Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Autor: | Fritz L. Richter |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 92 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Die Gleichstromdampf-Lokomotive.
Eine solche 4/4 gekuppelte Lokomotive;, Bauart Stumpf,
die auf der Brüsseler Weltausstellung ausgestellt war, bildet eine Wiederholung von
zwei Lokomotiven, welche sich seit zwei Jahren bei der preußisch-hessischen
Eisenbahnverwaltung im Betrieb befinden. Der Zylinder ist 600, der Hub 660 mm, der
Dampfdruck 12 at, die Heizfläche des Kessels 140,4 qm, die des Ueberhitzers 39 qm,
die Rostfläche 2,35 qm, das Dienstgewicht 58 t. Lokomotiven dieser Bauart haben
während zweimonatlichen Versuchsfahrten mit Lokomotiven mit Kolbenschieber und
Lokomotiven mit Lentz-Ventilsteuerung für 1000
Tonnenkilometer einen Dampfverbrauch ergeben, welcher sich durch die
Verhältniszahlen 1 : 1,19 : 1,28 darstellen läßt. Die neuerbaute
Gleichstromdampf-Lokomotive machte diese Versuchsfahrten mit Lokomotiven, die
bereits seit zwei Jahren im ordentlichen Zugdienst gestellt waren, so daß diese
Versuche auf nicht ganz gleicher Grundlage ausgeführt sind.
Die Frischdampfräume sind bei dieser Lokomotive für Gleichstrom in den Deckeln
angebracht, so daß eine hohe Ueberhitzung zulässig ist. Der sehr lange Kolben
besteht aus zwei Stahlgußteilen mit je zwei Ringen. Die Dampfeinlaßventile und deren
Steuerung ist ähnlich der Lentz-Ventilsteuerung
ausgebildet. Die Umsteuerung ist System Heusinger. Der
Auspuff geschieht durch Schlitze, die sich in der Mitte des Zylinders befinden, und
ähnlich wie bei den Zweitakt-Gasmaschinen durch den Kolben gesteuert werden. Die
bisherigen Betriebsergebnisse zeigen einen kleinen Steuerungswiderstand. Ferner ist
es bei diesen Lokomotiven möglich, stets mit geöffnetem Regulator zu fahren, so daß
die ganze Expansivkraft des Dampfes auch bei kleinen Füllungen ausgenutzt werden
kann. Unreinigkeiten, die durch den Dampf in den Zylinder gebracht werden, oder aus
der Rauchkammer stammen, können sich nicht im Zylinder ansammeln, sondern werden
durch den Gleichstrom aus den Zylinder fortgeführt. Bei Talfahrt können die
Einlaßventile durch eigene Stellvorrichtung offen gehalten werden, wodurch sich
durch die Frischdampfleitung hindurch eine Verbindung beider Zylinderseiten
ergibt, so daß die Maschine entlastet arbeitet.
Die Gleichstromdampf-Lokomotiven zeigen einen sehr ruhigen Gang, wie dies besonders
bei zwei Gleichstrom-Schnellzuglokomotiven der Maschinenbauanstalt Breslau der Fall ist.
Durch den großen Verdichtungsraum von 17 v. H. in Verbindung mit dem Schlitzauslaß
ist stets dieselbe hohe Verdichtung, somit ein geringer Einfluß der hin- und
hergehenden Massen, eine günstige Lage des Druckwechsels und ein sanfter Gang des
Triebwerkes sichergestellt. [Schiffbautechnische Gesellschaft 1910.]
W.
Neuerungen in der Kunstseide-Industrie.
In diesem Zweige der Textilindustrie, dessen Bestehen noch verhältnismäßig jungen
Datums ist, wird seitens der beteiligten Fachkreise besonders emsig und mit bestem
Erfolg an der Verbesserung der Herstellungsverfahren und der Betriebsmittel
gearbeitet. In letzter Zeit sind wieder eine ganze Reihe von Neuerungen bekannt
geworden, welche teils Verbesserungen der Spinnverfahren und der erforderlichen
Apparatur, teils den chemischen Teil der Erzeugung betreffen. Im Nachstehenden soll
über einige derselben im Zusammenhange kurz berichtet werden.
