteil, daß sie weniger schwere
Windwerke und Fundamente erfordern und daß die Kippgruben hoch genug angelegt werden
können, um keine Schwierigkeiten durch die Grundwasserverhältnisse zu erhalten. Man
kann den Kipper so hoch anordnen, daß der Boden des Füllrumpfes noch über dem
Gelände liegt, wie dies z.B. Pohlig in dem
Elektrizitätswerk Reisholz ausgeführt hat. Den Uebergang vom Eisenbahngleis zum
Kipper bildet dann eine Schrägstrecke, auf der der Wagen von dem Windwerk bis an die
Kurvenbahn hinaufgezogen wird. Die Schrägstrecke hat eine solche Neigung, daß das
Fördergut noch nicht rutscht; die geschlossene Kopftür des Wagens ist also nicht
unzulässig belastet.
Eine ähnliche Anlage zeigt Fig. 36, die eine von J. Pohlig für den Norddeutschen
Lloyd in Bremerhaven ausgeführte Schiffsbekohlungsanlage darstellt. Der
hochgezogene Wagen entleert seinen Inhalt in einen Füllrumpf; von hier wird die
Kohle durch ein Stahltransportband in einen Hochbehälter gehoben, aus dem sie
mittels einer in der Höhe verstellbaren Schurre in das Schiff gleitet.
Diese Kurvenkipper können aber auch ortsveränderlich gemacht werden, indem das Gerüst
Räder erhält. Der Kipper kann dann an verschiedenen Stellen benutzt und daher besser
ausgenutzt werden.
Eine weitere Ausbildung hat der Kurvenkipper dahin erfahren, daß der obere Teil mit
dem Wagen gedreht werden kann. Es ist dies dann von Vorteil, wenn nur ein Gleis
vorhanden ist. Der hochgezogene Wagen wird zunächst um 90° gedreht, schüttet seinen
Inhalt in seitliche Füllrümpfe aus, wird dann weiter um 90° gedreht, so daß der
Wagen auf das hinter dem Kipper liegende Gleis ablaufen kann. Die Wagen, die vor dem
Kipper stehen, können somit hintereinander entladen werden, so daß schließlich der
ganze leere Zug sich hinter dem Kipper befindet. Fig.
37 zeigt einen solchen fahr- und drehbaren Kurvenkipper, wie er sich
besonders für Hochbahnen und Lagerplätze eignet.
Textabbildung Bd. 326, S. 83
Fig. 37.Fahr- und drehbarer Kurvenkipper von Pohlig.
(Fortsetzung folgt.)