Titel: | Die Grenzschicht an einem in den gleichförmigen Flüssigkeitsstrom eingetauchten geraden Kreiszylinder. |
Autor: | K. Hiemenz |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 357 |
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Die Grenzschicht an einem in den gleichförmigen
Flüssigkeitsstrom eingetauchten geraden Kreiszylinder.
Von K. Hiemenz
(Fortsetzung von S. 348 d. Bd.)
Die Grenzschicht an einem in den gleichförmigen Flüssigkeitsstrom
eingetauchten geraden Kreiszylinder.
Wir wenden uns zur Betrachtung der Theorie des Instruments. Dabei seien alle
vorkommenden Längen in dem gleichen Maße mm, die Drucke in mm Wassersäule gemessen.
In Fig. 14 deutet die strichpunktierte Linie das
Flüssigkeitsniveau an für die Ruhelage des Meniskus, wenn Meßrohr und Topf
gleichzeitig mit dem Nullrohr der Pitotröhre verbunden sind. Es werde dann das
Meßrohr in Verbindung mit dem Geschwindigkeitsrohr gebracht, der Topf am Nullrohr
belassen. Der Meniskus steigt um die Strecke h2 über das ursprüngliche Niveau – die in Richtung
des Meßrohrs gemessene Verschiebung des Meniskus sei mit a bezeichnet –, der Spiegel im Topf senkt sich darunter um eine
Strecke h1 und die
Druckdifferenz zwischen Nullrohr und Geschwindigkeitsrohr beträgt Δ p = (ρw – ρl) (h1 + h2) mm WS, wo ρw das spezifische Gewicht des Wassers, ρl das der Luft bedeutet. Der Beobachtung zugänglich
ist nur h2 bezw. a: h1 soll aus a mit Hilfe der bekannten Abmessungen des Apparats
ausgedrückt werden. Zu diesem Zwecke stehen uns vier Gleichungen zur Verfügung:
Δ p = (ρw – ρl) (h1 + h2) . . . . . a)
p0ν0= p1ν1 . . . . . b)
p1= p0 + (ρw – ρl) h1 . . . . . c)
ν1= ν0+ Q h1– q h2 . . . . . d)
In den Gleichungen bedeutet p0, v0 Druck und Volumen der eingeschlossenen Luft für
die Ruhelage des Meniskus, p1, v1 die
entsprechenden Größen für den Ausschlag. Da die Zustandsänderung isotherm erfolgt,
gilt p0
v0 = p1
v1. Mit Q ist der Querschnitt des Topfes, mit q der des Meßrohrs bezeichnet. Die Aenderung der
Luftdichte mit dem Volumen, der Einfluß des in der Luft enthaltenen Wasserdampfes
und die Veränderlichkeit des Luftdrucks über die Höhe des Meßtopfes sind so klein,
daß sie vernachlässigt werden dürfen. Aus b und c folgt, wenn man nach dem
binomischen Lehrsatz entwickelt und wegen der Kleinheit von h1 nur die erste Potenz von h1 beibehält:
Textabbildung Bd. 326, S. 358
Fig. 14.
v_1=\frac{p_0\,v_0}{p_1}=\frac{p_0\,v_0}{p_0+(\rho_w-\rho_l)\,h_1}=v_0\,\left(1-\frac{(\rho_w-\rho_l)\,h_1}{p_0}\right)
α sei der Neigungswinkel des
Meßrohrs gegen die Horizontale, n=\frac{1}{\mbox{sin}\,\alpha}
die Vergrößerung für die Neigung α. Setzt man den
letzten Wert von v1 in
d ein und verbindet d
und a, so hat man
\Delta\,p=(\rho_w-\rho_l)\,\frac{a}{n}\,\left(1+\frac{q\,n}{Q-\frac{(\rho_w-\rho_l)\,v_0}{p_0}}\right)=k_1\,\alpha
. . . . . 8a)
Textabbildung Bd. 326, S. 358
Fig. 15.
