Titel: | Der heutige Stand im Dampfturbinenbau. |
Autor: | Meuth |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 337 |
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Der heutige Stand im
Dampfturbinenbau.
Von Bauinspektor Dr.-Ing. Meuth,
Stuttgart.
Der heutige Stand im Dampfturbinenbau.
1. Vorbemerkung.
Vor etwa 15 Jahren, als die ersten Berichte über die praktische Ausführung von
Dampfturbinen auftauchten, hat wohl niemand geglaubt, daß sie der
Kolbendampfmaschine, die damals durch Einführung der Dampfüberhitzung gerade in ein
neues Stadium ihrer Entwicklung getreten war, in so kurzer Zeit eine erdrückende
Nebenbuhlerin werden würde. Auch noch in den Jahren des Versuchsstadiums haben
manche alten Praktiker den Kopf geschüttelt, wenn von einem Verdrängen der
Kolbendampfmaschine durch die Turbine in absehbarer Zeit gesprochen wurde. Aber
beispiellos rasch hat sie sich zu einer betriebssicheren, ökonomischen Maschine
entwickelt und weite Verbreitung erlangt. Heute würde es als rückständig gelten, für
eine neue, größere Kraftmaschinenanlage nicht auch die Aufstellung einer
Dampfturbine zu erwägen, und wenn von dem einen oder anderen Betriebsleiter
vorläufig noch der Kolbenmaschine der Vorzug gegeben wird, so geschieht dies in der
Regel in den Fällen, wo die Forderung absoluter Betriebssicherheit wichtiger ist als
alles andere. In der Betriebssicherheit wird eben die Kolbendampfmaschine heute noch
von keiner anderen Kraftmaschine übertroffen. Letztere ist einer weiteren
Entwicklung und Vervollkommnung aber kaum noch fähig; es fehlen ihr also die
Bedingungen für den Fortbestand technischer Einrichtungen und Verfahren. Man wird
deshalb damit zu rechnen haben, daß sie der noch etwas entwicklungsfähigeren
Dampfturbine, die sie auf einigen Gebieten schon stark zurückgedrängt hat, wohl
überall wird den Platz raumen müssen. Doch so rasch wird diese Aenderung sich nicht
vollziehen; im Konkurrenzkampf mit der Turbine werden im Kolben-Maschinenbau,
ähnlich wie nach dem Auftreten der Gasmaschine, lebhafte Anstrengungen zu weiteren
Verbesserungen gemacht, die denn auch neuerdings zu einer wesentlichen
Konstruktionsvereinfachung der Kolbendampfmaschine geführt haben.
Hinsichtlich der Dampfökonomie sind beide Maschinenarten heute annähernd gleichartig;
im Gebiete der niederen Dampfdrucke besitzt die Turbine eine entschiedene
Ueberlegenheit. Eine Steigerung der Oekonomie, wenn auch nicht in sehr
beträchtlichem Maße, ist bei der Dampfturbine immerhin anzunehmen durch weitere
Verminderung der Verluste namentlich in den Düsen und Schaufelrädern und durch die
Möglichkeit, höhere Dampfdrucke und- temperaturen zu verwenden. Von den allgemein
bekannten Vorzügen der Dampfturbine gegenüber der Kolben-Faschine: die nur
umlaufende Bewegung, der einfache Aufbau, der geringe Raumbedarf, die leichte
Wartung u.a., braucht hier nicht gesprochen zu werden; sie waren die Ursache, daß
sich die Dampfturbine so rasch in die Begebe einführte. Die Entwicklung der
Elektrotechnik hatte allerdings sehr günstig vorgearbeitet. Man brauchte bei
der zunehmenden Elektrisierung der Betriebe raschlaufende Antriebsmaschinen, die
möglichst große Leistungen entwickeln können; denn die Rücksicht auf die
Wirthschaftlichkeit gebot möglichste Zentralisierung der Krafterzeugung. Hierfür
eignet sich aber die Dampfturbine ganz besonders. Mit 6–7000 PS ist die ortsfeste
Kolbendampfmaschine an der Grenze angelangt, bis zu welcher man bei uns eine solche
Leistung noch in einem Aggregat ausführt, während Dampfturbinen heute schon mit
einer Leistung bis zu 25000 PS ohne besondere Schwierigkeiten gebaut werden. Auch
bei dieser gewaltigen Leistung sind Dampfturbinen nicht weniger leicht zu bedienen,
erreichen andererseits eine um so höhere Oekonomie, je größer die Leistung ist. Man
hat damit begonnen, große, mit Dampfturbinen betriebene elektrische Zentralen in
Kohlenrevieren zu errichten und von dort aus weite Industriegebiete mit elektrischer
Energie zu versorgen. Die rasche Entwicklung zu einer betriebssicheren und
ökonomischen Maschine war aber doch nur dadurch möglich, daß die hochentwickelte
Technik der modernen Maschinenwerkstätten den Schwierigkeiten gewachsen war, welche
beim Bau von Dampfturbinen auftreten, und daß die Wissenschaft dem Konstrukteur
sichere Zahlen für seine Berechnungen und eine für den praktischen Gebrauch
verwendbare Theorie zur Verfügung stellte, welche manchen langen Umweg durch
unsicheres Probieren ersparte.
