Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 109 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Fahrwiderstand und Kraftbedarf von Motorwagen.
Um den Fahrwiderstand und Kraftbedarf von Motorwagen festzustellen, unternahm Mr. M. Wimperis eingehende Versuche, wobei er
besonders konstruierte Instrumente benutzte, und die Versuchswagen sich nicht durch
eigene Kraft fortbewegten. Wir geben die Ergebnisse dieser interessanten Versuche in
Tab. 1–3 wieder:
Tabelle 1. Leerlaufwiderstand von
Motorwagen auf verschiedenen Straßen bei mäßigem Winde.
Beschaffenheit der Straße
Leerlaufwider-stand des
Wagens(entkuppelt)in kg f. d. t
Ungef. Ge-schwindigkeitin km/Std.
Art des Wagens
Bereifung
Geteerter Makadam, hart
29,4
16
Lastwagen,Gesamtgewicht belad. 4,3 t
Hinten Stahlreifen,vorn Vollgummi
Geteerter Makadam, weich, aufgerissen
63,4
16
do.
do.
Granitflächen, glatt
22,6
16
do.
do.
Harte, trockene Chaussee
32,0
24
Schwere Tourenwagen,Gesamtgewicht 2,25 t
Vollgummi
Halb gewalzte Steinschotterung
67,9
24
do.
do.
Reines Holzpflaster mit Straßenbahnschienen
31,7
16
Lastwagen,Gesamtgewicht 4,35 t
Geteerter Makadam, hart und trocken
31,7
16
do.
do
Geteerter Makadam, sehr schmutzig
43,0
16
do.
do.
Steinschotterung, teilweise gewalzt
54,3
16
do.
do.
Steinschotterung, gar nicht gewalzt
90,7
16
do.
do.
Tabelle 2. Leerlaufwiderstand bei
verschiedenen Fahrgeschwindigkeiten.
Lastwagen im Gesamtgewicht von 3,28 t mit zusammenklappbarem
Verdeck und Vollgummireifen. Tourenzahl des Motors bei 24 km/Std. = 1000
Umdr. i. d. Min. Versuche bei Windstille auf guten, harten Chausseen.
Geschwindigkeitdes Wagensin km/Std.
Leerlaufwiderstand in kg f. d. t
Zündungabgestellt
Entkuppelt
Leerlaufgangeingeschaltet
4
24,8
18,1
15,8
8
25,7
19,0
18,1
12
27,7
20,3
18,6
16
30,0
22,6
20,3
20
33,9
24,8
22,6
24
38,8
30,0
24,8
28
47,5
36,2
27,7
32
–
43,0
29,9
36
–
49,3
31,7
40
–
–
36,2
Tabelle 3. Leerlaufwiderstand bei
verschiedenen Fahrgeschwindigkeiten.
Schwere Tourenwagen im Gesamtgewicht von 2,25 t mit
Vollgummireifen, festem Verdeck und Glasscheibe. Tourenzahl des Motors bei 32 km/Std = 970 Umdr.
i. d. Min. Versuche bei mäßigem Gegenwind auf guter, harter Straße.
Geschwindigkeitdes Wagensin km/Std.
Leerlaufwiderstand in kg f. d. t
Zündungabgestellt
Entkuppelt
Leerlaufgangeingeschaltet
8,0
27,7
22,1
20,3
12,8
–
–
22,6
16,0
32,0
24,4
27,7
24,0
39,8
33,9
27,7
28,8
–
–
31,7
32,0
46,2
40,8
36,2
35,2
54,3
–
–
38,4
–
49,8
–
40,0
–
–
41,7
44,8
–
–
45,3
[Engineering 1910, II, S. 408–409.]
Renold.
Die Anwendung künstlicher Kälte in Hüttenwerken.
