Titel: | Kugel- und Rollenlager, ihre Konstruktion und Anwendung. |
Autor: | Dierfeld |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 276 |
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Kugel- und Rollenlager, ihre Konstruktion und
Anwendung.
Von Regierungsbaumeister Dierfeld.
(Fortsetzung von S. 212 d. Bd.)
Kugel- und Rollenlager, ihre Konstruktion und
Anwendung.
Textabbildung Bd. 326, S. 276
Fig. 10.Käfig der Norma-Gesellschaft.
Textabbildung Bd. 326, S. 276
Fig. 11.Staubsicheres Lager der Auto-Machinery Co.
Aehnlich ist das Lager der Norma-Gesellschaft in
Cannstatt ausgebildet; hier ist die eine Rillenschulter des äußeren Laufringes fast
ganz weggenommen, so daß der mit Kugeln gefüllte Käfig unter schwachem Druck
eingebracht werden kann. Außer einem soliden Bronzekäfig baut die Firma für kleinere
Lager noch einen Messingblechkäfig von U-förmigem Querschnitt (Fig. 10). Er ist aus einem Stück Blech gepreßt und
hält die Kugeln an ihren Polen in leichten Ausbuchtungen; den Steg berühren die
Kugeln nicht. Durch diese Anordnung wird selbst bei höchsten Umdrehungszahlen (bis
75 000) ein überaus ruhiger und reibungsfreier Gang erzielt.Kirner, Z. d. V.
d. I. 1908, S. 2051 Bemerkenswert ist das staubsichere und
ölhaltende Lager der Auto Machinery Co.,Coventry,
das an jeder Seite eine Platte trägt (Fig. 11), also
gut eingekapselt ist. Die Platten können leicht entfernt werden, indem man sie
teilweise dreht, bis Marken auf Platte und Laufring zusammenfallen, dann genügt ein
schwacher Schlag auf den Außenring, um die Platte zu entfernen.
Textabbildung Bd. 326, S. 276
Fig. 12.Käfig- der Kugellagerfabrik Wien.
Außer einem Bronzekäfig führt die Firma einen aus Stahlblech
gepreßten Käfig ähnlich wie in Fig. 7 aus; zum
Einfüllen der Kugeln sind Aussparungen im Innen- und Außenring vorgesehen. Einen
sehr gut durchgebildeten Käfig wendet die Kugellagerfabrik
Wien bei ihren Lagern an; er besteht (Fig.
12) aus einem soliden Stahlring, der in Zwischenraumen mit eingenieteten
Stahlbolzen versehen ist. Nachdem die Kugeln durch Aussparungen in beiden
Laufringen eingebracht sind, wird von der Seite her der Ring mit den Stahlbolzen
eingeschoben, derart, daß ein Stahlbolzen zwischen je zwei Kugeln kommt. Dann wird
auf jeden Stahlbolzen, wie gezeichnet, ein dreifaches Federplättchen aufgenietet,
das mittels der äußeren Löcher die Kugeln in ihren neutralen Zonen führt. Vorteile
dieser Anordnung sind: denkbar geringste Reibung zwischen Kugeln und Käfig, leichte
Schmierung durch die Löcher, federnde Aufnahme eines seitlichen Druckes, auch können
Stücke gebrochener Kugeln schnell seitlich herausfallen. Letzterer Vorteil ist indes
nicht von großem Belang, da kleine Kugelsplitter wohl immer im Oel und auf der
Laufbahn verbleiben werden und das Lager doch bald zerstören.
Textabbildung Bd. 326, S. 277
Fig. 13.Ringlager von Schäfer & Cie.
Die Maschinenfabrik Rheinland in
Düsseldorf, die nach den Lizenzen der Société française des
roulements à billes zu Ivry-Port baut, bringt die Kugeln dadurch ein, daß
der Innenring eine kleine nicht bis zur Mitte gehende Aussparung erhält, alsdann
etwas elastisch zusammengedrückt wird, bis die Kugeln hineingehen.
Textabbildung Bd. 326, S. 277
Fig. 14 und 15. Ringlager mit Spannhülsen von Fichtel & Sachs.