Wechselt man nun die Anschlußschläuche aus, indem man den Topf
mit dem Geschwindigkeitsrohr, das Meßrohr mit dem Nullrohr verbindet (Fig. 15) und bezeichnet man die vorhin angeführten
Größen, soweit sie sich geändert haben durch Akzente, so erhält man zunächst vier
ähnliche Gleichungen und daraus:
\Delta\,p=(\rho_w-\rho_l)\,\frac{a'}{n}\,\left(1+\frac{1}{Q}\,\left(n\,q+\frac{(\rho_w-\rho_l)\,v_0}{p_0}\right)\right)=k_2\,a'
8b)
vereinigt man die beiden Formeln, so ergibt sich
\Delta\,p=\frac{k_1\,k_2}{k_1+k_2}\,(a+a')=a\,(a+a') . .
9)
Sieht man von der Kompressibilität der Luft ab, so erhält man
die Formeln für Δ p aus Gleichung 8a und 8b, indem man
\frac{(\rho_w-\rho_i)\,v_0}{p_0} streicht, α wird gleich α', k1 = k2
= k, und Formel 9 lautet:
\Delta\,p=\frac{k}{2}\,(a+a').
Bei der Ableitung der Formeln ist keine Rücksicht auf den Einfluß der Kapillarität
genommen worden. Er hat zur Folge, daß schon beim Ausspiegeln sich eine gewisse
Niveaudifferenz zwischen dem Wasserspiegel im Topf und im Meßrohr einstellt. Bei
einem Meßrohr von genügend genau konstanter Weite und reiner Innenfläche bleibt aber
die Differenz bei allen Messungen gleich und hat daher keinen Einfluß auf die
Richtigkeit der Ablesungen. Aenderungen der Temperatur bewirken eine
Verschiebung der Lage des Nullpunkts, die jedoch herausfällt, wenn man entweder bei
jeder Messung den Nullpunkt neu bestimmt oder die beiden Ausschläge a und a' mißt. Weiter wird
durch die durch die Temperaturänderung bewirkte Dichteänderung des Wassers und der
Luft das Aequivalent der Einheit der Verschiebung des Meniskus in mm Wassersäule ein
anderes werden. Doch sind diese Dichteänderungen gegenüber den durch andere Umstände
bewirkten Fehler so gering, daß sie vernachlässigt werden dürfen.
Das Instrument wurde bei zwei verschiedenen Neigungen der Meßröhre benutzt. Zumeist
so, daß der am unteren Ende des Meßrohrs angebrachte Zeiger auf 20,0 der vertikalen
Skala zeigte; nur wenn diese Neigung nicht mehr ausreichte, wurde eine größere
Neigung gewählt, bei der der Zeiger auf 30,0 stand. Um die durch die Schrägstellung
bedingte Vergrößerung und eine etwaige kleine Verbiegung der Meßröhre bestimmen zu
können, mußte das Instrument geeicht werden. Das geschah so, daß zwischen Meßrohr
und Topf ein Wasserweg hergestellt, der Topfdeckel abgenommen, dann jedesmal eine
gleich große genau gemessene Menge Wasser in den Topf gefüllt und der Skalenpunkt
notiert wurde, bei dem nach vollendetem Ausspiegeln sich der Meniskus einstellte.
Die Eichungen wurden zu wiederholten Malen ausgeführt, besonders sorgfältig beim
letzten Male. Um den Einfluß der Uneinigkeiten, die sich während des Gebrauches an
der Wand der Meßröhre festgesetzt hatten, richtig beurteilen zu können, wurden
jedesmal zwei Versuchsreihen angestellt, bei deren ersten die Meßröhre nicht
gereinigt war, während sie vor der zweiten sorgfältig gereinigt wurde. Die Resultate
der Eichungen sind in den Tab. 1–3 und Fig. 16 und
17 wiedergegeben. Zur Erläuterung diene
Folgendes: Die erste I Kolumne enthält die Anzahl der eingefüllten cm3 im ganzen, die nächste die der jedesmal
zugefügten cm3, in der mit Meniskus
überschriebenen Spalte sind die Einstellungen des Meniskus verzeichnet, in der
letzten die Differenzen. Damit sich der Meniskus der Nullstellung von oben her
näherte, wurde er durch vorsichtiges Zusammendrücken des Verbindungsschlauchs von
Meßrohr und Topf jedesmal ein wenig über die Ruhelage hinausgehoben und dann
absinken lassen. Bei den Versuchen vom 28. Juli wurde nach der ersten Einstellung
der Meniskus noch einmal verschoben und eine zweite Ablesung gemacht. Bei stärkerem
Unterschied dieser Einstellungen wurde eine dritte Ablesung zugefügt. Diese drei
Reihen sind auf den Tabellen durch 1, 2, 3 unterschieden. In den Fig. 16 und 17 sind
die Mittelwerte von 1, 2, 3 eingetragen.
