Titel: | Ueber Labyrinthdichtungen für Wasser. |
Autor: | Karl Just |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 104 |
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Ueber Labyrinthdichtungen für Wasser.
Von Karl Just.
(Schluß von S. 87 d. Bd.)
Ueber Labyrinthdichtungen für Wasser.
Der Spalt mit einer festen und einer sich drehenden
Wand.
In der Praxis haben die Spalte mit ruhenden Wänden keine große Bedeutung. Wenn sie
hier so ausführlich behandelt wurden, so hat dies darin seinen Grund, daß bei ihnen
mit einfacheren Mitteln und mit größerer Genauigkeit die Verhältnisse untersucht
werden konnten. Der Umstand insbesondere, daß die Spaltweite bei zylinderischen
Spalten, wenn das äußere Gehäuse nicht zweiteilig ist, nie so leicht und genau
gemessen werden kann wie bei den ebenen, führte gerade zu diesen. Will man nun die
bisher gefundenen Ergebnisse auf die Spalte ausdehnen mit einer festen und einer
rotierenden Wand, so ist dazu noch der Einfluß der Rotation zu untersuchen.
Es wurde dazu ein neuer Apparat benutzt. Derselbe ist in Fig. 34 dargestellt. Er besteht aus einem Gehäuse aus
Gußeisen, in dem sich ein Rad bewegt. Das Gehäuse ist gebildet aus einer
zylinderisch ausgedrehten Seitenwand von 200,72 mm Durchmesser, einem vollen Deckel
und einem mit Aussparungen versehenen Boden. In den zylindrischen Teil paßt gut
zentriert ein Rad mit vollem Boden von 58 mm Radbreite und 200 mm Durchmesser,
dessen Welle sich auf eine Büchse aus Bronze stützt, und die daher am Ende als
Stützzapfenlager ausgebildet ist. Durch eine Bronzebüchse im Deckel wird die Welle
andererseits durchgeführt. Die Dichtung und Schmierung geschah hier mittels
konsistentem Fett. Deckel, Seitenwand und Boden wurden durch sechs Schrauben
zusammengespannt. Zwischen Deckel, Rad und zylindrischer Seitenwand war so ein Raum gebildet,
in den das Wasser durch zwei Löcher im Deckel eingeführt wurde. Dasselbe wurde der
Wasserleitung entnommen und floß durch ein gegabeltes Rohr von 1 ¼'' lichter Weite
an zwei Stellen durch den Deckel in die Vorkammer. Von hier aus mußte es durch den
Ringspalt fließen. Da der Boden nur sechs Rippen von 15 mm Stärke besaß, konnte dies
ungehindert geschehen. Der Versuchsapparat war so aufgestellt, daß die Drehwelle
senkrecht stand. Das Wasser floß daher nach unten und wurde in dem Meßtank direkt
aufgefangen. Der Antrieb des Rades geschah mittels halbgeschränkten Riemens durch
einen Elektromotor. Fig. 34a zeigt die
Anordnung.
Textabbildung Bd. 326, S. 105
Fig. 34.Versuchsapparat.
Die Druckmessung wurde ähnlich wie bei dem ersten Apparat gemacht. An drei in einer
Horizontalebene liegenden und unter 120° versetzten Stellen wurden Löcher von 1½ mm
Durchmesser gebohrt, deren Kanten gut abgerundet waren. Außen wurden diese Löcher
aufgebohrt, so daß Röhrchen von 2 mm l. W., 4 mm Außendurchmesser und 50 mm Länge
eingelötet werden konnten. Um auch hier den mittleren Druck sofort zu erhalten,
wurden die drei Röhrchen eines Horizontalschnitts zusammengeführt.
Zu diesem Zwecke waren auf die eingelöteten Röhrchen Rundmessingstücke aufgesetzt,
die rechtwinklig durchbohrt waren und zwischen diese dann Verbindungsröhrchen
gesteckt. Alle Verbindungsstellen waren verlötet. Das eine Ende des gemeinsamen
Röhrchens war geschlossen, vom anderen wurde der Druck abgeleitet. Gemessen wurde er
mit Quecksilbermanometern, und alle Drücke wurden in Metern Wassersäule ausgedrückt
und auf die untere Kante des Rades reduziert. Das Wasser strömte aus dem Apparat
direkt in den Meßtank, und es wurde wie früher die während einer mit der
Stoppuhr bestimmten Zeit durchfließende Wassermenge an der Steighöhe des Tanks
gemessen. Die sekundl. Wassermenge dividiert durch den Spaltquerschnitt ergibt die
mittlere Geschwindigkeit. Die Spaltbreite ergab sich zu 0,36 mm, nur im letzten Teil
war die zylindrische Wand etwas weiter ausgedreht und hier war der Spalt 0,44
mm.