Der Käfig besteht aus zwei Stahlblechen, die mit eingepreßten
Vertiefungen zur Aufnahme der Kugeln versehen sind und durch Distanznieten
zusammengehalten werden. Fast die volle Kugelzahl kann Schäfer & Cie. in Schweinfurt bei Anwendung seines Käfigs nach Fig. 13 einbringen. Dieser besteht aus einzelnen,
zwischen den Kugeln eingeschalteten Messingstücken mit hohlkugelförmigen
Vertiefungen, die mit den beiden Seitenringen vernietet werden. So entsteht ein
stabiler, fast staubsicherer Käfig, der aber den Nachteil hat, daß die Kugeln
gerade in der Zone der größten Umfangsgeschwindigkeit geführt werden; dadurch
entsteht vermehrte Reibung, auch wird das Oel leicht abgestreift. Die Deutsche Kugellagerfabrik in Leipzig-Plagwitz ordnet
bei kleineren Lagern am Außenring so viel Aussparungen an, als Kugeln vorhanden
sind; die Kugeln werden vorher in den ungeteilten Bronzekäfig eingefüllt und mit dem
Käfig unter Druck eingebracht. Größere Lager erhalten jedoch zweiteiligen
Bronzekäfig. Sehr solide und haltbar ist der Käfig der Berliner Kugellagerfabrik m. b. H. Dieser besteht aus weichem Stahl, die
Oeffnungen zur Aufnahme der Kugeln sind mit einem Kugelfräser hergestellt. Nachdem
jede Kugel in ihre Oeffnung gebracht ist, wird ein schmaler federnder Stahlring
eingelegt und die kleinen Läppchen umgebogen. In den Ausbauchungen dieses
Stahlringes werden die Kugeln auf der einen Seite richtig geführt, während der
andere Kugelpol in der Ausfräsung geführt Wird. In der Laufrichtung haben die Kugeln
etwas Spiel, so daß dort keine Reibung verursacht oder Oel abgestreift wird. Ein
richtig gebauter Käfig, der aber vielleicht in der Herstellung etwas teuer ist.
Textabbildung Bd. 326, S. 277
Fig. 16.Zweireihiges Ringlager von Fichtel & Sachs.
Textabbildung Bd. 326, S. 277
Fig. 17.Käfig des zweiseitigen Lagers von Fichtel & Sachs.
Textabbildung Bd. 326, S. 277
Fig. 18.Spezialringlager von Fichtel & Sachs
Alle bisher beschriebenen Ringlager können nur auf Wellen mit Absätzen verwandt
werden, gegen die sich dann der Innenring legt und mittels Mutter festgehalten wird.
Will man auf glatter Welle ein Ringlager anordnen, so wendet man ein Lager mit
konischer Spannhülse nach Fig. 14 u. 15 an. Der innere Laufring ist konisch gehalten; die geschlitzte
Spannhülse wird mittels Mutter in den inneren Laufring hineingezogen und preßt sich
fest auf die Welle. Die Ringlager werden meist in drei Größen mit kleinen,
mittelgroßen und ganz großen Kugeln geliefert, wobei immer von einer bestimmten
Bohrung des Innenringes ausgegangen wird und die Kugelkreise und Durchmesser der äußeren
Laufringe entsprechend wachsen. Wo bei größeren Lasten einreihige Ringlager nicht
mehr genügend tragen bezw, im Durchmesser zu groß wurden, ordnet man zweckmäßig
zweireihige Ringlager an.
Textabbildung Bd. 326, S. 278
Fig. 19.Lager der Schwedischen Kugellagerfabrik.
Textabbildung Bd. 326, S. 278
Fig. 20.Zweireihenlager der Schwedischen Kugellagerfabrik.
Textabbildung Bd. 326, S. 278
Fig. 21.Lager mit Spannhülse der Schwedischen Kugellageriabrik
In Fig. 16 sehen wir ein zweireihiges Lager von Fichtel & Sachs. Es ist nur unwesentlich breiter
als ein einreihiges Lager; der Käfig aus Leichtmetall (Fig. 17) besteht aus zwei symmetrischen Hälften, die nicht miteinander
verbunden sind. Die Zweiteiligkeit des Käfigs hat den Zweck, daß jede Kugelreihe
ungehindert für sich arbeiten kann. Bei Belastungsschwankungen machen beide
Kugelreihen ungleiche Umlaufbewegungen, während einteilige beide Kugelreihen
gleichzeitig führende Käfige den guten reibungsfreien Lauf der Kugeln beeinflussen.
Für besondere Zwecke baut die Firma ein Lager nach Fig.