Die Arbeitsweise der Dampfturbine beruht bekanntlich auf der Wirkung des strömenden
Dampfes auf Schaufeln, die sich mit einer ganz bestimmten, von der
Dampfgeschwindigkeit abhängigen Geschwindigkeit bewegen müssen, wenn die
Energieübertragung mit dem besten Wirkungsgrad erfolgen soll. Die Geschwindigkeit,
welche ein Dampfstrahl bei seinem Austritt aus einem Raum höheren Druckes in einen
solchen niederen Druckes annimmt, ist unter den gewöhnlichen Verhältnissen (hoher
Kesseldruck und geringer Gegendruck im Kondensator) sehr hoch. Der Versuch de Lavals, die hohe Dampfgeschwindigkeit in einem
einzigen Turbinenrade in Arbeit umzusetzen, ist gewiß eine der hervorragendsten
technischen Leistungen. Doch ist dieses Verfahren wegen der außerordentlich hohen
Radgeschwindigkeiten und der dadurch bedingten Materialbeanspruchungen nicht
entwicklungsfähig. Es gibt bekanntlich zwei Möglichkeiten, die Geschwindigkeit der
Turbinenräder zu verringern: Durch stufenweise Ausnutzung der Dampfgeschwindigkeit
oder des Dampfdruckes. Geschwindigkeitsabstufung ist nur bei Gleichdruckturbinen
anwendbar, Druckabstufung bei Gleich- und Ueberdruckturbinen. Es ergeben sich so
drei Grundtypen von Dampfturbinen: die Ueberdruckturbine, die nothwendig eine sehr
enge Druckunterteilung haben muß; sie ist nach Parsons
benannt. Die vielstufige Gleichdruckturbine, die von Rateaa und Zoelly in die Praxis eingeführt wurde, und schließlich
die Curtis-Turbine, eine Gleichdruckturbine mit
Geschwindigkeitsstufen. Die Fig. 1a, b und c zeigen im
Prinzip die Wirkungsweise dieser drei Turbinenarten. Der Verlauf des Dampfdruckes in
der Turbine und die Größe der Dampfgeschwindigkeiten geht aus den beigefügten Kurven
für p; und v hervor. Diese
Grundtypen können in verschiedener Weise miteinander kombiniert werden. Fig. 1d zeigt z.B. die Kombination einer Curtis-Turbine mit einer vielstufigen
Gleichdruckturbine. Das gibt dem Turbinenbau eine große Mannigfaltigkeit in den
Ausführungsformen, die durch die zahlreichen, zum Teil nicht zur Ausführung
gekommenen, zum Teil wieder aufgegebenen Vorschläge zur Verbesserung der
Dampfführung und anderer konstruktiver Einzelheiten noch vermehrt werden. Eine
Unzahl von „Dampfturbinensystemen“ tauchte in der ersten Zeit auf. Manche
Firmen glaubten den geschäftlichen Tiefstand im Anfang des vergangenen Jahrzehnts
dadurch zu überwinden, daß sie den Bau von Dampfturbinen, natürlich „eigenen
Systems“, aufnahmen. Vieles davon ist im Konkurrenzkampf vom Markt wieder
verschwunden oder heute noch zu keiner rechten Entwicklung gekommen. Im Gegensatz
dazu konnte sich in England die Parsons-Turbine fast
ohne Nebenbuhler entwickeln; es hat zweifellos zu ihrer raschen Vervollkommnung und
großen Verbreitung beigetragen, daß sich dabei das Interesse und die Erfahrungen der
Ingenieure nicht in der Weise wie auf dem Festlande auf eine ganze Reihe von
Turbinenbauarten zersplitterten. Heute ist auch bei uns die Entwicklung des
Dampfturbinenbaues in gesundere Bahnen eingelenkt, nachdem die Erfahrungen gezeigt
haben, daß weniger das „System“ als solches, als die zweckmäßige Konstruktion
der Einzelheiten und die Genauigkeit der Ausführung für den Erfolg und die
Brauchbarkeit einer Dampfturbine ausschlaggebend sind. Durch den Austausch der
Betriebserfahrungen und dadurch, daß bewährte Konstruktionseinzelheiten allmählich
Gemeingut der Konstrukteure geworden sind, läuft die weitere Entwicklung des
Dampfturbinenbaues auf eine immer größere Vereinheitlichung der Bauarten hinaus.
