Titel: | POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU. |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 463 |
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POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU.
Polytechnische Rundschau.
Neuere Erfahrungen über Turbomaschinen. Für die
Verarbeitung hoher Drucke in Turbinen ist man auf stufenweise Ausnutzung angewiesen;
die einzelnen Stufen können durch Schaufelreihen auf einer Trommel oder auf
besonderen Radscheiben gebildet werden. Die Trommelbauart ist einfach und billig,
bedingt aber größere Undichtigkeitsverluste besonders bei kleineren Dampfmengen und
im Bereich der hohen Dampfdrucke, daher wird jetzt der Hochdruckteil der
Trommelturbinen durch Räder ersetzt. Den besten Wirkungsgrad liefert die vielstufige
Turbine; Geschwindigkeitsstufen sind unökonomisch sowohl bei Dampfturbinen wie bei
Pumpen und Gebläsen. Bei der Rateau-Turbine wird die
vielstufige Gleichdruckbauart ausgeführt, bei sehr niedrigem Dampfdruck kommt auch
das Ueberdruckprinzip zur Anwendung. Gleichdruckturbinen ermöglichen teilweise
Beaufschlagung und damit eine größere Schaufellänge. Ueberdruckturbinen verlangen
aber für einigermaßen große Schaufeln kleine Raddurchmesser. So kann der sonst der
Ueberdruckturbine eigne hohe Wirkungsgrad bei höherem Druckgefälle nicht ausgenutzt
werden; man ist gezwungen, das Geschwindigkeitsverhältnis, das etwa 0,5 betragen
sollte, auf 0,2, ja auf 0,1 zu reduzieren, wodurch natürlich der Wirkungsgrad
wesentlich geringer wird. Von Vorteil ist auch die Ausnutzung der
Austrittsgeschwindigkeit aus Schaufeln, besonders für Fälle, in denen das
Geschwindigkeitsverhältnis möglichst klein genommen werden muß.
Die Stufenzahl ist abhängig von dem zu verarbeitenden Druckgefälle, der
Geschwindigkeit der Maschine und dem zu fordernden Wirkungsgrad. Bei der Ausführung
von Rateau-Turbinen für Landbetriebe findet man
gewöhnlich Umfangsgeschwindigkeiten von 175 bis 180 i. d. Min. und 4 bis 8 Laufräder
bei 3000, 12 Räder bei 1500 und 20 Räder bei 750 Umdrehungen.
In den ersten Stufen wird ein größeres Druckgefälle ausgenutzt; die Zunahme des
Dampfvolumens wird durch Vergrößerung der Beaufschlagung und bei voller
Beaufschlagung durch Vergrößerung der Schaufellänge entsprochen. Bei hohen
Luftleeren kommt man aber damit nicht aus; man muß hier größere Druckgefälle
zulassen, und die Austrittswinkel der Leitschaufeln, die gewöhnlich 16 bis 20°
betragen, auf 35 bis 40° erhöhen. Für die Regulierung bei niedriger Belastung werden
abschaltbare Düsen verwendet, für die Ueberlastung Zusatzdüsen. Die Laufradscheiben
werden aus geschmiedetem Stahl als Scheiben gleicher Festigkeit hergestellt,
gepreßte Blechscheiben haben sich wegen unzuverlässiger Arbeit nicht bewährt. Die
Wellen werden starr ausgeführt; es zeigt sich unter der kritischen Geschwindigkeit
ein durch die Theorie noch nicht aufgeklärtes Erzittern bei einer gewissen
Tourenzahl. Die kleineren Turbinen erhalten voller die größeren gebohrte Wellen. Die
Stopfbüchsen haben Graphit- oder Metallpackungen und werden durch herumgelegte
Federn angedrückt. Von den einfachen Blechschaufeln, deren Fuß umgebördelt und
auf den Scheibenkranz genietet war, oder sich auf demselben reiterartig aufsetzte,
ist man neuerdings abgegangen und verwendet gefräste Schaufeln, die in einer
Schwalbenschwanznut des Kranzes sitzen, wenn auch dadurch der Kranz schwerer wird
und eine größere Fliehkraft entwickelt, die die Scheibe beansprucht. Für hohe
Geschwindigkeiten kommen Nickelstahlschaufeln neuerdings von etwa 50 v. H.
