Titel: | Die Beanspruchung der Laufkrantransmissionen. |
Autor: | Otto Schaefer |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 225 |
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Die Beanspruchung der
Laufkrantransmissionen.
Von Dr.-Ing. Otto Schaefer,
Hamburg.
[Die Beanspruchung der Laufkrantransmissionen.]
Der Fahrwerksantrieb für die Laufkranbühnen ist meistens so eingerichtet, daß
ein in der Mitte der Bühne aufgestellter Motor eine Transmission antreibt, welche
die Länge der Bühne besitzt und an beiden Enden mit Ritzeln versehen ist. Diese
Ritzel greifen in Zahnräder ein, welche mit den Laufrädern fest verbunden sind. Für
die folgenden Betrachtungen kommt es übrigens nicht darauf an, daß der Motor in der
Mitte der Bühne steht, sondern es genügt, wenn eine durchlaufende Transmission
vorhanden ist, die an irgend einer Stelle ihren Antrieb erhält und das Moment an
zwei Laufräder abgibt.
Diese beiden Laufräder haben nun niemals genau gleichen Durchmesser, und selbst, wenn
dies im neuen Zustand der Fall wäre, so würde sich doch ein Rad mehr abnutzen als
das andere. Hierdurch und durch ungenaue Lage der Radachsen entstehen nun einige
Nebenerscheinungen, deren Einfluß auf den Fahrwiderstand in dieser Zeitschrift 1910,
S. 147, von Pape sehr eingehend untersucht ist. Die
Kranseite, an welcher das größere Rad sitzt, wird gegen die andere voreilen, bis die
Schrägstellung des Kranes zur Fahrbahn so groß geworden ist, daß die Spurkränze
anliegen. Zweckmäßig ist es, das gleichzeitige Anlaufen der Spurkränze zweier
diagonal einander gegenüberliegender Räder zu vermeiden, weil hierbei sehr starke
Klemmungen entstehen würden. Man gibt daher entweder den Rädern einer Kranseite
weiteres Profil, oder man macht die Räder, wie in Fig.
1 angenommen, seitlich auf den Achsen verschieblich. Sind nun also die
Spurkränze der Räder 1 und 3 zum Anliegen gekommen, so müssen sich von diesem Augenblicke an beide
Kranseiten gleich schnell bewegen: da aber die Räder verschiedenen Umfang, also auch
verschiedene Umfangsgeschwindigkeit besitzen, so muß eins der beiden Räder 1 oder 2 gleiten, entweder
das größere rückwärts oder das kleinere vorwärts. Natürlich wird dasjenige Rad
gleiten, bei dem der geringste Widerstand dagegen vorhanden ist, also, vorbehaltlich
einer näheren Untersuchung, das Rad mit dem kleineren Raddruck. Der Widerstand gegen
Gleiten eines Rades auf der Schiene ist Raddruck Q mal
Reibungsziffer f, wobei f
leicht bis auf 0,2 ansteigen kann. Liegt jedoch der Spurkranz an, so wird dadurch
der Widerstand gegen Gleiten erhöht und es wäre noch zu entscheiden, ob Rad 1 oder Rad 2 gleitet, wenn
auch Rad 2 den höheren Raddruck besitzt. Auf die
genauen Resultate der von Pape durchgeführten
Untersuchung kommt es hier nicht an, sondern es kann für den vorliegenden
praktischen Zweck angenommen werden, daß Rad 2 stets
das gleitende ist, auch wenn es infolge Stellung der Katze nahe am Ende den größten
vorkommenden Raddruck besitzt. In dieser Stellung der Katze bei gleichzeitiger
Vollbelastung tritt die größte Beanspruchung der Transmission auf. Mit den
Bezeichnungen der Figur ist der Zahndruck P des
Ritzels
P=Q_2\,.\,f\,.\,\frac{R}{r_1}
wobei noch die zur Ueberwindung der Reibung des Rades auf der
Achse erforderliche Kraft als verhältnismäßig gering vernachlässigt ist. Diese
Vernachlässigung ist umsomehr gerechtfertigt, als die Reibungsziffer f nicht genau bekannt ist und kann außerdem dadurch als
teilweise berücksichtigt angesehen werden, daß man f
mit 0,2 reichlich groß annimmt. Um mit diesem Zahndruck denjenigen vergleichen zu
können, welcher nur infolge des Fahrwiderstandes herrscht, möge ein bestimmtes
Beispiel berechnet werden. Es sei:
Textabbildung Bd. 326, S. 225
Fig. 1.
Q1 =
5,0 t, Q2 = 10,5 t, Q3 = 4,5 t, Q4 = 10,0 t,
R = 300 mm, r1 = 280 mm, r2 = 70 mm.
Dann ergibt sich P zu 2,25 t. Der gesamte Fahrwiderstand
werde nach einer Faust-Formel zu 0,02 des
Gesamtgewichtes angenommen, also zu 0,6 t, wovon 0,41 t auf die eine und 0,19 t auf
die andere Seite entfallen. Der hierdurch hervorgerufene Zahndruck PF ist dann
P_F=0,41\,.\,\frac{300}{280}=0,44\mbox{ t},
also nur etwa ⅕ von P. Wird nun,
wie es häufig geschieht, nur der Fahrwiderstand der Berechnung der Transmission
zugrunde gelegt, so müßte sie viel zu schwach ausfallen. Dies haben die praktischen
Erfahrungen mit derartigen Wellen denn auch bestätigt, aber, da man den wahren
Sachverhalt nicht durchschaute, so ist die Folge einfach die gewesen, daß man die
für solche Transmissionen zulässige Beanspruchung sehr weit herabsetzte.
Rechnet man die obige Welle mit 250 kg/qcm, was als zulässig angegeben wird, so erfährt sie
in Wahrheit eine Beanspruchung von etwa 1250 kg/qcm, die sie natürlich auch noch
aushalten wird. Trotzdem ist eine solche falsche Berechnung zu verwerfen, weil man
nämlich nie sicher ist, ob das hier gerade vorliegende Verhältnis 1 : 5 auch in
anderen Fällen zutreffen wird.
Es mag noch darauf hingewiesen werden, daß die Berechnung der Transmission auf
vereinigte Biegung und Verdrehung zu erfolgen hat, während die Abscherung
vernachlässigt werden darf.