Titel: | Bemerkenswertes aus dem maschinen- und elektrotechnischen Gebiet auf der Weltausstellung in Brüssel 1910. |
Autor: | A. Linker |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 217 |
Download: | XML |
Bemerkenswertes aus dem maschinen- und
elektrotechnischen Gebiet auf der Weltausstellung in Brüssel 1910.
Von Dr.-Ing. A. Linker,
Kiel.
(Fortsetzung von S. 202 d. Bd.)
Bemerkenswertes aus dem maschinen- und elektrotechnischen Gebiet
usw.
II. Elektrotechnik.
Unter den rein elektrischen Einrichtungen wurden hauptsächlich Verbesserungen an
Apparaten und Instrumenten, neue Schaltungsmethoden, Prüf- und Meßeinrichtungen,
Schalter und dergl. mehr vorgeführt.
Textabbildung Bd. 326, S. 216
Fig. 9.Porzellan-Isolationsmaterialien der Porzellanfabrik
Hermsdorf.
So bemerkte man in der Abteilung „Elektrizität“ der deutschen Ausstellung die
von der Regina-Bogenlampenfabrik Cöln-Sülz neuerdings
in den Handel gebrachte „Jota“-Metallfadenlampe.
Sie weist gegenüber den bisherigen Lampen, deren Fäden aus einzelnen Metallteilchen
zusammengesintert sind, den besonderen Vorzug der geringeren Bruchgefahr gegen Stöße
auf. Zum Nachweis dieser Eigenschaft wurde eine an einem Gestell freihängende
Lampe durch den Hammer eines mechanischen Klopfwerkes alle 20 Sekunden angeschlagen.
Die größere Festigkeit der hauptsächlich aus Wolfram
bestehenden Fäden wird nach einem patentierten Verfahren dadurch erzielt, daß durch
ein besonderes Formieren und Brennen der Fäden die Wolfram-Moleküle dichter aneinander gelagert werden, wodurch der Faden
eine dichtere und damit elastischere Beschaffenheit erhält. Bei den bisherigen
Metallfadenlampen mit nicht gezogenen Fäden, wozu die Tantallampe nicht mitrechnet,
zeigen sich unter dem Mikroskop kleine Einschnitte, an denen die mechanische
Festigkeit naturgemäß geringer ist und der Faden auch zuerst durchbrennt.
Der Effektverbrauch der „Jota“-Lampen beträgt anfangs etwa 1,04 W/HK, nach
1000 Std. etwa 1,08, nach 1500 Std. etwa 1,15.
Von Bogenlampen dieser Firma waren besonders
bemerkenswert die Regina-Kopierlampe für Chemigraphie,
Reproduktionstechnik, photographische und therapeutische Zwecke und die Conta-Lampe ohne Regelwerk für 220 Volt in
Einzelschaltung.
Die Reginalampe ist als Hauptstromlampe mit
eingeschlossenem Lichtbogen gebaut und brennt mit möglichst hoher Lichtbogenspannung
bei etwa 25–30 mm Lichtbogenlänge zur Erzielung einer großen aktinischen Wirkung.
Sie sendet eine große Menge violetter und ultravioletter, chemisch wirksamer
Strahlen aus, so daß man bei ihrem Licht in ⅕–1 Sek. Aufnahmen in einer
Vollkommenheit ausführen kann, wie man sie sonst nur bei Tageslicht erhält.
Die Lampe verbraucht normal 220 Volt, 4 Amp. Durch Veränderung des
Vorschaltwiderstandes mit Hilfe eines Tritthebels kann die Stromstärke während der
Aufnahme auf 16 Amp. erhöht werden.
Rechnet man die gesamte Zeit einer Aufnahme mit Vorbereitungen zu 10 Min., die Dauer der intensiven
Beleuchtung für die Belichtung insgesamt zu 10 Sek., die Brenndauer einer Kohle für
0,10 M zu 50 Std., so betragen die Gesamtkosten einer Aufnahme bei einem Preise von
50 Pf. für die KW/Std. mit Einschluß der Erneuerung der Glaskuppel (1,30 M in etwa
100 Std.) etwa 8 Pf.
Textabbildung Bd. 326, S. 217
Fig. 10.Wanddurchführung für 110000 Volt von der Porzellanfabrik
Hermsdorf.