Der Antrieb des Rades geschah mittels eines Gleichstrommotors, und zwar wurde bei
zweierlei Touren gemessen. Das rotierende Rad machte dabei 1100 und 750 Umdrehungen
i. d, Minute, was einer Umfangsgeschwindigkeit von 11,5 m, bezw. 7,85 m entspricht.
Außerdem wurden bei stillstehendem Rade Drucke gemessen. Mittels des
Einlaufschiebers wurden auch hier verschiedene Drucke in der Vorkammer, also
verschiedene Geschwindigkeiten, eingestellt. In acht Horizontalquerschnitten wurde
dann gemessen. Zunächst wurde der glatte Spalt, dann einer mit drei einseitigen
Nuten von 6 × 6 mm, und dann ein solcher mit drei Nuten von 6 × 6 mm in beiden
Wänden untersucht.
Der glatte Spalt.
Vor den Versuchen wurde dafür gesorgt, daß sowohl die Vorkammer als auch die Röhrchen
vollkommen mit Wasser gefüllt waren. Dann wurden bei verschiedenen
Wassergeschwindigkeiten die Verhältnisse untersucht, und zwar jedesmal bei
Stillstand des Rades, bei n = 1100 und n = 750 i. d. Min.
Um sofort vergleichbare Ergebnisse zu erhalten, wurden die zusammengehörigen Versuche
bei dem gleichen Druck in der Vorkammer gemacht. Jede Versuchsreihe umfaßte die
Verhältnisse bei sieben Drücken in der Einlaufkammer.
Textabbildung Bd. 326, S. 105
Fig. 34a.Anordnung des zweiten Versuchsapparates.
Zuerst wurden die Drücke für n = 0 gemessen. Sie sind in
Fig. 35 niedergelegt. Als Abszisse ist die Länge
des Spalts aufgetragen, als Ordinaten die Druckhöhe in Metern Wassersäule. Außerdem
sind auch die zugehörigen Geschwindigkeiten w als
Abszissen eingetragen. Als Ordinaten sind einer späteren Betrachtung wegen die
Schnitte der Druckkurven mit der Geraden a gewählt. Man
sieht sofort, daß der Verlauf der Druckkurve im mittleren Teile linear ist, am Ende
und wo der Spalt weiter wird, abbiegt und flacher wird. Der erste Teil der
Druckkurve liegt tiefer, als er dem mittleren Teil nach zu schließen liegen sollte.
Es hat sich nämlich bei der Auswertung der Versuche gezeigt, daß, wenn man die Gerade nach dem
Spaltanfang zu verlängert, man am Eintritt in den Spalt einen geringeren Druckabfall
erhält, als der Geschwindigkeit im Spalt entspricht.
Textabbildung Bd. 326, S. 106
Fig. 35.
Textabbildung Bd. 326, S. 106
Fig. 36.
Entweder mußte in der Vorkammer an der Meßstelle, die 10 mm
vor dem Spaltanfang lag, schon eine gewisse Geschwindigkeit vorhanden sein, so daß
nicht mehr die ganze Geschwindigkeitshöhe aufgebracht werden mußte, oder aber die
Druckkurve verläuft am Anfang anders, Zuerst wurde in der Vorkammer am Deckel
angebohrt, aber auch da war der Druck der gleiche wie an der Meßstelle 10 mm vor dem
Spalt. Alsdann wurde untersucht, ob im ersten Teil des Spalts der Druckabfall ein
anderer ist als im mittleren. Da zeigte es sich dann, daß der Druck kleiner
war, und zwar strebte die Druckkurve so nach dem Spaltanfang, daß sie dort etwa um
die Geschwindigkeitshöhe tiefer ist als an der Meßstelle der Vorkammer. Aus diesem
Grunde wurde bei den Versuchsreihen bei der Auswertung der Druck, der um die
Geschwindigkeitshöhe kleiner als der Vorkammerdruck ist, als der im Anfang des
Spalts vorhandene betrachtet. Bei dem rotierenden Rade waren die Verhältnisse
ähnlich, nur zeigte es sich, daß hier der Druckabfall im ersten Teil des Spalts noch
geringer als beim ruhenden war.
In Fig. 36 und 37
sind die Ergebnisse des glatten Spalts bei rotierendem Rad aufgezeichnet. Bemerkt
muß hier werden, daß, sobald man das Rad sich drehen ließ, der Druck in der
Vorkammer infolge des sich bildenden Rotationsparaboloids stieg. Durch den Schieber
wurde dann der Druck herabgedrosselt, bis wieder derselbe wie der beim ruhenden Rad
vorhandene hergestellt war.
Textabbildung Bd. 326, S. 106
Fig. 37.
