Titel: | DER SPANNUNGSZUSTAND VON SCHWUNGRÜDERN BEI BESCHLEUNIGTER ROTATION. |
Autor: | Otto Mies |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 500 |
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DER SPANNUNGSZUSTAND VON SCHWUNGRÜDERN BEI
BESCHLEUNIGTER ROTATION.
Von Otto Mies,
Charlottenburg.
(Schluß von S. 489 d. Bd.)
MIES: Der Spannungszustand von Schwungrädern bei beschleunigter
Rotation.
4. Die Verdrehungswinkel χa und ψa der
Armenden.
Bei der Bestimmung des Winkels χa (Fig. 1), den die
Endtangente des Armes während der Deformation gegen den ursprünglich mit der
Armmittellinie zusammenfallenden Kranzradius beschreibt, muß man bedenken, daß der
Kranzradius selbst infolge der Durchbiegung f'a des
Armendes einen kleinen Winkel φ' beschreibt, für den
mit hinreichender Genauigkeit gilt.
\varphi'=\frac{f'_a}{r_n+1}.
Bezeichnet man nun den Verdrehungswinkel der Endtangente der
Armmittellinie gegen ihre ursprüngliche Lage mit χ'a so ist nach Fig.
1:
\chi_a=\chi'_a-\varphi'=\chi'_a-\frac{f'_a}{r_n+1} . .
13)
χ'a und f'a
werden durch die vom Kranz auf das Armende übertragene Kraft Pp und die Trägheitskräfte der Armmassen
hervorgerufen. Nach den in Fig. 7 eingetragenen
Beziehungen ist das Biegungsmoment in dem vom Armende um die Strecke x entfernten Armquerschnitt, wenn man das Armgewicht
mit Ga bezeichnet:
m_x=P_p\,.\,x+\int_0^x\,\frac{\gamma}{g}\,f\,p\,\frac{r_n+1-\xi}{r}\,d\,\xi
=G\,\frac{p}{g}\,\frac{r}{r_n+1}\,x+\frac{1}{2}\,G_a\,\frac{p}{g}\,\frac{(r_n+1)\,x^2-\frac{1}{3}\,x^3}{r\,l}
14)
Damit findet sich aus der Beziehung:
\frac{d^2\,y}{d\,x^2}=\frac{M_x}{E\,J_a},
worin y die Durchbiegung des
Armes an der Stelle x und Ja das in Frage kommende Trägheitsmoment
des Armquerschnitts bedeuten,
\chi'_a=\left(\frac{d\,y}{d\,x}\right)_{x=0} und
f'a = (y)x =
0
Nach Integration erhält man:
\chi'_a=\frac{1}{2}\,\frac{p}{g}\,\frac{l^2}{E\,J_a}\left(G\,\frac{r}{r_n+1}+\frac{1}{3}\,G_a\,\frac{r_n+\frac{3}{4}\,l}{4}\right)
f'_a_a=\frac{1}{3}\,\frac{p}{g}\,\frac{l^3}{E\,J_a}\left(G\,\frac{r}{r_n+1}+\frac{1}{8}\,G_a\,\frac{3\,r_n+\frac{11}{5}\,l}{r}\right)
und mit Gleichung 13 nach einigen Umrechnungen
\chi_a=\frac{1}{2}\,\frac{p}{g}\,\frac{l^2}{E\,J_a}\,\left[G\,\frac{r\,\left(r_n+\frac{1}{3}\right)}{(r_n+1)^2}+\frac{1}{3}\,G_a\,\frac{1}{r}\,\left(\frac{r_n}{l}+\frac{1}{5}\,\frac{l}{r_n+1}\right)\right].
Setzt man zur Vereinfachung der Schreibweise:
h=\frac{r}{2}\,\frac{r_n+\frac{1}{3}}{(r_n+1)^2}
und
i=\frac{1}{6}\,\frac{1}{r}\,\left(\frac{r_n}{l}+\frac{1}{5}\,\frac{1}{r_n+1}\right)
15)
so ergibt sich schließlich:
\chi_a=\frac{l^2}{E\,J_a}\,\frac{p}{g}\,(G\,h+G_a\,i) . . .
