Titel: | Bemerkenswertes aus dem maschinen- und elektrotechnischen Gebiet auf der Weltausstellung: in Brüssel 1910. |
Autor: | A. Linker |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 299 |
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Bemerkenswertes aus dem maschinen- und
elektrotechnischen Gebiet auf der Weltausstellung: in Brüssel 1910.
Von Dr. Ing. A. Linker,
Kiel.
(Fortsetzung von S. 262 d. Bd.)
Bemerkenswertes aus dem maschinen- und elektrotechnischen Gebiet
usw.
III. Elektromaschinenbau nebst
Anwendungen.
In welchem Maße die Elektrotechnik mit dem Maschinenbau verknüpft ist, soll in den
folgenden Zeilen dargelegt werden. Auch hierbei wollen wir wiederum von der
deutschen Abteilung ausgehen, indem wir uns dem Stande der Deutschen Elektrizitäts-Werke, Aachen, zuwenden. Dort war eine große
Anzahl von Gleich- und Wechselstrommaschinen, als Generatoren und Motoren wirkend,
ausgestellt, die alle nach einer Grundidee gebaut sind. Diese besteht darin, alle
Teile, welche denselben Zwecken dienen, für gleichgroße Maschinen mit gleichen
Dimensionen herzustellen. Dazu gehören z.B. Lager, Lagerschilder mit Armen, Gehäuse,
Wellen und dergl. So wird z.B. das Feldjoch einer Gleichstrommaschine durch einen
lamellierten Stator ersetzt, wenn es ein Drehstrommotor werden soll. Diese
Systematik in der Bauart hat den großen Vorteil, daß die Herstellungskosten
wesentlich geringer werden und Reparaturen leichter auszuführen sind, da man wegen
der geringen Anzahl der Teile stets Reserveteile vorrätig halten kann. Dieser
Gedanke ist jedoch nicht neu, wenn er auch bisher in so ausgedehntem Maße nur wenig
praktisch durchgeführt ist. So habe ich schon im Jahre 1900 dasselbe Prinzip an
allen neu zu konstruierenden Typen von elektrischen Maschinen der A.-G. Volta in Reval (Rußland) berücksichtigt. In
gleicher Weise werden auch die neueren Maschinen von Schwartzkopf, Berlin, gebaut.
Auch die Bergmann Elektrizitäts-Werke haben eine Probe
ihrer Leistungsfähigkeit abgelegt, indem sie eine vollständige Hochspannungs-Zentralstation mit Stromerzeugern,
Verteilungsapparaten und Stromverbrauchsstellen nebst einer besonderen
Umformeranlage einrichteten.
Von einer 2250 PS-Bergmann-Turbine mit 3000 Umdrehungen
i. d. Min. angetrieben lieferte ein direkt gekuppelter Drehstrom-Generator von 1500
KW Leistung eine Spannung von 2900 Volt bei 50 Perioden/Sek. Die Welle und der
Magnetinduktor sind aus einem Stück Siemens-Martin-Stahl geschmiedet. Die Nuten für die Erregerwicklung sind
eingefräst, so daß die Polhörner mit dem Kern zusammenhängen, was für den ruhigen
Gang von Wichtigkeit ist. Damit die Spannungskurve möglichst sinusförmig ohne
störende Oberschwingungen verläuft, sind die Nuten bei gleichmäßiger Verteilung am
Umfange untereinander von verschiedener Breite ausgeführt. Der induzierte,
feststehende Anker besteht aus dünnen Blechen und trägt die Wicklung, deren Köpfe
mit Rücksicht auf die bei Kurzschlüssen auftretenden hohen Anziehungskräfte
besonders sorgfältig befestigt sind. Durch Ventilationsflügel und Luftkanäle im
Anker und Gehäuse werden die Wicklungen genügend gekühlt.
Die von dem Generator erzeugte Spannung von 2900 Volt wurde durch einen Oel-Kern-Transformator mit Wasserkühlung auf 148 Volt
erniedrigt und damit ein Einanker-Umformer für 1000 KW-Leistung gespeist. Dieser
lieferte 220 Volt Gleichstrom für die Kraftmaschinenhalle. Wenn auch eine
Hochspannungsleitung nicht im Betrieb vorgeführt werden konnte, so wurde wenigstens
die Schaltanlage betriebsmäßig gezeigt. Sie bestand aus einem Schalttisch mit den
dazugehörigen Hilfsapparaten. Die Schalteinrichtungen wurden dabei durch Relais nach
dem Fernschaltungssystem betätigt.
Der Hauptschalter des Turbogenerators wurde durch einen mit Gleichstrom von 230
Volt gespeisten Schaltmagneten bewegt.