Textabbildung Bd. 326, S. 358
Fig. 16.Eichkurven für Neigung 20,0. Die Kurven 1', 2, 2' sind um 10
bezw. 20 und 30 Einheiten versetzt.
Textabbildung Bd. 326, S. 358
Fig. 17.Eichkurve für Neigung 30,0.
Tabelle 1.
Eichung des Meßrohrs vom 22. Juni 1908.
Neigung des Meßrohrs 20,0.
Zustanddes Rohres
cm3
Δ
Meniskus
Δ
I.ungereinigts. Fig. 16,1
0 918273645546369
099999996
192169145 119,6
94,8 70,1 46,8 23 6
232425,424,824,723,323,817
II.gereinigts. Fig. 16,1'
0 918273645546369
099999996
192
168,5143118 93 68,2 44,2
20 4
23,525,5252524,824,024,216
Tabelle 2.
Eichung des Meßrohrs vom 28. Juli 1908.
Neigung des Meßrohrs 20,0.
ZustanddesRohres
cm3
Δ
Meniskus
Δ
I
II
III
I
II
III
I.ungereinigt s. Fig. 16,2
0 9182736455463
9999999
193169,5144,2118,6 94 69,5 44,2 20,2
193169,5144,2119 93,2 44,1 20,1
118,6 94
23,525,325,624,624,525,324,0
23,525,325,225,824
24,6
II.gereinigt s. Fig.
16,2'
0 9182736455463
9999999
193,1170144,7119,8 94 69,8 45,9 21,8
193170144,6119,6 94 69,7 45,9 21,8
23,125,324,925,824,223,924,1
2325,425,025,624,323,824,1
Tabelle 3.
Eichung des Meßrohrs vom 28. Juli 1908.
Neigung des Meßrohrs 30,0.
ZustanddesRohres
cm3
Δ
Meniskus
Δ
I
II
III
I
II
III
gereinigt s. Fig.
17
0 18 36 54 72 90108
181818181818
195,3166,7137,5108,1 78,8 49,5 22
195166,8137,5107,9 78,3 49,5 21,2
195 78,5 21,2
28,629,229,429,329,327,5
28,229,329,429,628,828,3
Der Vergleich der Eichkurven zeigt zunächst, daß die durch Abweichen der
Rohrachse von der Geraden und Veränderungen des Durchmessers der Röhre verursachten
Fehler von der Größenordnung des durch Rohrunreinigkeiten bewirkten Fehlers sind. Es
soll daher von ihnen abgesehen werden. Man wird weiter annehmen dürfen, daß bei
Benutzung des Instruments zur Messung von Druckunterschieden in strömender
Flüssigkeit die kleinen Stöße in den Wassersäulen auf eine Verminderung des
Einflusses der durch Veränderung der Kapillarkräfte wirksam werdenden
Rohrunreinigkeiten hinarbeiten. Infolgedessen wird die der Auswertung des
Versuchsmaterials zugrunde zu legende Eichkurve zwischen der Eichkurve des
gereinigten und des ungereinigten Rohres liegen, wie sie hier auf statischem Wege
gefunden wurde. Es sollen daher einfach die Eichkurven des gereinigten Meßrohres vom
22. Juni und 28. Juli der Berechnung der
Manometer-Konstanten zugrunde gelegt werden. Man darf annehmen, daß bei dieser
Berechnung drei Stellen genau werden.
63 cm3 in den Topf gefüllt, bewirkten bei einer
Neigung von 20,0 eine Verschiebung des Meniskus in der gereinigten Glasröhre von 172
Teilen am 22. Juni, von 171,2 am 28. Juli, im Mittel 171,6 Teilen. Einem mm der
Ableseskala entspricht also 0,0462 mm Wassersäule; das Reziproke davon gibt die
Vergrößerung n = 21,6. Für die Neigung 30,0 bewirkte
eine Wassermenge von 108 cm3 eine Verschiebung des
Meniskus um 173,6 mm. 1 mm der Ableseskala entspricht jetzt 0,0787 mm Wassersäule
und n wird 12,7.