15a)
Wegen des verhältnismäßig geringen Einflusses der
Trägheitskräfte der Armmassen auf die zu ermittelnden Spannungen kann man hier von
der Berücksichtigung einer etwaigen Armverjüngung absehen.
Textabbildung Bd. 326, S. 501
Fig. 7.
Auf ähnliche Weise findet man den Winkel ψa, den die Endtangente des Armes infolge des
vom Kranz übertragenen Momentes Ma und der durch dasselbe bedingten Tangentialkraft
P_a=\frac{M_a}{r_n+1} gegen den ursprünglich mit der
Armmittellinie zusammenfallenden Kranzradius beschreibt. Bezeichnet man hierbei die
Enddurchbiegung des Armes mit fa'' und den
Neigungswinkel der Endtangente des Armes gegen ihre ursprüngliche Lage mit ψa, so ist entsprechend
Gleichung 13:
\psi_a=\psi_a''-\frac{f_a''}{r_n+1}
Mit
\psi''_a=\frac{M_a}{E\,J_a}\,\left(1-\frac{l^2}{2\,(r_n+1)}\right)
und
f''_a=\frac{M_a}{E\,J_a}\,\left(\frac{l^2}{2}-\frac{l^3}{3\,(r_n+1)}\right)
wird:
\psi_a=\frac{M_a}{E\,J_a}\,\frac{l^2}{r_n+1}\,\left(\frac{r_n}{l}+\frac{1}{3}\,\frac{1}{r_n+1}\right)=M_a\,.\,w'
16)
Setzt man zur Abkürzung der Schreibweise:
\mbox{so wird:
}\left{{k=\frac{r}{r_n+1}\,\left(\frac{r_n}{l}+\frac{1}{3}\,\frac{1}{r_n+l}\right)}\atop{w'=\frac{l^2}{E\,J_a}\,\frac{k}{r}}}\right\}16\mbox{a})
5. Das zwischen Arm und Kranz wirkende
Biegungsmoment Ma.
Ma findet sich nun aus
Gleichung la, indem man nach den Gleichungen 9, 12b, 15a und 16a die Werte für χk, χa, u' und w' einsetzt. Man
erhält somit:
M_a=\frac{\frac{l^2}{E\,J_a}\,\frac{P}{g}\,(G\,h+G_a\,i)-G\,\frac{p}{g}\,\left(\frac{r^2}{E_1\,J}\,m_p+\frac{1}{E_1\,F}\,n_p\right)}{\frac{l^2}{E\,J_a\,\frac{k}{r}+\frac{1}{r}\,\left(\frac{r^2}{E_1\,J}+\frac{1}{E_1\,F}\right)\,n_p}}.
oder nach einigen Umformungen:
M_a=G\,\frac{p}{g}\,r\,\frac{h+\frac{G_a}{G}\,i+\frac{E}{E_1}\,\left(\frac{r}{l}\right)^2\,\left(\frac{J_a}{J}\,m_p+\frac{J_a}{F\,r^2}\,n_p\right)}{k+\frac{E}{E_1}\,\left(\frac{r}{l}\right)^2\,\left(\frac{J_a}{J}+\frac{J_a}{F\,r^2}\right)\,n_p}
17)
Da der Ausdruck F r2 gegenüber Ja in normalen Fällen außerordentlich groß wird, kann
man das Glied \frac{J_a}{F\,r^2}\,n_p gegen die übrigen
vernachlässigen, so daß die vereinfachte Formel entsteht:
M_a=G\,\frac{p}{g}\,r\,\frac{k+\frac{G_a}{G}\,i-\frac{E}{E_1}\,\left(\frac{r}{l}\right)^2\,\frac{J_a}{J}\,m_p}{k+\frac{E}{E_1}\,\left(\frac{r}{l}\right)^2\,\frac{J_a}{J}\,n_p}
17a)
In dieser Formel stellt das Glied
\frac{G_a}{G}\,i den Einfluß der trägen Massen der Arme dar,
während die Endglieder von Zähler und Nenner den Einfluß der Kranzverbiegung
enthalten. Man erkennt, daß sich diese Einflüsse in entgegengesetztem Sinne geltend
machen, was nach den Ueberlegungen des ersten Abschnittes zu erwarten war. Der Bau
der erwähnten Glieder lehrt ferner ohne weiteres, daß sie gegen die Glieder h und k klein sind, woraus
sich schließen läßt, daß durch ihre Vernachlässigung kein großer Fehler gemacht
wird.
