Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 350 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Transportlokomotiven Bauart Klien-Lindner.
Diese eignen sich sehr für industrielle Anlagen von Bergwerksgesellschaften, zum
Transport von Kohle und Erz auf Strecken mit starken Krümmungen und großen
Steigungen. Für die Bergwerksgesellschaft G. von Giesches
Erben, Schlesien, wurden solche Lokomotiven geliefert mit 785 mm Spurweite
und für einen Krümmungsradius von 24 m. Die Lokomotiven müssen 115 t Wagengewicht
auf Steigungen von 1 : 40 schleppen können. Die Krümmungen mit der normalen
Spurerweiterung von 20 mm sind ohne besonderen Kraftverlust zu durchfahren. Die
Zugkraft von 4500 kg bei einer Reibungsziffer von ⅙ entspricht einem Reibungsgewicht
der Lokomotive von mindestens 27 t. Die Geschwindigkeit auf den großen Steigungen
soll 12 km i. d. Std. sein. Diese Forderung verlangt einen Kessel von etwa 60 qm
Heizfläche. Die Zylinderdurchmesser betragen 340, der Hub 400 mm, der Dampfdruck ist
13 at.
Das Projekt der 4/4 gekuppelten Lokomotive mit parallel verschiebbaren End- und
Mittelachsen nach Bauart Gölsdorf schied aus, da hier
sich als größte Seitenverschiebung nach jeder Seite 55 mm ergab. Das Projekt der 2 ×
2/2 gekuppelten Mallet-Lokomotive ergab in Krümmungen
von 25 m Radius einen zu großen Ausschlag des vorderen Drehgestelles, so daß die
Standsicherheit der Lokomotive gefährdet erscheinen mußte. Es blieb als einziges
Mittel nur die Wahl von vier Hohlachsen nach Klien-Lindner übrig. Von den vier gekuppelten Achsen, von denen je zwei
durch eine Deichsel zu einem Drehgestell, Bauart Krauß-Helmholtz verbunden werden, sind die Endachsen seitlich und radial,
die Mittelachsen nur seitlich verschiebbar.
Die Erfahrungen in einem mehr als einjährigen Betriebe hat der Wahl dieser Bauart
Recht gegeben. Im Jahre 1909 wurden drei solche Lokomotiven in den Dienst gestellt
und späterhin zwei weitere nachbestellt. [Zeitschr. d. Ver. deutsch. Ing. 1911, S.
686–690.]
W.
Die neuen Turbinen für das Wasserkraftwerk Sao Paulo.
Das Wasserkraft-Elektrizitätswerk Sao Paulo der Tramway, Light and Power Company in New York, welches
aus dem Rio Tieté durch zwei 3600 mm weite Leitungen von je 760 m Länge, ein
oberhalb des Werkes liegendes Sammelbecken und acht Druckrohre gespeist wird, wird
von der A.-G. der Maschinenfabriken von Escher, Wyß &
Co. gegenwärtig umgebaut, Es enthielt ursprünglich vier amerikanische 1000
KW-Turbinen, welche gegen ebensoviele 4500pferdige Maschinengruppen ausgewechselt
werden, während von den anderen vier 4500pferdigen Maschinengruppen bereits drei vor
einiger Zeit aufgestellt worden sind. Die vierte hiervon wird gegenwärtig eingebaut.
Bei den neuen Turbinen, welche sich gegenwärtig in den Werkstätten der Fabrik
befinden, war die Schwierigkeit zu überwinden, daß der Mittenabstand der Turbinen
ebenso wie bei den vorhandenen 1000 KW Maschinengruppen nur 5760 bis 5790 mm
betragen durfte, während für die anderen Turbinen Mittenabstände von je 8220 mm
verfügbar waren. Man hat die Aufgabe in der Weise gelöst, daß man die Regler
unmittelbar an die betreffenden Turbinen heranrückte und mit Oelpumpe, Windkessel
usw. zu einem einheitlichen Satze vereinigte. Die Turbinen sind als Zwillings-Francis-Turbinen mit wagerechter Welle und 1400 mm
Laufraddurchmesser ausgeführt und für 22,86 m Gefälle, 180 Umdr. i. d. Min. und
einer Wassermenge von 19 cbm i. d. Sek. bemessen. Sie haben im Gegensätze zu
früheren Konstruktionen nicht gußeiserne, sondern aus 14 mm dickem Flußeisen
zusammengenietete und mit Versteifungsringen aus Winkel- und ⊤-Eisen versehene
Kessel, die sich wegen ihres geringen Gewichtes insbesondere für überseeische
Anlagen sehr gut eignen. Die Turbinen werden durch 24 Finksche Drehschaufeln reguliert, deren wirksame Breite 350 mm beträgt.