Nickelgehalt zur Anwendung, sonst Bronzeschaufeln, bei Schiffsturbinen auch aus
gezogenem Messing. Versuche an großen Rateau-Turbinen von
3400 KW lassen erwarten, daß bei 13 at Anfangsdruck, 250° Dampftemperatur und 95 v.
H. Vakuum ein Dampfverbrauch von 6,3 kg für die KW/Std. erreicht wird.
Rateau-Turbinen werden auch als Zweidruckturbinen für
Abdampfverwertung ausgeführt. Bei reinem Abdampfbetrieb läuft der Hochdruckteil
(eine Gleichdruckturbine mit wenigen Stufen) leer mit, wobei die Reibungsverluste
nur etwa 1 v. H. betragen. Bei der Regelung sind das Hoch- und Niederdruckventil
völlig unabhängig voneinander. Der Regulator hebt zuerst bei einem Nachlassen der
Abdampfmenge das Niederdruckventil, dann, wenn dies nicht mehr genügt, auch das
Hochdruckventil. Doch muß hierzu ein doppelter Tourenabfall aufgewendet werden. Um
dies zu vermeiden, wirkt der Druck im Abdampfsammler auch auf die Regulierung ein,
entweder direkt oder durch Vermittlung eines Servomotors. Sobald der Druck im
Abdampfsammler unter eine gewisse Größe sinkt, öffnet sich das Hochdruckventil und
läßt Frischdampf zu. Andererseits wird das Hochdruckventil durch den
Fliehkraftregler geöffnet, wenn bei gleichbleibendem Sammlerdruck die Leistung der
Turbine steigt. Druckregler und Fliehkraftregler sind aber unabhängig voneinander;
dies ermöglicht einen Betrieb mit annähernd gleicher Geschwindigkeit. Zur Vermeidung
einer schlechten Dampfausnutzung bei Betrieb ausschließlich mit Frischdampf, in
welchem Fall der Druck im Zwischenraum ein anderer ist als bei Abdampfbetrieb, führt
man den Niederdruckteil in zwei Hälften aus, von denen nur die eine bei
Hochdruckbetrieb benutzt wird. Doch wird dadurch die Einrichtung komplizierter. Es
genügt, den Hochdruckteil so zu bemessen, daß im Zwischenraum der gleiche Druck
auftritt wie bei Niederdruckbetrieb und demgemäß die Hochdruckstufe mit einem
weiteren Rad auszurüsten, wodurch dann bei Frischdampfbetrieb das letzte Rad der
Niederdruckstufe leer mitzulaufen gezwungen ist. Große Vorteile haben sich auch
ergeben aus der Verbindung von Kolbenmaschinen mit Dampfturbinen, die den Abdampf
der ersteren verarbeiten. Es sind dabei Ersparnisse bis zu 40 v. H. erzielt
worden.
Für Schiff betrieb wird die Rateau-Turbine mit
Einzelrädern und mit Trommeln in einem Gehäuse ausgeführt, mit letzteren im
Niederdruckteil. Der Rückwärtsgang wird mit einer ähnlichen, aber wesentlich
kleineren Turbine im selben Gehäuse erzielt. Die Geschwindigkeitsänderung ist in
einigen Fällen dadurch erzielt worden, daß der Dampf an verschiedenen Stellen des
Gehäuses eingeführt Wurde. Ein Torpedoboot „Voltigeur“ hat eine
Geschwindigkeit von 31,3 Knoten und einen Dampfverbrauch von weniger als 5 kg
für die PS und Stunde ergeben.
In ähnlicher Weise wie bei Dampfturbinen wird die Druckabstufung auch bei
Kreiselpumpen zur Erzielung einer großen Druckhöhe angewendet. Das Wasser wird nach
dem Austritt aus einem Rad durch einen mit Schaufeln zur besseren Wasserführung
versehenen Umleitkanal dem nächsten Rad zugeführt. Die Entlastung vom Achsialschub
wird durch die verschiedenen Durchmesser der Nabe vor und hinter dem Rad erzielt;
außerdem dient ein Druckwasserkolben am Ende zum Ausgleich der noch vorhandenen
Ungenauigkeiten. Mit solchen raschlaufenden Kreiselpumpen sind Wirkungsgrade von 70
v. H. ermittelt worden. In einem Falle betrug die Förderhöhe 200 m und die
Wassermenge 15 cbm i. d. Std. Die neunstufige Pumpe machte 3000 Umdr. i. d. Min.