Unter den bekannten Spinnverfahren für künstliche Seide gibt es solche, bei denen die
drehbar angeordneten, eine entsprechende Anzahl Oeffnungen besitzenden Spinndüsen
beim Spinnen in rasche Umdrehung versetzt werden, um so die ausgepreßten Fäden
unmittelbar umeinander zu winden und beim Abreißen eines Fäserchens dasselbe
selbsttätig wieder an die anderen anzulegen. Weiter sind Einrichtungen bekannt, bei
denen drehbare Spinntöpfe verwendet werden, in denen der Faden nach dem Austreten
aus der Spinndüse und nach Passieren der Gerinnungsbäder aufgefangen wird. Die Société Anonyme des Celluloses in Lyon vereinigt beide
Verfahren, wodurch Fadenbrüche in geringerem Maße als sonst möglich sein und auch
die Leistungsfähigkeit des Apparates erhöht werden soll. Die drehbar gelagerte
Spinndüse steht mit
dem über ihr angeordneten Behälter für die Zelluloselösung mittels eines in
Stopfbüchse geführten, biegsamen Rohres in Verbindung; sie enthält ein Filter und
kann durch eine Schnurscheibe, an der sie exzentrisch zum Mittelpunkt derselben
angeordnet ist, in umlaufende Bewegung versetzt werden. Unterhalb der Düse ist ein
mit der Gerinnungsflüssigkeit gefüllter Behälter, der Drehtopf, angeordnet, in den
der von der Spinndüse kommende Faden eintritt. Der Behälter erhält ebenfalls
drehende Bewegung. Dadurch, daß der Durchmesser der Düsenkreisbahn nur etwa halb so
groß ist als der Durchmesser des Drehtopfes, und erstere infolge entsprechender,
exzentrischer Anordnung des Drehtopfes immer nur den Raum vom Rand bis zur Mitte des
Drehtopfes bestreicht, wird der Faden kreisförmig und gleichzeitig spiralenförmig
fortschreitend abgelegt. Durch dieses Verfahren sollen die oben erwähnten Vorteile –
Schonung des Fadens und Erhöhung der Produktion – erreicht werden.
Unter Verfolgung eines ganz anderen Grundgedankens ist ein von Rudolf Linkmeyer in Brüssel angegebenes Spinnverfahren
entstanden, welches ebenfalls infolge besonderer Schonung des Fadens und großer
Fadengeschwindigkeit sehr wirtschaftlich arbeiten soll. Das Wesen dieser Erfindung
besteht darin, daß die Fäden nach dem Austritt aus der Spinndüse bei ihrer abwärts
gerichteten Weiterbewegung durch Fließen der Gerinnungsflüssigkeit in der gleichen
Richtung unterstützt werden. Hierdurch wird die Reibung, die die Fäden in der
Gerinnungsflüssigkeit finden, wesentlich vermindert. Der vom Erfinder konstruierte
Apparat besteht aus einem langen, schmalen Kasten, dessen breite Vorder- und
Rückseite zweckmäßig aus Glas bestehen, und der oben durch einen Deckel luftdicht
abgeschlossen ist. Das untere offene Ende des Kastens taucht in einen mit der
Fällflüssigkeit gefüllten Untersatz ein. Im Innern des Kastens sind, je nach Größe
des Apparates, eine Anzahl senkrecht stehender, weiter, an beiden Enden offener
Glasröhren angeordnet, die mit ihrem unteren Ende ebenfalls in den Untersatz
reichen. In das obere Ende der Glasröhren ragen die luftdicht durch den Deckel des
Kastens geführten Spinndüsen hinein. An den Deckel des Kastens ist ferner das
Saugrohr einer Vakuumpumpe angeschlossen, um den Kasten durch Absaugen der Luft mit
der im Untersatz befindlichen Flüssigkeit füllen zu können. Die dann den Kasten bis
dicht an den Deckel anfüllende Flüssigkeitssäule wird durch den Luftdruck getragen.
Die aus den Spinndüsen austretenden Faden werden durch die Glasröhre abwärts
gezogen, nach dem Austreten aus dem Füllungsbad in bekannter Weise über Walzen
geleitet und dann aufgewickelt. Durch die ständige Bewegung der Fäden in der
gleichen Richtung wird die in der Glasröhre befindliche Flüssigkeit ebenfalls in
eine von oben nach unten gehende Bewegung versetzt, die ihrerseits die Bewegung der
Fäden unterstützt. Die Abwärtsbewegung der Flüssigkeit findet in dem Kasten
außerhalb der Glasröhre statt, sie kann somit auf die Fäden nicht einwirken und den
Abzug derselben, etwa durch Gegenströmung, nicht stören.
