Titel: | Untersuchungen an Lamellensenksperrbremsen. |
Autor: | A. Bergmann |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 194 |
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Untersuchungen an
Lamellensenksperrbremsen.
Von Dipl.-Ing. A. Bergmann.
Untersuchungen an Lamellensenksperrbremsen.
Unter den zahlreichen Einrichtungen, die Geschwindigkeit sinkender Lasten zu
regeln, lassen sich zwei Hauptklassen unterscheiden: elektrische und mechanische
Senkbremsen. Die letztere Klasse zerfällt wieder in zwei Gruppen: gesteuerte und
selbsttätige Bremsen. Die Ausführungen der ersten Gruppe, zu der die gewöhnlichen,
von Hand betätigten Backen- und Bandbremsen gehören, kann man nicht immer verwenden,
da eine Steuerung von Hand an Kranen, bei denen der Führerstand nicht an die Katze
angeschlossen ist, sich nur schwer durchführen läßt.
Die Gruppe der selbsttätigen Bremsen umfaßt die Schleuder- und die Senksperrbremsen.
Bei den Schleuderbremsen benutzt man zum Anziehen der Bremse die Fliehkraft eines
entsprechend ausgebildeten Konstruktionsteiles, der in das Windwerk eingebaut ist
und durch die sinkende Last in Drehung versetzt wird. Daraus ergibt sich zunächst
der Uebelstand, daß die Bremse erst von einer bestimmten Geschwindigkeit ab in
Tätigkeit tritt, und daß zum Festhalten der schwebenden Last stets noch eine
besondere Haltebremse notwendig wird. Sodann richtet sich das Bremsmoment nicht nach
der Größe der angehängten Last, sondern! nach der Senkgeschwindigkeit. Kleine Lasten
können I daher im Gegensatz zu den Erfordernissen der Praxis nicht so schnell
gesenkt werden wie große. Aus diesen Gründen finden die Schleuderbremsen nur als
Schutz gegen das Ueberschreiten gewisser Geschwindigkeitsgrenzen Verwendung.
Textabbildung Bd. 326, S. 193
Fig. 1.
Textabbildung Bd. 326, S. 193
Fig. 2.
Die zweite Art der selbsttätigen mechanischen Senkbremsen verwertet den zuerst von
Weston ausgeführten Gedanken, eine Reibkupplung
durch das Lastmoment zu schließen und die Bewegung der einen Kupplungshälfte im
Sinne des Lastsinkens durch ein einseitig wirkendes Sperrwerk zu verhindern. Durch
diese Sperrung und den Reibungsschluß, den man zur Sicherheit größer macht, als
erforderlich wäre, wird die gehobene Last freischwebend festgehalten. Das Lastsenken
verlangt stets einen äußeren Antrieb. Da es je nach der Konstruktion auf zwei
prinzipiell verschiedene Arten herbeigeführt werden kann, so hat man zu
unterscheiden:
1. Lastdruckbremsen; die Bremse bleibt während des ganzen Senkvorganges so
geschlossen, wie sie es während des Anhebens und Festhaltens der Last war; der
äußere Antrieb dient dazu, den Ueberschuß des die Last festhaltenden
Reibungsmomentes zu überwinden.
2. Lüftsenksperrbremsen; bei ihnen lüftet der äußere Zutrieb die Kupplung und
vermindert dadurch das die Last festhaltende Reibungsmoment, so daß die Last für das
Sinken freigegeben wird.
Die Lastdruckbremsen arbeiten beim Senken mit verhältnismäßig hohen
Reibungswiderständen, die um so bedeutender werden, je größer man den Ueberschuß des
die freischwebende Last festhaltenden Reibungsmomentes gemacht hatte. Man muß sich
also mit einer geringen Sicherheit für das Festhalten der schwebenden Last begnügen
oder den Motor beim Senken stark belasten. Aus diesem Grunde wendet, man
Lastdruckbremsen in der Regel nur für mäßige Lasten und geringe Hubhöhen an. Bei
schweren Kranen bevorzugt man die zweite Art der Weston-Bremse, bei der die Last durch Lüften der Bremse freigegeben wird;
mit ihr soll sich die vorliegende Arbeit befassen.
Die praktischen Fig. 2. Ausführungen der Weston-Bremse zeigen konstruktiv mannigfache
Verschiedenheiten, sind aber in ihrer Wirkungsweise völlig gleich und beruhen
sämtlich auf dem Prinzip der schiefen Ebene. Bei der am meisten verbreiteten
Konstruktion findet sich die schiefe Ebene in Form einer Schraube.