Auf Grund einer langen Reihe von Betriebsbeobachtungen an Hochöfen in Pittsburg wies
der amerikanische Hütteningenieur Gaylay nach, daß sich
im Betriebe der Hochöfen ein erheblicher wirtschaftlicher Vorteil (Ersparnis an
Koks, Mehrleistung des Ofens) erzielen lasse, wenn die eingeblasene Luft durch
vorherige starke Abkühlung von fast aller Feuchtigkeit befreit worden war. Diese
Vorteile sind bei uns einerseits direkt bezweifelt worden, andererseits wurde durch
Rechnung nachgewiesen, daß bei unserem weniger schwankenden Feuchtigkeitswechsel der Gewinn kaum ein
sehr erheblicher sein dürfte. Trotzdem hat die Erfindung inzwischen in England
(Cardiff) Anwendung gefunden, und auch in Deutschland soll das Verfahren jetzt
praktisch erprobt werden. Die Firma Thyßen & Co. baut für die Gewerkschaft „Deutscher Kaiser“
in Bruckhausen am Niederrhein eine Windtrocknungsanlage zunächst für einen Hochofen
von 500 t Erzeugung. Zwei Hauptmethoden kommen für die Trocknung sehr großer
Luftmengen in Betracht, die Entziehung von Luftfeuchtigkeit auf chemischem Wege
(Absorption) oder die Abkühlung der Luft auf mechanischem Wege, wobei sich fast alle
darin enthaltene Feuchtigkeit in Gestalt von Tau oder Reif niederschlägt. Letzteres
Verfahren hat bisher allein größere Anwendung gefunden. Welche gewaltige Anlage
notwendig ist, um den für einen modernen Hochofen notwendigen Wind zu trocknen, d.h.
die 1500 cbm Luft i. d. Min. durch Abkühlung von + 25 auf – 5° herunterzubringen und
dadurch den Feuchtigkeitsgehalt von 18 g auf 3 g im Kubikmeter herabzusetzen, zeigt
die Angabe, daß durch die Kältemaschinen stündlich 2 Millionen Kalorien zu
bewältigen sind. Denkt man sich diese Leistung tatsächlich in Eisfabrikation
umgesetzt, so entspräche sie der Herstellung von 16600 kg Eis stündlich oder von 4½
kg Eis i. d. Sek. Die Lufttrocknungsanlage auf dem Thyßenschen Werk, die in allen Einzelheiten von der Gesellschaft für Lindes Eismaschinen in Wiesbaden angegeben ist,
zeichnet sich durch relativ geringen Kraftverbrauch gegenüber manchen anderen
Ausführungen aus (345 PS gegenüber 450 und 505 PS für eine Million Stundenkalorien),
sowie durch eine ebenso einfache wie rationelle Methode, die schneebedeckten
Oberflächen des Luftkühlers abzutauen. Es wird dabei die volle Kälte des
abschmelzenden Schnees wiederverwertet, ohne daß irgend ein Teil der Anlage
stillzusetzen wäre oder sich die abgekühlte Luft vorübergehend erwärmen würde. Die
Anlagen in Amerika beschreibt SimmersbachStahl und Eisen 1909, S. 283.; die
von ihm mitgeteilten Abbildungen der Kühlanlage geben einen Begriff von der
Großartigkeit einer solchen Einrichtung. Cook hat bei
der Anlage in Cardiff durch die Verwendung getrockneten Windes 26,4 v. H.
Mehrproduktion an Roheisen und 13,4 v. H. Koksersparnis erzielt; er kann diese
außerordentlich günstigen Ergebnisse nur durch eine intensivere Arbeitsleistung im
Gestell erklären. Osann berechnet die Kosten der
Windtrocknung zu rund 4 Mark für die Tonne Eisen. (Banfield.) [Chemiker-Zeitung 1910, S. 1120] und (Neumann.) [Zeitschr. für angew. Chemie 1910, S. 1746 bis 1747.]
Dr. S.
Neuerungen in der KunstseideindustrieD. p. J. 1911, S. 92..
Zu dem chemischen Teil der Kunstseide-Erzeugung sind folgende Neuerungen
hervorzuheben; Ein Uebelstand des Kupferoxydammoniak – Verfahrens ist, daß diese
Lösung die Neigung zeigt, bei freiem Austritt aus einer Oeffnung Tropfen zu bilden.
Man ist daher genötigt, sie unter Druck aus den Kapillaren austreten zu lassen,
wobei außerdem noch niedrige Temperaturen innegehalten werden müssen. Nun hat sich
gezeigt, daß die Zelluloselösung bei Zusatz schleimiger oder gelatinöser Substanzen
die Neigung zur Tropfenbildung verliert, sie wird zähflüssig und läßt sich etwa wie
flüssiger Honig ausziehen. Am besten eignen sich für den genannten Zweck
rizinusölsaures Natrium, Glyzerin oder Gelatine. Es ist zwar bereits ein
amerikanisches Patent, bekannt, das einen Zusatz von Seidenleim, wie er beim
Entbasten der Rohseide erhalten wird, vorsieht. Dieser Erfindungsgedanke verfolgt
jedoch einen anderen Zweck; durch den Zusatz des Seidenleims soll der
Kunstseidefaden, der in üblicher Weise aus Kapillaren austretend mittels Säure
koaguliert wird, eine gewisse Aehnlichkeit mit Naturseide sowie Unempfindlichkeit
gegen Wasser erhalten. Im Gegensatz hierzu brauchen bei der vorliegenden Erfindung
die Zusätze nicht in den Zellulosefäden verbleiben, da sie ja nur bezwecken, die
Lösung zähflüssiger zu machen und dadurch die Bildung des Fadens zu erleichtern und
zu vereinfachen.