Eine andere Vorrichtung, welche dieselbe Idee benutzt aber weiter ausbaut und
verbessert, stammt von der Akt.-Ges. J. P. Bemberg, in
Barmen-Rittershausen. Da nämlich in der Praxis der zur Erzielung möglichst großer
Fadengeschwindigkeit erforderliche kräftige Flüssigkeitsstrom wiederum häufige
Fadenbrüche verursacht, ist die Einrichtung von der genannten Firma in der Weise
getroffen worden, daß der aus der Spinndüse tretende Faden, welcher noch nicht
genügende Festigkeit besitzt, zunächst von einer nur langsam fließenden
Flüssigkeitsschicht umgeben ist und daß der Faden erst dann in einen schneller
fließenden Flüssigkeitsstrom gelangt, wenn er durch die weitere Erstarrung genügend
fest geworden ist. Es ist deshalb, um Wirbelungen in der Nähe der Spinndüse,
die durch den Richtungswechsel der in Umlauf befindlichen Flüssigkeit erzeugt werden
könnte, zu vermeiden, in der Glasröhre des Apparates, etwas unterhalb der Spinndüse,
ein mit seinem oberen Ende allseits gegen die Röhrenwand abgedichtetes, kurzes
Trichterstück vorgesehen, dessen unteres Ende frei in einen zweiten, bis in den
Untersatz reichenden Trichter hineinragt. Die frische Fällflüssigkeit tritt durch
einen am oberen Rande des Gaszylinders befindlichen Hohlring in Höhe der Spinndüse
in den Zylinder ein und begleitet die abwärtssinkenden Fäden auf ihrem Wege durch
die beiden Trichter bis in den Untersatz. Von hier wird die gebrauchte
Fällflüssigkeit durch Pumpe und zwischengeschalteten Druckregler wieder zum
Glaszylinder zurückgeführt, in den sie nunmehr aber am Boden eintritt. Sie steigt
dann in dem Zylinder bis zu dem abgedichteten Trichterring empor, unterhalb dessen
sie über den Rand des zweiten, freien Trichters überfällt. Der in der beschriebenen
Weise umlaufende Teil der Fällflüssigkeit erhält durch den Druckregler eine solche
Geschwindigkeit, daß dadurch der Zug der noch zu beschreibenden Fördervorrichtung
für den aus dem Untersatz austretenden Faden wirksam unterstützt wird. Die
Fördervorrichtung ist gleichfalls sinnreich und zweckmäßig ausgestaltet. Wegen der
Anwendung des vorher erwähnten kräftigen Flüssigkeitsstromes zwecks Unterstützung
der Fadenbewegung ist auch eine entsprechend schnelle Umdrehung der Förderwalze
erforderlich. Die in Flüssigkeit laufende Walze würde aber bei glatter
Oberflächenbeschaffenheit infolge ihrer schnellen Bewegung eine gewisse
Flüssigkeitsschicht mit sich reißen, die auf die zarten, über die Walze laufenden
Fäserchen zerstörend einwirken könnte. Dieser Uebelstand wird dadurch vermieden, daß
die Förderwalze an ihrem Umfange zahnradartig ausgebildet und so Mitführen von
Flüssigkeit auf den abgerundeten Spitzen der Zähne, wo die Fäserchen aufliegen,
unmöglich ist, weil die etwa mitgeführte Flüssigkeit in die Zahnlücken abfließt. Um
die von der gerippten Förderwalze in ihrem Trog erzeugten Flüssigkeitswellen zu
brechen ist eine im Eingriff mit ihr laufende, entsprechend gerippte kleine
Gegentrommel vorgesehen. Um ferner zu vermeiden, daß der Faden an den Rippen der
Förderwalze bei zeitweiliger, ungleichmäßiger Zuführung beschädigt werden könnte,
ist vor und hinter der Walze, tangential zu ihr, zur Führung des Fadens je eine
Gleitfläche angeordnet, die gleichzeitig noch einen anderen Zweck erfüllen sollen.