Zur Ausführung und Kontrolle der Bewegungen befand sich für jeden Generator auf dem
Schalttisch ein Tableau mit zwei Druckknöpfen, einem Lampenumschalter und zwei
Signallampen mit roter bezw. grüner Scheibe I zur Rückmeldung.
Textabbildung Bd. 326, S. 299
Fig. 23.Universal-Schaltschrank der Bergmann Elektrizitätswerke.
Für den Parallelantrieb mehrerer Maschinen waren ferner die Magnetfeld-Regulatoren
der Generatoren durch eine Fernsteuerung an den Schalttisch angeschlossen. Dabei
erfolgte der Antrieb des Regulators durch einen kleinen Hilfsmotor mit einem
eigenartigen Differentialgetriebe zur Herabminderung der Umlaufzahl. Das Anlassen
des Motors geschieht ebenfalls durch einen Druckknopf. Auch die einpoligen
selbsthätigen Schalter der Gleichstromseite des Umformers für 4000 Amp.
Betriebsstrom und 6000 Amp. Auslösestrom werden vom Schalttisch aus gesteuert. Mit
Rücksicht auf die Sicherheit des Bedienungspersonals in Hochspannungsanlagen wurde
ein Universal-Schaltschrank (Fig. 23) konstruiert.
Der Schrank ist durch eine Tür abgeschlossen, die erst nach Entfernung des außen
angebrachten Handrades für den Schalter geöffnet werden kann. Das Handrad kann
jedoch erst entfernt werden, wenn der Oelschalter ausgeschaltet ist. Mit dem Oeffnen
der Tür wird gleichzeitig der durch sie verriegelte Trennschalter gelöst, dessen
unter Spannung stehende Kontakte gegen unbeabsichtigte Berührung entsprechend abgedeckt
sind. Es können also bei geöffneter Tür Arbeiten am Schalter gefahrlos ausgeführt
werden.
Betriebsfertig angeschlossen war ferner eine Wasserhaltungsmaschine mit Drehstrommotorantrieb von 450 PS als Teil einer
unterirdisch angeordneten Bergwerksanlage.
Textabbildung Bd. 326, S. 300
Fig. 24.Elektrische Stumpfschweißmaschine der Ges. f. elektr.
Industrie.
Gegenüber der Wasserhaltungspumpe ist die Mündung eines Bergwerkstollens dargestellt,
in dem eine Grubenlokomotive und die dafür
erforderliche Streckenausrüstung ausgestellt waren. Die Lokomotive hat
Bügelstromzuleitung und besitzt zwei Motoren von je 20 PS für 135 Volt, 50
Perioden/Sek., die als Kommutatormotoren gebaut sind.
Die Regulierung der Geschwindigkeit geschieht durch Bürstenverstellungzwischen 600
bis 1000 Umdr./Min., Diese Motoren werden auch für Getreidemühlen, chemische
Fabriken, Brauereien, Wäschereien, Spinnereien, Zement- und Brikettfabriken,
Gasanstalten usw. als Durchzugstype mit Luftleitungen verwendet, um einerseits
Entzündungen von feinen Staubteilchen oder Gasen zu verhüten, andererseits den Motor
selbst gegen das Eindringen von Staub und Feuchtigkeit zu schützen, ohne seine
Leistungsfähigkeit durch die sonst geschlossene Einkapselung zu vermindern.
Einige Grubenlampen mit Edison-Akkumulatoren für
zehnstündige Ladung waren ebenfalls zu sehen.
Vor dem Pavillon wurde die Verwendung der Elektrizität an Bord von Schiffen und das
dazu nothwendige Installationsmaterial gezeigt. So sah man u.a. Hebezeugmotoren
für Winden und Spills in besonders kräftiger und gedrungener Bauart, ebenso
dazugehörige Anlaß- und Regulierapparate mit wasserdichter Kapselung wie die
Motoren. Ferner war ein Lenz-Pumpen-Aggregat
ausgestellt, das von einem Motor von 25 PS mit 250 Umdr./Min. angetrieben wurde,
sowie eine zweistufige Hochdruck-Zentrifugalpumpe mit einem senkrechten Flanschmotor
für 4 PS bei 1600 Umdr./Min. mit einer Pumpenleistung von 30 cbm/Std. bei 15 m
Höhe.
Das Installationsmaterial war in den verschiedensten Formen in dem Pavillon
systematisch geordnet. Außer dem bekannten Messing- und Stahlpanzer-Isolierrohr
nebst den dazugehörigen Werkzeugen waren Schalter, Anschlußdosen, Armaturen für
Lampen mit einer großen Anzahl verschiedener Typen der bestbewährten Bergmann-Metallfadenlampe sowie verschiedene Zähler und
Meßinstrumente zu sehen.