Der Durchmesser des Topfes betrug 100 mm, der der Meßröhre 2,29 mm. p0 ist gleich dem
äußeren Luftdruck vermindert um die Druckdifferenz von Gerinne- und Wasserspiegel
des Instruments in der Nullstellung. Diese betrug bei den Versuchen 10–15 cm; bei
der Kleinheit der Korrektion, welche wegen der Zusammendrückbarkeit der Luft nötig
wird, genügt es, p0 =
10000 mm Wassersäule zu setzen. Aus dem gleichen Grunde reicht eine ungefähre
Abschätzung von v0 aus.
Es ist bei der Berechnung der Instrumentkonstanten angenommen, daß bei der
Ausspiegelung der Wasserspiegel 40 mm unter dem Topfdeckel gestanden habe.
Schließlich tritt in den Formeln die Differenz ρw –
ρl auf. Die Dichte des benutzten Wassers
(ausgekochtes Leitungswasser) ist nicht genau bekannt, es genügt die Differenz der
Dichten gleich 1 zu setzen. Mit diesen Zahlen erhält man folgende Werte der
Konstanten (vergl. S. 358) Neigung 20°.
k1 = 0,0468,
k2 = 0,0470,
a = 0,0234.
Neigung 30,0
k1 = 0,0793,
k2 = 0,0796,
a = 0,0397.
Vernachlässigt man die Zusammendrückbarkeit der Luft, so
ergibt sich:
Neigung 20,0
k1 = k2
= k = 0,0468,
Neigung 30,0
k1= k2= k = 0,0793.
Man sieht, wie gering in der Tat der Einfluß der
Zusammendrückbarkeit der Luft ist. Gleichzeitig ergibt sich, daß bei den Messungen
die Ruhelage des Meniskus merklich in der Mitte der Ausschläge nach oben und unten
liegen muß.
Der Meßzylinder (Fig. 5a und 12), längs dessen Oberfläche die Druckverteilung
sollte gemessen werden, bestand aus einem Eisenrohr von etwa 300 mm Länge und 97,5
mm . Das Rohr wurde mit Böden versehen, die Lager für die Achse von 12 mm
Weite enthielten. Nachdem die Böden eingesetzt und verschraubt waren, wurde der
Zylinder abgedreht und dann längs zweier Erzeugender, die um 90° gegeneinander
versetzt waren, mit sechs Bohrlöchern von je 30 mm gegenseitigem Abstand versehen.
In die Bohrlöcher wurden Messingröhrchen von 2 mm l. W. eingesetzt, und diese
Röhrchen durch zwei Schlitze des oberen Bodens nach außen geführt. Zur Unterscheidung war an
jedem Rohr eine Nummer, von 1 beginnend bis 6 angebracht, wobei 1 die zu dem
obersten, 6 das zu dem untersten Loche führende Rohr bezeichnete. Die beiden Gruppen
waren durch I und II
unterschieden, so daß also I3 das zu dem dritten Loche der ersten Lochreihe führende Rohr bedeutet
(Fig. 18). Nachdem die Röhren eingesetzt waren,
wurde der Zylinder nochmals sorgfältig nachgedreht und geschlichtet und dann mit
einer dünnen Schicht Lack überzogen. Nachträglich wurden, als es sich bei den
Versuchen als wünschenswert herausstellte, zwei Meßlöcher I3 und II2 auf 1,5 mm l. W. verengt.
Textabbildung Bd. 326, S. 360
Fig. 18.Meßzylinder von oben.