Bei der durch die vorliegende Erfindung erzielten schnellen Fortbewegung des Fadens
würde nämlich das Hindurchführen durch das zweite Flüssigkeitsbad die erforderliche
Nachbehandlung nicht in genügendem Maße bewirken können. Eine entsprechende längere
Flüssigkeitsschicht würde aber die Reibung, die der Faden in der Flüssigkeit
erleidet, erhöhen und dadurch gerade den Hauptvorteil der vorliegenden Erfindung –
Verringerung des Reibungswiderstandes in der Fällflüssigkeit – aufheben. Zur
Beseitigung dieser Schwierigkeit dienen die Gleitflächen, indem die den Faden
behandelnde wirksame Flüssigkeitsschicht durch Auftropfenlassen der betreffenden
Flüssigkeit auf die Fäden während ihres Laufes über die Gleitbahnen vergrößert wird.
Dabei wird gleichzeitig eine energischere und schnellere Einwirkung der Flüssigkeit
auf den Faden erzielt, weil stets frische Lösung unmittelbar auf den Faden gelangt,
während die verbrauchte über die Gleitbahn abläuft.
Da die aus der Spinndüse austretenden, empfindlichen Fasern zunächst nur mit ruhig
fließender, frischer Gerinnungsflüssigkeit in Berührung kommen, und die stärkere
Strömung der umlaufenden, gebrauchten Flüssigkeit erst auf den Faden einwirkt,
nachdem derselbe auf dem Wege bis zu dem zweiten Trichter genügende Festigkeit
erlangt hat, wird der Faden sehr geschont und Beschädigung durch starke
Flüssigkeitsreibung vermieden. Gleichzeitig wird durch die beschriebene Vorrichtung
Beschleunigung des Spinnprozesses erreicht. Wenn, was auf den ersten Blick noch
fraglich erscheint, die Berührung des Fadens mit der geriffelten Oberfläche der
Förderwalze keinen nachteiligen Einfluß auf die Gleichmäßigkeit desselben ausübt, so
dürfte das Verfahren in der Tat eine wesentliche Verbesserung darstellen.
Außer dem anfangs geschilderten Drehspinnverfahren, bei dem die in Umdrehung
versetzte Spinndüse dem Faden Drehung gibt, und dem Spulenspinnverfahren, auf das
sich die an zweiter und dritter Stelle hier beschriebenen Verbesserungen beziehen,
hat sich noch ein Verfahren eingeführt, das sogenannte
Zentrifugenspinnverfahren.
Während bei dem Spulenspinnverfahren der aus dem Fällbad tretende, aus einzelnen,
noch parallelliegenden Fäserchen bestehende Faden auf eine rotierende Spule
aufgewunden und durch einen besonderen, nachfolgenden Arbeitsvorgang gedreht werden
muß, wird bei dem Zentrifugenspinnverfahren der frisch gesponnene Faden lotrecht
abwärts in einen schnell rotierenden zentrifugenartigen Spinntopf geführt, an dessen
Innenwandung sich der Faden unter Aufnahme einer entsprechenden Drehung anlegt. Es
entsteht so unmittelbar beim Spinnvorgang eine Flachspule gezwirnter Rohseide. Trotz
des Vorteils, der in dem gleichzeitigen Spinnen und Zwirnen liegt, hat sich dieses
Verfahren in der Praxis dem Spulenspinnverfahren unterlegen gezeigt, weil bei
letzterem eine ungleich größere Spinngeschwindigkeit erzielt werden kann. Denn die
Umlaufsgeschwindigkeit der Spinnspule ist praktisch nur von der Festigkeit und
Dehnung des aufzuwindenden Fadens abhängig, während bei dem Zentrifugensystem von
den Umdrehungen des Spinntopfes, die ja auch über gewisse Grenzen hinaus nicht
gesteigert werden können, ein großer Teil für die Zwirnung verbraucht wird und daher
für den Abzug des Fadens nicht in Frage kommt. Außerdem ist aber in Fällen, wo die
Kunstseide besonders starke Drehung erhalten soll, doch noch eine besondere
Nachzwirnung erforderlich, sodaß dann der Vorteil der Vereinigung von Spinn- und
Zwirnvorgang belanglos wird.
