Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 302 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Verhalten von Wasserturbinen bei unveränderlicher
Umdrehungszahl und bei veränderlichem Gefälle.
Da es eine große Anzahl von Wasserkraftwerken gibt, welche bei Aenderungen des
Gefälles, sei es infolge von Wassermangel bei Stauanlagen oder infolge von Rückstau
bei Hochwasser, mit gleichbleibender Umdrehungszahl laufen sollen, so erscheint es
sehr wichtig, den Verlauf der Leistung, des Wirkungsgrades und der Wassermenge unter
solchen Verhältnissen möglichst im Vorhinein beurteilen zu können. Der Vorgang ist
hierbei derart, daß man eine Reihe von Versuchsergebnissen, welche bei
unveränderlichem Gefälle Hc mit verschiedenen Wassermengen und Umdrehungszahlen gewonnen sind, die
einer gleichbleibenden Umdrehungszahl n0 entsprechenden Werte berechnet und diese Werte
dann in ein Diagramm einträgt. Greift man z.B. aus den Versuchsergebnissen eine
Reihe voneinander entsprechenden Werten für Wassermenge Qk, Leistung Nk, Umlaufzahl nk und Wirkungsgrad ηk heraus, so findet
man zunächst das entsprechende reduzierte Gefälle Hk' für die
Umdrehungszahl n0
aus
\frac{n_0}{\sqrt{{H_k}'}}=\frac{n_k}{\sqrt{H_c}}
und
{H_k}'=H_c\,\frac{{n_0}^2}{{n_k}^2}.
Da in beiden Fällen die Turbine ähnlich läuft, so gilt
ferner:
{Q_k}'=Q_k\,\sqrt{\frac{{H_k}'}{H_c}},
{N_k}'=N_k\,\frac{{H_k}'\,\sqrt{{H_k}'}}{H_c\,\sqrt{H_c}},
ηk' = ηk.
Damit ist der Weg für die Umrechnung gegeben. Ein praktisches
Beispiel der Bremsergebnisse einer 500 mm Francis-Turbine im hydraulischen Laboratorium des Polytechnischen Institutes
St. Petersburg zeigt nun, daß sich der Wirkungsgrad mit abnehmendem Gefälle zuerst
nur unbedeutend ändert, aber dann plötzlich abfällt, offenbar im Zusammenhange
damit, daß die Turbine für das Gefälle zu schnell läuft. Besonders bemerkenswert ist
aber, daß sich die Leistung bei gleichbleibender Umdrehungszahl mit dem Gefälle fast
genau nach einer geraden Linie ändert. Dieses Ergebnis, welches durch die
Nachrechnung der Versuchsergebnisse bei anderen Turbinen bestätigt wird, gibt ein
sehr einfaches Mittel an die Hand, um mit Hilfe von zwei Werten den ganzen Verlauf
der Leistungen bei dem veränderlichen Gefälle auch ohne vorherige genaue Bremsung zu
bestimmen. (Bachmeleff.) (Zeitschr. f. d. gesamte
Turbinenwesen 1911, S. 7–9.].
H.
Ein neuer Empfänger für lange Seekabel unter Verwendung
von Interferenz des Lichts.
Albert C. Crehore und Major Geo.O. Squier beschreiben im Electrician vom 9. Dezember 1910, S. 328,
einen neuen Empfänger für lange Seekabel. Der jetzt gebräuchliche Siphonrekorder (s.
D. p. J. Heft 44 S. 693) besteht im wesentlichen aus einer in einem starken
Magnetfeld aufgehängten Spule, welche, vom ankommenden Strom durchflössen, aus der
Ruhelage abgelenkt wird und hierbei das Heberröhrchen über den Papierstreifen
bewegt. Das Röhrchen ist freischwingend befestigt und durch zwei Kokonfäden mit der
Spule verbunden. Die Empfindlichkeit des Apparates wächst bei konstanter
Direktionskraft mit der Stärke des Magnetfeldes. Um sie zu messen, haben Crehore und Squier an der
Spule einen kleinen Spiegel befestigt, der einen Lichtschein auf eine im Abstand von
1 m aufgestellte Skala wirft. Bei einer Feldstärke von 850 Gauß (Gauß als Einheit
der magnetischen Feldstärke) ist zur Ablenkung des Lichtscheines um 1 mm ein Strom
von 2,00 • 10 – 6 Amp. erforderlich, wenn die
Kokonfäden, die zum Heberröhrchen geführt sind, gelöst werden, so daß sich die Spule
allein bewegt. Bei der dreifachen Feldstärke von 2800 Gauß genügt rd. ⅓ des Stromes,
nämlich 0,62 • 10 – 6 Amp. Wird das Heberröhrchen
wieder angeschlossen, so ergeben sich unter sonst gleichen Bedingungen die Werte 4,9
• 10 – 6 Amp. und 1,03 • 10 – 6 Amp.
