Titel: | NEUERE ROHOELMOTOREN. |
Autor: | Ch. Pöhlmann |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 453 |
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NEUERE ROHOELMOTOREN.
Von Dipl.-Ing. Ch. Pöhlmann, Charlottenburg.
(Fortsetzung von S. 422 d. Bd.)
POEHLMANN: Neuere Rohölmotoren.
I. Liegende stationäre
Dieselmotoren mit geschlossener Düse.
Textabbildung Bd. 326, S. 453
Fig. 4.
Liegende Dieselmotoren mit geschlossener Düse, sind meines Wissens bisher meist als
Viertaktmaschinen gebaut worden. Den Ausganspunkt bildete der stehende Motor wie er
von der M. A. N. seit 1897 gebaut wurde. Diese Standmodelle konnten nicht in allen
Fällen den an sie zu stellenden Anforderungen genügen. Es zeigte sich, namentlich
bei größeren Maschinen, wie bei bem 800 PS-Augsburger-Vierzylindermotor, daß die
nötige Lokalhöhe zum Ausbau der Kolben- und der Treibstange nach oben öfters nicht
zur Verfügung stand. Es mußten also Maschinen von niedrigerer Bau- und Montagehöhe,
wie es die Hegenden Maschinen sind, geschaffen werden. Die guten Erfahrungen, welche
die M. A. N. mit ihren Großgasmaschinen gemacht hat, gaben dieser Firma auch den
Ansporn, zuerst mit Hegenden Maschinen an den Markt zu kommen. Dieselben werden
zurzeit in Ein-, Zwei- und Vierzylinderanordnung gebaut mit Zylinderleistungen von
60 bis zu 200 PS. Fig. 4 stellt eine solche
Zwillingsmaschine von 200 PS, eine sogenannte Dreilagermaschine dar. Der Rahmen ist
ein sehr kräftiger Gabelrahmen, der sich in senkrechter Richtung bis über die
Mittelebene der Zylinder erstreckt. Die Zylinderlaufbüchse aus Spezialgußeisen ist
in der bei den stehenden Motoren üblichen Weise leicht auswechselbar in den
Zylindermantel eingezogen.
Der Zylinderkopf ist kurz und gedrängt ausgeführt. Die beiden Zylindermäntel
bezw. Gestelle sind sehr nahe zusammengebaut und zu einem einzigen Gußstück
vereinigt, so daß zwischen ihnen kein freier Raum mehr für die Bedienung übrig
bleibt. Deswegen sind auch die beiden Zylindern gemeinsame Steuerwelle sowie die
Hilfsmaschinen an die Außenseite des Maschinenaggregats verlegt. Die Ein- und
Auslaßventile beider Zylinder werden durch je ein einziges Exzenter betätigt. Die
Steuerungsgestänge bestehen aus einer Exzenter- und einer Verbindungsstange, welche
die Wälzhebel je zweier Ventile verbindet.
Textabbildung Bd. 326, S. 453
Fig. 5.
Durch diese Wälzhebel wird ein besonders ruhiger und stoßfreier Gang erzielt. Zum
Ausgleich des durch die Abnutzung der Wälzhebel entstandenen Spiels sind die
Steuerungsgestänge nachstellbar ausgeführt. Die Brennstoffventile sind zentral in
der Achse der Zylinder am Zylinderkopf angebracht, um eine gute Zuführung und
Zerstäubung des Brennstoffes zu ermöglichen. Sie werden durch eine mit Kegelrädern
angetriebene Hilfssteuerwelle betätigt, welche von der Hauptsteuerwelle unter einem
rechten Winkel abzweigt. Die Anlaßventile sind seitlich am Zylinderkopf angebracht.
Der Kompressor ist bei der Ein- und Zweizylinderanordnung an einem besonderen
Bockgestell montiert und wird direkt von einem Ende der Kurbelwelle aus mittels
Stirnkurbel angetrieben. Die Anordnung von Brennstoffpumpe, Regulator, Schmierölpumpen usw. ist
sehr übersichtlich und leicht zugänglich. Der Kurbelraum ist durch eine Schutzhaube
nach allen Seiten hin abgeschlossen, wodurch ein Umherspritzen des Oels verhindert
wird. Um die sich bildenden Oeldämpfe zu beseitigen, saugen die Zylinder ihre
Arbeitsluft aus diesem Kurbelgehäuse an, wodurch gleichzeitig eine gute Kühlung der
Triebwerksteile erzielt wird. Die Schmierung der Maschine zeigt eine sehr
sorgfältige Durchbildung. Eine Oelpumpe, die in der Figur neben dem Kompressor zu
sehen ist, saugt das im Kurbeltrog sich sammelnde Oel an und drückt es in einen über
dem mittleren Lager befindlichen Oeltopf, von dem es den einzelnen Schmierstellen
zugeleitet wird. Die Kurbelwellenlager besitzen Ringschmierung, für Zylinder und
Kolben wurden eigene kleine Schmierölpümpchen angeordnet, um die Schmierung dieser
wichtigen Bauteile vollkommen unabhängig zu gestalten. Die sämtlichen Zahnräder zum
Antrieb der Steuerwelle und der Hilfssteuerwelle laufen im Oelbad, wodurch
geräuschloser Gang und geringe Reibungsverluste erzielt werden. Der
Brennstoffverbrauch dieser Maschinen beträgt je nach der Größe 180 bis 200 g/PSe und
Stunde. Werk Nürnberg hat mit dieser Type zweifelsohne eine Maschine von großer
Einfachheit und Billigkeit geschaffen, die für manche Zwecke eine empfindliche Lücke
ausfüllen dürfte.