18, bei dem die Kugeln wellenförmig angeordnet sind und federnd von einem
aus Messingblech gepreßten Käfig geführt werden. Aehnlich ist die Anordnung der
Kugeln bei dem Lager der Schwedischen Kugellagerfabrik
in Gotenburg (Fig. 19), nur ist hier der äußere
Laufring innen genau kugelförmig geschliffen, während die Kugeln in einem
ungeteilten elastischen Bronzekäfig ruhen. Einfüllöffnungen für die Kugeln gibt es
nicht, da der mit Kugeln teilweise gefüllte Käfig durch einfache Drehung (Fig. 20) in den äußeren Laufring gebracht und dann
gefüllt wird, können in eine Laufreihe um 50 v. H. mehr Kugeln gebracht werden als
bei anderen Systemen ohne Einfüllöffnung. Der Hauptvorteil dieses Lagers liegt in
seiner vollkommenen Selbsteinstellung, so daß alle Durchbiegungen der Welle ohne
Schaden aufgenommen werden. Ein Nachteil wäre, daß bei kleinen Achsialschüben nur
eine Reihe Kugeln zum Tragen kommt. Fig. 21 zeigt
ein derartiges Lager mit Spannhülse; wie die Firma mitteilt, werden ihre Lager an
vielen Flugmaschinen verwandt, z.B. Farman, Blériot,
Antoinette u.a.m. Durch ballige Gestaltung des Außenringes mit entspr.
Gehäuse nach Fig. 22 erreichen die D. W. F. bei einem normalen Lager ebenfalls
Selbsteinstellung; um möglichst viel Kugeln einzubringen, sind hier Aussparungen an
jeder Seite des Außenringes vorgesehen, jede Kugelreihe erhält ihren besonderen
Käfig, was die oben angedeuteten Vorteile hat.
Textabbildung Bd. 326, S. 278
Fig. 22.Zweireihiges Ringlager der D. W. F.
Aehnlich ist das zweireihige Transmissionslager mit Spannhülse der D. W. F. gebaut. Es ist, wie Fig. 23 zeigt, zum Einbau in normale Sellers-Lager bestimmt, staubsicher und ölhaltend, und wird jetzt nach
Normalien fabriziert: demselben Zwecke dient eine Kombination von zwei einreihigen
Ringlagern, die sich nach Mitteilung der Firma ebenfalls gut bewährt hat.
Textabbildung Bd. 326, S. 278
Fig. 23.Zweireihiges Transmissionslager der D. W. F.
Textabbildung Bd. 326, S. 278
Fig. 24.Schräglager von Fichtel & Sachs.
Zur gleichzeitigen Aufnahme von Radial- und Achsialdrücken dienen die sogen. Konus-
oder Schräglager; für größere Belastungen sind dieselben wegen der hohen
Seitendrücke ungeeignet, finden aber doch zu vielen Zwecken, z.B. Fahrradbau
allgemeinste Anwendung. So zeigt Fig. 24 ein
normales Schräglager von Fichtel & Sachs; der zweiteilige Käfig ist aus Messingblech
gepreßt und
zusammengenietet; durch Anziehen des Innenringes kann bei Abnutzung das Lager
nachgestellt werden. Ein schnell auseinandernehmbares Lager für Magnetapparate sehen
wir in Fig. 25; die eine äußere Rillenschulter ist
weggenommen, so daß der Außenring nach einer Seite fortgezogen werden kann. Der
Käfig muß hierbei eine besondere Form erhalten, die aus Fig. 26 zu ersehen ist; er ist aus einem Stück Messingblech gepreßt und
führt die Kugeln in der Nähe der neutralen Zone.
Textabbildung Bd. 326, S. 279
Fig. 25.Magnetlager von Fichtel & Sachs.
Textabbildung Bd. 326, S. 279
Fig. 26.Käfig- des Magnetlagers von Fichtel & Sachs
Textabbildung Bd. 326, S. 279
Fig. 27.Konuslager der Pressed Steel Mfg. Co.
Textabbildung Bd. 326, S. 279
Fig. 28.Zweireihiges Schräglager von Fichtel & Sachs.