Textabbildung Bd. 326, S. 338
Fig. 1a.Vielstufige Ueberdruckturbine in reiner Parsons-Bauart. (Die Zahl
der Stufen ist sehr viel größer als in der Figur angedeutet und beträgt etwa
70–80)
Textabbildung Bd. 326, S. 338
Fig. 1b.Vielstufige Gleichdruckturbine
2. Kurze Kennzeichnung der
Bauarten.
Wir wollen nun kurz auf die Eigenthümlichkeiten, Vorzüge und Nachteile der genannten
drei Hauptturbinenarten eingehen und mit der vielstufigen Ueberdruckturbine
beginnen. Schon bei den ersten Ausführungen von Parsons
ist eine auffallende Ueberlegenheit in der Dampfökonomie gegenüber anderen Turbinen
hervorgetreten, hauptsächlich bedingt durch die geringen Dampfgeschwindigkeiten, die
200 m in keiner Stufe übersteigen. So ist bei den Versuchen an den 1000 PS
Elberfelder Turbinen j im Jahre 1900, die eine gewisse Berühmtheit besitzen, ein
Dampfverbrauch von 8,8 kg f. d. KW/Std. gemessen worden, ein für diese Turbinengröße
ausgezeichnetes Resultat, wenn noch berücksichtigt wird, daß die Turbinen
Erstlingsausführungen waren. Seitdem hat sich der Dampf verbrauch für gleichgroße
Aggregate auf 7,2 kg, für große Einheiten von etwa 6000 KW sogar auf 5,3 kg f. d.
KW/Std. verringert. Der reinen Parsons-Turbine hafteten
indessen einige Nachteile an, welche aber bei den neueren Konstruktionen zum größten
Teil beseitigt sind und dadurch in der Hauptsache vermieden werden, daß der
Ueberdruckturbine nur das Gebiet der niederen Dampfdrucke zugewiesen wird. Für die
Verarbeitung hochgespannten Dampfes ist die reine Parsons-Bauart weniger geeignet. Bei der nothwendigen vollen
Beaufschlagung und dem geringen Volumen des hochgespannten Dampfes werden die
Schaufeln des Hochdruckteiles für einen bestimmten, von der Umdrehungszahl
abhängigen Trommeldurchmesser sehr kurz. In diesem Falle wird die Menge des seitlich
durch den Spielraum zwischen Laufschaufeln und Gehäuse hindurchschlüpfenden Dampfes
im Vergleich zu dem Dampf, welcher arbeitverrichtend durch die Schaufelkanäle
strömt, unverhältnismäßig groß; auch die Störung der Dampfströmung durch die Wirkung
der Schaufelenden ist bei kurzen Schaufeln erheblich größer als bei langen. Will man
diese Nachteile der kurzen Schaufeln im Hochdruckteil vermeiden, so ist dies nur
durch eine Verkleinerung des beaufschlagten Schaufelkranzes, also des
Trommeldurchmessers, zu erreichen. Die damit verbundene geringere
Umfangsgeschwindigkeit verlangt ihrerseits geringere Dampfgeschwindigkeiten, also
eine engere Unterteilung des Druckgefälles; der Hochdruckteil der ohnehin schon
übermäßig langen Trommel wird dadurch noch länger und die Schwierigkeit für einen
erschütterungs-
und reibungsfreien Lauf auch nach eingetretener Wärmedehnung erhöht, von der
größeren Raumbeanspruchung ganz abgesehen. Man hat gefunden, daß der Hochdruckteil
von Parsons-Turbinen bei Verwendung hochgespannten
Dampfes nicht ökonomischer arbeitet als ein einziges Hochdruckrad, welches das
gleiche Druckgefälle in mehreren Geschwindigkeitsstufen verarbeitet. Da nun das
letztere eine ganze Reihe von Vorteilen bietet, insbesondere eine erhebliche
Verkürzung der Trommellänge (s. Fig. 2),
infolgedessen eine bessere Lagerung, geringere Durchbiegung, geringere Temperatur
und geringeren Dampfdruck in der Turbine, was die Abdichtung der Welle erleichtert
und einen geringeren Achsialschub hervorruft, so wird neuerdings der kombinierten
Bauart mit einem GleichdruckradDie
Anordnung von mehreren Gleichdruckrädern scheint für größere Maschinen
keinen Vorteil zu bringen. Nach Versuchen der Gutehoffnungshütte an einer
Turbine, bei welcher einem Niederdruck-Ueberdruckteil der Reihe nach
zunächst drei Druckstufen mit je einer Geschwindigkeitsstufe, dann zwei
Druckstufen mit je zwei Geschwindigkeitsstufen und schließlich eine
Druckstufe mit zwei Geschwindigkeitsstufen vorgeschaltet wurden, hat die
letztere Anordnung das günstigste Ergebnis geliefert. mit
Geschwindigkeitsstufen im Hochdruckteil der Vorzug gegeben.