Diese Vernachlässigung führt dann zu derselben Formel, welche sich nach der üblichen
Näherungsrechnung ergibt, nämlich
M_a=G\,\frac{p}{g}\,r\,\frac{h}{k} . . . . .
18)
oder, indem man die Werte von h
und k nach den Gleichungen 15 und 16a einsetzt
M_a=G\,\frac{p}{g}\,r\,\frac{1}{2}\,\frac{\frac{1}{3}+\frac{r_n}{l}}{\frac{1}{3}+\frac{r_n}{l}+\left(\frac{r_n}{l}\right)^2}
. . . 18a)
6. Die zwischen Arm und Kranz wirkende
Zugkraft Za.
Bei der beschleunigten Rolation des Rades in dem durch Fig.
1 gekennzeichneten Zustand erleidet der ursprünglich mit der
Armmittellinie zusammenfallende Kranzradius eine Verlängerung δ r. Angenähert in diesem Betrage würde zwischen Arm
und Kranz eine Fuge klaffen, wenn nicht der Arm den Kranz durch eine Zugkraft Za um den Wert
p_\frakfamily{z}=Z_a\,.\,u nach innen einböge und der Kranz
den Arm durch die entgegengesetzt gerichtete Zugkraft um die Strecke
\lambda_\frakfamily{z}=Z_a\,.\,w verlängerte, so daß:
\delta\,r=P_\frakfamily{z}+\lambda_\frakfamily{z}=Z_a(u+w),
woraus folgt
Z_a=\frac{\delta\,r}{u+w} . . . . . . . 19)
Wie die Werte u und w zu finden sind, ist früher erläutert worden.s. Anm. 1 S. 485.
δ r ergibt sich nach den in Fig. 2 dargestellten Beziehungen. Nennt man die Länge des deformierten
Radius r', so hat man zu setzen:
r'=r+\delta\,r=\sqrt{r^2+\left(\delta\,s_0+\frac{\delta\,n_0}{\mbox{tg}\,\alpha}\right)^2},
worin δ s0 und δ n0 die gesamten Verschiebungen des Punktes A (Fig. 3) bedeuten.
Indem man die Wurzel entwickelt und Potenzen höheren als zweiten Grades
vernachlässigt, ergibt sich
\delta\,r=\frac{1}{2}\,\frac{\left(\delta\,s_0+\frac{\delta\,n_0}{\mbox{tg}\,\alpha}\right)^2}{r}
. . . . 20)
Da δ s0 und δ n0 kleine
Verschiebungen darstellen, folgt aus dieser Gleichung schon, daß δ r sehr klein sein wird, und infolgedessen der Einfluß
von Za auf die
Spannungen ohne merklichen Fehler vernachlässigt werden kann. Da jedoch der Wert
\delta\,s+\frac{\delta\,n}{\mbox{tg}\,\alpha} schon berechnet
ist, kann die Gleichung für Za ohne weiteres angesetzt werden, so daß man in der Lage ist, auch an
praktischen Beispielen zu erkennen, daß Za merklich verschwindet.
Die Verschiebung \delta\,s_0+\frac{\delta\,n_0}{\mbox{tg}\,\alpha}
wird zum Teil durch die beschleunigte Rotation, zum Teil durch die Schnittmomente
Ma hervorgerufen.
Nach den Gleichungen 8 und 12 wird:
\delta\,s_0+\frac{\delta\,n_0}{\mbox{tg}\,\alpha}=G\,\frac{p}{g}\,\left(\frac{r^3}{E_1\,J}\,m_p+\frac{r}{E_1\,F}\,n_p\right)+M_a\,\left(\frac{r^2}{E_1\,J}+\frac{1}{E_1\,F}\right)\,n_p.
