Titel: | Das Eisenbahnwesen auf der Weltausstellung in Brüssel 1910. |
Autor: | A. Bucher |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 132 |
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Das Eisenbahnwesen auf der Weltausstellung in
Brüssel 1910.
Von Ingenieur A. Bucher,
Tegel bei Berlin.
Lokomotiven.
(Fortsetzung von S. 118 d. Bd.)
Das Eisenbahnwesen auf der Weltausstellung in Brüssel
1910.
3. 2 B 1-Vierzylinder-Verbund-Schnellzuglokomotive Litra P der Dänischen
Staatsbahn, Betriebs-Nr. 924, gebaut von der Berliner
Maschinenbau-A.-G. vormals L. Schwartzkopff in Berlin-Wildau, Fabrik-Nr.
4387. 1910.
Der Verkehr auf den Eisenbahnen hat im Laufe des letzten Jahrzehntes auch in
Dänemark derartig zugenommen, daß die bisher vorhandenen 2 B-Lokomotiven die meisten
Personen- und Schnellzüge nur noch mit Vorspann befördern konnten. Auch das Schienenmaterial
erwies sich auf einzelnen Strecken infolge der stetig zunehmenden Belastung nicht
mehr als ausreichend. Die Verwaltung der Dänischen Staatsbahnen hat daher seit
einigen Jahren eine erhebliche Verstärkung des Oberbaues vorgenommen mit Schienen
von 45 kg/lfd. m bei einem Schwellenabstand von 0,8 m. Gleichzeitig wurde eine
bedeutend stärkere Schnellzuglokomotive in Dienst gestellt. Diese nach den Angaben
des derzeitigen Maschinendirektors Busse erbaute
Maschine weicht von den bisher üblichen dänischen Bauarten erheblich ab, einerseits
durch die Anwendung der Verbundwirkung mit vier Dampfzylindern, andererseits durch
den Barrenrahmen an Stelle des Plattenrahmens. Die erste Lieferung dieser neuen
Gattung erfolgte anfangs 1906 von der Hannoverschen
Maschinenbau-A.-G. vormals G. Egestorff in Linden bei Hannover, die zweite
Serie mit vergrößerten Zylindern und einer Reihe von Verbesserungen entspricht der
hier beschriebenen 2B1-Schnellzuglokomotive, Fig. 36
und 37, wie sie in Brüssel von der Baufirma
ausgestellt war. Die Hauptabmessungen sind in Tab. 6, Spalte 5 zusammengestellt,
Spalte 4 zeigt die Abmessungen der ersten Serie, während die ersten drei Spalten die
Hauptdimensionen der älteren dänischen Schnellzuglokomotiven enthalten.
Textabbildung Bd. 326, S. 133
Fig. 36.
Textabbildung Bd. 326, S. 133
Fig. 37.
Kessel. Zur Unterbringung der großen Rostfläche von 3,2
qm ist die Feuerbuchse wie bei Nr. 2 weit über den Rahmen hinausgebaut. Rückwand und
Vorderwand des Stehkessels sind schräg angeordnet, um das Gewicht etwas nach vorne
zu bringen. Der Bodenring ist 100 mm breit, jedoch nur einreihig genietet, die Ecken
haben Lappen nach unten, mit denen die äußeren Kesselbleche gut vernietet werden
können. Das Nieten des Bodenringes geschieht zweckmässig derart, daß man zuerst die
Ecken, dann die Mitte und alsdann abwechselnd von den Ecken und Mitten gegeneinander
nietet. Bodenringecken ohne untere Lappen werden meist selbst bei doppelter
Nietreihe undicht, weil sie mit den durch das Einziehen der anderen Nieten schon
vorher stark gestreckten Kesselblechen zuletzt genietet werden; außerdem können an den Ecken
infolge des inneren kleinen Radius oft nur Nietschrauben benutzt werden, welche das
Blech nicht genügend an den Bodenring anziehen. Der Abstand zwischen innerer und
äußerer Feuerbuchse ist nach oben stark zunehmend, wodurch die Stehbolzen länger und
haltbarer werden, und die Dampfentwickelung gefördert wird. Die Verankerung der
Decke erfolgt durch Deckenanker ohne obere Muttern, die zwei vorderen Reihen,
desgleichen je acht Stehbolzen der vorderen oberen Feuerbuchsecken sind nach Fig. 38 beweglich angeordnetaugeordnet, so daß sich die kupferne Rohrwand während des Rohreinwalzens und beim
Anheizen frei strecken kann. Zu diesem Zwecke ist für jeden Stehbolzen im
Mantelblech eine Buchse eingeschraubt, durch welche das äußere Ende des von innen
eingebrachten Stehbolzens frei hindurchgeht. Letzterer trägt eine Linsenmutter, die
nach jedem Rohrwalzen nachgezogen werden kann. Buchse und Mutter sind durch eine
Kapsel mit Asbestdichtung verschlossen.
