Titel: | Untersuchungen an Lamellensenksperrbremsen. |
Autor: | A.Bergmann. |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 250 |
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Untersuchungen an
Lamellensenksperrbremsen.
Von Dipl.-Ing. A.Bergmann.
(Fortsetzung von S. 233 d. Bd.)
Untersuchungen an Lamellensenksperrbremsen.
A. Anheben der Last.
1. Bremsdruck beim
Anheben.
Für das Anheben der Last wird die Welle W in der
Richtung des Pfeiles (Fig. 8–10) angetrieben. Durch das Flachgewinde auf der
Bremswelle preßt sich dann unter Einwirkung des Lastzuges das ganze
Scheibensystem zusammen. Antriebswelle und Lasttrommel werden durch den so
entstehenden Klemmschluß miteinander gekuppelt und die Last hochgewunden.
Ein Versagen beim Lastheben ist ausgeschlossen; festzustellen bleibt lediglich
der Anpressungsdruck.
Es bezeichne
L die Last,
g die Erdbeschleunigung,
1 : n das Uebersetzungsverhältnis
zwischen Last und Bremswelle,
η den Wirkungsgrad des Getriebes,
soweit es zwischen Last und Bremse liegt,
x den Lasttrommelhalbmesser + ½
Seildicke,
J das Trägheitsmoment des
Lastritzels auf der Bremswelle (bei der Versuchsanordnung die Lasttrommel) und
der rotierenden Getriebsteile, die zwischen diesem und der Last liegen, bezogen
auf die Bremswelle als Achse,
a die Beschleunigung der Last beim
Anheben,
e die Winkelbeschleunigung der
Bremswelle beim Anheben, die der Lastbeschleunigung a entspricht;
e=\frac{a\,.\,n}{x}
α den Steigungswinkel der
Schraube,
r den mittleren Halbmesser der
Schraube,
tg α den Reibungskoeffizienten der
Schraube,
P den Anpressungsdruck der
Bremsscheiben,
R1
das Reibungsmoment an dem Flächenpaar I (vergl.
Fig. 7–9 S.
231),
μ den Reibungskoeffizienten an dem
Flächenpaar I,
ρ1
den mittleren Hebelarm des Momentes R1.
Um die Last mit der Beschleunigung a zu heben, muß an der Welle ein Drehmoment ausgeübt werden von
\left(L+\frac{L}{g}\,a\right)\,\frac{x}{n\,.\,\eta}+J\,e
Dadurch wird
1. das Moment G an dem
flachgängigen Gewinde = P • r . tg (α + φ) und
2. das Reibungsmoment R1 an dem Flächenpaar I = P • μ • ρ1 erzeugt.
Es muß also
\left(L+\frac{L}{g}\,a\right)\,\frac{x}{n\,.\,\eta}+J\,e=P\,r\,\mbox{tg}\,(\alpha+\varphi)+P\,.\,\mu\,.\,\rho_1
und der Anpressungsdruck beim Anheben
P=\frac{\left(L+\frac{L}{g}\,a\right)\,\frac{x}{n\,.\,\eta}+J\,e}{r\,\mbox{tg}\,(\alpha+\varphi)+\mu\,\rho_1}
. . . 1)
sein.
Bedingungen für das Festhalten der Last nach dem
Anheben.