Auch auf dem Gebiet des Bahnbaues hatte die Firma I sich durch Ausstellung eines benzol-elektrischen Triebwagens in der Lokomotivhalle
betätigt. Triebwagen finden auf Strecken mit wenig dichtem Verkehr bei kurzzeitiger
starker Beanspruchung der Bahn Anwendung. Sie ermöglichen es, die Zugfolge auf
solchen Strecken bei gewissen Veranlassungen zu steigern und den Betrieb rentabel zu
gestalten, wo Dampflokomotiven nicht wirthschaftlich arbeiten. Dabei hat der
benzol-elektrische Triebwagen alle Vorteile des rein elektrischen Betriebes, nämlich
schnelle Betriebsbereitschaft, einfache Bedienung, geringes Gewicht u.a.m.
Der ausgestellte Wagen war für eine normalspurige Bahn bestimmt. Er besitzt einen
Explosionsmotor für die Verwendung von Benzol, der mit einem Gleichstrom-Generator
direkt gekuppelt ist. Von diesem werden die beiden auf den Achsen angeordneten
Nebenschluß-Motoren gespeist. Dabei läuft die Maschine im Betriebe mit der
günstigsten konstanten Drehzahl und höchstem Wirkungsgrad. Die Regulierung der
Fahrgeschwindigkeit geschieht in idealster und wirthschaftlichster Weise dadurch,
daß durch Veränderung der Erregung des Magnetfeldes die den Motoren gebotene
Klemmenspannung beeinflußt wird.
Textabbildung Bd. 326, S. 300
Fig. 25.
Die Lokomotivmotoren, von denen einer auf dem Stande in der Kraftmaschinenhalle
ausgestellt war, sind für Fernbahnen mit Wechselstrom bestimmt. Sie besitzen eine
Leistung von je 200 PS und sind nach dem System Bergmann-Westinghouse so gebaut, daß sie beim Anfahren als Repulsionsmotor
arbeiten und während des normalen Laufes ohne Schaltungsänderung nach und nach die
Eigenschaften eines Reihenschlußmotors annehmen. Dadurch wird ein funkenfreies
Arbeiten bei verschiedenen Belastungen ermöglicht.
Der Stator enthält eine Feldwicklung und eine Wicklung zur Erzielung einer
günstigen Kommutation durch Erzeugung des erforderlichen Wendefeldes und
Kompensation des Ankerfeldes. Von der gesamten Arbeitsspannung wird ein Teil dem
feststehenden Feld, der andere dem Anker zugeführt. Die Regelung der Geschwindigkeit
geschieht durch Aenderung der Ankerspannung.
Textabbildung Bd. 326, S. 301
Fig. 26.Elektrische Schweißmaschine der Ges. f. elektr. Industrie.
Zur Vermeidung hoher Kurzschlußströme sind zwischen Ankerwicklung und Kommutator
Widerstände eingebaut. Diese Motoren werden zurzeit auf der Strecke
Bitterfeld-Leipzig auf den elektrischen Lokomotiven für etwa 1000 PS Leistung
verwendet.
Auch bei der Entwicklung des Baues elektrischer Ausrüstungen für Hebezeuge haben die
Bergmann Elektrizitäts-Werke eine rege Tätigkeit
entwickelt. So wurde der elektrische Teil eines Aufzugs vorgeführt, dessen Motor bei
1000. Umdr./Min. 4,8 PS bei intermittierendem Betriebe leistete. Die Bewegung der
Kabine wird veranlaßt durch Einstellung einer Kurbel auf die Lage, welche die
Bezeichnung des betr. Fahrziels trägt. Dadurch tritt ein Schaltrelais mit
selbsttätig gesteuerten Magneten in Tätigkeit, welches die Umlaufsrichtung einstellt
und das Anlassen sowie Abstellen des Motors bei Erreichung des Fahrziels
bewirkt.
Von den Hebezeugen waren ein Flaschenzug und eine Unterflansch-Laufwinde der Gebr. Bolzani, Berlin, mit Bergmann-Ausrüstung versehen, wobei auf die Leistungsfähigkeit, einfache
Bedienung, Ueberlastbarkeit, gedrängten Bau besonders Rücksicht genommen ist
In der Sonderabteilung „Elektrizität“ wurde eine
elektrische Schweißmaschine der Firma Gesellschaft für
elektrotechnische Industrie, Berlin, im Betriebe
vorgeführt. Die Maschinen arbeiten nach dem Verfahren der Widerstandserhitzung, bei
dem die miteinander zu verbindenden Stücke durch Zusammenstoßen einen Stromkreis
schließen, wodurch an der Stoßstelle infolge des großen Uebergangs-Widerstandes
Erhitzung auf Weißglut erfolgt. Die Maschine ist einfach und solide gebaut und läßt
sich auch von ungeschultem Personal leicht bedienen. Fig.