Es soll auch hier wieder die Gefälleaufteilung betrachtet werden. Wie früher ist
H_n=\frac{w^2}{2\,g}\,(1+\Psi)+h_{\zeta} . . . .
6)
Wie wir gesehen haben, wird Ψ hier etwa gleich Null. Die
Kontraktion macht sich hier nur durch Wirbelung geltend, was zur Folge hat, daß die
Wandreibung nicht so zur Wirkung kommt wie im mittleren Teil des Spalts. Genaueres
konnte hierüber nicht festgestellt werden.
Zur Bestimmung von hρ
wurde der Druckverlauf im mittleren Teil des Spalts benutzt zwischen a und b (Fig. 35–37).
Nach der Logarithmen-Methode wurden die Exponenten k von
w festgestellt (Fig.
38). Es ergibt sich für
n = 0
n = 750
n = 1100
k = 1,89
k = 1,31
k = 1,28
und ξ wird
= 0,0154
= 0,0538
= 0,0666
wo ξ aus der Gleichung entnommen
ist
h_p=\zeta\,.\,\frac{2\,l}{s}\,.\,\frac{w^k}{2\,g}
Setzt man aber h'ρ
= ξ' • 2 l/s • w2/2 g, so ergibt sich
als Mittelwert bei w = 5,6 und 7 m/Sek. und
n = 0
n = 750
n = 1100
ξ' = 0,0116Dieser Wert ist kleiner als er nach den
früheren Untersuchungen (Fig.
13) sein sollte. Dies zeigt, wie groß der Einfluß der
Wandbeschaffenheit ist. Je rauher die Wand abgedreht ist, desto
größer die Reibung.
ξ' = 0,0150
ξ' = 0,0201.
Aus diesem Werte für ξ und ξ ist zu erkennen, wie der Reibungskoeffizient durch
die Rotation vergrößert wird, wenn man sie auf die achsiale Durchflußgeschwindigkeit
bezieht. Es liegt nun nahe, der Reibung nicht diese Geschwindigkeit zugrunde zu
legen, sondern diejenige, mit der das Wasser tatsächlich durch den Spalt fließt.
Bedenkt man, daß das Wasser, das infolge des Vorkammerdrucks achsial in den Spalt
gedrückt wird, von dem rotierenden Rad mitgenommen wird, so ist die Geschwindigkeit
des Wassers gleich der Resultierenden aus der halben Umfangsgeschwindigkeit und der
Achsialgeschwindigkeit. Man kann noch Pfarr annehmen,
daß das Wasser zwischen einer bewegten Wand und einer ruhenden von der letzteren mit
derselben Kraft zurückgehalten, mit der es von der rotierenden mitgenommen
wird.Versuche, die der
Verfasser beim Vulkan in Stettin zur Bestimmung des Rotationsparaboloids bei
einer Zentrifugalpumpe machte, zeigten, daß die Rotationsgeschwindigkeit des
Wassers = 0,45 bis 0,47 von der des Pumpenrades war. Dabei war das Gehäuse
aus Gußeisen und roh, das Pumpenrad aus Bronze und gedreht. Bei
den Versuchen mit sich drehendem Rade floß das Wasser auch nicht senkrecht nach
unten aus dem Apparat, sondern schräg, ein Zeichen, daß die Stromlinien
Schraubenlinien sind.
Textabbildung Bd. 326, S. 107
Fig. 38.Bestimmung von k, glatter Schnitt.
Für diese tatsächliche Geschwindigkeit ergibt sich ξ als
Mittel aus den Werten für 5, 6 und 7 m achsial
für
n = 750
n = 1100
i. d. Min.
ξ'' = 0,0106
ξ'' = 0,0104
„
Diese Werte stimmen unter sich sehr gut und auch mit den für den Spalt mit ruhenden
Wänden einigermaßen überein.
Aus diesen Betrachtungen kann man schließen: Die Reibung, die das Wasser beim
Durchfließen durch einen Spalt zwischen einer festen Wand und einer rotierenden
erleidet, ist abhängig von der tatsächlichen Durchflußgeschwindigkeit. Daraus folgt,
daß bei demselben Druck vor dem Spalt der Spaltverlust mit wachsender Tourenzahl
abnimmt.
In Fig. 39 ist die achsiale Geschwindigkeit
aufgezeichnet, die zu den betreffenden Drücken in der Vorkammer gehört. Für den
Spaltverlust ist natürlich nur diese Geschwindigkeitskomponente maßgebend. Hierbei
ist jedoch zu beachten, daß der durch die Rotation verminderte Wasserdurchfluß nicht
auch Energiegewinn ist. Denn das für die Ueberwindung der Tangentialreibung
erforderliche Arbeitsvermögen muß vom Elektromotor geliefert werden.
Der Spalt mit Nuten.