Setzt man:
M_a=G\,\frac{p}{g}\,r\,.\,c . . . . . 21)
wobei die Bedeutung von c aus den
Gleichungen 17, 17a und 18a zu entnehmen ist, so folgt:
\delta\,s_0+\frac{\delta\,n_0}{\mbox{tg}\,\alpha}=G\,\frac{p}{g}\,r\,\left(\frac{r^2}{E_1\,J}\,(m_p+c\,n_p)+\frac{1}{E_1\,F}\,(1+c)\,n_p\right),
und, indem man wie früher das zweite Glied in der Klammer
vernachlässigt nach Gleichung 20:
\delta\,r=\frac{1}{2}\,G^2\,\left(\frac{p}{g}\right)^2\,\frac{r^2}{E_1\,J}\,(m_p+c\,n_p)\,\frac{r^3}{E_1\,J}.
Daraus ergibt sich mit Gleichung 19 nach den an anderer Stelle
abgeleiteten Beziehungen:
Z_a=\frac{1}{2}\,G^2\,\left(\frac{p}{g}\right)^2\,\frac{r^2}{E_1\,J}\,\frac{(m_p+c\,n_p)^2\,\frac{r^3}{E_1\,J}}{\frac{r^3}{E_1\,J}\,m+\frac{r}{E_1\,F}\,n+\varepsilon_z\,\frac{1}{E\,f_i}}
Z_a=\frac{1}{2}\,G^2\,\left(\frac{p}{g}\right)^2\,\frac{r^2}{E_1\,J}\,\frac{(m_p+c\,n_p)^2}{m+\frac{J}{F\,r^2}\,n+\varepsilon_z\,\frac{E_1}{E}\,\frac{1}{r}\,\frac{J}{f_i\,r^2}}
22)
7. Die Spannungen in Kranz und
Armen.
Die Normalspannungen, die im Kranz in einem um den Winkel φ gegen die Segmentenden geneigten Querschnitt (Fig. 2) herrschen, kann man sich unter Vernachlässigung des Einflusses
der Zugkräfte Za
entstanden denken durch Uebereinanderlagerung der Spannungen, die durch die
beschleunigte Rotation des drehbar mit den Armen verbundenen Kranzes (Fig. 1) erzeugt werden mit denjenigen, welche die
Schnittmomente Ma
hervorrufen. Sie sind an jeder Stelle auf ein Biegungsmoment Mφ und eine Normalkraft Pφ zurückzuführen. Die
Anteile, welche die beschleunigte Rotation und die Schnittmomente an Mφ und Pφ haben, addieren sich
auf beiden Seiten des Armes. Demnach findet sich nach den Gleichungen 4 und 11:
M_{\varphi}=\frac{1}{2}\,G\,\frac{p}{g}\,r\,\left(\frac{r}{r_n-1}\,\frac{\mbox{sin}\,\varphi}{\mbox{sin}\,\alpha}-\frac{\varphi}{\alpha}\right)+\frac{1}{2}\,M_a\,\frac{r}{r_n+1}\,\frac{\mbox{sin}\,\varphi}{\mbox{sin}\,\alpha}
P_{\varphi}=\frac{1}{2}\,G\,\frac{p}{g}\,\frac{r}{r_n+1}\,\frac{\mbox{sin}\,\varphi}{\mbox{sin}\,\alpha}+\frac{1}{2}\,M_a\,\frac{1}{r_n+1}\,\frac{\mbox{sin}\,\varphi}{\mbox{sin}\,\alpha},
oder indem man nach Gleichung 21
M_a=G\,\frac{p}{g}\,r\,c setzt
\left{{M_{\varphi}=\frac{1}{2}\,G\,\frac{p}{g}\,r\,\left(\frac{r}{r_n+1}\,(1+c)\,\frac{\mbox{sin}\,\varphi}{\mbox{sin}\,\alpha}-\frac{\varphi}{\alpha}\right)}\atop{P_{\varphi}=\frac{1}{2}\,G\,\frac{p}{g}\,\frac{r}{r_n+1}\,(1+c)\,\frac{\mbox{sin}\,\varphi}{\mbox{sin}\,\alpha}\
\ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ }}\right\}23)
Ein Maximum für Mφ entsteht an der Stelle φ0 nach Gleichung:
\frac{r}{r_n+1}\,(1+c)\,\frac{\mbox{cos}\,\varphi_0}{\mbox{sin}\,\alpha}-\frac{1}{\alpha}=0
für:
\mbox{cos}\,\varphi_0=\frac{\mbox{sin}\,\alpha}{\alpha}\,\frac{r_n+1}{r\,(1+c)}.