Wird jetzt das Röhrchen in die Schreibtinte eingetaucht und in Vibration versetzt, so
daß es auf dem Papierstreifen schreibt, so muß der Strom bei einer Feldstärke von
2800 Gauß auf 42,5 • 10 – 6 Amp. erhöht werden,
wenn eine Ablenkung des Röhrchens um 1,25 mm erzielt werden soll, wie sie für gute
Telegraphierzeichen als nothwendig und ausreichend erachtet wird. Das Feld weiter zu
verstärken, bringt keinen Vorteil mehr, denn die Dämpfung der Spule wird dann so
groß, daß die Spule den Stromänderungen zu langsam folgt, so daß hierdurch der
Gewinn an Empfindlichkeit wieder aufgehoben wird. Crehore und Squier haben das Heberröhrchen
durch eine Vorrichtung ersetzt, zu deren Betätigung es nur ganz geringer, mit dem
bloßen Auge nicht wahrnehmbarer Bewegungen der Spule bedarf, so daß die Dämpfung
kaum in die Erscheinung tritt und eine erhebliche Verstärkung des Magnetfeldes
möglich wird. Bei dem neuen Apparat sind die Polschuhe und die Spulen wagerecht
angeordnet. Ueber der Spule befinden sich zwei kleine dünne Glasplatten, von denen
die untere durch die obere am Rande etwas überragt wird. Ein Kokonfaden führt von
der einen Seite der Spule mitten über die obere Glasplatte zur anderen Seite der
Spule. Der Faden hilft die Spule tragen; durch Heben und Senken der Glasplatten wird
die Spannung des Fadens reguliert. Die zwischen den Platten eingeschlossene dünne Luftschicht
ruft Interferenzerscheinungen an den auftreffenden Lichtstrahlen hervor. Es
entstehen Interferenzstreifen mit farbigen Rändern (Farben dünner Blättchen). Wird
die Spule unter dem Einfluß des ankommenden Stromes bewegt, so wird der Druck
zwischen den beiden Glasplatten verändert und hierdurch werden die
Interferenzstreifen abgelenkt. Die Bewegung der Lichtstreifen dient zur Darstellung
der telegraphischen Zeichen an Stelle des Heberröhrchens. Die Zeichen werden direkt
abgelesen oder photographiert Eine einfarbige Lichtquelle leistet hierbei bessere
Dienste als eine mehrfarbige. Als besonders gut geeignet wird die
Quecksilberdampflampe bezeichnet, die auch gute Photogramme liefert, obwohl sie
nicht vollkommen homogenes Licht gibt.
Die Verwendung der Interferenzplatten gestattet eine Steigerung der Feldstärke auf
6500 Gauß. Hierbei genügt ein Strom von 5 • 10 – 6
Amp. um eine mit dem bloßen Auge sichtbare Ablenkung der Interferenzstreifen
herbeizuführen. Um brauchbare Telegraphierzeichen zu erhalten, sind 20 • 10 – 6 Amp. erforderlich, also rund halb soviel wie
bei Verwendung des Heberröhrchens.
Bei einer ähnlichen Anordnung von Interferenzplatten auf der Membrane eines
Fernhörers von 620 Ohm Widerstand wurde die Bewegung der Interferenzstreifen bei
einem Strom von 1,26 • 10 – 6 Amp. beobachtet.
Näheres ist zu ersehen aus „Note on Oscillatory Interference Bands and Some
Practical Applications. George O. Squir and Albert C. Crehore. American Physical
Society. Bulletin U. S. Bureau of Standards.“
Adt.
Kolbenlose hydraulische Presse.
Textabbildung Bd. 326, S. 303
Fig. 1.
Textabbildung Bd. 326, S. 303
Fig. 2.
Eine englische Firma baut eine kolbenlose hydraulische Presse, welche mit dem Wasser
der Hauswasserleitung arbeitet, so daß Pumpen und Antriebsmaschinen zur Erzeugung
von Preßwasser nicht nothwendig sind. Besonders wird diese Presse dort Beachtung
finden, wo Materialien Gesamtdrücken von 3–80 t unterworfen werden sollen. Für
diesen Zweck werden gegenwärtig Schraubenspindelpressen benutzt, welche aber den
Nachteil haben, daß sie die Bedienung eines kräftigen Mannes erfordern und mit
großen Reibungsverlusten arbeiten. Wie aus Fig.