Die Conta-Lampe dagegen sendet viel gelbe und rote
Strahlen aus, so daß sie sich namentlich für die Beleuchtung großer Plätze,
Bahnhöfe, Hallen, Straßen usw. eignet. Eine der ausgestellten Lampen besaß bei 220
Volt und 10 Amp. eine Lichtausbeute von 20000 HK, das ergibt den geringen spez.
Leistungsverbrauch von 0,11 W/HK. Die Lampe brannte dabei mit vier hintereinander
geschalteten Lichtbögen.
Von der Porzellanfabrik Hermsdorf, Sachsen-Altenburg,
war außer einer großen Anzahl von Porzellan-Isolationsmaterialien (Fig. 9)
und Hängeisolatoren die Mauerdurchführung einer Hochspannungsleitung für 110000 Volt
Spannung ausgestellt (Fig. 10).
Textabbildung Bd. 326, S. 217
Fig. 11.Hängeisolator der Porzellanfabrik Hermsdorf.
Die durch D. R. G.-M. geschützte Konstruktion der Mauerdurchführung besteht aus vier Porzellantüllen, welche in einem
eisernen quadratischen Rahmen von 1,2 m Seitenlänge befestigt sind. Drei von diesen
Stützisolatoren sind durch Schrauben verschiebbar, wodurch eine leichte Zentrierung
der Leitung ermöglicht wird. Diese Stützen tragen nun einen Ring, in dem der
eigentliche Leitungsdurchführungsisolator sich befindet. Er hat die Form eines
Doppelkegels von 1,13 m Länge und 0,4 m größtem Durchmesser und trägt im Innern ein
1,6 m langes, glattes, den metallischen Leiter umgebendes Porzellanrohr, das mit
isolierender Ausgußmasse in dem Doppelkegel eingekittet ist. Die Prüfspannung dieser
Anordnung betrug 300000 Volt trocken und 220000 Volt bei Regen oder Tau, ohne daß
ein Durchschlag erfolgte.
Der Hängeisolator besteht aus acht tellerförmigen, unten
mit Rillen versehenen Glockenisolatoren. Die Verbindung ist durch Kugelgelenke
bewerkstelligt (Fig. 11).
Zur Prüfung der Isolationsfähigkeit verschiedener Materialien, insbesondere von Delta-Isolatoren aus Porzellan hatte die Firma Ateliers de Constructions électriques, société anonyme,
Charleroi, Belgien, in der belgischen Abteilung eine komplette Hochspannungsprüfanlage errichtet. Der dazu
erforderliche Transformator für 50 KVA-Leistung erhielt Wechselstrom von 250 Volt
Spannung und 50 Perioden/Sek. und lieferte 250000 Volt an den Klemmen der
Hochspannungsseite. Die Schaltungsanordnung der Anlage zeigt Fig. 12.
Textabbildung Bd. 326, S. 217
Fig. 12.
Von der Wechselstrommaschine M für E1 = 250 Volt wird ein
Hilfstransformator T1
mit dem Uebersetzungsverhältnis 1 : 1 gespeist, dessen Sekundärseite II an den Hochspannungstransformator T2 mit einem
Uebersetzungsverhältnis 250 : 250000 Volt angeschlossen ist. Zum Schutz der
Niederspannungsseite gegen Hochspannung ist die Klemme a geerdet. Als optisches Signal des Uebertritts von Hochspannung dient die
mit der Klemme b verbundene Erdleitung. Sie enthält
einen kondensatorähnlich gebauten Apparat, der abwechselnd aus Zinkplatten Z und
Glimmerplatten G zusammengesetzt ist. Die
Glimmerplatten besitzen feine Löcher. Parallel zu C
liegt eine Glühlampe L die bei ordnungsmäßigem Betriebe
mit 250 Volt Spannung brennt.
Tritt dagegen hochgespannter Strom von der Sekundärwicklung II von T2
nach der Primärwicklung I hinüber, so bildet er beim
Uebergang über b durch die Löcher der Glimmerplatte
nach der Erde einen Kurzschluß zur Lampe L, so daß
diese erlischt. Diese Methode der Sicherung eines Stromkreises. gegen Störungen wird
auch z.B. von der Allgemeinen
Elektrizitäts-Gesellschaft, Berlin, neuerdings für Blitzschutzvorrichtungen
gegen atmosphärische Elektrizität verwendet.
(Fortsetzung folgt.)