Eine Verbesserung des Spulenspinnverfahrens, die einen weiteren, erheblichen Vorteil
für dasselbe bedeutet, ist von den Donnersmarkschen
Kunstseide- und Acetatwerken in Sydowsane, die bekanntlich Viscoseseide
herstellen, ausgearbeitet worden. Bisher wurden nämlich die aufgewundenen Fäden
zunächst auf den Spulen von den vom Spinnen her noch anhaftenden Säuren oder Salzen
ausgewaschen, darauf umgespult und nach dem Trocknen gezwirnt, der gezwirnte Faden
alsdann durch Haspelmaschinen in Strangform gebracht. Für viele Verwendungszwecke
bedarf die Rohseide dann auch noch weiterer chemischer Behandlungen. Diese
vielfachen Bearbeitungen, die noch dazu umfangreiche und kostspielige Vorrichtungen
und viele Arbeitskräfte erfordern, stellen an die Festigkeitseigenschaften des
Fadens naturgemäß hohe Ansprüche; auch werden durch die bei jeder Einzelarbeit
entstehenden Materialverluste die Gestehungskosten ungünstig beeinflußt. Alle diese
Nachteile sollen durch eine neue, einfache Anordnung vermieden werden. Es wurde
nämlich gefunden, daß sich ein großer technischer Vorteil ergibt, wenn man die
gesponnene, ungewaschene Viscoseseide unter Zwirnung in Strangform und zugleich
richtige Stranglänge bringt und dann erst die Reinigungs- und Vollendungsarbeiten
(Waschen, Bleichen, Säuern, Trocknen usw.) mit dem noch auf dem Haspel befindlichen
Material vornimmt. Das Verfahren arbeitet in der Weise, daß Spulen von relativ
kleinem Durchmesser gesponnen und daß diese Spulen über Kopf abgezogen und dabei in
rasche Drehung versetzt werden. Hierdurch wird dem abgezogenen Faden die nötige
Drehung erteilt. Er wird dann unmittelbar unter Führung durch die bekannten, hin-
und hergehenden Fadenführer auf Haspel aufgewickelt, die mit Zählwerken bekannter
Art und Vorrichtungen zum selbsttätigen Abstellen bei Fadenbruch versehen sind. Auf
den Haspelkronen wird dann die Seide den erforderlichen Nachbehandlungen unterzogen,
erstere müssen daher aus wasser- und säurebeständigem Material hergestellt sein. Die
Seide wird, weil nur einmaliges statt des sonst erforderlichen dreimaligen Umspulen
erfolgt, vom Augenblick ihres Entstehens an mit denkbar größter Schonung behandelt.
Durch das Verfahren werden somit zahlreiche Arbeitskräfte und maschinelle Anlagen
erspart, auch die Güte des Fadens wird günstig beeinflußt, weil die Seide nur einmal
durch die Hand der Arbeiterin geht und die Zahl der Knüpfstellen verringert
wird.
Eine andere recht zweckmäßige Neuerung, angegeben von der Rheinischen Kunstseide-A.-G. in Köln, betrifft die Haspelkronen, auf denen
bei den gewöhnlichen Verfahren die Kunstseidefäden aufgewunden werden. Die für das
Haspeln der echten Seide benutzten Kronen, die gewöhnlich aus durch Querstäbe
verbundenen Armen bestehen, können für den vorliegenden Zweck, bei dem es ermöglicht
werden soll, die nassen Fäden auf den Haspelkronen zu trocknen, aus verschiedenen
Gründen nicht verwendet werden. Einmal würde die in den Fäden enthaltene
Feuchtigkeit zum großen Teil in den Faden selbst eintrocknen und ihn dadurch hart
und nichtgriffig machen, dann auch würden die Fäden an den Stellen, wo sie auf den
Armen aufliegen, Einschnürungen erhalten, dadurch ungleichmäßig und mürbe werden und
an Glanz verlieren. Beseitigt sollen diese Nachteile dadurch werden, daß die Krone
mit entsprechend breiten kreisrunden Metallbandagen, besonders aus Aluminium, belegt
werden. Der Faden erleidet dann keinerlei Knickung, bleibt, weil er sich während des
Trocknungsprozesses gleichmäßig anspannen kann, in sich gleichmäßig und zeichnet
sich nach dem Trocknen durch besondere Weichheit und hohen Glanz aus. Durch
Vergleiche wurde festgestellt, daß beispielsweise 100 m Fäden von genau gleicher
Stärke und unter sonst gleichen Verhältnissen getrocknet auf Stabkronen getrocknet
1,07 g, auf Bandagenkronen getrocknet 0,95 g wogen. Diese Zahlen beweisen, daß im
letzteren Falle die Trocknung intensiver gewesen ist. [Leipz. Monatsschrift f.