Eine weitere Neuerung betrifft die Anwendung von schwefligsauren Salzen als
Gerinnungsmittel für Kupferoxydammoniakfäden. Die bisher bei diesem Verfahren
üblichen Fällmittel, Säuren und Laugen, erweisen sich nachteilig, weil sie wegen
ihrer ätzenden Eigenschaften das Hantieren in den Lösungen erschweren. Dazu kommt,
daß diese Mittel dicke Fäden, wie sie bei der Erzeugung von künstlichem Roßhaar in
Frage kommen, nie sofort ganz durchkoagulieren und daß daher in solchen Fällen noch
eine Nachbehandlung der Fäden erforderlich ist. Es wurde nun gefunden, daß die
schwefligsauren Salze als Fällmittel diese Nachteile nicht zeigen. Die Bisulfite als
schwachsaure Salze wirken wie eine schwache Säure ohne dabei den Nachteil der häufig
angewendeten Schwefelsäure zu haben, welche (vermutlich durch Bildung von
Hydrozellulose) einen Faden ergibt, der zu spröde und deshalb für manche Zwecke
nicht brauchbar ist. Die Anwendung der Bisulfite bewirkt sofortiges Durchkoagulieren
und gestattet bequemes Arbeiten. Als Säuren haben sie gegenüber den Laugen außerdem
noch den Vorteil, daß alles Ammoniak des Fadens durch sie neutralisiert wird und
Belästigung des Arbeiters durch verdunstendes Ammoniak daher nicht möglich ist. Um
dem mit Bisulfit gefällten Faden noch höhere Festigkeit zu verleihen, wird derselbe
zweckmäßig einer Nachbehandlung mit konzentrierter, etwa 70° C warmer Lauge
unterzogen. Die Verwendung von Bisulfat als Fällmittel ist bereits bekannt, diesem
gegenüber bietet Bisulfat insofern einen Vorteil, als letzteres wegen seiner
reduzierenden Eigenschaften gleichzeitig bleichende Wirkung auf den Faden ausübt, so
daß das fertige Produkt erheblich weißer ausfällt, als bei Verwendung von Bisulfat.
Auch erfolgt beim Bisulfit die Fällung so schnell und kräftig, daß die bei Sulfat
noch erforderliche Nachkoagulierung in einem zweiten Fällbade entfällt, der Faden
vielmehr sofort gewaschen werden kann, was eine nicht unwesentliche Vereinfachung
des Arbeitsprozesses bedeutet. [Leipz. Monatschrift für Textilindustrie Nr. 7, 1910,
S. 189.]
Hg.
Die Kohlenwäsche auf der Schachtanlage der Kgl. Berginspektion
3 in Bner i. W.
Während man neuerdings bei größeren Wäschen die Kohle vor dem Waschprozeß überhaupt
nicht klassiert, sondern die ganze Waschkohle von 0–80 mm Korngröße auf einer
einzigen Setzmaschine wäscht, ist die auf der Schachtanlage Bergmannsglück der Kgl.
Berginspektion 3 in Bner i. W. erbaute Kohlenwäsche so eingerichtet worden, daß
zunächst die Trennung der Feinkohle von 0 bis 10 mm und der Grobkohle von 10–80 mm
(Nüsse) vorgenommen, und dann der Waschvorgang auf Fein- und Grobkornsetzmaschinen
durchgeführt wird. Die Leistung der Wäsche ist auf 125 t Rohkohlen von 0 bis 80 mm
i. d. Stunde bemessen, wobei stündlich bis zu 80 t Kokskohle von 0–10 mm zu waschen
und auf 13 v. H. Feuchtigkeit zu entwässern sind. Die Kokskohle darf am Austrag der
Feinkornsetzmaschine höchstens 4 v. H. und unter Zusatz der Schlämme höchstens 6 v.
