Titel: | DER STAHL-KRAFTBAND-TRIEB MIT BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG SEINER RENTABILITÄT. |
Autor: | R. Sproecke |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 571 |
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DER STAHL-KRAFTBAND-TRIEB MIT BESONDERER
BERÜCKSICHTIGUNG SEINER RENTABILITÄT.
Von R. Sproecke,
Danzig.
(Schluß von S. 553 d. Bd.)
SPROECKE: Der Stahl Kraftband-Trieb mit besonderer Berücksichtigung
seiner Rentabilität.
Waren es bisher allgemeinere Fälle, in welchen die Gebrauchsfähigkeit der
Stahlbandtriebe angebracht erschien, so liegen oft Verhältnisse vor, wo die
genannten Triebe unbedingt bevorzugt werden müssen. Zum Beispiel sei daran erinnert,
daß das schmale und vollkommen gerade laufende Stahlband auch nur eines engen Raumes
zum Einbau bedarf. Dieser Umstand bietet für viele industrielle Anlagen besondere
Vorzüge, vornehmlich für jene, welche sich räumlich nicht ausdehnen können und doch
eine Vergrößerungaus Fabrikationsrücksichten wünschenswert machen. Hierzu verhilft
das Stahlband; es ist ohne weiteres möglich, die zu treibenden Vorrichtungen in
andere Etagen und Raume zu verlegen. Ein geringer Mauerspalt genügt zur Durchführung
des Bandes; die Uebertragung der Kraft kann ohne erhebliche Verluste und
kostspielige Platzdispositionen vollzogen werden. Bei Riementrieben muß bekanntlich
immer ein gewisser Achsenabstand eingehalten werden, bei Stahlbandtrieben ist
solches nicht nothwendig. Mithin kann man auch, solange die
Uebersetzungsverhältnisse es gestatten, die treibende und die getriebene Scheibe
einander näher bringen, ohne den Eintritt von Verlusten befürchten zu müssen; ja es
ist bei gleichem Scheibendurchmesser statthaft, den Achsenabstand bis zur
unmittelbaren Berührung der Scheiben zu vermindern, was dadurch gegeben ist, daß die
Stahlbänder nur mittels der ihnen ertheilten Anzugspannung übertragen, keineswegs
durch Gewichtsspannung. Der letztere Vorzug sichert den Stahlbandtrieben dort
ein weites Anwendungsgebiet wo die Bodenfläche beschränkt ist, keine
Ausdehnungsmöglichkeit ohne größere finanzielle Aufwendungen besteht und die
Aufstellung neuer Maschinen dennoch erwünscht ist, z.B. bei Aenderung der
Fabrikation, Vergrößerung der Produktion, bei Lichtund Kraftzentralen und vor allem
in eng besetzten Industriegebieten. Es sei auch nochmals des leichten Gewichts
gedacht und des ziemlich stoßfreien Laufs der Stahlbänder; hierdurch wird es wohl
immer angängig werden, die Transmissionsanlagen und Scheiben in ihren Abmessungen
gegenüber denen für sonstige Zug- und Treiborgane, herabzumindern, bezw. dort die
fliegende Anordnung der Bandscheiben anzuwenden, wo sonst doppelt gelagerte Riemen-
oder Seilscheiben erforderlich sind. Die Verwendung des Stahlbandes für
Dynamomaschinen und Elektromotore ist somit gleichfalls gegeben, da diese Maschinen
meistens mit fliegend angeordneten Scheiben ausgerüstet werden und einen stoßfreien
Lauf haben sollen; letzterer wird namentlich erzielt durch die angedeutete Behebung
der entstehenden Kraftschwankungen mittels der schmalen Bandscheiben und ihres
Schwungmomentes.
Textabbildung Bd. 326, S. 570
Fig. 4.
Berücksichtigen wir nun noch den Umstand, *daß der Wirkungsgrad des Stahlbandes dem
der Treibseile überlegen ist, so erscheint es erwünscht, nicht nur bei Neuanlagen das Stahlband
heranzuziehen, sondern auch die in Verwendung befindlichen Treibseile gegen
Stahlbänder auszuwechseln. Dieses ist nun auch ohne besonders erhebliche
Umänderungen möglich. Es bedarf zur Auswechselung eines Seiles gegen ein Stahlband
nur der Aufbringung des erwähnten Korkbelages auf die Seilscheiben, und der
umgeänderte Trieb kann in Benutzung genommen werden. Fig.
4 zeigt einen ursprünglichen Seiltrieb für eine Uebertragung von 200 PS.
Die Umänderung geschah derart, daß über die Rillen der Seilscheiben ein Blechbelag
und auf diesen der Korkbelag gebracht wurde. Diese Maßnahme hat sich vortrefflich
bewährt und somit auch die Vorzüge des Stahlbandes den Betrieben mit alten
Einrichtungen eröffnet.