Dieses Maximum tritt aber in Wirklichkeit nicht auf, da φ0 größer als a wird, wenn der Quotient \frac{r_n+1}{r\,(1+c)} nur
wenig kleiner als 1 ist. Die größten Werte für Mφ und Pφ entstehen also in den Querschnitten an den Armen,
d.h. für φ = a und sind nach Gleichung 23:
M_{\alpha}=\frac{1}{2}\,G\,\frac{p}{g}\,r\,\left(\frac{r}{r_n+1}\,(1+c)-1\right)
P_{\alpha}=\frac{1}{2}\,G\,\frac{p}{g}\,\frac{r}{r_n+1}\,(1+c).
Führt man in diese Formeln den Abstand ηi der inneren Kranzfaser von der
Schwerpunktsfaser mit Hilfe der Beziehung
r – (rn + 1) = ηi
ein, so ergibt sich:
\left{{M_{\alpha}=\frac{1}{2}\,G\,\frac{p}{g}\,r\,\frac{c\,r+\eta_i}{r-\eta_i}\
\ \ \ \ \ \
}\atop{P_{\alpha}=\frac{1}{2}\,G\,\frac{p}{g}\,\left(\frac{c\,r+\eta_i}{r-\eta_i}+1\right)}}\right\}\
.\ 24)
Bedeuten Wi das
Widerstandsmoment des Kranzquerschnitts für die inneren Kranzfaser, Wa dasjenige für die
äußere, F den Kranzquerschnitt, σpi die Spannung in der inneren
Kranzfaser, σpa die in
der äußeren, so folgt:
\left{{\sigma_{pi}=\frac{M_{\alpha}}{W_i}+\frac{P_{\alpha}}{F}}\atop{\sigma_{pa}=\frac{M_{\alpha}}{W_a}-\frac{P_{\alpha}}{F}}}\right\}\
.\ .\ .\ 25)
Beide Spannungen können sowohl Zug- als auch Druckspannungen
sein, je nachdem sie auf der einen oder anderen Seite des Armes auftreten.
Vernachlässigt man auch bei den Armen die durch die Zugkräfte Za entstehenden Spannungen, so werden die
Arme, vom Schub abgesehen, nur auf Biegung beansprucht. Gleichung 14 gibt die Größe
des bei beschleunigter Rotation entstehenden Biegungsmomentes an beliebiger, um die
Strecke x vom äußeren Armende entfernter Stelle an.
Davon ist das durch das Schnittmoment hervorgerufene Biegungsmoment Ma
– Pa • x zu subtrahieren. Am äußeren Armende wirkt demnach
allein das Biegungsmoment Ma, während sich für das Biegungsmoment am inneren Armende nach Gleichung
14 findet:
M_i=G\,\frac{p}{g}\,\frac{r}{r_n+1}\,1+\frac{1}{2}\,G_a\,\frac{p}{g}\,\frac{(r_n+1)\,l^2-\frac{1}{3}\,l^3}{r\,l}-M_a\,\left(1-\frac{1}{r_n+1}\right)
oder mit Gleichung 21:
M_i=G\,\frac{p}{g}\,r\,\left(\frac{l-c\,r_n}{r_n+1}+\frac{1}{2}\,\frac{G_a}{G}\,\left(\frac{1}{r}\right)^2\,\left(\frac{r_n}{1}+\frac{2}{3}\right)\right)
. 26)
Die in den äußeren bezw. inneren Armquerschnitten auftretenden
Biegungsspannungen σa' bezw. σi' sind demnach, wenn
wa bezw. wi die entsprechenden
Widerstandsmomente des Armquerschnittes bedeuten:
\sigma_a'=\frac{M_a}{w_a} und
\sigma'_i=\frac{M_i}{w_i} . . . . 27)
8. Beispiel.
Zum Schluß mögen die Ergebnisse zur zahlenmäßigen Berechnung des Rades einer
Großgasmaschine für den Antrieb eines Drahtwalzwerkes verwendet werden. Die Figur
des Rades nebst einer Tabelle seiner Dimensionen sind früher veröffentlicht
wordens. D. p. J. 1910, S.