Es wurden nun in das Rad drei Nuten von 6 × 6 mm eingedreht und hierauf die gleichen
Versuchsreihen gemacht wie mit dem glatten Spalt. Die Anordnung der Nuten ist
in Fig. 40 angegeben. Nachdem hiermit eine
Versuchsreihe gemacht war, wurden diesen drei Nuten gegenüber im zylindrischen
Gehäuse drei gleiche eingedreht. Es zeigte sich hierbei, daß Unterschiede sowohl in
den Drücken wie in den Wassermengen nicht zu erkennen waren. Mit den früheren
Ergebnissen scheint dies im Widerspruch zu stehen. Allein die Nuten waren hier im
Vergleich zur Spaltweite verhältnismäßig viel tiefer als dort. Hier war also die
eine Nute schon tief genug. Die nachfolgenden Rusultate gelten daher sowohl für den
Spalt mit einseitigen Nuten, als auch mit Nuten in beiden Wänden.
Textabbildung Bd. 326, S. 107
Fig. 39.
Textabbildung Bd. 326, S. 107
Fig. 40.
Da auf den Stegen zwischen den Nuten nur eine Bohrung angebracht werden konnte, so
mußte auch hier wie
früher bei den schmalen Stegen der Druckverlauf so angenommen werden, wie er sich
aus dem Diagramm für glatte Spalten ergibt. Bei den früheren Versuchen wurde dies ja
durch drei Meßpunkte an dem breiten Steg bestimmt, und dort zeigte sich
Uebereinstimmung.
Textabbildung Bd. 326, S. 108
Fig. 41.
In Fig. 40 und 41 ist
der Druckverlauf dargestellt. Bei Fig. 40 (n = 0) erkennt man, daß die erste Nut wieder am meisten
drosselt, die andern weniger. Die Stege sind also auch hier zu schmal. Man sieht
weiter, daß auch hier durch die Nuten Gefälle gedrosselt wird, was sich durch die
kleineren Wassergeschwindigkeiten auch bemerkbar macht (Fig. 42).
Textabbildung Bd. 326, S. 108
Fig. 42.
Nach Fig. 41, wo n =
1100 ist, wird durch die Nuten wohl noch Gefälle gedrosselt, allein die Reibung, die
auf die Nutenlänge verloren geht, ist nicht viel geringer als der durch Wirbelung
hervorgerufene Druckabfall.
Gegenüber dem Spalt mit ruhenden Wänden ist die Wirkung der Nuten geringer. Es
hängt dies damit zusammen, daß für die Reibung hier nun eine größere Geschwindigkeit
in Betracht kommt, nämlich die der Schraubenlinie entsprechende, während für die
Wirbelung wie früher nur die achsiale wirkt. Die Nuten sollten etwas kürzer sein,
aber so wie sie sind, drosseln sie doch mehr als der glatte Spalt. Es zeigt sich
dies auch an der Achsialgeschwindigkeit, mit der das Wasser durchströmt. In Fig. 42 sind diese Geschwindigkeiten für n = 750 und 1100 i. d. Minute zusammengestellt.
Textabbildung Bd. 326, S. 108
Fig. 43.
Textabbildung Bd. 326, S. 108
Fig. 44.
Da die Druckabfälle in den drei Nuten sehr ungleich sind, wurde von einer
eingehenderen Untersuchung der Wirbelverluste Abstand genommen.
Aus Fig. 43 und 44
ist zu ersehen, wie sich bei konstantem n die
Geschwindigkeit im Spalt mit und ohne Nuten verhält.
Auch hieraus ist der günstige Einfluß der Nuten gegen Spaltverlust erkennbar.
Ursprünglich war beabsichtigt, noch einen zweiten Spalt mit diesem Apparat zu
untersuchen, und zu diesem Zweck war eine zweite zylindrische Wand mit einem
Innendurchmesser von 202 mm angefertigt worden. Die zur Verfügung stehende
Wassermenge war aber nicht genügend, um in der Vorkammer noch einen wesentlichen
Druck, also größere Geschwindigkeiten, zu erzielen. Aus diesem Grunde konnte hier
nur der eine Spalt untersucht werden.
Die Ergebnisse der Versuche können nun folgendermaßen zusammengefaßt werden:
Die Rotation hat bei dem untersuchten Spalt einen Einfluß auf den Spaltverlust.
Sie verringert ihn, da sie die Reibung gegenüber dem Spalt mit ruhenden Wänden
vergrößert. In der Spaltwand angebrachte Nuten drosseln.
Sie bringen aber nur dann Gewinn, wenn der durch sie hervorgerufene Druckverlust
größer ist als die Reibungshöhe, die auf die Länge der Nut trifft. Werden mehrere
Nuten hintereinander angeordnet, so dürfen die Stege nicht zu kurz sein.