24 zeigt eine Stumpf-Schweißmaschine zur
Herstellung von Radreifen, Fahrrad- und Automobilteilen, Werkzeugen und dergl. mehr.
Die Stücke werden durch Handräder in Klemmbacken befestigt und durch Druck auf einen
Fußhebel zusammengepreßt und geschweißt. Nach Fertigstellung schaltet sich der Strom
selbsttätig aus, etwa nach Art eines Maximalausschalters, da der Widerstand der
Schweißstelle beim Zusammenbacken immer kleiner wird, wodurch der Strom immer mehr
ansteigt. Die verschiedenen Anwendungsformen zeigt Fig.
25, die Maschine wird jedoch außerdem noch in anderer Ausführung (Fig. 26) hergestellt, zum Schweißen von Hohlkörpern,
Blechwaren aller Art und zum Nieten nach der Methode der Flecken- oder
Punkt-Schweißung.
Die zu verbindenden Bleche werden dabei an einzelnen Stellen durch Schweißpunkte
verbunden, die im Gegensatz zur Nietnaht keine Löcher, Nieten oder sonstige
Werkzeuge und Vorbereitungen erfordert. Setzt man die Schweißpunkte dicht
aneinander, so kann man eine wasserdichte Naht erhalten. Durch Zuhilfenahme eines
Rollenapparats an den Kontaktstellen können die Schweißstellen kontinuierlich
durchgewalzt werden.
Textabbildung Bd. 326, S. 301
Fig. 27.
Fig. 27 zeigt eine Anzahl von Werkstücken, die mit
der Maschine geschweißt und einer Weiterbearbeitung durch Ziehen, Pressen
unterworfen sind. Die Lohnersparnisse bei diesen Maschinen gegenüber der Nietung
betragen etwa 75 v. H. Der Energieverbrauch spielt dabei keine Rolle, da die
Schweißzeit klein ist. Die Festigkeit der Schweißpunkte ist etwa die doppelte einer
entsprechenden Nietverbindung. Diese Art der Schweißmaschinen ist schon längere Zeit
bekannt, z.B. die der Firma British Insulated and Helsby
Cables, Co. Limited. Da man zur Schweißung wegen der gleichmäßigen
Erhitzung der Elektroden und der großen Stromstärke bei niedriger Spannung nur
Wechselstrom mit Transformatoren verwenden kann, ist man bei Gleichstromanlagen zur
Anwendung einer teuern und den Betrieb erschwerenden Umformeranlage gezwungen.
Diesen Uebelstand beseitigt die deutsche Firma durch ein ihr patentrechtlich
geschütztes Verfahren der Umwandlung von Gleichstrom in Wechselstrom, das Neue an
dieser Maschine. Die dazu erforderlichen Hilfsmittel bestehen aus einem kleinen
Stromwender mit vier Segmenten, einigen Kondensatoren und den dazu nothwendigen
Schaltern und Meßinstrumenten.
Der Stromwender wird durch einen Motor von etwa ⅓ PS gedreht und schließt mit zwei
diametral gegenüberliegenden Segmenten den Kondensator an das Gleichstromnetz zum
Laden, um ihn dann mit den beiden anderen Segmenten über den in der Schweißmaschine
befindlichen Transformator zu entladen.
Ladung und Entladung erfolgen ohne Funkenbildung, da der Ladestrom beim Abschalten
nur einen kleinen bezw. keinen Wert besitzt und der Entladestrom mit dem
Verschwinden der Kondensatorspannung beim Ausschalten ebenfalls klein ist.
Die Spannungskurve erreicht jedoch bei dieser Anordnung einen hohen Scheitelwert, so
daß auch hohe Uebergangswiderstände leicht überwunden werden.
Da die Kondensatoren aus Aluminium und Eisenplatten in einem Natriumsalz sehr
widerstandsfähig sind, ist die Anlage betriebssicherer als alle bisherigen
Anordnungen. Außerdem ist der Wirkungsgrad ziemlich hoch und beträgt nach Messungen
von Prof. Wedding etwa 86 bis 90 v. H.
Infolge der mannigfachen Vorteile dieses Systems dürfte der elektrischen
Widerstandsschweißung ein weites Feld der Tätigkeit offen stehen.
(Schluß folgt.)