710, Fig. 4., bei welcher
Gelegenheit auch die in dem Rade bei gleichförmiger Rotation entstehenden Spannungen
berechnet wurden. Das größte Moment, welches beschleunigend auf die Massen des
Schwungrades wirkt, wurde aus den Maschinendimensionen ermittelt, indem
vorausgesetzt wurde, daß die größte vorkommende Drehkraft viermal so groß wie die
mittlere ist. Hiervon entfällt auf jeden Arm ein Moment von 500000 kgcm, so daß:
G\,\frac{p}{g}\,r=500000\mbox{ kgcm}.
Für den Armquerschnitt ergibt sich
das Trägheitsmoment
Ja = 21150
cm4,
das Widerstandsmoment
w = 1410 cm3.
Nach den Gleichungen 8 folgt mit Hilfe der Tabelle für x
und λ:
mp = 0,0036 und np = 0,0698,
nach den Gleichungen 15 und 16a:
h = 0,3630; i = 0,0740 und k = 1,1400.
Mit diesen Werten findet sich aus Gleichung 17a:
\begin{array}{rcl}M_a&=&500000\,\frac{0,3630+0,0058-0,0014}{1,1400+0,0271}\\
&=&500000\,\frac{0,3675}{1,1675}\\ &=&157500\mbox{ kgcm.}
\end{array}
Diesem genaueren Wert von Ma gegenüber ergibt sich nach Gleichung 18 der
angenäherte;
M_a=500000\,\frac{0,3630}{1,1400}=159000\mbox{ kgcm}
Man erkennt, daß die Vergrößerung des Moments, welche die Massenwirkungen der Arme
hervorrufen, durch den Einfluß der Kranzdeformation wieder aufgehoben wird. Nur
einen dieser Einflüsse zu berücksichtigen würde daher eine größere Ungenauigkeit
bedeuten, als beide zu vernachlässigen.
Nach Gleichung 21 wird c=\frac{0,3675}{1,1671}=0,315.
Damit folgt nach den Gleichungen 24:
Ma = 128000 kgcm und Pa = 1640 kg,
und nach den Gleichungen 25:
\sigma_{\pi}=\frac{128000}{22500}+\frac{1640}{2375}=5,7+0,7=6,4\mbox{
kg.}
\sigma_{\pa}=\frac{128000}{39700}+\frac{1640}{2375}=3,2+0,7=3,9\mbox{
kg.}
Nach Gleichung 26 erhält man:
Mi = 212000 kgcm
und damit nach Gleichung 27:
\sigma'_a=\frac{159000}{1410}=113\mbox{ kg/qcm}
und
\sigma'_i=\frac{212000}{1410}=150\mbox{ kg/qcm}
Während die Spannungen im Kranz nur gering sind, erfordern
diejenigen in den Armen immerhin Beachtung.
Schließlich kann man noch Gleichung 22 benutzen, um sich davon zu überzeugen, daß die
Zugkraft Za im Arm
verschwindend klein wird. Bei der Nachrechnung findet sich Z = 0,00008 kg.
Die Ergebnisse der Rechnungen lassen sich kurz folgendermaßen zusammenfassen: Die
Berücksichtigung der Biegsamkeit des Kranzes sowie der Massenwirkungen der Arme bei
der Berechnung der Spannungen des beschleunigt rotierenden Rades bietet
keinerlei Schwierigkeiten und führt zu übersichtlichen Ergebnissen. Beide Einflüsse
sind an sich gegenüber der Biegsamkeit der Arme und den Massenwirkungen des Kranzes
nicht groß und machen sich dazu noch im entgegengesetzten Sinne geltend. Es ist
daher berechtigt, nach der üblichen Näherungsmethode zu rechnen, welche beide
Einflüsse gleichzeitig vernachlässigt. Während diese
Vernachlässigung der Anschauung ohne weiteres begründet erscheint, läßt sich von
vornherein nicht so leicht übersehen, ob nicht infolge der Biegsamkeit des Kranzes
in den Armen erhebliche Zug- oder Druckkräfte entstehen. Die Rechnung lehrt
indessen, daß diese Kräfte, die bei der üblichen Näherungsrechnung stillschweigend
vernachlässigt zu werden pflegen, in der Tat nur außerordentlich klein sind und
daher mit Recht übergangen werden können.