Textilindustrie.]
Hg.
Ueber die Fabrikation elektrischer Glühfäden.
Die Fabrikation der elektrischen Glühlampe nimmt in der modernen Industrie einen
hervorragenden Platz ein und an ihrer Vervollkommnung wild rastlos gearbeitet. Die
Bedeutung dieses Industriezweiges erkennt man an der Tatsache, daß heute schon in
Deutschland mehrere Fabriken bestehen, die täglich gegen 50000 Lampen
herstellen.
Schon in den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts war man bemüht, Metalldrähte,
die durch den elektrischen Strom zum Glühen gebracht wurden, zu Beleuchtungszwecken
zu verwenden. Diese Versuche hatten jedoch keinen Erfolg, da die Schmelzpunkte der
Metalle zu niedrig lagen, um die bei dieser Erwärmung auftretenden Temperaturen
auszuhalten. Auch das Platin, mit dem der amerikanische
Physiker Edison Versuche anstellte, erwies sich trotz
seines ziemlich hohen Schmelzpunktes (1700°) als ungeeignet; auch steht sein hoher
Preis einer praktischen Verwendung entgegen.
Ein bedeutender Fortschritt war daher die Einführung der Kohlefäden, die sich durch hohen spezifischen Widerstand (über 100 Ohm),
größere Haltbarkeit und Unschmelzbarkeit vor dem Platin auszeichnen. Allerdings
waren langwierige Versuche nötig, bis man einen Kohlefaden herstellen konnte, der
den heutigen hohen Ansprüchen genügt. Mit Retortenkohle, mit der die ersten Versuche
gemacht wurden, war es nicht möglich, gleichmäßige Fäden zu erzeugen. Edison zeigte nun einen neuen gangbaren Weg, indem er
Bambusfasern unter Luftabschluß durch Erhitzen auf hohe Temperaturen karbonisierte.
Zahlreiche andere Fasermaterialien, auch Seide, Stroh und Haare wurden in der Folge
nutzbar zu machen gesucht, indem man sie ebenso behandelte. Am bekanntesten von
diesen Verfahren ist das von Swan, der aus Baumwolle
durch Behandeln mit konzentrierter Schwefelsäure einen Pergamentfaden von großer
Festigkeit herstellte. Heute hat man diese Methoden fast überall verlassen und
arbeitet fast ausschließlich nach einem Verfahren, das auf den gleichen Prinzipien
beruht wie die Herstellung der künstlichen Seide. Man löst Baumwolle oder Kollodiumwolle in geeigneten
Lösungsmitteln und preßt die Lösungen durch feine Oeffnungen in solche
Flüssigkeiten, in denen die Baumwolle oder die Kollodiumwolle sofort zu einem Faden
erstarrt. Dieser Faden hat den gleichen Querschnitt wie die Preßöffnung und ist
daher ganz gleichmäßig. Die Fäden müssen gut ausgewaschen und, wenn man von
Kollodium ausging, durch Behandeln mit Schwefelammonium denitriert werden. Hierauf
erhalten sie die gewünschte Form und werden bei 1700° karbonisiert. Um die Luft
hierbei auszuschließen, werden die Formen in Kästen aus feuerfestem Ton in Graphit
oder Kohlenstaub eingebettet und durch ein Oelgasgebläse langsam bis zu obiger
Temperatur erhitzt. Nach dem Erkalten bringt man die karbonisierten Fäden zweckmäßig
mittels des elektrischen Stromes in einer Benzinatmosphäre noch einmal auf möglichst
hohe Temperatur (2000°), wobei die letzten flüchtigen Bestandteile entfernt werden
und die Fäden einen gleichmäßigen Ueberzug von graphitischer Kohle erhalten. Dieser
Ueberzug verhindert das vorzeitige Schwarzwerden der Lampen und erhöht also ihre
Lebensdauer.
Bald wurde der nun fast einwandfreien Kohlefadenlampe empfindlich Konkurrenz gemacht.