Hierzu dient der in Fig. 1 im Schnitt dargestellte
neue Regulator, dessen Oelpumpe nicht, wie es bisher der Fall war, durch einen
Riemen von der Turbinen welle, sondern durch eine kleine unmittelbar auf der
Pumpenwelle sitzende Freistrahlturbine angetrieben wird. Diese liefert Drucköl von
15 at, welches in dem auf zwei Durchmesser ausgedrehten Servomotorzylinder arbeitet.
Der kleinere Zylinder a steht dauernd unter dem
Oeldruck und hat das Bestreben, die Leiträder der Turbine zu schließen, während der
große Zylinder b; durch die Servomotorsteuerung
entweder mit dem Ablaufraum oder mit dem Druckraum verbunden werden kann. Die
Bewegung des Servomotorkolbens wird durch einen mit Kugelzapfen versehenen Hebel auf
die Regulier welle übertragen. Der Windkessel d wird
durch eine kleine Oelpumpe gespeist und steht mit dem Zylinder a dauernd, mit dem Zylinder b durch Vermittlung des Ventiles e und des
Steuerschiebers f in Verbindung. Das nicht verwendete
Drucköl fließt durch ein Ueberströmventil g zurück in
den Oelbehälter, welcher im Fuße des Regulators angeordnet ist. Von dem
Fliehkraftregulator h, der in der bekannten Weise durch
einen Riemen mit der Turbinenwelle verbunden ist, wird beim Steigen der
Umdrehungszahl mittels der Muffe i und des Hebels n eine Vorsteuerstange q
verstellt, welche den Steuerschieber f nach dem Ablauf
öffnet, so daß die Leiträder geschlossen werden. Die mit Hilfe des Hebels l verstellbare Rückführstange, welche den Drehpunkt m des Hebels n trägt,
sorgt dafür, daß kein Ueberregulieren stattfindet. Mit Hilfe des Handrades o kann man die Turbine anlassen oder abstellen, p ist eine Federbremse zum Dämpfen von Schwingungen des
Regulierhebels. (Meyer.) [Zeitschr. des Vereins
deutscher Ingenieure 1911, S. 358–360.]
Textabbildung Bd. 326, S. 350
Fig. 1.
H.
Der Clancysche elektrochemische Cyanidprozeß.
Die von dem Amerikaner Clancy angegebene Verbesserung
der Cyanidbehandlung goldhaltiger ErzeD. R.
P. 233194.
nimmt seit einiger
Zeit in hohem Maße das Interesse der Metallurgen in Anspruch. Das neue Verfahren
richtet sich auf die Regenerierung des Cyanidgehaltes der verwendeten Lösung durch
Zusatz von Cyanamid. Der Erfinder hatte sich besonders die Aufgabe gestellt, für
sogenannte refraktorische Erze, d. s. solche, deren Gold erst von den begleitenden
Verbindungen durch eine vorhergehende Behandlung, z.B. Röstung, abgeschieden werden
muß, um Lösungsmitteln zugänglich zu sein, ein Verfahren zu finden. Die Tellurerze
von Cripple Creek (Colorado) sind z.B. solche Erze, die
bei direkter Cyanidbehandlung nur eine Ausbeute von wenig mehr als 60 v. H. ihres
Goldgehaltes liefern. Auf Grund mehrjähriger Versuche fand nun Clancy, daß sich bei der Elektrolyse cyanhaltiger
Stoffe, die an sich nicht Gold zu lösen vermögen, unter Zusatz einer Amin- oder
Amidverbindung Cyanid bildet und die cyanhaltigen Stoffe damit zu Lösungsmitteln für
Gold werden. Wird z.B. eine Lösung von Calciumcyanamid (Kalkstickstoff) und Jod
elektrolysiert, so lösen sich darin sowohl Tellur wie Goldtellurid rasch auf.