Textabbildung Bd. 326, S. 339
Fig. 1c.Zweistufige Gleichdruckturbine mit Geschwindigkeitsstufen.
Wahrscheinlich wird die kombinierte Bauart in Zukunft die
einheitliche Ausführungsform für größere Dampfturbinen bilden. Ob dabei der Mittel-
und Niederdruckteil nach dem Ueberdruck- oder Gleichdruckprinzip, ob der Rotor als
Trommel ausgeführt wird oder mit einzelnen Scheibenrädern, darüber läßt sich nach
den heutigen Erfahrungen noch nichts Endgültiges sagen. Der Niederdruckturbine,
deren Rotor fast durchweg als Trommel ausgeführt wird, wird zum Vorwurf gemacht, daß
infolge des Ueberdrucks vor und hinter jedem Schaufelkranz Spaltverluste auftreten.
Diese können aber unmöglich sehr groß sein, sonst könnten derartige Turbinen nicht
so hohe Wirkungsgrade aufweisen, zudem hier die Strömungsverluste infolge des großen
Dampfweges und der vielen Reibungsflächen Wohl nicht unerheblich sind. Der
Ueberdruck ist auch zwischen jeder Stufe verhältnismäßig klein; der Spaltquerschnitt
am Umfang der Schaufelkränze ist zwar nicht unbeträchtlich, aber doch im
Niederdruckteil einer Turbine im Verhältnis zu dem nutzbaren Durchgangsquerschnitt
der Schaufelkränze gering. Hierzu kommt, daß der Dampf, welcher durch den Spalt und
nicht durch die Schaufeln strömt, bei der großen Zahl der Schaufelreihen noch
Gelegenheit findet, seine Energie abzugeben. Bei Scheibenrädern wird der Spalt
zwischen zwei Stufen an die Welle, an eine Stelle mit sehr viel geringerem
Durchmesser, verlegt; dem durchtretenden Dampf bietet sich also ein viel kleinerer
Querschnitt, doch ist hier die durch die Flächeneinheit durchtretende Dampfmenge
infolge des größeren Ueberdruckes viel größer; auch ist hier nicht die Randwirkung
der rotierenden Schaufeln, welche das Durchtreten des Dampfes erschwert, wie bei der
Trommelbauart vorhanden. Die Spaltverluste scheinen deshalb bei Trommel- und
Scheibenbauart nicht viel verschieden zu sein. Ein weiterer Vorwurf wird der
Ueberdruckturbine gemacht wegen der Notwendigkeit einer Entlastung für den
auftretenden Achsialschub der Welle. Die dazu nötigen Einrichtungen sind aber ganz
einfacher Art und arbeiten bei neueren Maschinen nur mit einem geringen
Dampfverlust. Sind so die häufig gegen die Ueberdruckturbine und die Trommelbauart
ins Feld geführten Nachteile unerheblich, so ist andererseits die hohe Ausnutzung
des Dampfes im Gebiete der niederen Dampfdrucke hervorzuheben, welche hier über 70
v. H. beträgt.
Textabbildung Bd. 326, S. 339
Fig. 1d.Kombinierte Turbine mit Curtisrad im Hochdruckteil und mit
vielstufiger Gleichdruckturbine im Niederdruckteil.
Die reinen Druckturbinen mit Druckabstufung haben in der Regel Einzelscheiben; sie
bieten den Vorteil der teilweisen Beaufschlagung, welche es ermöglicht, den
Raddurchmesser groß zu nehmen und so ein größeres Wärmegefälle in einem Rade zu
verarbeiten. Der mittlere Durchmesser des Laufschaufelkreises kann bei allen Rädern
gleich genommen werden. Ventilations- und Reibungsverluste sind jedoch bei teilweise
beaufschlagten Druckturbinen mit Scheibenbauart etwas größer. Auch bei
Gleichdruckturbinen findet sich mitunter die Trommelbauart besonders bei
Schiffsturbinen. Der dabei auftretende Achsialschub dient hier zum Ausgleich des
Propellerschubes.