Besondere Beachtung verdient ferner noch die Anwendung von Stahlbandtrieben in
Drahtziehereien, Feinwalzwerken und Ziegeleien. Die dort erforderlichen maschinellen
Arbeitsvorgänge führen öfteren Wechsel im Kraftbedarf herbei; jedoch ist anderseits
eine gleichförmige Kraftübertragung auch hier wieder erwünscht. Die Stahlbandtriebe
lassen sich in solchen Fällen am geeignetsten für die Kraftregelung anwenden; das
Stahlband selbst bedarf trotz der ungleichförmigen und wechselreichen Beanspruchung
keiner Wartung. Somit erhalten die letztangeführten Betriebsarten auf diese Weise
ebenfalls gebrauchsfähige Transmissionsmittel.
Textabbildung Bd. 326, S. 571
Fig. 5.
Endlich sei erwähnt, daß das Stahlband sowohl für größere Kraftübertragung als auch
für höhere Geschwindigkeiten mit der erforderlichen Betriebssicherheit zur Anwendung
gelangen kann, wie auch die Uebertragung von Kräften auf weite Strecken mittels
Stahlband ohne weiteres angängig ist. Desgleichen ist es möglich, mehrere
Stahlbänder auf gleicher Scheibe im Parallelbetrieb laufen zu lassen, wie dieses in
Fig. 5 zur Anschauung gebracht ist.
Getriebetheile und Stahlbänder behalten dann auch in Fällen allergrößter
Kraftübertragung noch immer geringere Abmessungen, deren Wert bereits erwähnt
wurde.
Vorstehende Zusammenstellungen zeigten das Stahlband als vielfach gebrauchsfähiges
Kräfteübertragungselement, welches in konstruktiver wie auch betriebstechnischer
Hinsicht anderen Uebertragungsorganen zum mindesten gleichwertig ist.
Hieran schließen sich die Vorzüge wirthschaftlicher Natur unmittelbar an. Eine ganze
Reihe Stahlband-Kraftanlagen sind ausgeführt und haben sich bestens bewährt, so daß
dadurch die Lebensfähigkeit der neuartigen Kraftübertragung bewiesen ist. Von
besonderem Interesse neben, der Gebrauchsfähigkeit ist die Rentabilität; letztere
sei daher etwas näher besprochen. Eine bedeutende Abnutzung der in Frage kommenden
Materialien tritt aus erklärlichen Gründen nicht ein; mithin werden
Ersatztheile und Erneuerungen nur in normalem Umfange erforderlich. Die günstige
Uebertragungsfähigkeit des Stahlbandes ist durch wissenschaftliche Versuche und
praktische, betriebsmäßige Anwendung erwiesen. Die Vermeidung jeglicher
Gleitverluste bedeutet eine erhebliche Verminderung an Energieaufwand. Das einmal
ordnungsmäßig hergestellte und aufgebrachte Stahlband bedarf keiner Wartung während
der Benutzung, mag diese angestrengt oder ungleichmäßig sein. Der Fortfall der
Wartung und die Vermeidung der Energieverluste sind aber gleichbedeutend mit einer
Herabsetzung der Betriebsunkosten.
Eine Uebersicht ergibt sich am besten aus einem zahlenmäßigen Vergleich. Es sei
hierzu z.B. die Uebertragung von 100 PS angenommen. Der Achsenabstand sei aus
Betriebsgründen 10 m; die minutl. Umdrehungszahl soll 200 betragen und der
Scheibendurchmesser sei mit 1000 mm angesetzt.
Es wird die Anschaffung des Zugorganes und der Scheiben nothwendig. Vorhin wurde
darauf hingewiesen, daß für gleiche Kraftübertragung das Stahlband erheblich dünner,
schmäler und leichter ausfällt als Seil und Riemen. Im obigen Falle bedarf es eines
Kraftbandes von 100 mm Breite. Der Preis für dieses beträgt ungefähr 750 M. Riemen
oder Seil würden sich auf 1300 bezw. 600 M für den vorliegenden Fall stellen. Wenn
nun auch der Anschaffungspreis für kleinere Stahlbandanlagen gegenüber Riemen- und
Seiltrieben verhältnismäßig höher wird, so dürfte meisthin beim Stahlbandtrieb doch
eine Verbilligung herauskommen, weil eine Verringerung des Achsenabstandes möglich
ist. Von dieser Maßnahme dürfte, soweit die sonstigen Betriebsverhältnisse es
gestatten, wohl Gebrauch zu machen sein, da sich dabei auch die Länge des
Kraftbandes verringert und somit auch der Anschaffungspreis für dieses.