Die Kesselrückwand mit zwei Webbschen Feuerlöchern und
Schiebetüren ist durch Längsanker mit dem Rundkessel verbunden. Letzterer besteht
aus zwei Schüssen von 17 mm Blech, der hintere Schuß ist oben um 86 mm konisch
erweitert, so daß der Dampfraum vergrößert und bei einer Rohrteilung von 70 mm ein
Rohrwandsteg von 19 mm erreicht wird. Die Siederohre, 263 Stück, sind aus Flußeisen
nahtlos gezogen und haben vorn 45½–51 mm , hinten bis auf 300 vor der
Feuerbuchsrohrwand beträgt die Wandstärke 3½ mm. Die Quernähte des Langkessels mit
126 mm Ueberlappung sind doppelt genietet, die Längsnähte auf Mitte Kessel haben
breite Außen- und Innenlaschen.
Grobe Armaturen. Der Rost besteht aus schmiedeeisernen
Stäben in zwei gleichen Lagen, der am Bodenring befestigte Aschkasten ist dreiteilig
mit je zwei vorn übereinanderliegenden Klappen, die durch einen einzigen Zug bewegt
werden. Entsprechend den beiden Feuertüren ist die Feuerbrücke als Doppelgewölbe
ausgebildet. Die fast 2 m lange Rauchkammer enthält den einfachen Bornschen Funkenfänger, bestehend aus zwei wagerechten
und zwei geneigten Blechen, an welchen die mitgerissenen Kohlenteilchen durch
Anschlagen zertrümmert, dann aufgewirbelt und verbrannt werden. Der Schornstein hat,
entsprechend der größten Verdampfung des Kessels von W
= 9600 kg/std. nach der Busseschen Formel
D=\sqrt{\frac{W}{0,22}} einen kleinsten Durchmesser von 450
mm erhalten. Da dieser Durchmesser dem Konstrukteur offenbar zu klein erschien, so
hat der eigentliche gußeiserne Schornstein eine Blechbekleidung erhalten, die zum
Rauchkammerdurchmesser gut proportioniert ist.
Feine Armaturen. Die Anordnung der Armaturen an der
Kesselrückwand ist aus Fig. 39 ersichtlich. Die
Sicherheitsventile amerikanischer Bauart von Gebr.
Hardy in Wien sitzen über der Feuerbuchsrohrwand innerhalb der
Führerhaus-Windschneide. Der Armaturstutzen erhält trockenen Dampf durch ein in den
Dom führendes Sammelrohr. Die sonstige Armatur des Kessels besteht aus zwei
Wasserständen, wovon der linke mit rundem Flansch von 40 mm für
Kontrollmanometer-Anschluß, zwei oben seitlich sitzenden Injektoren DB Nr. 10½ von
Friedmann mit Dampfventilen am Armaturstutzen. Die
Manometer für Kessel, Receiver, Bremse und Heizung sitzen bequem und übersichtlich
auf einer oben an der Rückwandbekleidung befestigten gemeinsamen Platte. Der
Luftsauger für die Hardy-Vakuumbremse sitzt rechts an
der Kesselrückwand, das Auspuffrohr geht durch den Kessel hindurch nach der
Rauchkammer und mündet dort in den inneren Schornstein, wie bei englischen
Lokomotiven. Der Kessel und namentlich die Rückwand ist reichlich mit Waschluken
versehen.
Textabbildung Bd. 326, S. 134
Fig. 38.
Textabbildung Bd. 326, S. 134
Fig. 39.
Der Regulator im Dom wird in der üblichen Weise durch
Schieber und Drehstange betätigt, der Reglerhebel sitzt rechts dicht über der
Feuertüre.
Tabelle 6.
Textabbildung Bd. 326, S. 135
Gattung; 2 B mit achs. Tender;
Dienst-Bezeichnung; Litra A; Litra K; Litra C; Litra P; Erbauungsjahr; Laufende
Spalten-Nr.; Dampfdruck; Rostfläche; Feuerbuchsheizfläche Hf, innen;
Rohrheizfläche Hr, innen; Gesamt-Verdampfungsheizfläche; Verhältnis;
Zylinder-Durchmesser; Kolbenhub; Treibrad-Durchmesser; Zylinder-Anordnung;
außen; innen; Steuerungs-Anordnung; Steuerungs-System; Allan; Heusinger;
Heusinger; Leergewicht der Maschine; Dienstgewicht der Maschine;
Reibungsgewicht; Geschwindigkeit; Größte Zugkraft; Tender-Wasservorrat;
Tender-Kohlenvorrat; Tender-Leergewicht; Tender-Dienstgewicht
(Fortsetzung folgt.)