Der Trägerstab für den Zylinder hatte einen Durchmesser von 12 mm und trug unten eine
konische Sitzfläche für den Zylinderboden. Er konnte mit Hilfe von Mutter und
Gegenmutter auf dem Gerinneboden befestigt werden. Bei den Versuchen stand er in der
Kanalmitte, 300 mm vom Ende der Versuchsrinne entfernt. Mit Hilfe der Muttern konnte
die Länge des herausragenden Stückes etwas geändert werden. Sie wurde so
eingestellt, daß eben noch ein kleiner Zwischenraum zwischen dem Kanalboden und dem
Rande des Zylinderbodens blieb. Als weitere Führung des Zylinders diente ein über
den Kanal gelegtes Bandeisen mit einem passend ausgeschnittenen Kreissegment, in dem
der Zylinder durch eine Spiralfeder festgehalten wurde (Fig. 12 und 18)Bei den Aufnahmen der Fig. 18 war die Spiralfeder entfernt worden;
der Zylinder wurde in der oberen Führung durch eine durch ein Gewicht
gespannte Schnur festgehalten.. Zur Bestimmung des Drehwinkels
war auf dem oberen Zylinderboden ein Winkelmesser aus Papier aufgeklebt, der zu
einer Einstellung auf ganze Grade genau genug war. Abgelesen wurde an dem kleinen
Zeiger, der auf dem Bandeisen saß.
2. Ausregulierung der
Wassergeschwindigkeit in der Versuchsrinne.
Bei den experimentellen Untersuchungen war die erste Aufgabe die, die Strömung im
hydrodynamischen Apparat so auszuregulieren, daß das Wasser die Versuchsrinne mit
gleichförmiger Geschwindigkeit durchfloß. Als Versuchsrinne diente der Kanal von 400
mm Breite und 290 mm Tiefe (s. Fig. 4 und 5 S. 345). Die Wasserhöhe wurde bei allen Versuchen
in der gleichen Höhe gehalten und betrug in der Versuchsrinne etwa 230 mm. Vorher
war eine solche Ausregulierung auf gleichförmige Geschwindigkeit noch nicht
vorgenommen worden, da der hydrodynamische Apparat nur zu Versuchen
qualitativer Natur benutzt wurde. Um die Geschwindigkeit der Strömung konstant zu
halten, wurde die Klemmenspannung des Motors möglichst genau auf dem Betrage von 70
V reguliert. Der Betriebsstrom wurde von der Akkumulatorenbatterie des Instituts
geliefert. Diese Methode der Geschwindigkeitsregulierung erwies sich bei den
Messungen am Zylinder als ausreichend. Allerdings hatte sie den kleinen Nachteil im
Gefolge, daß mit dem Beginn der Messungen nach dem Anlaufen des Motors so lange
gewartet werden mußte, bis er warm gelaufen war. Die Motor- und damit die
Wassergeschwindigkeit konnte dadurch abgestuft werden, daß der Anlaßwiderstand (in
Fig. 6 an der vorderen Wand des Holztrogs neben
dem Tische sichtbar) ganz oder nur teilweise eingeschaltet war, je nachdem der
Kontakthebel auf dem ersten, zweiten,. . . fünften Kontaktknopfe stand. Die
entsprechenden Geschwindigkeiten sollen späterhin kurz als Geschwindigkeit 1, 2,. .
. 5 bezeichnet werden. Gemessen wurde hauptsächlich bei Geschwindigkeit 3.
Bei der endgültigen Ausregulierung wurde die Pitotröhre in Verbindung mit dem Prandtlschen Mikromanometer benutzt. Die Messungen der
Geschwindigkeit wurden etwa 60 cm vor der Zylinderachse vorgenommen. Der Motor lief
mit der dritten Geschwindigkeit, bei der auch die Messungen der Druckverteilung
gemacht werden sollten. Die erste Messung ergab Resultate, wie sie in Tab. 4 bemerkt
sind. Darin bedeutete a den Meniskusausschlag (S. 357),
z den Abstand der Meßstelle vom Kanalboden, y die horizontale Entfernung vom rechten Ufer.
Tabelle 4.
Geschwindigkeitsverteilung über den Kanalquerschnitt;
Versuche vom 24. Juni 1908.
Neigung des Meßrohrs 20,0.
ycm
5
11
17
23
29
32,5
zcm
α(mm)
3
37,7
40
38,9
42,2
42,3
43,5
10
40,5
40,5
40,7
40
41,8
41,3
18
37
36,5
37,5
37,5
38,5
38,5
Textabbildung Bd. 326, S. 360
Fig. 19.Geschwindigkeitsverteilung über den Kanalquerschnitt.
Man hat hier Schwankungen von etwa 13 v. H. in den α,
und da die Geschwindigkeiten proportional √α sind, also
Schwankungen in der Geschwindigkeitsverteilung über den Querschnitt von etwa 7 v. H.
