Titel: | Die Hebemaschinen auf der Weltausstellung in Brüssel 1910. |
Autor: | K. Drews |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 218 |
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Die Hebemaschinen auf der Weltausstellung in
Brüssel 1910.
Von K. Drews, Oberlehrer an der Kgl.
höheren Maschinenbauschule zu Posen.
(Fortsetzung von S. 132 d. Bd.)
Die Hebemaschinen auf der Weltausstellung in Brüssel
1910.
Verlade- und
Transportvorrichtungen von Adolf Bleichert & Co. in Leipzig.
In der Halle für Ingenieurwesen befand sich auch der Stand der Firma Adolf Bleichert & Co.
in Leipzig. Es war dort ausgestellt eine Elektrohängebahn mit selbsttätiger
Streckenblockierung und Weichenstellung im Betrieb, ferner das Modell einer
Verladebrücke und das einer Haldendrahtseilbahn. Das Elektrohängebahnsystem der
Firma Bleichert ist in dieser Zeitschrift wiederholt
besprochen worden;D. p. J. 1904, S.
119; 1906 S. 227; 1910 S. 245 u. 542. außerdem soll im laufenden
Jahrgang diesem System in seiner jetzigen Gestalt ein besonderer Bericht gewidmet
werden. Ich sehe deshalb von einer Besprechung der ausgestellten Hängebahn im Rahmen
dieses Ausstellungsberichtes ab. Ebenso verweise ich die Leser dieser Zeitschrift
bezüglich des Modelles der Verladebrücke auf D. p. J. 1909, S. 55.
Textabbildung Bd. 326, S. 218
Fig. 42.Haldendrahtseilbahn von Adolf Bleichert & Co. D. R. P.
150197.
Das ausgestellte Modell der Haldendrahtseilbahn zeigte die charakteristischen
Eigentümlichkeiten des Bleichertschen Systems, D.R.-P.
150197. Wenngleich Zechen- und Hüttenwerke bemüht sind, ihre Abfälle nutzbringend zu
verwerten, so bleiben doch noch immer große Massen übrig, die irgendwo untergebracht
werden müssen. In jenen Betrieben werden nun die Abfälle auf Halden geschüttet. Ist
nun in bevölkerten Gegenden wie z.B. in Rheinland-Westfalen der Grund und Boden
teuer, so wird eine gute Ausnutzung der Bodenfläche zur Notwendigkeit. Die Halde muß
also so hoch wie möglich aufgeschüttet werden. Muß man schon bei geringer
Schütthöhe auf möglichst geringe Transportkosten hinarbeiten, so gilt dies noch mehr
bei großen Schütthöhen, wo die Transportschwierigkeiten wachsen. Drahtseilbahnen
sind bei verhältnismäßig geringen Schütthöhen und großer Bodenfläche schon immer
verwandt worden; es waren dabei zur Verteilung des Materials über die Halde jedoch
in den meisten Fällen Arbeiter erforderlich. Die Bleichertsche Haldenbrücke gestattet es nun, mit der Schütthöhe sehr hoch,
bis 125 m, zu gehen; außerdem ist ihr Betrieb selbsttätig, Arbeiter sind auf der
Halde nicht erforderlich.
Textabbildung Bd. 326, S. 218
Fig. 43.Schematische Darstellung der Situation nach Ansetzen eines neuen
Gliedes.
Fig. 42 zeigt das Wesen des Bleichertschen Systems. Man sieht dort eine Halde von
recht beträchtlicher Höhe in Form eines Kegels. An der Halde, dem natürlichen
Böschungswinkel des Haldenmaterials folgend, führt ein Fachwerkgerüst in die Höhe,
das die beiden Stränge einer Drahtseilbahn aufnimmt. Dieses Fachwerkgerüst wird
nicht mit einem Male aufgebaut, sondern es besteht aus einzelnen Gliedern von etwa 7
m Länge, die nacheinander dem Wachsen der Halde folgend angebaut werden.
Fig. 44 zeigt die Brücke beim Beginn der
Aufschüttung. Ein festes Eisengerüst bildet den unteren Stützpunkt der Brücke, deren
erstes Glied einen Kragarm bildet. Die Halde wird nun so weit aufgeschüttet, bis der
Untergurt vollständig in dem Material eingebettet ist. Dann wird ein neues Glied
angesetzt und die Aufschüttung beginnt nach einem neuen Kegel, der etwa 5 m höher
ist als der vorhergehende. Fig. 43 läßt dies
erkennen. Der strichpunktierte Kegel wird durch die Angliederung des obersten
Gliedes erreicht. Die Brücke findet ihre Unterstützung an der Halde selbst.
Beim Ansetzen eines Gliedes wird die Umführungsscheibe für das Zugseil nach oben
gerückt. Um die Montage hierbei zu erleichtern, ist die Umführungsscheibe mit dem
zugehörigen Hängebahnschienensegment in einem Rahmen gelagert, der in Rollen hängt;
diese Rollen laufen in Führungen an den Längsträgern. Die Seilbahnwagen laufen auf
der Brücke auf Hängebahnschienen. Mit dem Zugseil sind sie durch den bekannten Bleichertschen Klemmapparat „Automat“ verbunden.
An der Spitze der Brücke werden die Wagen durch Anschläge zum Kippen
gebracht.
Die Rechnung ergibt, daß bei einem Schüttwinkel von 35° und bei einer täglichen
Leistung von 200 cbm eine Halde von 125 m Höhe, 358 m Basisdurchmesser und 4200000
cbm Inhalt 70 Jahre braucht, um aufgeschüttet zu werden. Eine Halde von 50 m Höhe,
143 m Basisdurchmesser und 267700 cbm Inhalt würde 4 Jahre 5 Monate zum Aufschütten
brauchen.
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Fig. 44.Bleichertsche Haldendrahtseilbahn beim Beginn der
Aufschüttung.
Der Anbau eines neuen Brückengliedes kostet etwa 1500–2000 M.
Eine große Anzahl von Photographien ausgeführter Anlagen gab einen Ueberblick über
das ausgedehnte Arbeitsgebiet der Firma Adolf Bleichert
& Co., die auf dem Gebiete der Drahtseil- und
Elektrohängebahnen wie kaum eine andere Weltruf besitzt.
(Fortsetzung folgt.)