Fig. 1 und 2 zeigen
eine derartige Bremse in einfachster Ausführung. Die Antriebswelle hat ein
steilgängiges Flachgewinde; durch dieses preßt sich unter Einwirkung des Lastzuges
das Lastritzel mit der Scheibe S2 gegen das Sperrad S
und die zweite mit der Welle verkeilte Scheibe S1.
Dadurch wird bei Drehung der Antriebswelle in der Hubrichtung das Lastritzel
mitgenommen und so die Last hochgewunden. Nach dem Aufhören des Antriebes verhindert
die Sperrklinke die rückläufige Bewegung des ganzen Systems, da die drei Scheiben
S, S1 und S2 auch weiterhin durch
den Lastzug zusammengepreßt und so durch die Reibung an den Flächenpaaren I und II gekuppelt werden.
Die Last wird daher freischwebend festgehalten, vorausgesetzt, daß das
Reibungsmoment zwischen den Scheiben größer ist als das Lastmoment.
Um die Last zu senken, ist die Welle in dem der Hubrichtung entgegengesetzten Sinne anzutreiben.
Dabei schiebt sich das Lastritzel zurück, Anpressungsdruck und Reibungsmoment
zwischen den Scheiben werden vermindert und die Last für die Sinkbewegung
freigegeben; die noch verbleibende Reibung wirkt bremsend auf den Lastniedergang.
Die sinkende Last versetzt das Lastritzel in drehende Bewegung. Solange nun die
Winkelgeschwindigkeit des Lastritzels kleiner ist als die der Antriebswelle, wird
das Lastritzel zurückgeschoben, die Bremse öffnet sich, Anpressungsdruck und
Reibungsmoment werden dadurch geringer; wird sie größer, dann rückt das Lastritzel
wieder gegen die Sperrscheibe vor, die Bremse schließt sich, Anpressungsdruck und
Reibungsmoment nehmen zu; sind schließlich die Winkelgeschwindigkeiten einander
gleich, so führt das Lastritzel in seitlicher Richtung keinerlei Bewegung aus,
Anpressungsdruck und Reibungsmoment bleiben konstant. Es sei vorweg genommen, daß
bei richtig durchgebildeten Konstruktionen Bremsdruck und Reibungsmoment beim
Lastsenken durch Oeffnen und Schließen der Bremse im Anfang etwas auf- und
abschwanken und dann allmählich eine konstante mittlere Größe annehmen.
Das Lastritzel wird zuweilen außer durch die sinkende Last auch noch von der äußeren
Antriebskraft (Motor) unmittelbar angetrieben. Dieser Fall kann z.B. vorkommen, wenn
die Last – insbesondere bei schnellem Einleiten des Senkvorganges – durch die
Trägheit der von ihr zu beschleunigenden Teile, wie Lasttrommel und Vorgelege, in
ihrer Bewegung so verzögert wird, daß die Drehgeschwindigkeit des Lastritzels
stark hinter derjenigen der Antriebswelle zurückbleibt. Die Bremse lüftet sich dann
vollständig, das Lastritzel wird gegen den Stellring T
geschoben und so mit der Antriebswelle gekuppelt. Der unmittelbare Antrieb wirkt so
lange, bis das Lastritzel vorzueilen beginnt und dadurch die Kupplung mit der
Antriebswelle wieder aufhebt. Den meist sehr kurzen Weg, den das Lastritzel von der
Drucknullage bis zur Kupplung mit der Antriebswelle zurückzulegen hat, nennt man das
Lüftspiel.
Textabbildung Bd. 326, S. 194
Fig. 3.
Textabbildung Bd. 326, S. 194
Fig. 4.
Die mittlere Senkgeschwindigkeit ist gleich der Motorgeschwindigkeit; beim Abstellen
des Motors schließt sich die Bremse und die Last wird freischwebend
festgehalten.
Textabbildung Bd. 326, S. 194
Die Anordnungen (Fig. 3–6) verwenden statt
einer einzigen mehrere zu einem System vereinigte Sperrscheiben; zwischen den
einzelnen Sperrscheiben sitzen Lamellen, die bei freier Längsverschiebbarkeit mit
dem Lastritzel auf Drehung gekuppelt sind. Auf diese Weise wird das Bremsmoment auf
eine größere Anzahl von Flächen verteilt, und es werden günstigere Flächendrucke bei
geringeren radialen Abmessungen erzielt.
(Fortsetzung folgt.)