Die Bandscheiben für das angenommene Projekt müssen eine Breite von 110 mm haben,
gegenüber einer solchen von 500 mm für Riemen oder 380 mm für Seile. Das günstige
Verhalten der schmalen Bandscheibe bei Kraftschwankungen wurde bereits erwähnt.
Hinzu tritt noch das geringe Gewicht der Scheibe, welches im vorliegenden Fall rd.
13 kg beträgt. Die erhebliche Verminderung des Gewichtes der Scheibe und auch des
Stahlbandes gestattet es auch, die Wellen, Lager und Abstände des letzteren so zu
dimensionieren, daß sie den Erfordernissen des Stahlbandantriebes genügen, dabei
aber bedeutend geringere Abmessungen aufweisen, als sie mit Riemen oder Seil (man
kann ungefähr 140 kg für eine Riemen- und 240 kg für eine Seilscheibe rechnen)
betriebene Anlagen erfordern. Im weiteren ist noch günstig, daß das Stahlkraftband ohne
besondere Hilfsmittel einen geradlinigen und stets gleichgespannten Lauf aufweist,
wodurch Nachspannapparate und Leitvorrichtungen in Wegfall kommen und die
Anschaffung sich mithin ebenfalls billiger stellt. Es kommt ferner noch der
geringere Preis der schmäleren, leichteren Bandscheibe bezüglich der
Anschaffungsaufwendungen in Betracht, so daß sich aus einer Gegenüberstellung mit
Riemen- oder Seiltrieben die Stahl-Kraftbandanlage als die am wenigsten Kosten
verursachende Treibanlage ergibt.
Als Vervollständigung des Besprochenen möge die Zusammenstellung in Tab. 1
dienen.
Tabelle 1.
Zusammenstellung der Abmessungen, des Gewichts und des
Anschaffungspreises der Zugorgane und Scheiben für eine Kraftübertragungsanlage von
100 PS bei Verwendung von Stahl-Kraftband, Riemen oder Seil.
Benennung des Zugorganes
Stahlband
Riemen
Seil
Breite der Zugorgane mm
100
500
6 Seile von45 qmm
„ „ Scheiben „
110
500
380
Gewicht der Zugorgane kg
13
140
240
„ „ Scheiben „
270
520
1000
Anschaffungspreis der Scheiben M
250
400
740
„ „ Zugorgane „
750
1300
600
Gesamtgewicht für Zugorgane und Scheiben
kg
283
660
1240
Gesamtkosten für Zugorgane und Scheiben
M
1000
1700
1340
Die Anschaffung kann deshalb als rentabel bezeichnet werden, da außer der Ersparung
von Anlagekosten noch die Vorzüge der Platzersparnis und verlustlosen Uebertragung
hinzukommen.
Der Betriebsrentabilität seien noch einige Worte gewidmet. Aus der Eigenschaft des
Stahl-Kraftbandes erhellt, daß ein erheblicher Kraftverlust bei der Uebertragung
nicht eintreten kann, vorausgesetzt, daß das Stahlband mit der richtigen Spannung
auf die Scheiben gebracht ist. Die geringen Arbeitsverluste zeigen auch im
Dauerbetrieb keine Zunahme. Es beträgt im angezogenen Falle der Schlupfwert 0,5 v.
H., im Vergleich zu 6 v. H. bei Riemenübertragung oder 13 v. H. beim Seiltrieb.
Setzt man statt 0,5 v. H. Arbeitsverlust 0,5 PS ein und rechnet die Kosten einer
PS/Std. mit 0,07 M, so ergibt sich für eine Betriebsdauer von 3000 Stunden (gleich
einem Betriebsjahr) – 0,5 • 0,07 • 3000 = 105,00 – ein Verlust von 105,– M. Ein
Blick auf Tab. 2 lehrt, wieviel höher sich der Arbeitsverlust von Riemen und Seil im
gleichen Falle ergibt. Rechnet man zu dem Geldweit des jährlichen Arbeitsverlustes
der angeführten Stahl-Kraftbandanlage die üblichen Abschreibungen und Zinsen für das
Anlagekapital hinzu (s. Tab. 1), so erhält man an Gesamtjahresunkosten 330,– M. Bei
Riementrieben würden im gleichen Falle die Jahresunkosten ungefähr das fünffache,
bei Seiltrieben das neunfache der errechneten Unkosten für den Stahlbandtrieb
betragen. Wesentlich für die Jahresunkosten wird auch noch der Umstand, daß infolge
des beinahe verlustlosen Arbeitens des Stahlbandes fraglos eine Verringerung
der Krafterzeugung eintritt und Ersparnisse sich auch insofern ergeben, als für die
ersparte Kraft keine Reserve und keine entsprechenden Unkosten erforderlich
sind.
