Titel: | DIE FESTIGKEIT VON ZUSAMMENGESETZTEN VORGESPANNTEN SÄULEN. |
Autor: | W. Rehfus |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 584 |
Download: | XML |
DIE FESTIGKEIT VON ZUSAMMENGESETZTEN
VORGESPANNTEN SÄULEN.
Von Dr.-Ing. W. Rehfus,
Charlottenburg.
(Schluß von S. 570 d. Bd.)
REHFUS: Die Festigkeit von zusammengesetzten vorgespannten
Säulen.
V. Beispiele.
Beispiel 1.
Es sollen die Querschnitte und die Verspannung einer aus Stange und Rohr
zusammengesetzten Säule (Fig. 21) bestimmt werden,
die imstande sind, in der
Zugrichtung 50000 kg, in der Druckrichtung 150000 kg zu übertragen. Die Länge der
Stange beträgt 2800 mm, die Länge des Rohres beträgt 2000 mm. Das Material der
Stange sei Stahl, besitze einen Elastizitätsmodul Es = 2200000 und lasse eine Zugbeanspruchung σn = 1000 kg/qcm zu.
Für das aus Gußeisen bestehende Rohr gelte:
Er = 900000,
pn =
800 kg/qcm.
Textabbildung Bd. 326, S. 584
Fig. 21.
Wenn die Stange mit σn =
1000 kg/qcm beansprucht wird, längt sie sich um:
\Delta\,l_s=\sigma_n\,.\,\frac{l_s}{E_s}=1000\,\frac{2800}{2200000}=1,27\mbox{
mm;}
das Rohr dagegen verkürzt sich bei der angegebenen
Beanspruchung pn
um:
\Delta\,l_r=\rho_n\,.\,\frac{l_r}{E_r}=800\,\frac{2000}{900000}=1,78\mbox{
mm.}
Um ein Abheben der Stange vom Rohr zu vermeiden, muß
∆ls
= ∆lr
sein; wir müssen daher die Beanspruchung des Rohres im
Verhältnis
\frac{\Delta\,l_s}{\Delta\,l_r}=\frac{1,27}{1,78}
verkleinern, weshalb
\rho_{rg}=800\,.\,\frac{1,27}{1,78}=570\mbox{ kg/qcm}
wird.
Der Querschnitt der Stange ist dann:
F_s=\frac{50000}{1000}=50\mbox{ qcm,}
und der des Rohres:
F_r=\frac{150000}{570}=264\mbox{ qcm,}
und die Vorspannung müßte
V=\frac{S_g\,.\,R_g}{S_g+R_g}=\frac{50\,.\,150}{50+150}=37500\mbox{
kg}
betragen. Wir berechnen jedoch aus Sicherheitsgründen die
Säule für den 1,5 fachen Betrag der Vorspannung, also für
m • V = 1,5 . 37,5 ∡ 56000 kg.
Die Beanspruchung wird dann nach den auf S. 569 angegebenen Formeln 4 und 5:
\begin{array}{rcl}\sigma_{\mbox{s
max}}&=&\sigma_{sg}\,\left[1+\frac{R_g}{S_g+R_g}\,(m-1)\right]\\
&=&1000\,\left[1+\frac{150}{50+150}\,(1,5-1)\right]\\
&=&1375\mbox{ kg/qcm;} \end{array}
\begin{array}{rcl}\rho_{\mbox{max}}&=&\rho_{rg}\,\left[1+\frac{S_g}{S_g+R_g}\,(m-1)\right]\\
&=&570\,\left[1+\frac{50}{50+150}\,(1,5-1)\right]\\ &=&640\mbox{
kg/qcm.} \end{array}
Die Beanspruchung der Stange ist zu hoch, und wir müssen daher
den Querschnitt von Stange und Rohr im Verhältnis
\frac{\sigma_{\mbox{max}}}{\sigma_n}=\frac{1375}{1000}=1,375
vergrößern. Demnach erhalten wir als Resultat
Fs = 50 • 1,375 = 69 qcm,
wobei \sigma_{\mbox{max}}=\frac{1375}{1,375}=1000\mbox{
kg\qcm,}
Fr = 264 • 1,375 = 363
qcm,
wobei \rho_{\mbox{max}}=\frac{640}{1,375}=465\mbox{
kg/qcm.}
Erforderliche Vorspannung = 56000 kg.
Textabbildung Bd. 326, S. 584
Fig. 22.