Infolge ihres großen Stromverbrauches war es ihr trotz vieler Vorzüge nicht möglich,
neben dem billigeren Gasglühlicht hochzukommen. Man suchte daher stromsparende
Lampen zu konstruieren und griff wieder auf die Metalle als Glühkörper zurück. Die
Metalle, die durch ihren hohen Schmelzpunkt (2000–3000°) hierzu am geeignetsten
sind, sind nun aber sehr spröde, so daß es nicht gelingt, nach der üblichen Art
dünne Fäden aus ihnen zu erzeugen. Nur bei dem Tantal
(Schmelzpunkt 2400°) konnten bisher direkt aus dem reinen Metall Fäden gezogen
werden. Wegen seines noch höheren Schmelzpunktes (ungefähr 2800°) beansprucht das
Wolfram noch größeres Interesse. Dieses Metall
konnte bisher noch nicht einwandfrei zum Schmelzen gebracht werden, wohl aber gelang
dies bei dem Titan und Zirkonium mit Hilfe des elektrischen Stromes. Diese Versuche ergaben
zugleich, daß die Schmelzpunkte dieser beiden Metalle zu niedrig liegen, als daß sie
zu Glühfäden geeignet wären. Dennoch gelang es, auf andere Weise brauchbare Wolfram-Fäden zu erzeugen, indem man z.B. Kohlefäden
den Dämpfen sublimierbarer Wolfram-Verbindungen
aussetzt, die auf der Kohle einen Beschlag bilden. Wenn man diese Fäden dann in
einer Wasserstoffatmosphäre erhitzte, wurde der Kohlenstoff entfernt und die Wolfram-Verbindung zu Metall reduziert; es blieb so ein
feiner, hohler Wolfram-Faden übrig. Diese Methode ist
heute durch eine einfachere ersetzt. Man geht dabei von reinem Wolfram-Pulver aus, das man durch Reduktion des
Oxydes mittels Zinkstaub erhält, und stellt aus diesem durch Verkneten mit einem
Bindemittel, wie Tragant oder Caramel, eine Paste her, aus der dann die Fäden
gepreßt werden. Das Pressen der Fäden geschieht mit einem Druck von 20–30 at durch
Diamantdüsen, deren engste einen Durchmesser von 0,05 mm hat. Die Fäden werden nach
dem Trocknen im Wasserstoffgas auf 1000–1100° erhitzt wodurch das Bindemittel
herausgebrannt wird. Hierbei nimmt der Fadendurchmesser durch Sinterung um etwa 30
v. H. ab. Schließlich werden die Fäden durch Hindurchleiten des elektrischen Stromes
bis zur Weißglut in einem indifferenten Gase formiert.
Eine neuere und noch einfachere Methode geht von einer kolloidalen Wolfram-Lösung aus. Nach einer von Dr. Kužel ausgearbeiteten Methode kann man aus amorphem Wolfram durch abwechselndes Behandeln mit sauren und
alkalischen Reagentien kolloidale Wolfram-Lösungen
erhalten, die bis zu 400 g Metall im Liter in so feiner Verteilung enthalten, daß
die Metallteilchen weder mit dem Auge noch mit dem gewöhnlichen Mikroskop
wahrgenommen werden können. Durch Fällung des Metalles aus einer solchen Lösung
mittels Salmiak erhält man eine Paste, aus der ohne
jedes Bindemittel Fäden gepreßt werden können. Nach diesem Verfahren werden in
Deutschland die Sirius-Lampen hergestellt, bei allen
anderen Lampen werden zur Herstellung des Metallfadens Bindemittel verwendet. Andere
Metalle, wie Osmium und Zirkonium, konnten sich dem Wolfram gegenüber
nicht lange halten. Auch die Versuche, die Kohlefadenlampe zu metallisieren und so
ihren Wattverbrauch herabzusetzen, blieben ohne Erfolg. (Baumhauer.) [Zeitschr. f. angew. Chem. 1910, S. 2065–68.]
Dr. S.
Ueber das Imprägnieren des Holzes durch Salzsole in
Rußland.