Das Festhalten der schwebenden Last wird durch die Sperrklinke bewirkt, welche
die beiden Sperrscheiben S1 und S2 am Rücklaut hindert. Die Sperrscheiben
erfüllen nur dann ihren Zweck als Halteorgan der Last, wenn die Summe der
Reibungsmomente R1
+ R2
+ R3
+ R4 an den
Flächenpaaren I, II, III und IV größer oder mindestens ebensogroß ist wie das
Moment der freischwebenden Last =\frac{L\,\eta\,x}{n}. Die
Bedingungsgleichung für das Festhalten der schwebenden Last lautet also
\frac{L\,\eta\,x}{n}\,<\,R_1+R_2+R_3+R_4=P\,.\,\mu\,(\rho_1+\rho_2+\rho_3+\rho_4)
2)
Die Größe von R1, R2, R3 und R4 hängt ab von dem Reibungskoeffizienten μ, der für alle vier Momente als gleich angenommen
ist, den Hebelarmen ρ1, ρ2,
ρ3, ρ4 der Momente und
dem Anpressungsdruck P. Setzt man der Sicherheit
des Festhaltens wegen in Gleichung 1 den Einfluß der Massenbeschleunigung, der
bei langsamem Aufwinden ohnehin gering ist, gleich Null (d.h. a = 0 und e = 0), so
wird der Druck beim Anheben und dem darauffolgenden Festhalten der Last nach
Gleichung 1
P=\frac{L\,\frac{x}{n\,.\,\eta}}{r\,\mbox{tg}\,(\alpha+\varphi)+\mu\,\rho_1}
. . . 3)
Durch Einsetzen dieses Wertes für P in Gleichung 2 erhält man
\frac{L\,\eta\,x}{n}\,<\,\frac{L\,\frac{x}{n\,.\,\eta}}{r\,\mbox{tg}\,(\alpha+\varphi)+\mu\,\rho_1}\,\mu\,(\rho_1+\rho_2+\rho_3+\rho_4),
\eta^2\,[r\,\mbox{tg}\,(\alpha+\varphi)+\mu\,\rho_1]\,<\,\mu\,(\rho_1+\rho_2+\rho_3+\rho_4)
. 4)
Gleichung 4 enthält die Bedingung für das Festhalten der
Last nach vorhergegangenem Anheben.
Für die Versuchsbremse ergab sich aus Versuchen
η = 0,91; r tg (α + φ)
+ μρ1 = 1,274
cm;
μ (ρ1 + ρ2
+ ρ3 + ρ4) = 5,15 cm.
Die Bedingung für das Festhalten der Last nach dem Anheben
ist erfüllt, denn es wird nach Einsetzen der Werte in Gleichung 4
0,912 • 1,274 <
5,15,
1,058 < 5,15.
B. Das Senken der Last.
2. Bedingungen für das Lüften der
Bremse.
Das Senken der Last soll bei den Lüftsenksperrbremsen in der Weise erfolgen, daß
der äußere Antrieb die Bremse lüftet, dadurch das die Last festhaltende
Reibungsmoment vermindert und so die Last für die Sinkbewegung freigibt. Da sich
nun aber ein Lüften der Bremse nicht zwangläufig herbeiführen läßt, so kann es
vorkommen, daß die Last wie bei einer Lastdruckbremse ohne Lüften der Bremse
gesenkt wird; der äußere Antrieb dient dann zum Ueberwinden des Ueberschusses
der die Last festhaltenden Reibung und zum Beschleunigen der zu bewegenden
Massen. Es tritt natürlich derjenige der beiden genannten Fälle ein, der das
geringere äußere Antriebsmoment erfordert. Berücksichtigt man, daß das zur
Massenbeschleunigung erforderliche Moment bei langsamem Einleiten der
Senkbewegung sehr klein wird und daher vernachlässigt werden kann, so lautet die
Bedingung für das Lüften der Bremse: Das Lüften der Bremse tritt ein, wenn das
hierzu erforderliche äußere Drehmoment kleiner oder höchstens ebensogroß ist wie
der Ueberschuß des die Last festhaltenden Reibungsmomentes. Zur näheren
Erläuterung seien die Bedingungen für das Lüften an der Versuchsbremse
aufgestellt. Es sind zu überwinden:
der Widerstand G1 = Pr tg (α – φ) im Gewinde und
das Moment R1
= P • μ • ρ1 an dem
Flächenpaar I,
insgesamt ein Moment G1 + R1 = P [r tg (α – φ) + μρ1]. Das die
Last festhaltende Moment ist R1 + R2 + R3 + R4 = P • μ (ρ1
+ ρ2
+ ρ3
+ ρ4) das
Lastmoment selbst \frac{L\,\eta\,x}{n}, der Ueberschuß des
die Last festhaltenden Momentes
R_1+R_2+R_3+R_4-\frac{L\,\eta\,x}{n}.
Wenn die Last durch Lüften der Bremse gesenkt werden soll, ist zu setzen
R_1+G_1\,\leq\,R_1+R_2+R_3+R_4-\frac{L\,\eta\,x}{n},
G_1\,<R_2+R_3+R_4-\frac{L\,\eta\,x}{n}\,
P\,r\,\mbox{tg}\,(\alpha-\varphi)\,<\,P\,.\,\mu\,(\rho_2+\rho_3+\rho_4)-\frac{L\,\eta\,x}{n}.