H. Asche enthalten. Die Fein- und Grobberge sollen mindestens 65 v. H. Aschengehalt
haben. Die Trennung der mit einem Aufgabebecherwerk gehobenen Kohle in die
Korngrößen von 0–10 und von 10–80 mm erfolgt auf doppelt angeordneten Schwingsieben,
auf denen Elektromagnete angeordnet sind, um alle von der Kohle mitgeführten
Eisenteile, wie Haken, Ketten usw., auszuhalten. Die Magnetanlage besteht aus der
von einer Transmissionswelle angetriebenen, mit Volt- und Ampèremeter ausgerüsteten
Gleichstromdynamo von 2 KW Leistung bei 100 Volt Spannung, sowie den 100 mm oberhalb
der Siebfläche angeordneten Magneten, die zur Entfernung der Eisenteile mittels
einer einfachen Drehvorrichtung gedreht werden können.
Die Feinkohle von 0–10 mm Korngröße wird vor dem Waschen zwecks Verringerung der
Schlammbildung und zur leichteren Entwässerung der gewaschenen Kohle und
Wasserklärung einer Entstaubung unterworfen, durch die der Staub von 0–½ mm
Korngröße mit Hilfe eines Luftstromes entfernt wird. Die in den
Staubabsaugeapparaten niedergeschlagene Kohle wird teils in den Mischtrichter des
Rohkohlenturms befördert, teils für die Verwertung im Kesselhause aufgespeichert.
Die auf den Feinkornsetzmaschinen ausgewaschenen Feinkohlen fließen durch Rinnen in
die Feinkohlenbaggersümpfe, während die Nußkohlen von der Grobkornsetzmaschine zur
Entwässerung und Klassierung in einer Rinne auf ein Doppelsieb geleitet, vor der
Verladung mit reinem Wasser kräftig abgebraust und über zwei aufziehbare
Verladeklappen, unter denen zwei Waggonwagen angeordnet sind, verladen werden.
Sämtliche Setzmaschinen, deren Setzbetten 1800 × 3600 mm groß sind, haben einen
Schieferaustrag in der Mitte für den Abzug des reinen Schiefers und einen zweiten am
Ende des Setzbettes für den durchwachsenen Schiefer.
Aus den Feinkohlenbaggersümpfen wird die gewaschene Feinkohle mittels eines der Firma
Méguin & Co. A.-G.
in Dillingen (Saar) patentierten Entwässerungsbecherwerkes mit Gelenkbechern von
1200 mm Breite zur Verteilung in die einzelnen Taschen des Kohlenturmes gehoben. Der
aus drei an Bolzen befestigten Gelenken bestehende Becherboden wird durch im
Becherwerkgerüst eingebaute Rollen beweglich gemacht, über die beim Aufsteigen des
Bechers die an einem der Gelenke angenieteten Drucknocken gleiten, wodurch der
Becherinhalt gepreßt und die Entwässerung beschleunigt wird. Der Nutzinhalt jeder
der 10 durch Zwischenwände aus Eisenbeton voneinander getrennten Abteilungen des
Kohlenturmes beträgt rd. 200 t. Das aus den Baggersümpfen übertretende Wasser fließt
in einen aus acht Abteilungen bestehenden, vollständig aus Eisenbeton hergestellten
Spitzkastenklärsumpf, wird in der letzten Abteilung durch eine Zentrifugalpumpe
entnommen und den Verbrauchsstellen zugedrückt. Der Antrieb der Aufgabeapparate, der
Kästen nebst Zubehör, der Vorrichtungen des Kohlenturmes und der Zentrifugalpumpe
erfolgt durch vier getrennt aufgestellte Elektromotoren von je 80 PS.
Alle Bühnen des ganz aus Eisenkonstruktion mit Fachwandausmauerung hergestellten
Gebäudes bestehen aus Stampfbeton, alle Behälter aus armiertem Beton, die mit
Oberlicht versehene Dacheindeckung aus Monierbeton. Die ganze Anlage beansprucht bei
Aufgabe von 125 t Waschkohle i. d. Stunde den verhältnismäßig sehr geringen
Kraftbedarf von rd. 200 PS, während im allgemeinen eine Anlage von dieser Leistung
etwa 300 PS erfordert. (M. Hirsch.) [Glückauf 1910, Nr.
44, S. 1722.]
J.
Die Wasserkraft-Elektrizitätswerke Siziliens.