Die elastische Nachgiebigkeit der Säule ergibt sich aus den Festigkeitswinkeln α und β für Stange und
Rohr:
\mbox{tg}\,\alpha=\frac{F_s\,.\,E_s}{l_s}=\frac{69\,.\,2200000}{2800}=54200.
Um eine anschauliche Darstellung des Winkels zu ermöglichen, soll für tg α der Maßstab \frac{1}{100000}
gewählt werden.
\mbox{tg}\,\alpha=\frac{5420}{100000}=0,54.
Analog wird:
\mbox{tg}\,\beta=\frac{F_r\,.\,E_r}{l_r\,.\,10^5}=\frac{363\,.\,900000}{2000\,.\,100000}=1,63,
tg γ = tg α + tg β=2,17,
d. h.
\frac{S_1}{\Delta\,l_1}=2,17\,.\,100000=217000.
oder bei je 1000 kg Belastung der Säule ist ihre elastische
Dehnung:
\Delta\,l_1=\frac{S_1}{2170000}=\frac{1000}{217000}=\frac{4,6}{1000}\mbox{
mm.}
Das Diagramm für diese Säule zeigt Fig. 22.
Textabbildung Bd. 326, S. 585
Fig. 23.
Beispiel 2:
Für den Fall, daß die Belastung derselben Säule in beiden Richtungen 100 t beträgt,
wird die Berechnung folgendermaßen werden:
Smax
=
100000 kg,
Rmax
=
100000 kg,
σn
=
1000 kg/qcm,
ρ
n
=
800 kg/qcm,
Es
=
2200000,
Er
=
900000,
l
s
=
2800 mm,
l
r
=
2000 mm,
\Delta\,l_s=1000\,.\,\frac{2800}{2200000}=1,27\mbox{ mm,}
\Delta\,l_r=800\,.\,\frac{2000}{900000}=1,78\mbox{ mm,}
Die Beanspruchung des Rohres müssen wir daher auf
\rho_{rg}=800\,.\,\frac{1,27}{1,78}=570\mbox{ kg/qcm}
ermäßigen.
Die Vorspannung, deren kleinstes Maß
V=\frac{100\,.\,100}{100+100}=50\mbox{ t}
beträgt, vergrößern wir auf
m • V = 1,5 50 = 75 t.
Die Beanspruchungen werden dann:
\begin{array}{rcl}\sigma_{\mbox{max}}&=&\sigma_{sg}\,\left[1+\frac{R_g}{S_g+R_g}\,(m-1)\right]&=&1000\,\left[1+\frac{100}{100+100}\,(1,5-1)\right]\\
&=&1250\mbox{ kg/qcm}; \end{array}
\begin{array}{rcl}\rho_{\mbox{max}}&=&\rho_{rg}\,\left[1+\frac{S_g}{S_g+R_g}\,(m-1)\right]&=&570\,\left[1+\frac{100}{100+100}\,(1,5-1)\right]\\
&=&715\mbox{ kg/qcm}. \end{array}
Um wieder die normalen Beanspruchungen zu erhalten, müssen wir die Querschnitte
mit
\frac{\sigma_{\mbox{max}}}{\sigma_n}=\frac{1250}{1000}=1,25
multiplizieren. Wir erhalten demnach für
F_s=\frac{100000}{1250}\,.\,1,25=100\mbox{ qcm;}
F_r=\frac{100000}{715}\,.\,1,25=175\ \ \ ''
\sigma_{\mbox{max}}=\frac{1250}{1,25}=1000\mbox{ kg/qcm}
\rho_{\mbox{max}}=\frac{715}{1,25}=570\ \ \ ''
Bei einer Vorspannung von 75 t.
Der Festigkeitswinkel ist für die Stange:
\begin{array}{rcl}\mbox{tg}\,\alpha&=&\frac{F_s}{l_s}\,.\,\frac{E_s}{10^5}\\
&=&\frac{100\,.\,2200000}{2800\,.\,10^5}=0,785\end{array}
und für das Rohr ebenso groß:
\begin{array}{rcl}\mbox{tg}\,\beta&=&\frac{F_r}{l_r}\,.\,\frac{E_r}{10^5}\\
&=&\frac{175\,.\,900000}{2000\,.\,10^5}=0,785.\end{array}
Daher wird:
tg γ = tg α + tg β 1,57.
Die elastische Dehnung der Säule ist daher
\Delta\,l_1=\frac{S_1}{157000}=\frac{1000}{157000}=\frac{6,4}{1000}\mbox{
mm}
auf je 1000 kg Belastung.
Das dazugehörige Diagramm ist in Fig. 23
dargestellt.