Die Bedingungsgleichung für das Senken der Last durch
Lüften der Bremse lautet also nach Einsetzen des Wertes für P aus Gleichung 3
r tg (α –
φ) < μ (ρ2 + ρ3 + p4) – η2 [r tg (α + φ) + μρ1] 5)
Für die Versuchsbremse war z.B. r
= 1,35 cm; φ = 7° 40';
tg (α + φ) = 0,449; tg
(α – φ) = 0,155; μ
(ρ2 + ρ3 + ρ4) = 4,483 cm; μ • ρ1 = 0,667 cm;
η = 0,91; (aus Versuchen ermittelt).
Diese Werte in Gleichung 5 eingesetzt, ergeben
1,35 • 0,155 < 4,483 – 0,83 (1,35 • 0,449 +
0,667),
0,209 < 3,425.
Bei der Versuchsbremse war also Gleichung 5 erfüllt, und die Last wurde stets
durch Lüften der Bremse gesenkt.
3. Theorie des
Senkvorganges.
Bei der Untersuchung der Vorgänge an der Bremse beim Lastsenken ist das
Hauptaugenmerk auf die Ermittlung des jeweiligen Bremsdruckes zu richten; sobald
dieser bekannt ist, lassen sich Reibungsmomente, Lastgeschwindigkeit und
Motorbelastung ohne weiteres angeben. Bei der Versuchsbremse ermöglichte die auf
der Welle W sitzende Feder F ein direktes Messen des Bremsdruckes, da die Federlänge sich schon
bei kleinen Druckunterschieden um meßbare Beträge veränderte.
Textabbildung Bd. 326, S. 251
Fig. 11.
Die Aenderungen der Federspannung werden hervorgerufen durch die seitliche
Bewegung der Welle W beim Lüften und Schließen der
Bremse. Ueber ihren Verlauf geben die bei den Versuchen aufgenommenen Diagramme
ein klares Bild. Zwecks Aufnahme eines Diagrammes wurde vor dem Anheben der Last
die Drucknullinie (Feder ohne Spannung) angezeichnet, die Last von Hand
aufgewunden, dann das Indikatoruhrwerk und gleich darauf der Motor in Gang
gesetzt. Fig. 11 zeigt ein normal verlaufendes
Diagramm. Die Gerade AA ist die Drucknullinie, die
Kurve DD die beim Lastsenken aufgezeichnete
Bremsdrucklinie. Die Ordinaten s der Drucklinie
geben die Federspannung bezw. den Bremsdruck, die Abszissen die Zeit an. Der
Indikator verzeichnete zunächst den Bremsdruck während des Festhaltens der
schwebenden Last (Punkt 1–2); in Punkt 2 begann die
Motorbewegung, die Bremse wurde gelüftet, und der Bremsdruck stellte sich nach
einigen Schwingungen auf eine konstante mittlere Größe (s3) ein. Dieser mittlere Druck
entspricht zufolge späteren Ermittlungen mit praktisch hinreichender Genauigkeit
dem Fall: Bremsmoment = Lastmoment – bei konstanter Lastgeschwindigkeit. Demnach
war während des Verlaufs der Diagrammlinie unterhalb bezw. oberhalb der
mittleren Drucklinie das Bremsmoment kleiner bezw. größer als das Lastmoment,
und die Lastbewegung wurde durch den Ueberschuß an Last- bezw. Bremsmoment
beschleunigt bezw. verzögert. Das Lastritzel auf der Bremswelle (bei der
Versuchsbremse die Lasttrommel) blieb infolgedessen abwechselnd hinter der vom
Motor angetriebenen Bremswelle zurück (fallender Bremsdruck) und eilte dann
wieder vor (steigender Druck), bis allmählich die Drehgeschwindigkeiten beider
gleich blieben (konstanter Druck).
Veranlaßt wurden die Schwankungen des Bremsdruckes und der Lastgeschwindigkeit
durch die Massenkraft der von der sinkenden Last zu bewegenden Teile, die,
ähnlich wie bei einem Fliehkraftregler, erst nach einigen Schwingungen in den
Beharrungszustand übergingen.
Die weitere Untersuchung läuft darauf hinaus, den Verlauf der
Diagrammlinie zu berechnen. Zu diesem Zwecke sei ein beliebiger Abschnitt der
Diagrammlinie herausgegriffen.