Auch Gebläse und Kompressoren für höheren Druck werden mit dieser Druckabstufung
ausgeführt. Ein Hochofengebläse von 18 cbm stündlicher Leistung für einen Enddruck
von 0,56–0,75 at besitzt vier Laufräder von 1800 mm . Die Räder werden
mitunter so angeordnet, daß sich der Ausdruck gegenseitig aufhebt. Mit dieser
Anordnung gegenläufig arbeitender Räder ist ein Gebläse von 13 cbm sekundl.
Luftlieferung von 0,25 at Ueberdruck ausgeführt worden. Bei 3400 Umdr. und einem
Enddruck von 0,475 at betrug der Kraftverbrauch 720 PS.
Bei Kompressoren ist die Zahl der Stufen und Räder natürlich höher. Es sind
gewöhnlich mehrere Rädergruppen in getrennten Gehäusen vorhanden, z.B. in einem
Falle einer Verdichtung von 10 cbm/Sek. auf 12 at in der ersten Gruppe 8, in der
zweiten 14 Räder; der Kraftverbrauch dieser Kompressoren betrug bei 3000 Umdr. i. d.
Min. 4400 PS. Der Wirkungsgrad solcher Hochdruckkompressoren, die besonders von der
Gutehoffnungshütte in Oberhausen ausgeführt werden,
beträgt nahezu 65 v. H. (auf isothermische Kompression bezogen). Gegenwärtig werden
auch für den Betrieb von Bessemergebläsen Turbokompressoren von 1350 PS ausgeführt,
welche bei 3200 Umdr/Min. 5 cbm/Sek. ansaugen und auf 3,5 at verdichten. (A. Rateau.) [Zeitschrift für das gesamte Turbinenwesen, Heft
7, S. 97–102, Heft 8, S. 121–124, Heft 9 S. 139–140 und Heft 11 S. 165 bis 167.]
M.
–––––
Eisenbetonschwellen mit Asbest. Es lassen sich heute zwar
vollkommen tragfähige Eisenbetonschwellen herstellen. Dagegen verursacht die dauernd
sichere Verbindung der Eisenbahnschienen mit den Schwellen immer noch
Schwierigkeiten. Die fortwährende Beanspruchung durch die millionenfachen
Erschütterungen durch die Wagenräder lockert in kurzer Zeit den Verband zwischen
Schiene und Schwelle.
Man hat versucht, unter das Schienenlager einen Holzklotz in die Schwelle
einzubetonieren, auf dem die Schiene befestigt ist. Derartige Schwellen haben sich
nicht besonders bewährt, da es auf die Dauer nicht möglich ist, eine feste
Verbindung zwischen Holz und Beton herzustellen.
Eine neue Schwelle wird nach dem System Wilhelmi
erzeugt, der an der Befestigungsstelle der Schiene als Beton ein Gemenge von im
Wasser aufgeweichten Asbestfasern und reinem Zement verwendet. Dieses Gemenge „Asbeton“ bildet nach inniger Vermengung und
Auspressung des überschüssigen Wassers eine welche, zähe Masse, die zwar ein
Stampfen wie der Kiesbeton nicht zuläßt, nach genügender Erhärtung aber ⅔ der
Bruchfestigkeit des Betons erreicht, sich bohren und nageln läßt und eine große
Klemmwirkung hat. Die Abmessungen der Schwelle entsprechen genau denen der
Holzschwelle. Das Eisengerippe besteht aus einer oberen und unteren Bewehrung aus
Rundeisen, die durch senkrechte Bügel verbunden sind.
Der Asbetonklotz unter dem Schienenauflager ist 18 cm hoch, 22 cm dick und 30 cm
breit. Die Schienen sind mit drei Schwellenschrauben in demselben befestigt. Eine
Schwelle kostet 6–7 M und wiegt rd. 220 kg (Arnos.) [Zement und Beton 1911, S. 138
ff.]
Weiske.