Textabbildung Bd. 326, S. 454
Fig. 6.
Für große Leistungen hat das Werk Augsburg der gleichen Firma einen doppeltwirkenden
liegenden Typ geschaffen, welcher in Tandem- und Zwillingstandem-Anordnung in Größen
bis zu 4000 PS ausgeführt wird. Fig. 5 zeigt die
Ansicht, Fig. 6 den Längsschnitt einer solchen
liegenden Zwillingstandem-Maschine von 1600 PSe, die für die städtischen
Elektrizitätswerke Halle geliefert wurde. Der Motor zeigt die bei Großgasmaschinen
typische Bauart. Je zwei der doppeltwirkenden Zylinder von 650 mm Bohrung sind durch
ein kräftiges Mittelstück, das überdies noch durch eine kräftige Zugstange in seinem
oberen Teil versteift ist. miteinander verbunden. Die Kolben sind mit einer
durchgehenden Kolbenstange versehen, welche in einen Gleitschuh endigt, der
Gleitbahndruck der Maschine kann auf diese Weise vollkommen durch Kreuzköpfe
aufgefangen, und die Kolben selbst dadurch entlastet werden. Der sehr kräftig
gehaltene Rahmen, die Zylinder, das Zwischenstück und die hintere Führung wurden
zentrisch miteinander verbunden, wodurch die genaue Lage der Maschinenachse
gesichert erscheint. Mit dem Fundament ist nur der Rahmen starr verbunden,
während Zylinder, hintere Führung und Zwischenstück in der Längsrichtung beweglich
gelagert sind, um der Maschine, wenn sie im Betrieb warm wird, freie Ausdehnung zu
gestatten. Die beiden Steuerwellen hat man nicht wie bei der Nürnberger Maschine an
der Außenseite des Aggregats angeordnet, sondern zwischen die Zylinder gelegt. Dabei
bleibt noch hinreichend Platz für die Bedienung und Beaufsichtigung zwischen den
beiden Tandemgruppen übrig. Die Zylinder wurden mit den Kühlmänteln einteilig
gegossen; die bisher allgemein übliche Zylinderbuchse fällt also hier vollständig
fort.
Die Einsaugventile sind auf den oberen Zylinderseiten, die Auspuffventile auf den
unteren Seiten angeordnet. Sie werden durch Nockenscheiben in Verbindung mit
Steuerungsstangen und kurzen Ventilhebeln betätigt. Neu ist bei dieser Maschine die
Anordnung der Brennstoffventile. Während man bisher immer die Brennstoffventile im
Zylinderkopf in mehr oder weniger achsialer Richtung anordnete, so daß der Strahl
des zerstäubten Brennstoffes senkrecht gegen die Mitte des Kolbenbodens traf, war
dies bei der vorliegenden Maschinenanordnung nicht mehr möglich. Es ergab sich ganz
von selbst eine seitliche Anordnung sämtlicher Ventile. Da außerdem ein einziges
Brennstoffventil für einen so großen Zylinderraum wie den hier vorliegenden
schwerlich genügt hätte, wurden zwei Ventile für den Arbeitsraum angeordnet. Da nun
der Kompressionsraum bei Diesel-Motoren sehr niedrig
bemessen ist, mußten für die Einspritzung des Brennstoffs Aussparungen am Kolben
gemacht werden. Die natürliche Folge davon war, daß der eigentliche Kompressionsraum
auf der Stirnseite der Kolben fast ganz verschwand und nunmehr die beiden
Einspritzräume für die Brennstoffventile zwei getrennte Kompressionsräume
darstellten.
Diese Einrichtung wurde der M. A. N. patentiert. Einen Vorteil in wärmetechnischer
Hinsicht kann man in der Anordnung von zwei Kompressionsräumen keinesfalls
erblicken; es ist mehr ein Notbehelf, zu dem der Konstrukteur wohl oder übel greifen
mußte. In rein baulicher Beziehung kann die Anordnung vielleicht von Vorteil sein,
indem dadurch ein Verschmutzen bezw. Ausbrennen der durchgehenden Kolbenstange sowie
der Stopfbüchse vermieden wird. Der Kompressor des Motors ist als
Zwillings-Verbundkompressor ausgeführt, wie er schon bei den stehenden Drei- und
Vierzylindertypen derselben Firma verwendet wurde. Er ist zum Teil unter dem Flur angeordnet;
nur der Hochdruckzylinder und die Ventilkasten des Niederdruckteils ragen noch aus
dem Flur hervor. Der Antrieb erfolgt mittels einer Stirnkurbel, einer Treibstange
und eines Balanciers vom einen Ende der Kurbelwelle aus. Kleine Galerien und Treppen
ermöglichen die Beaufsichtigung der oberen Steuerungsteile, der Kreuzköpfe und
Stopfbuchsen der Maschine.
Die Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg ist mit der
vorliegenden Maschine wiederum bahnbrechend im Großmotorenbau vorgegangen und hat
damit eine Maschine geschaffen, die mit Rücksicht auf präzises Arbeiten und
Wirthschaftlichkeit einem lebhaften Bedürfnis unserer Zeit entspricht.
(Fortsetzung folgt.)