Titel: | FESTSTELLUNG DES KOHLEN- UND WASSERVERBRAUCHS BEI LOKOMOTIVEN. |
Autor: | Züblin |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 594 |
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FESTSTELLUNG DES KOHLEN- UND WASSERVERBRAUCHS BEI
LOKOMOTIVEN.
Von Dipl.-Ing. Züblin.
ZUEBLIN: Feststellung des Kohlen- und Wasserverbrauchs bei
Lokomotiven.
Inhaltsübersicht.
An Hand vorhandener Versuche wird eine praktisch leicht
ausführbare und dabei doch genaue Meßmethode der Leistung von Lokomotiven erläutert.
Diese Rechnungsart bezieht sich hauptsächlich auf die Leistung der Kessel, die im
Verhältnis zu den vorhandenen Widerständen steht.
–––––
Bei Lokomotiven ist die Bestimmung des Wasser- und Kohlenverbrauchs viel schwieriger
als bei anderen Kraftmaschinen. Trotzdem es nicht an Vorschlägen und Versuchen
gefehlt hat, einwandfreie Methoden und Regeln aufzustellen, um die Oekonomie der
Lokomotive zu messen, so ist bis jetzt noch kein solcher Vorschlag zur allgemeinen
Durchführung gelangt. Einestheils sind diese Methoden zu verwickelt oder zu
theoretisch, anderntheils sind sie für den praktischen Gebrauch wenig brauchbar. Es
mag vielleicht auch daran liegen, daß die Messungen überhaupt nicht so gewürdigt
werden, wie es eigentlich sein sollte, da für gewöhnlich bei der Lieferung der
Lokomotiven ein garantierter Kohlen- und Wasserverbrauch nicht vorgeschrieben
ist.
Die Frage, wie ist am einfachsten und mit wenigen Abweichungen ein einwandfreies
Resultat über den Kohlenverbrauch zu erhalten, wurde dem Verfasser dann besonders
nahegerückt, als es sich darum handelte, zu Vergleichszwecken umfangreiche
Zahlenwerte über den Kohlen- und Wasserverbrauch zu besitzen. Leider ist in der
Literatur wenig einwandfreies und vollständiges Material hierüber zu finden. Die in
den verschiedenen Zeitschriften veröffentlichten Angaben über ausgeführte
Lokomotiven enthalten meist nur konstruktives und wenig Versuchsmaterial. Was davon
benutzt werden konnte, ist hier zuzusammengestellt und dazu verwendet worden, die
nachfolgenden Grundlagen für den Vergleich von Lokomotiven zu schaffen.
Als Maßstab für den Kohlen- und Wasserverbrauch wird meistens entweder die Leistung
der Lokomotive oder das Zuggewicht und die zurückgelegte Strecke herangezogen, indem
man den Gesamtverbrauch an Kohle und Wasser auf eine von diesen drei Angaben
bezieht. Für gewöhnlich ist die Leistung der Lokomotive, in Pferdestärken
ausgedrückt, nicht leicht festzustellen. Die Messung der Pferdestärken erfordert
eine sorgfältige Abnahme von Indikatordiagrammen; es sind hierzu auch noch besonders
geschultes Personal, gut angeordnete und sicher arbeitende Meßinstrumente und
Vorrichtungen nothwendig. Außerdem müssen zum Indizieren stets Vorbereitungen
getroffen werden, die aber gerade im Betrieb nicht immer möglich sind. Die
Feststellung der Leistung aus dem Indikatordiagramm ist aber dafür äußerst genau und
zuverlässig.
Wenn auch nicht streng wissenschaftlich, so ist die andere Meßmethode, die den
Kohlen- und Wasserverbrauch auf das Zuggewicht und die Strecke bezieht, nicht völlig
zu verwerfen. Jedenfalls hat sie den Vorzug, daß sie ohne besondere Vorrichtungen
und ohne besonderes Personal jederzeit angewendet werden kann. Ueber diese Methode
ist des öfteren Kritik geübt worden, so daß weitere Ausführungen hierüber
unterlassen werden.
Die nachfolgende Rechnungsmethode stützt sich nun auf folgende Ueberlegungen. Die
Leistung oder Beanspruchung der Lokomotive wird sehr genau durch die Beanspruchung
des Kessels gekennzeichnet. Wächst irgend ein Widerstand – sei es der Luftwiderstand
oder die Ueberwindung einer Steigung, einer Kurve, oder, wächst das Wagengewicht, so
wird mit dem größeren Widerstand auch die Leistungsfähigkeit des Kessels wachsen
müssen. Letztere ist weiter abhängig von dem Betriebszustand von Maschine und
Kessel. Es darf wohl vorausgesetzt werden, daß bei dem jetzigen ausgebildeten
Heizerpersonal der Einfluß, den die Führung des Feuers auf die Dampfentwicklung hat,
nicht mehr von großer Bedeutung sein kann. Es wird somit eine Kesselheizfläche von 1
qm nur eine bestimmte Dampfmenge liefern können, um einen gewissen Widerstand damit
zu überwinden. Mit der Dampferzeugung f. d. qm Heizfläche wird aber gleichzeitig die
Verdampfung f. 1 kg Kohle berücksichtigt
Tabelle 1. Wasser- und Kohlenverbrauch der 2/4 gek.
Naßdampf-Schnellzuglokomotive Nr. 464.