Die Pressed Steel Mfg. Co., Philadelphia, baut nur ganz
billige Lager für Rollschuhe, Fahrräder und dergl. nach Fig. 27. Die beiden Konusse werden aus Stahlblech gepreßt, gehärtet und
geschliffen, mit den Kugeln zusammengebaut, worauf außen ein Mantel aus Messingblech
umgepreßt wird, der das Ganze zusammenhält, auch etwas einkapselt. Bei geringer
Achsialbeanspruchung des Lagers würden die Kugeln an drei Punkten aufliegen, an
einem Punkte also schleifen, was durch anderes Gestalten des Außenkonus leicht hätte
vermieden werden können. Alle beschriebenen Konuslager nehmen nur einseitige
Achsialdrücke auf, während das Lager der Standard Roller
Bearing Co. in Philadelphia zweiseitige Drucke aufnimmt. Es besteht aus
einem inneren Laufring mit Nute und zwei äußeren Laufringen mit konischer
Lauffläche, deren einer mittels Gewinde nachstellbar ist. Merkwürdigerweise wird das
Lager für hohe Geschwindigkeiten empfohlen, trotzdem die Versuche von Stribeck und GegauffGenie civil, 20. Mai 05. den hohen
Reibungswiderstand solcher Lager mit Vierpunktberührung feststellten.
Gewöhnlich werden zur Aufnahme von Radial- und doppelseitigen Achsialdrücken jedoch
zweireihige Konuslager angewandt: so sehen wir in Fig.
28 ein solches Lager von Fichtel & Sachs, das nur für Spezialzwecke gefertigt wird. Der
innere Laufring enthält zwei Laufrillen; bei den beiden äußeren Laufringen ist eine
Rillenschulter abgenommen, so daß sie von der Seite her über die Kugeln geschoben
werden können. Fig. 29 zeigt ein doppelreihiges
Transmissionslager der Chapman Ball Hearing Co. Boston,
das mittels Schraubdeckel nachstellbar, Staubsicher und ölhaltend ist. Die Kugeln
laufen hierbei in keinem zusammenhängenden Käfig, sondern es sind zwischen je zwei
Kugeln Rohrstücke mit Zwischenkugeln (s. Fig. 30)
geschaltet; dies hat den Nachteil, daß beim Bruch eines Zwischenstücks die übrigen
Kugeln zusammenrücken werden, worauf alle anderen Zwischenstücke herausfallen.
Vergleichende VersucheAmerican Machinist,
23. Januar 08. zwischen diesen Lagern und Weißmetallgleitlagern
bei verschiedenen Belastungen und Tourenzahlen ergaben die Tatsache, daß das Chapman-Lager bei geringen Tourenzahlen und hohen
Lasten den besten Wirkungsgrad zeigt.
Textabbildung Bd. 326, S. 279
Fig. 29.Transmissionslager der Chapman Ball Bearing Co.
Textabbildung Bd. 326, S. 279
Fig. 30.Kugelhalter des Chapmanlagers.
Textabbildung Bd. 326, S. 279
Fig. 31.Belastung in Pfd. engl.
Textabbildung Bd. 326, S. 279
Fig. 32.Zweireihenlager der New Departure Bearing Co.
Textabbildung Bd. 326, S. 279
Fig. 33.Zweireihenlager der Pressed Steel Mfg. Co.
In Fig. 31 sind als Ordinaten die
Kraftersparnisse in v. H., als Abszissen die Belastungen in engl, Pfund (= 0,45 kg)
aufgetragen, während die einzelnen Kurven die Ersparnisse gegenüber Gleitlagern bei
verschiedenen Tourenzahlen darstellen. Die Ersparnisse wechseln zwischen 96 v. H.
bei 100 Umdr. und 1400 Pfund (= 630 kg) Last bis zu 32 v. H. bei 300 Umdr. und einer
Last von 100 Pfund (= 45 kg). Das Lager (Fig. 32)
der New Departure Bearing Co., Bristol Conn., ist nicht
nachstellbar; es besteht aus einem doppelgerillten inneren Laufring, zwei
Außenkonussen, gegeneinander versetzten Kugeln mit gemeinschaftlichem Käfig aus
Stahlblech, und einem Mantel, der über das zusammengebaute Lager gepreßt wird
und das ganze zusammenhält. Die Linien 1–1 sind die
Rotationsachsen der Kugeln, neuerdings führt die Firma einen zweiteiligen Käfig aus
Phosphorbronze aus, ähnlich wie in Fig. 17. Die
Kugeln sind dann nicht mehr gegeneinander versetzt und jede Kugelreihe kann sich
unabhängig von der anderen bewegen. Wie ein solches doppelreihiges Lager auf
allerbilligste Weise hergestellt werden kann, zeigt Fig.
33 nach einer Ausführung der Pressed Steel Mfg.
Co., deren Nachteile wir schon oben erörterten.
(Fortsetzung folgt.)