Die Wasserverhältnisse in Sizilien sind für die Erzeugung von Wasserkraft nicht
ungünstig, obgleich es an Gletschern und Wäldern hier fehlt, denn die großen
Ablagerungen von miozänem Kalk, welche sich z. B. in
der Provinz Syrakus vorfinden, saugen das Niederschlagswasser ähnlich wie ein
Schwamm auf und geben es in der Form zahlreicher kleiner Quellen in gleichförmigem
Strome ab. Daher kommt es, daß die geringste Abflußmenge in der Provinz Syrakus 4–5
l i. d. Sek. auf 1 qkm des Niederschlagsgebietes beträgt, also nicht kleiner ist als
diejenige der Alpen, obgleich die mittlere jährliche Niederschlagsmenge in den Alpen
1500–2000 mm beträgt, in Sizilien aber nur 600–700 mm, und obgleich die regenlose
Zeit in den Alpen nur 2–3 Monate, in Sizilien aber alljährlich 7 Monate anhält.
Gegenwärtig befinden sich zwei größere Wasserkraft-Elektrizitätswerke auf Sizilien in
Betrieb, die den Anfang eines die ganze Insel umspannenden Netzes bilden. Am
Cassibile, dessen geringste Wassermenge 800 l i. d. Sek. beträgt und der im Mittel
während acht Monaten des Jahres 1100 l. i. d. Sek. abführt, wird ein Gefälle von 275
m ausgenutzt. Außerdem ist ein Ausgleichbecken von 1 i 000 cbm nutzbarem Inhalt
vorhanden, welches gestattet, die bei Niedrigwasser 2300 PS und bei mittlerem
Wasserstande 3200 PS betragende Leistung vorübergehend auf 7000 PS zu erhöhen. Das
Wasser des Flusses wird durch ein 21,25 m langes Stauwehr in einen 8277 m langen,
für eine Wassermenge von 1500 l i.d. Sek. bemessenen Oberwassergraben abgeleitet,
von welchem 4690 m als Tunnel ausgeführt sind und an dessen Ende der
Ausgleichbehälter liegt. Von dem Wasserschloß, welches hieran durch einen 315,7 m
langen Graben angeschlossen ist, führen zwei 612 m lange Druckleitungen zu den vier
Freistrahlturbinen von je 2000 PS und zwei Tangentialturbinen von je 175 PS
Leistung, welche von Escher, Wyß & Co. in Zürich
gebaut sind. Der mit 5250 Volt Spannung erzeugte Drehstrom wird in acht
Transformatoren für je 1480 KW Leistung auf 40000 Volt erhöht, die nähere Umgebung
erhält Strom von 2550 Volt Spannung.
Das zweite Werk, welches ebenso wie das vorstehend beschriebene von der Societa Elettrica della Sicilia Orientale betrieben
wird, liegt am Alcantaro und liefert mit einer Wassermenge von 3000–5000 l i. d.
Sek. bei 108 m Nutzgefälle 3000–5000 PS. Die Leistung der Anlage kann aber durch
Ableitung weiterer Quellen in den Oberwasserkanal noch um 30 v. H. gesteigert
werden. Vorläufig sind in dem aus Eisenbeton gebauten Krafthaus, welches durch einen
4297 m langen Oberwasserkanal und eine 684 m lange Druckleitung gespeist wird, drei
Francis-Turbinen von je 2500 PS bei 500 Umdr. i.d.
Min. aufgestellt.
Die Fernleitung dieser Werke ist bereits an der ganzen Ostküste von Sizilien verlegt.
Man hat die Absicht, sie auf 880 km Länge auszubauen. [Zeitschr. d. Vereins
deutscher Ingenieure 1910, S. 2035.]
H.
Staurohr zum Messen von Gasgeschwindigkeiten.
Das von Dr. Brabbée bei seinen Versuchen in der
Prüfungsanstalt für Heizungs- und Lüftungseinrichtungen benutzte Staurohr, welches
die Fabrik techn. Meß-Instrumente und Apparatebau G. A.