Bei der Ausführung in der Praxis wird das Erz zunächst durch Brechwalzen, Kugelmühlen
u. dergl. zerkleinert, dann durch Rohrmühlen noch weiter vermählen, wobei dem Gut
eine gleiche Menge der Lauge zugesetzt wird. Diese Lauge enthält in 4000 Teilen zwei
Teile Cyanid, vier Teile Calciumcyanamid und einen Teil Jodkalium. Das
Calciumcyanamid muß, da es nur zum Teil im Wasser löslich ist, zuvor in einem
besonderen Behälter gelöst und die Lösung von dem Unlöslichen abfiltriert werden.
Der vermahlene Brei wird nach Abscheiden des Groben in einem Rührbottich mit
konischem Boden elektrolysiert. Die Leitfähigkeit des Breies wird durch Zusatz von
Kochsalz verbessert, nachdem eventl. vorher die Sulfide abgeschieden worden sind.
Meist genügt ein Strom von 50 Amp. für 1 t Erz. Die Installierungskosten werden
erheblich verringert, wenn man den Bottich aus Eisen herstellt und als Kathode
benutzt. Die Elektroden bestehen aus Eisenoxyd; für die Behandlung von 100 t Erz
sind 30 solcher Elektroden erforderlich. Zur elektrolytischen Behandlung des Breies
reichen gewöhnlich acht Stunden aus Hierauf wird eine bestimmte Menge Aetznatron
zugegeben und das Cyanid durch Anlassen des Stromes auf zwei Stunden regeneriert.
Auch während der elektrolytischen Behandlung des Breies muß stets eine gewisse
„Schutzalkalität“ in der Lösung erhalten werden, was man durch vorherigen
Zusatz von etwas Kalk erreicht. Die Kosten des Verfahrens stellen sich bei Anwendung
von drei Teilen Lösung zu einem Teil Brei folgendermaßen:
2000 Pfd.Lösungenthalten
1 Pfd. Cyanid2 „ Cyanamid2
„ Rhodankalium¼ „ alkalisches Jodid
75,8 Pf. 25,3 „ 50,5 „147,4 „
2,99 M
Trotz der Einwirkung der Elektrolyse finden sich am Schlusse die Haloidsalze und das
Rhodanid so gut wie unversehrt vor; hierin liegt vor allem der Wert des Prozesses.
Die gesamten Kosten für die Elektrolyse des Breies und die Regenerierung des Cyanids
stellen sich auf 16 cts. = 67,36 Pf. für 1 t Erz, wobei für 1 KW/Std. 1 cts.
gerechnet ist. Die Ajax Gold Mining Co. errichtet eine
Hütte, in der täglich 100 t Tellurerze nach diesem Verfahren behandelt werden
sollen. [Nach einem Vortrag des Erfinders vor der American Electrochemical Society,
Chem.-Zeitg. 1911, S. 441.]
Dr. S.
Wasserabfluß bei Ueberfallwehren.
Die bekannten Abflußformeln für Wehre von Francis und
Bazin gelten alle, streng genommen, nur für
scharfkantige Wehre, wie sie in der Praxis nur selten anzutreffen sind. Auf
Grund von eingehenden Versuchen im Wasserbaulaboratorium der Cornell- Universität zu Ithaca sind daher die nachstehenden
Berichtigungswerte für die in den Fig. 1 bis 6 dargestellten Wehrquerschnitte für Druckhöhen bis
zu 1,2192 m ermittelt worden. Die Anwendung dieser Zahlen hat in der Weise zu
erfolgen, daß man zunächst mit Hilfe einer der bekannten Wehrformeln aus der
gegebenen Länge und Druckhöhe die Abflußmenge ermittelt und den gefundenen Wert dann
mit der für das vorhandene Wehr giltigen auf die gleiche Wehrlänge und Druckhöhe
anwendbaren Berichtigungszahl multipliziert. Betrachtet man z.B. die in Tab. 1
angegebenen Werte in Verbindung mit dem rechteckigen Wehr ABCD in Fig. 1, so erkennt man, daß wegen
der Kontraktion des Wasserstromes auf der Strecke A–E
bei F eine Verminderung der Abflußmenge gegenüber dem
scharfkantigen Wehr eintritt, die sich dadurch ausdrückt, daß die Berichtigungswerte
fast sämtlich unter 1 liegen.