Die aus den Druckdifferenzen bestimmten Geschwindigkeiten zeigt Fig. 19. Sie sind aus der Formel u = β√2 g h berechnet, β die Konstante des Pitotrohrs. Die Konstante β war für das benutzte Rohr nicht bekannt. Rohre von
ähnlicher Konstruktion hatten nach Angabe der in Fußnote 7 zitierten Arbeit
Koeffizienten β zwischen 0,92 und 0,96, ein Wert, der
nicht allzuviel von der Einheit abweicht. Hier wurde β
schlechthin gleich 1 gesetzt. Man wird damit die Geschwindigkeiten jedenfalls alle
etwas zu groß finden. Jedoch ist der dadurch gegenüber den wirklichen Verhältnissen bedingte
Fehler nicht größer wie der Unterschied, welcher entsteht, wenn man β einmal = 0,92 und ein zweites Mal = 0,96 setzt. Es
wurde nun zunächst versucht, durch Verbiegen der Blechstreifenenden des Verteilers
die Abweichungen zu korrigieren. Es stellte sich jedoch bald heraus, daß damit eine
feine Ausregulierung, wie sie mit Hilfe des empfindlichen Mikromanometers möglich
ist, nur unter sehr großem Aufwand von Zeit zu erreichen sein würde. Man übersieht
sofort, daß eine Aenderung der Strömungsverhältnisse vor dem Durchströmen der Siebe
nicht von großem Einfluß auf die Geschwindigkeitsverteilung in der Versuchsrinne
sein kann. Durch die Siebe wird die Geschwindigkeit zum großen Teil in Druck
umgesetzt und das Wasser angestaut, so daß die Wassergeschwindigkeit in der
Versuchsrinne der Hauptsache nach von diesem Stau herrührt, der von der Art des
Strömens vor dem Eintritt in die Siebe nur wenig geändert wird. Es bedarf sehr
kräftiger Aenderungen am Verteiler, um kleine Aenderungen hinter den Sieben zu
erhalten. Außerdem läßt sich kaum übersehen, wie eine Aenderung der Verhältnisse im
Verteiler auf die Strömung hinter den Sieben einwirkt. Es erschien daher
zweckmäßiger, die Ausregulierung im Siebkasten selber vorzunehmen. Zu diesem Zwecke
wurden aus Weißblech Streifen von 1 cm Breite hergestellt und auf die Rückseite des
letzten Siebes S4
aufgeheftet, und zwar in der Weise, daß an Stellen, an denen zu viel Wasser
durchgegangen war, das Sieb je nach der Größe des Ueberschusses in verschieden
starker Weise besetzt wurde, Stellen, an denen die Geschwindigkeit unter der
mittleren geblieben war, freigelassen wurden. Die Breite der Streifen war mit
Rücksicht darauf bestimmt, daß ein einzelner Streifen nur wenig an der
durchströmenden Wassermenge ändern sollte, und daß andererseits ein breiter Streifen
Anlaß zu einem kräftigen Wirbel bietet. Für ein gleichmäßiges Regulieren war es
weiter vorteilhaft, daß die Streifen nur an zwei oder drei Stellen auf das Sieb
geheftet waren und auch durch die von Streifen gedeckten Siebteile immer noch Wasser
hindurchtreten konnte. Dadurch wurde vermieden, daß in der
Geschwindigkeitsverteilung Löcher und damit starke Wirbel hinter den Sieben
entstanden. In der Tat seilte sich bei den Messungen heraus, daß an der Meßstelle
schon kaum mehr Wirbel vorhanden waren. Ein Einlassen der Blechstreifen in eins der
mittleren Siebe hätte die Verwirbelung beim Eintritt in die Versuchsrinne jedenfalls
geringer gemacht. Jedoch zeigten Vorversuche, wie es von vornherein zu erwarten war,
daß das Einstellen desselben Blechstreifens vor einem der mittleren Siebe von viel
geringerem Einfluß auf die Geschwindigkeitsverteilung war, und daß sich auch der
Einfluß der Verteilung der Streifen in diesem Falle schlechter übersehen ließ. Das
Ausregulieren auf diesem Wege erforderte die Arbeit von einigen Tagen; hier soll nun
das Schlußresultat angegeben werden, und zwar einerseits die beobachteten Ausschläge
des Instruments und andererseits die Kurven der sich daraus ergebenden
Geschwindigkeitsverteilung.