Schultze, Berlin-Charlottenburg, gegenwärtig in den Handel bringt, besteht,
wie Fig. 1 zeigt, aus einem kurzen zylindrischen
Meßrohr a, dessen Mündung genau entgegen der Richtung
des zu untersuchenden Gasstromes eingestellt wird. Dieses Rohr ist von einem Mantel
umgeben, welcher im vorderen Teil mit einem Kegel b in
das Rohr übergeht und bei c mehrere Oeffnungen
aufweist, durch die sich der statische Druck des Gases in das Innere der mit dem Mantel verbundenen
Kammer fortpflanzt. Von diesem Rohr führen zwei getrennte Röhrchen, welche in der
Stromrichtung hintereinander liegen und einen gemeinsamen, durch eine besondere
Stahleinlage e verstärkten Schaft S bilden, nach außen, wo sie mit Schlauchtüllen I und H versehen sind.
Werden die beiden Rohre an einen Druckunterschiedmesser angeschlossen, so zeigt
dieser unmittelbar den Strömungsdruck p an, aus welchem
man, wenn das spezifische Gewicht γ des Gases bekannt
ist, die Gasgeschwindigkeit nach der Formel
v=\sqrt{\frac{2\,g}{\gamma}\,p}
Textabbildung Bd. 326, S. 112
Fig. 1.
bestimmen kann. Nach den mit diesem Staurohr angestellten
Versuchen beträgt der größte Fehler dieses überaus einfachen Meßgerätes unter den
verschiedensten Versuchsbedingungen nicht mehr als 2 v. H. Besonders vorteilhaft
ist, daß bei der Bestimmung des Strömungsdruckes im Gegensatz zu anderen Geräten
kein Multiplikationsfaktor angewendet zu werden braucht.
H.
Die Talsperren im Königreich Böhmen.
Von den bis jetzt im Königreich Böhmen ausgeführten Talsperren entfällt der größere
Teil vorläufig auf diejenigen, welche von den Gemeinden, Genossenschaften oder
Privatunternehmungen selbst unternommen worden sind, während von dem Lande selbst
bis jetzt erst vier Talsperren gebaut sind. Zu den Kosten dieser Bauten hat der
Staat 60 v. H. beigetragen, während die Talsperren der ersten Gruppe fast ganz auf
Rechnung der zunächst Beteiligten ausgeführt werden mußten. Nachstehende Tabelle
gibt eine Uebersicht über die vier vom Lande gebauten Talsperren.
Name des Flußtales
Elbe
Elbe
Chru-dimka
Doubrava
Ort
Königreid-Walde
Kasse-bauden
Hammer
Parizov
Einzugsgebiet in qkm
517,5
58
56
209
Fassungsraum in cbm
9090280
3385025
2300000
1700000
Länge der Sperrmauer in m
224
150
200
–
Kronenbreite der Sperrmauer in m
7,2
5
5
4,5
Sohlenbreite der Sperrmauer in m
37,8
36,04
Erddamm
25,85
Höhe über Flußsohle der Sperrmauer in m
41,4
34,4
12,2
24
Gesamtbaukosten in M
4100000
2770000
638000
1275000
Außerdem sind die Pläne für neun weitere Talsperren ausgearbeitet, von denen die
größeren an der Aupa bei Nieder-Klein-Aupa mit 3023000 cbm Fassungsraum und 43 m
hoher Sperrmauer, an der Aupa bei Slatina mit 8700000 cbm Fassungsraum und 27 m
hoher Sperrmauer und an der Sazawa bei Sechau mit 10000000 bei 12000000 cbm
Fassungsraum ausgeführt werden sollen. Von den privaten Talsperren sind bis jetzt
acht zur Ausführung gelangt. Die größeren hiervon sind Bauten der Wassergenossenschaft in Reichenberg. Von diesen wären
zu nennen die Friedrichswalder Sperre an der schwarzen Neiße mit 4,1 qkm
Einzugsgebiet, 2000000 cbm Fassungsraum, 28 m hoher, 340 m langer und an der Sohle
20 m langer Staumauer, die in den Jahren 1902–1906 gebaut ist und etwa 1530000 M
gekostet hat, sowie die Grünwalder Sperre an der Gablonzer und Reinowitzer Neiße mit
26,6 qkm Einzugsgebiet, 2700000 cbm Fassungsraum und 420 m langer, 20 m hoher und
oben 4,5 m breiter Staumauer, die in den Jahren 1906–1908 gebaut ist und 875000 M
gekostet hat. Bei den meisten Talsperren sind die Mauern mit bogenförmigem Grundriß
aus Bruchsteinmauerwerk hergestellt. Dammbrüche oder andere Mauerbeschädigungen sind
bis jetzt nicht vorgekommen. [Oesterr. Wochenschrift f. öffentl. Baudienst 1910, S.
661–663.]
H.