1 und 2 zu ersehen, ist die
Konstruktion der Presse sehr einfach: zwischen der Grundplatte und der auf vier
Stangen geführten beweglichen Tischplatte ist ein elastischer Zylinder angeordnet,
der aus gummiertem Stoff A besteht, welcher in
Wellenform gebracht ist (siehe Fig. 1);
er wird in dieser Form gehalten durch Metallbänder B,
und bei seiner Bewegung oder Ausdehnung geführt durch Stangen C, die an der Grundplatte, und Stangen D, die an der Tischplatte befestigt sind. Das Wasser
tritt in den Zylinder durch Rohr E ein, dehnt den
Zylinder aus, wobei die Tischplatte gehoben und ein anfangs sanfter, später starker
und gleichbleibender Druck erzeugt wird, der für beliebige Zeit aufrechterhalten
werden kann. Wenn eine der in nachstehender Tabelle verzeichneten Pressen, deren
jede einen Hub von 200 mm hat, täglich zwölfmal benutzt wird und 1000 l
Leitungswasser 11 Pf. kosten, so ergeben sich folgende Betriebskosten:
Zylinder-Durch-messer d. Pressein
mm
Wasserverbrauch
Betriebskostenf. d. Wochein
M
f. d. Tagin 1
f.d. Woche von5½ Tagen in 1
300
204
1137
0,12
450
463
2544
0,27
600
817
4497
0,49
750
1363
7493
00,92
900
1907
10498
1,15
[Engineering 1910, II, S. 747]
Renold.
Neuerungen in der technischen Anwendung der
Kieselsäure.
Von den Industrien, die Kieselsäure als Rohmaterial verwenden, sind zwei jüngeren
Datums, und zwar die Industrie der silizierten Kohle
und die Industrie des Quarzglases. Gelegentlich der
Versuche zur Herstellung künstlicher Diamanten entdeckte Acheson das Siliziumkarbid (Si C), das zur gleichen Zeit und unabhängig
von ihm auch Moissan bei seinen Versuchen mit dem
elektrischen Ofen erhielt. Die Herstellung dieses Körpers erfolgt, indem man ein
Gemisch von Koks, Quarzsand, Sägespänen und Kochsalz im Widerstandsofen erhitzt. Die
industrielle Herstellung erfolgt in Amerika in großen Werken am Niagarafall, die mit
einer Energie von 110000 PS arbeiten. Zur Herstellung von 1 kg Karbid werden 85
KW/Std. verbraucht. Das Siliziumkarbid kommt unter den Namen Karborundum und Karborit in den Handel. In
Oesterreich werden z.B. jährlich 300000–400000 kg hergestellt. Die Dichte des
Karborundums beträgt 3,125–3,270, es ist fast so hart wie der Diamant. Bei hoher
Temperatur erleidet es eine thermische Dissoziation, dagegen ist es gegen chemische
Einflüsse sehr widerstandsfähig. Es wird von schmelzenden Alkalien ebensowenig
angegriffen wie von schmelzendem Eisen, Kupfer, Magnesium oder anderen Metallen.
Siliziumkarbid findet Anwendung als Schleifmittel, feuerfestes Material,
Stahlzusatz, als Elektrodenmaterial und zur Siliziumgewinnung. Viele dieser
Anwendungsmöglichkeiten sind von der Formgebung abhängig, die erst F. Bölling im Jahre 1904 gelang. Sein Verfahren, das
von der Prometheus-G. m. b. H. in Frankfurt a. M.
ausgeübt wird, beruht auf der Silizierung geformter Kohle im elektrischen Ofen
mittels Siliziumdampf, der aus Sand und Koks bei hoher Temperatur entsteht. Das auf
diesem Wege gewonnene Produkt führt den Namen Silundum
und wird viel als elektrisches Widerstandsmaterial verwendet. Auf anderem Wege
entsteht das Silit der Gebrüder
Siemens & Co. in Berlin. Sie stellen aus
fein verteiltem Siliziumkarbid, Silizium und Glyzerin eine plastische Masse her,
pressen aus dieser Stäbe und verkitten das Silizium mit den Karbidteilchen, indem
sie die Stäbe auf hohe Temperatur erhitzen. Die so gewonnenen Stäbe haben
außerordentlich dichtes Gefüge. Auch künstlicher Graphit und Siliziummonoxyd, Monox genannt, werden aus Siliziumkarbid im
elektrischen Vakuumofen gewonnen. Das Monoxyd ist ein lockeres Pulver, das als
Isoliermasse gegen Elektrizität und Wärme sowie als Auskleidungsmaterial für
keramische Oefen dient.
Obwohl die Versuche zum Schmelzen von Quarz oder
Bergkristall weit zurückreichen, sind erst in
jüngster Zeit technisch verwertbare Verfahren zur Glasgewinnung aus diesen Stoffen
angegeben worden.s. D. p. J. 1910,
Bd. 325, S. 687. Immerhin kostet auch heute noch 1 kg
durchsichtiges Quarzglas 1000 M. Das Quarzglas beginnt bei 1500° zu erweichen;
zwischen 1700 und 2000° wird es erst bildsam. Da dieses Temperaturintervall
relativ klein ist, läßt sich das Quarzglas nur schwer im Knallgasgebläse
bearbeiten. Es leitet Elektrizität viel schlechter als gewöhnliches Glas. Seine
große Widerstandsfähigkeit gegen schroffen Temperaturwechsel macht es zu einem
wertvollen Material für den Chemiker, ebenso ist seine Durchlässigkeit für
ultraviolettes Licht für die Photochemie von großer Bedeutung. (F.-Böck.) [Chem.-Zeitg. 1911, S. 231]
Dr. S