Die seitliche Verschiebung der Welle während des Senkens setzt sich offenbar aus
zwei entgegengesetzten Bewegungen zusammen: Der vom äußeren Antrieb verursachten
und derjenigen, welche die sinkende Last hervorruft.
Bezeichnet man mit
P den Bremsdruck allgemein,
Pa
den Bremsdruck zu Beginn des betrachteten Diagrammabschnittes
(Anfangsdruck),
p die Aenderung der Federspannung
für die Längeneinheit,
s die Aenderung der Federlänge
infolge des Bremsdruckes = der seitlichen Verschiebung der Welle,
so ist der Bremsdruck stets gegeben durch die
Gleichung
P = Pa + p • s . . . . . 6)
s ist positiv bei steigendem
Druck.
Bezeichnet man ferner mit
e1
die Winkelbeschleunigung der Bremswelle infolge äußeren Antriebes,
e2
die Winkelbeschleunigung des Lastritzels auf der Bremswelle (bei der
Versuchsbremse der Lasttrommel) infolge des Lastsinkens,
r den mittleren Halbmesser der
Schraube,
α den Steigungswinkel der
Schraube,
t die Zeit,
so wird
die achsiale Beschleunigung der Bremswelle infolge äußeren
Antriebes = – re1
tg α,
die achsiale Beschleunigung der Bremswelle infolge des
Lastsinkens = re2
tg α und die resultierende seitliche Beschleunigung
der Welle =
-r\,e_1\,\mbox{tg}\,\alpha+r\,e_2\,\mbox{tg}\,\alpha=\frac{d^2\,s}{d\,t^2}
. . . 7)
Aus dieser Gleichung muß der Wert von s berechnet und in die den Bremsdruck allgemein
angebende Gleichung 6 eingesetzt werden.
Die Größe von e1
hängt ab von der Art des äußeren Antriebes und ist als gegeben zu betrachten. In
erster Annäherung kann man mit praktisch hinreichender Genauigkeit, speziell bei
den meist gebrauchten Elektromotoren, setzen e1 = konstant.
Für die Ermittlung von e2 stellt man die Momentengleichung für das an der Bremse wirksame
Drehmoment auf. Das Drehmoment der Last an der Bremswelle ist
\frac{L\,\eta\,x}{n}.
(L = Last; η = Wirkungsgrad; x =
Trommelhalbmesser + ½ Seildicke; 1 : n =
Uebersetzung zwischen Last und Bremswelle). Ihm wird während der Senkbewegung
das Gleichgewicht gehalten durch
1. das Reibungsmoment an den Flächenpaaren II, III, IV gleich R2 + R3 + R4 = P •
μ (ρ2
+ ρ3 + ρ4) = (Pa + pf
s) μ (ρ2 + ρ3 + ρ4);
2. das Moment der Massenkraft der Last.
Der Winkelbeschleunigung e2 des Lastritzels auf der Bremswelle (bezw.
Lasttrommel) entspricht die Lastbeschleunigung
\frac{x}{n}\,e_2. Die Masse der Last ist
\frac{L}{g} und die Beschleunigungskraft der Lastmasse
\frac{L}{g}\,\frac{x}{n}\,e_2. Wird in dem betrachteten
Augenblick die Lastbewegung verzögert (d.h. Bremsmoment > Lastmoment; die
Diagrammlinie verläuft oberhalb der mittleren Drucklinie), so ergibt sich bei
einem Wirkungsgrad η des Getriebes ein Moment
der Massenkraft der Last an der Bremswelle
\frac{L}{g}\,\frac{x}{n}\,e_2\,.\,\frac{x}{n}\,.\,\eta=\frac{L\,\eta\,x^2}{g\,n^2}\,e_2,
bei Lastbeschleunigung aber (d.h. Bremsmoment <
Lastmoment; die Diagrammlinie verläuft unterhalb der mittleren Drucklinie) ein
Moment
\frac{L}{g}\,\frac{x}{n}\,e_2\,.\,\frac{x}{n}\,.\,\frac{1}{\eta}=\frac{L\,x^2}{g\,n^2\,\eta\,e_2}.
Für die Zwecke der vorliegenden Untersuchung ergibt sich, wie später gezeigt
wird, eine praktisch hinreichende Genauigkeit, wenn man den ersten Wert
\frac{L\,\eta\,x^2}{g\,n^2}\,e_2
als gültig für die ganze Diagrammlinie einsetzt.