Textabbildung Bd. 326, S. 351
Fig. 1.
Textabbildung Bd. 326, S. 351
Fig. 2.
Textabbildung Bd. 326, S. 351
Fig. 3.
Textabbildung Bd. 326, S. 351
Fig. 4.
Textabbildung Bd. 326, S. 351
Fig. 5.
Textabbildung Bd. 326, S. 351
Fig. 6.
Tabelle 1. Berichtigungsfaktoren für Wehre von rechteckigem
Querschnitt nach Fig. 1.
h in m
b =0,1463 m
b =0,2835 m
b =0,4029 m
b =1,4326 m
b =1,7953 m
b =2,7371 m
b =4,389 m
b =5,791 m
0,1524
0,902
0,830
0,819
0,797
0,785
0,783
0,783
0,783
0,3048
0,972
0,904
0,879
0,812
0,800
0,798
0,795
0,792
0,4572
1,000
0,957
0,910
0,821
0,807
0,803
0,802
0,797
0,6096
1,000
0,989
0,925
0,821
0,805
0,800
0,798
0,795
0,7620
1,000
1,000
0,932
0,816
0,800
0,795
0,792
0,789
0,9144
1,000
1,000
0,938
0,813
0,796
0,791
0,787
0,784
1,0668
1,000
1,000
0,942
0,810
0,793
0,787
0,783
0,780
1,2192
1,000
1,000
0,947
0,808
0,790
0,783
0,780
0,777
Mit zunehmendem Gefälle h
vermindert sich der Einfluß dieser Kontraktion, d.h. verschwindet die mit
Stoßverlusten verbundene Berührung des Wassers mit der Oberfläche des Wehres bei E–B, aber nur bei den schmäleren Wehren. Die breiten
Wehre bleiben mit ihren Abflußmengen stets hinter den theoretischen zurück. Im
Gegensatz hierzu stehen die dreieckigen Wehre ACD nach
Fig. 2. Hier sind, wie aus Tab. 2 ersehen werden
kann, die tatsächlichen Abflußmengen stets größer als die theoretischen, anscheinend
weil ein Teil des Wassers an der
Tabelle 2. Berichtigungsfaktoren für Wehre von dreieckigem
Querschnitt nach Fig. 2.
h in m
p =2,027 m
p =4,015 m
0,1524
1,060
1,060
0,3048
1,079
1,079
0,4572
1,091
1,092
0,6096
1,086
1,097
0,7620
1,076
1,096
0,9144
1,067
1,095
1,0668
1,060
1,094
1,2192
1,054
1,093
Bruchmauer des Wehres emporgetrieben und zum Abfluß gebracht
wird. Der Ueberschuß nimmt mit steigender Druckhöhe etwas zu. Aus Fig. 2 ist ersichtlich, daß man, ohne die Abflußmenge
zu verringern, das Wehr auch nach der Linie EFA krümmen
könnte, wobei auch die Druckhöhe um den Höhenunterschied zwischen A und F vermindert werden
könnte. Daß man in der Tat hierdurch die Abflußmenge gegenüber der theoretischen
weit
Tabelle 3. Berichtigungsfaktoren für Wehre nach Fig. 3 bis Fig.
6.
h in m
Wehrnach Fig.
3
Wehrnach Fig.
4
Wehrnach Fig.
5
Wehrnach Fig.
6
0,1524
0,968
0,971
0,971
0,971
0,3048
1,008
1,040
1,040
0,983
0,4572
1,032
1,083
1,092
1,022
0,6096
1,041
1,105
1,126
1,040
0,7620
1,043
1,118
1,146
1,057
0,9144
1,044
1,128
1,163
1,072
1,0668
1,045
1,136
1,177
1,085
1,2192
1,046
1,144
1,190
1,097
erhöhen kann, zeigen die Berichtigungswerte in Tab. 3, soweit
sie sich auf das Wehr nach Fig. 6 beziehen. Dieses
und die Wehre nach Fig. 3, 4 und 5 entsprechen ziemlich den am
meisten gebräuchlichen Wehrquerschnitten. Die Werte der Tabelle leisten somit für
Messungen der Abflußmengen bei vorhandenen Wehren gute Dienste. (Williams.) [Engineering News 1911, S. 38.]
H.