So folgt ein Vortheil des Stahlbandes bezüglich der Kraftübertragung aus dem anderen,
alle tragen mehr oder weniger zur Erhöhung der Rentabilität der
Stahl-Kraftbandtriebe bei, welche in der Jetztzeit ebenso wichtig ist, wie ein
günstiges betriebstechnisches Verhalten.
Das Ergebnis der vorstehenden Ausführungen dürfte demnach in folgender Kennzeichnung
zusammenzufassen sein: Bei Einrichtungen von Kraftübertragungen läßt sich
Tabelle 2.
Uebersicht des Arbeitsverlustes und der Jahresunkosten einer
Kraftübertragungsanlage von 100 PS bei Verwendung von Stahl-Kraftband, Riemen oder
Seil
Benennung des Zugorganes
Stahl-band
Riemen
Seil
Arbeitsverlust in v. H
0,5
6
13
Arbeitsverlust in PS
0,5
6
13
Arbeitsverlust in PS/Std. f. d. Jahr
1500
18000
39000
Arbeitsverlust in M (Kosten d. PS/Std. 0,07 M)
105
1260
2730
Zinsen für Anschaffungskapital 5 v. H. M
50
85
67
Abschreibung auf Scheiben 10 v. H. „
25
40
74
Abschreibung auf Zugorgane 20 v. H. „
150
260
120
Arbeitsverluste in M (s. Tab. 1) „
105
1260
2730
Gesamte Jahresunkosten „
330
1645
2991
das Stahl-Kraftband in den meisten Fällen vortheilhaft
anwenden und durch seinen günstigen Wirkungsgrad eine nicht unwesentliche
Kraftersparnis herbeiführen; dabei ist aber keineswegs eine umständliche Wartung und
keine besondere konstruktive Anordnung nothwendig.
Das Kraftband arbeitet bei richtiger Ausführung stets gleichmäßig und ohne
nennenswerten Schlupf. Das geringe Gewicht und die geringen Abmessungen des
Kraftbandes ermöglichen einen geringen Platzbedarf der gesamten Anlage, wodurch
Raumersparnis eintritt und die Ausdehnungsfähigkeit der Betriebe gefördert wird. Da
größere Kräfte bei höheren Geschwindigkeiten durch das Stahlband übertragbar sind
und auch Scheiben mit großem Durchmesser zur Anwendung kommen können, so ist die
Steigerung der Kraftübertragung in vollkommenster Weise gegeben. Die Uebertragung
kann entweder durch Einzelband oder durch mehrere parallel geschaltete Kraftbänder
erfolgen, in jedem Falle aber mit geringeren Verlusten als durch Riemen oder
Seil.
Die Anschaffungskosten für das Stahl-Kraftband sind für kleinere Uebertragungen etwas
höher als für andere Zugorgane. Immerhin dürfte sich dieser Nachtheil beheben lassen
durch die Kostenverminderung der Getriebetheile (schwächere Wellen, Verringerung der
Lager und Lagerabstände). Bei mittleren und großen Anlagen ist der Preis des
Kraftbandes entweder der gleiche oder geringer als für organische
Uebertragungselemente; dazu ist das Band noch in der Materialgüte gleichmäßiger und
weniger veränderlich. Auch Wartung und Unterhaltung des Stahlbandes sind so
geringfügig, daß besondere Aufwendungen nicht nötig sind. Der auftretende Arbeitsverlust bei
der Uebertragung durch das Stahlband ist im Verhältnis zu den bisherigen
Uebertragungsverlusten praktisch zu vernachlässigen, in bezug auf die Kosten so
geringfügig, daß daraus die beste Empfehlung des Stahl-Kraftbandes entspringt.
Betriebsstörungen, Unfälle oder sonstige Mißstände sind bei der sachgemäßen
Anwendung des Stahlbandes kaum zu verzeichnen. Die Lebensdauer des
Stahl-Kraftbandes, des Reibungsbelages der Scheiben, sowie der letzteren selbst ist
günstig. Alle anderen Theile des Getriebes werden durch das leichte, gleichmäßig
gespannte und gleichmäßig laufende Stahlband nur wenig beeinflußt, so daß die
Bedeutung des letzteren auch nach dieser Richtung als hervorragend bezeichnet werden
darf.
Soweit die bisherigen Erfahrungen dies zu übersehen gestatten, kann in vielen Fällen
das Stahl-Kraftband als vortheilhafter Ersatz für Riemen und Seile betrachtet
werden. Es erscheint als durchaus erwünscht, daß die gewonnenen Erfahrungen auf
diesem Gebiete andauernd erweitert werden, um auch hier dem Ziele aller
Ingenieurtätigkeit immer näher zu kommen: höchstmögliche Leistung bei Aufwendung
geringster Mittel und Kosten.