3. Das Moment der von der Last bewegten rotierenden Massen; auch hierbei genügt
es, den Wert, der strenggenommen nur für die Teile der Diagrammlinie oberhalb
der mittleren Drucklinie gilt, als hinreichend genau für die ganze Diagrammlinie
zu betrachten, obwohl wegen des Wirkungsgrades eine ähnliche Unterscheidung zu
machen wäre wie vorhin. Das Trägheitsmoment der rotierenden Teile sei unter
Berücksichtigung ihrer Stellung im Getriebe, der Uebersetzung, des
Wirkungsgrades usw., auf die Bremswelle als Achse bezogen, und mit J bezeichnet. Das Moment der rotierenden Massen,
bezogen auf die Bremswelle, wird dann Je2.
Die Momentengleichung der Kräfte an der Bremswelle lautet also
\frac{L\,\eta\,x}{n}=(P_a+p\,s)\,\mu\,(\rho_2+\rho_3+\rho_4)+e_2\,\left(\frac{L\,\eta\,x^2}{g\,n^2}+J\right)
8)
Daraus folgt
e_2=\frac{n^2\,g}{L\,\eta\,x^2+J\,g\,n^2}\,\left[\frac{L\,\eta\,x}{n}-(P_a+p\,s)\,\mu\,(\rho_2+\rho_3+\rho_4)\right]
9)
Die durch den Wirkungsgrad η des Getriebes
hervorgerufenen Unterschiede durften in dem vorliegenden Falle vernachlässigt
werden, weil man die weiteren theoretischen Entwicklungen nur zur Bestimmung des
höchsten beim Lastsenken vorkommenden Bremsdruckes benutzt. Hierbei fällt aber
die Vernachlässigung praktisch nicht ins Gewicht. Berechnet man z.B. für den
genannten 25 t-Kran den höchsten beim Lastsenken auftretenden Bremsdruck, so
ergibt die im folgenden noch weiter durchgeführte Annäherungsrechnung gegenüber
der genauen Theorie im ungünstigsten Falle (bei Vollast = 25000 kg) einen um nur
6,5 v. H. höheren Druck. Bei der Versuchsbremse beträgt rechnerisch der
Unterschied höchstens 2,15 v. H. Die praktischen Versuche ergaben ebenfalls nur
unbedeutende Abweichungen.
Vernachlässigt sind außerdem zur Vereinfachung der Rechnung die Reibung der
Sperrscheiben auf der Verlängerung der Lasttrommel und der Widerstand im
Gewinde; beide sind praktisch belanglos. Eine genaue Berücksichtigung des
Gewindewiderstandes, der bei abnehmendem Druck (Voreilen der Bremswelle) von der
Antriebskraft, bei zunehmendem (Voreilen des Lastritzels) von der Last zu
überwinden ist, würde zudem die Integration der Gleichungen unmöglich
machen.
Durch Einführen des Wertes von e2 aus Gleichung 9 in Gleichung 7 erhält man
\frac{d^2\,s}{d\,t^2}=r\,e_1\,\mbox{tg}\,\alpha+\frac{r\,\mbox{tg}\,\alpha\,g\,n^2}{L\,\eta\,x^2+J\,g\n^2}\,\left[\frac{L\,\eta\,x}{n}-(P_a+p\,.\,s)\,\mu\,(\rho_2+\rho_3+\rho_4)\right]
. . 10)
Zur Abkürzung sei gesetzt
\frac{r\,\mbox{tg}\,\alpha\,.\,g\,.\,n^2}{L\,\eta\,x2+J\,g\,n^2}=A;
\frac{L\,\eta\,x}{n}=B;
\mu\,(\rho_2+\rho_3+\rho_4)=b
Gleichung 10 geht dann über in
\frac{d^2\,s}{d\,t^2}=-r\,e_1\,\mbox{tg}\,\alpha+A\,.\,B-A\,.\,b\,.\,P_a-A\,.\,b\,.\,p\,s.
Zur weiteren Abkürzung setzt man
– re1 tg α + A • B – A • b • Pa
= β; A • b • p = δ.
Dann wird
\frac{d^2\,s}{d\,t^2}=\beta-\delta\,s.