Tabelle 5.
Geschwindigkeitsverteilung über den Kanalquerschnitt.
Versuche vom 2. Juli 1908. Meßrohrneigung 20,0.
ycm
10
18
25
31
37
zcm
α(mm)
17,8
39
40
39,5
41,5
40,5
9,8
39,5
40
39,5
40,5
39,5
2,8
39,5
40,5
40,5
40,5
40,5
In der Tab. 5 haben y und z die gleiche Bedeutung wie S. 360. Die Messungen wurden in folgender
Reihenfolge abwechselnd von oben nach unten und umgekehrt vorgenommen, y = 10, 25, 37, 31, 18 cm. Zum Schlusse wurde die erste
Messung (10 cm vom Rande und 17,8 cm über dem Kanalboden) wiederholt. Der Ausschlag
war von 40 auf 41 mm gewachsen. Um dieser Aenderung Rechnung zu tragen, wurden an
den Ausschlägen α Verbesserungen angebracht und diese
korrigierten Ausschläge der Geschwindigkeitsberechnung zugrunde gelegt. Die so
errechneten Geschwindigkeiten sind in der Tab. 6 und in Fig. 192 verzeichnet.
Tabelle 6.
ycm
10
18
25
31
37
zcm
Geschwindigkeit cm/Sek.
17,8
19,08
19,20
19,16
19,56
19,35
9,8
19,20
19,20
19,16
19,32
19,11
2,8
19,20
19,32
19,40
19,32
19,35
Man sieht, daß die Geschwindigkeitsdifferenzen viel geringer geworden sind, und daß
auch Sprünge, wie sie dort vorkamen, fehlen. Eine zwei Wochen später vorgenommene
Kontrollmessung der Geschwindigkeitsverteilung ergab ein um weniges besseres
Resultat. Tab. 7 gibt die Geschwindigkeiten, die Geschwindigkeitsprofile zeigt Fig. 193.
Tabelle 7.
ycm
10
18
25
30
35
zcm
Geschwindigkeit cm/Sek.
18
18,96
18,72
18,96
19,08
19,08
10
18,96
19,20
19,08
19,20
18,96
3
18,96
19,20
19,20
19,08
19,08
Ausreguliert war die Wassergeschwindigkeit zunächst nur für Motorgeschwindigkeit 3. Eine später für die Geschwindigkeit 4 vorgenommene Prüfung der Geschwindigkeit über den
Querschnitt ergab, daß auch für diese größere Geschwindigkeit eine genügende
Ausregulierung erzielt war. Das Resultat dieser Messungen ist in Tab. 8
dargestellt.
Tabelle 8.
Höhe überd. Kanalbett
Geschwindigkeit cm/Sek.
rechts
Mitte
links
4
23,32
23,32
23,32
10
23,22
23,12
23,42
18
23,22
22,92
23,12
Zu diesen Messungen ist zu bemerken, daß der Meniskus während der Beobachtungen nie
ganz stille stand, sondern immer kleine Schwingungen ausführte, die wohl auf
Turbulenz und andere Unregelmäßigkeiten zurückzuführen sind. Doch erfolgten die
Schwingungen so, daß die Ruhelage des Meniskus gut erkennbar blieb.
Im Laufe der Versuche stellte sich eine häufige Reinigung der Siebe als notwendig
heraus. Die Siebe verschmutzten leicht, und die Verschmutzungen zeigten sich alsbald
an Unregelmäßigkeiten in den Beobachtungsresultaten. Durch eine Reinigung mit Hilfe
einer Drahtbürste und eines kräftigen Wasserstrahls wurde die alte Durchlässigkeit und damit die
alte Geschwindigkeitsverteilung wieder hergestellt.
In Verbindung mit den Versuchen zur Ausregulierung der Geschwindigkeitsverteilung
wurden Beobachtungen über die Richtung der Strömung gemacht, teils mit Hilfe
eines leichten Metallfähnchens, teils mit der Stauscheibe. Diese Versuche ergaben,
daß innerhalb der Versuchsrinne das Wasser parallel zu den Wänden strömt.
(Fortsetzung folgt.)