Die Konservierung des Holzes mit Salzen ist schon seit mehr als 25 Jahren in Rußland
eingebürgert und wird auch heute in Gegenden, wo konzentrierte Salzsolen billig
sind, bei Eisenbahnen benutzt; so z.B. an der Küste der Krimhalbinsel und am
Meerbusen von Ssiwasch. In der Nähe dieser Station wurden schon 1895 Einrichtungen
zum Imprägnieren von 300000 Eisenbahnschwellen jährlich erbaut, d.h. für die ganze
Abteilung Krim der südlichen Eisenbahnen Rußlands. Auch auf der Eisenbahnlinie, die
durch die kirgisischen Steppen führt, benutzt man jetzt dieses Verfahren, das in
allen Gebieten mit trockenem und heißem Klima empfohlen werden kann. Die
Ueberlegenheit dieses Verfahrens gegenüber anderen Methoden zeigt für südrussische
Verhältnisse die folgende Tabelle:
Imprägnierungsmittel
Kosten
Haltbarkeitder Schwellen
Chlorzink
25 Kopeken
7½ Jahre
Kreosot
44 „
12 „
Emulgiertes Chlorzink
30 „
– „
Salzsole
5–10 „
6 „
Nicht imprägniert
– „
4 „
Die Anlage besteht aus den Konzentrierungsbassins, in die das Meerwasser
hineingepumpt wird, und aus den Imprägnierungsbassins. In diese werden die Schwellen
in Reihen eingelegt und bleiben drei bis vier Monate darin liegen. Jede Schwelle
soll 70–100 v. H. ihres Gewichtes an Salzlösung aufnehmen. Die Lösung dringt nicht
tief in das Holz ein. Außer den Fichtenschwellen werden in Südrußland auch bis
150000 Eichenschwellen jährlich in Ssiwa imprägniert. Die verwandte Salzsole hat eine Dichte von
10,2–14 Bé. und enthält in einem Liter bis zu 164 g Trockenrückstand. Auch andere
russische Eisenbahnlinien planen jetzt die Errichtung solcher
Imprägnierungsanstalten. (Charitschkoff.) [Chem. Ztg.
1910, S. 1159.]
Dr. S.
Zuschriften an die Redaktion.
(Ohne Verantwortlichkeit der Redaktion.)
In Heft 46 vom 19. November 1910 befindet sich ein Aufsatz des Herrn Richter, worin eine Beschreibung unserer
Kondensationsanlage auf der Brüsseler Weltausstellung gegeben ist. Auf S. 227
befindet sich in Zeile 35 u. ff. folgender Passus:
„Die Kondensation ist demzufolge nach dem D. R. P. 195526 von Paul H. Müller in Hannover ausgeführt“.
Hierzu ersuchen wir folgende Berichtigung aufzunehmen.
Die fragliche Anlage ist keineswegs nach dem D. R. P. 195526 von Müller ausgeführt, sondern nach einer unter H. 49050 I
17 d von dem Patentamt bereits veröffentlichten Patentanmeldung.
Bezüglich der Anlage Neumühl sucht Herr Richter die
Sache so darzustellen, als wenn der längst bekannte Einbau einer Strahlpumpe vor dem
Oberflächenkondensator in die Kühlwasserleitung das Wesen der Sache ausmacht. Die
Unterbringung der Strahlpumpe an dieser Stelle macht keineswegs das Wesen unserer
Konstruktion aus, auf die hier näher einzugehen nicht in unserem Interesse
liegt.
Hochachtungsvoll
Louis Schwarz & Co., A.-G.,
Dortmund.
In meinem Bericht habe ich die von der Firma Louis
Schwarz & Co. in Dortmund auf der
Weltausstellung in Brüssel gezeigte Kondensationsanlage
so genau beschrieben, daß sich jeder selbst ein Urteil bilden kann, ob sie nach dem
D. R. P. 195526, Kl. 17d ausgeführt ist oder nicht. Irgend eine sachliche
Berichtigung meiner Beschreibung enthält die Zuschrift aber nicht. Das Aktenzeichen
H 49050 betrifft eine Anmeldung, auf die selbst heute noch kein Patent erteilt
ist.
Mit Rücksicht auf die Nennung dieser Patentanmeldung habe ich zu meinem Bericht nur
nachzutragen, daß die erwähnte Anlage auf der Zeche Neumühl nicht nach dem Inhalt
dieser Anmeldung ausgeführt ist, wenigstens war sie es nicht zur Zeit meiner
Besichtigung, Mitte Juli 1910. Die Strahlpumpe befand sich nicht im
Oberflächenkondensator, sondern in der Kühlwasserleitung vor ihrem Eintritt in den
Kondensator.
Alles, was über den Inhalt meines Berichtes hinaus bei der Anlage verwirklicht
gewesen sein sollte, erscheint für den Bericht bedeutungslos, so lange hierzu
sachlich nichts vorgebracht wird.
Chemnitz, 18. Januar 1911.
Fritz L. Richter.