Durch Multiplikation mit ds und nachfolgende
Integration ergibt sich
\frac{d\,s}{d\,t}=\p,\,\sqrt{-\delta\,s^2+2\,\beta\,s+C^2}
. . 11)
Der Wert \frac{d\,s}{d\,t} in Gleichung 11 gibt die
Geschwindigkeit der seitlichen Verschiebung der Bremswelle an und zugleich die
Geschwindigkeit der Druckänderungen.
C ist die Integrationskonstante; ihre Bedeutung
folgt aus. den Anfangsbedingungen des für die Betrachtung herausgegriffenen
Abschnittes. Der Anfangszustand war
Bremsdruck P = Pa und s = o.
Für s = o ergibt Gleichung
11
\frac{d\,s}{d\,t}=\pm\,\sqrt{C^2}=\pm\,C;
d.h. C bedeutet die
Geschwindigkeit, welche die Bremswelle in der Richtung ihrer Achse hat in dem
Augenblick, für den der Bremsdruck = Pa ist. C ist also
der zu dem Anfangsdruck Pa gehörige Wert der Geschwindigkeit.
An den Stellen, an welchen die seitliche Geschwindigkeit der Welle gleich Null
wird, kehrt die Welle ihre Verschiebungsrichtung um; diese Stellen bedeuten ein
Druckmaximum oder Druckminimum. Man setzt
\frac{d\,s}{d\,t}=0=\pm\,\sqrt{-\delta\,s^2+2\,\beta\,s+C^2},
s=\frac{\beta}{\delta}\,\pm\,\sqrt{\left(\frac{\beta}{\delta}\right)^2+\frac{C^2}{g}}
. . . . . 12)
Man erhält einen doppelten Wert für s, also
wird die seitliche Geschwindigkeit der Welle an zwei Stellen gleich Null. Die
eine dieser Stellen bedeutet ein Druckmaximum, die andere ein Druckminimum. Die
s-Werte schwanken um den Wert
s=\frac{\beta}{\delta} als Mittelwert, der im Diagramm
der mittleren Höhe der Drucklinie entspricht, stets zu- und abnehmend um
denselben Betrag auf und ab. Dementsprechend schwankt auch der Bremsdruck um den
Mittelwert
P_m=P_a+p\,.\,\frac{\beta}{\delta} . . . .
13)
Das Druckmaximum beträgt
P_{\mbox{max}}=P_a+p\,\left(\frac{\beta}{\delta}+\sqrt{\left(\frac{\beta}{\delta}\right)^2+\frac{C^2}{\delta}}\right)
. 14)
Das Druckminimum
P_{\mbox{min}}=P_a+p\,\left(\frac{\beta}{\delta}-\sqrt{\left(\frac{\beta}{\delta}\right)^2+\frac{C^2}{\delta}}\right)
. 15)
Die weitere Integration der Gleichung
\frac{d\,s}{d\,t}=\pm\,\sqrt{-\delta\,s^2+2\,\beta\,s+C^2}
ergibt
\int\,d\,t=\pm\,\int\,\frac{d\,s}{\sqrt{-\delta\,s^2+2\,\beta\,s+C^2}}
Da (– δ) < 0 und β2 – (– δ) • C2 > 0
wird, so ergibt das Integral eine Arkussinusfunktion; es ist
t=\pm\,\frac{1}{\sqrt{\delta}}\,\mbox{arcsin}\,\left(-\frac{\beta-\delta\,s}{\sqrt{\beta^2+\delta\,C^2}}\right)+C_1.
C1 ist die zweite Integrationskonstante; sie hat die Dimension einer
Zeit. Für s findet man schließlich den Wert
s=\frac{1}{\delta}\,\left(\beta+\sqrt{\beta^2+\delta\,C^2}\right)\mbox{
sin }[(t-C_1)\,\sqrt{\delta}] . 16)
Gleichung 16 ergibt als wichtigstes Resultat, daß die s-Werte und damit auch der Bremsdruck periodisch nach einer Sinuslinie
verlaufen werden. Bei richtig durchgeführten Konstruktionen dämpfen sich die
Druckschwingungen schließlich vollständig, so daß der Bremsdruck konstant wird.
Die weiteren Untersuchungen der Vorgänge beim Lastsenken sollen an Hand von
praktischen Versuchen vorgenommen werden.
(Fortsetzung folgt.)