Die Zahl der Druckstufen ist bei Gleichdruckturbinen geringer als bei
Ueberdruckturbinen; sie beträgt je nach der Größe und Tourenzahl der Maschine und je
nach dem zu verarbeitenden Wärmegefälle etwa 10 bis 20. Wie schon erwähnt, herrscht
die Scheibenbauart vor, die zwar teuer ist, aber eine hohe Betriebssicherheit
gewährt, da die Räder mit größeren Spielraumen im Gehäuse laufen können und deshalb
unempfindlicher gegenüber Wärmedehnungen sind. Zur Entlastung des auftretenden
geringen Achsialschubes genügt eine einfache Anlauffläche der Welle oder ein kleines
Kammlager, das auch für die genaue Einstellung des Rotors dient.
Textabbildung Bd. 326, S. 340
Fig. 2.Rotoren zweier 500 PS-Dampfturbinen. (Oben reine Parsons-Turbine;
unten Ueberdruckturbine mit vorgeschaltetem Curtisrad.
Man führt neuerdings auch vielstufige Druckturbinen mit einem Curtis-Rad im Hochdruckteil aus und erreicht damit eine Verkürzung der
Bäulänge durch Verringerung der Laufräder oder bei gleichbleibender Baulänge eine
engere Druckabstufung im Niederdruckteil. In beiden Fällen bringt die Verringerung
des Anfangsdruckes im Turbinengehäuse auf etwa 2 at, und die niedrige Temperatur
Vorteile im Betriebe. Natürlich treten die Vorteile der kombinierten Bauart hier
nicht so sehr hervor wie bei der Ueberdruckturbine.
Für kleinere Leistungen und für Fälle, wo es in erster Linie auf äußerste
Raumbeschränkung, Einfachheit und Billigkeit der Maschine und erst in zweiter Linie
auf die Dampfökonomie ankommt, wird die Gleichdruckturbine mit nur einer oder mit
nur wenigen Druckstufen auch in Zukunft ihr Feld behaupten. Daß auch für mittlere
Leistungen solche Turbinen mit zwei Druckstufen und mehreren Geschwindigkeitsstufen
mit guter Oekonomie gebaut werden können, zeigen die Ausführungen der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft, von denen später
noch ausführlich die Rede sein wird. Für größere Leistungen wird der
Niederdruckteil als vielstufige Turbine gewöhnlich nach dem Gleichdrucksystem
ausgeführt.
Man sieht also, wie sich die Hauptbauarten in der kombinierten Form zusammenfinden,
die schon heute von der Mehrzahl der Dampfturbinenfirmen ausgeführt wird. Auch in
der Konstruktion der Einzelheiten ist schon jetzt eine gewisse Vereinheitlichung zu
bemerken. So wird die Labyrinthdichtung für Dampf, ein
erst durch den Dampfturbinenbau zu vielfacher Verwendung gekommenes Verfahren zur
Wellenabdichtung, bei fast allen Dampfturbinensystemen ausgeführt.
Labyrinthdichtungen werden verwendet, um sowohl das Entweichen von Dampf nach dem
Kondensator, nach außen oder nach einer Stufe geringeren Druckes, oder auch, um das
Eindringen äußerer Luft in die Turbine zu verhindern. In letzterem Fall wird in die
Dichtungen Dampf eingelassen, meist solcher, der schon gearbeitet hat. Leichte, nach
außen austretende Dampfwolken zeigen dem Maschinenführer an, daß an den
Dichtungstellen keine Luft in die Turbine eintritt. Diese Dichtungen haben sich sehr
gut bewährt. Da keine metallische Berührung der abzudichtenden Teile stattfindet,
nutzt sich die Dichtung im Betriebe nicht ab und bedarf keiner Erneuerung. Damit die
Spielräume möglichst klein genommen werden können, müssen die Formänderungen von
Gehäuse und Welle so weit wie möglich in engen Grenzen gehalten werden. Auch die
Wellenabdichtung mit geteilten Kohlenringen, die durch eine herumgelegte
Schlauchfeder leicht gegen die Welle gepreßt werden, hat sich namentlich für höhere
Druckunterschiede gut bewährt.
(Fortsetzung folgt.)