Textabbildung Bd. 326, S. 594
Gewichte; Fahr; Lokomotive; Tender;
Wagen; Dienstgewicht des Tenders; Zuggewicht; Verhältnis Lokomotivgewicht zu
Zuggewicht; Wasserverbrauch in ganzen; Kohlenverbrauch in ganzen;
Wasserverbrauch; Strecke; Tonnenkilometer; Kohlenverbrauch; Verdampfung f. d.
kg. Kohle. Aus Dragr. Fig. 1; Wasserverbrauch f. 1000 t/km und f. b. = 40;
Wasserverbrauch f. 1000 t/km und; Tabelle 2. Wasser- und Kohlenverbrauch der 2/4
gek. Naßdampf-Verbund-Schnellzuglokomotive Nr. 404.Gewichte; Fahr; Lokomotive;
Tender; Wagen; Dienstgewicht des Tenders; Zuggewicht; Verhältnis
Lokomotivgewicht zu Zuggewicht; Wasserverbrauch in ganzen; Kohlenverbrauch in
ganzen; Wasserverbrauch; Strecke; Tonnenkilometer; Kohlenverbrauch; Verdampfung
f. d. kg. Kohle. Aus Dragr. Fig. 1; Wasserverbrauch f. 1000 t/km und f. b. = 40;
Wasserverbrauch f. 1000 t/km und.
denn diese nimmt mit steigender Dampfentwicklung f. 1 qm
Heizfläche ab. Wird noch das Verhältnis zwischen Lokomotiv- und Wagengewicht in
Betracht gezogen, so ist bei einem Vergleich zwischen gleichartigen Lokomotiven
jeder Faktor berücksichtigt, der etwa den Kohlen- und Wasserverbrauch beeinflussen
könnte.
Man braucht somit nur folgende Zahlen festzustellen, um die nachfolgenden Rechnungen
vornehmen zu können. Vor der Fahrt wird die vorhandene Wasser- und Kohlenmenge
festgestellt. Die Gewichte der Lokomotive, Tender und Wagen werden ohnedies jedesmal
notiert, ebenso ist die Dauer der Fahrt und die Länge der Strecke bekannt. Am Ende
der Fahrt werden die Kohlen und das Wasser nochmals gemessen. Alle diese Messungen
können leicht und ohne besondere Einrichtungen jederzeit vorgenommen werden. Es
handelt sich nun darum, Grundlagen für den Vergleich zu schaffen, einmal, um die
Verdampfung für 1 kg Kohle, und dann, um das Verhältnis von Lokomotivgewicht zu
Wagengewicht in Rechnung zu ziehen. Aus den Versuchen und Angaben von Lochner – das sind die einzigen zuverlässigen Angaben,
die in der Literatur zu finden waren – wurde nun für verschiedene
Kesselbeanspruchungen die dabei festgestellte Verdampfung der Kohle aufgetragen, Die
Kurve (s. Fig. 1) wurde alsdann für einen mittleren
Heizwert von 7500 Wärmeeinheiten umgerechnet, also mit dem Verhältnis 7500/7250 usw.
multipliziert, sie ergibt demnach für Verdampfungen zwischen 30 und 65 kg für 1 qm
Heizfläche die zugehörigen Verdampfungen für 1 kg Kohle. Für die Berechnung der
Tabellen ist eine Verdampfung von b = 40 kg für 1 qm
Heizfläche als Grundwert gewählt worden, da die meisten Kessel eine Beanspruchung
zwischen 25–65 erleiden. Die zu b = 40 gehörige
Verdampfung für 1 kg Kohle ergibt sich aus dem Diagramm zu 7,9.
Textabbildung Bd. 326, S. 595
Fig. 1.Verdampfung für das qm Heizfläche
In Tab. 1 u. 2 sind die Angaben von Lochner für die 2/4
gekuppelte Schnellzuglokomotive Nr. 464, Erfurt, Zwillings-Naßdampflokomotive und
2/4 gekuppelte Schnellzuglokomotive Nr. 494, Erfurt, Verbund-Naßdampflokomotive im
Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens, Jahrgang 1894, S. 108 u. ff.
zusammengestellt und umgerechnet worden. Hierbei ist das Verhältnis von
Lokomotivgewicht zu Wagengewicht genommen und das Tendergewicht zu dem Wagengewicht
zugerechnet worden. Als Dienstgewicht des Tenders ist angenommen worden: das Gewicht
des Tenders weniger der halben während der ganzen Fahrt verbrauchten Wasser- und
Kohlenmenge. Der gesamte Wasser- und Kohlenverbrauch ist, um kleinere Zahlenwerte zu
erhalten, auf 1000 t/km bezogen, indem man den Wasserverbrauch durch den Quotient
\frac{S\,\times\,G}{1000} dividiert. In den nächsten Rubriken
ist der Kohlen- und Wasserverbrauch für 1000 t/km noch umgerechnet auf eine
Kesselbeanspruchung von b = 40 und eine dieser
entsprechende Verdampfung von Vb = 7,9 kg.
Bezeichnet V1 den
Wasserverbrauch für 1000 t/km und v1 die Verdampfung der Kohle bei der Dampferzeugung
von V1 kg, so ist die
Dampferzeugung Vb bei
b = 40, entsprechend vb = 7,9:
Vb •
vb = V1 • v1,
V_b=\frac{V_1\,.\,v_1}{v_b}.
Es ergibt sich z.B. für die Lokomotive 464 Fahrt 37:
V_b=\frac{505,7\,.\,7,66}{7,9}=490 kg.
Das in Rechnung zu setzende v1 wird aus dem Diagramm Fig. 1 entnommen und gehört zu dem Wert b,
Rubrik 14.
In ähnlicher Weise wird der Kohlenverbrauch K1 für b = 40
umgerechnet:
K_b=\frac{K_1\,.\,v_1}{v_b}=\frac{67,4\,.\,7,66}{7,9}=65,3.
Um nun den Einfluß des Verhältnisses Lokomotivgewicht zu
Wagengewicht L : Wg zu berücksichtigen, ist noch eine weitere
Umrechnung (vergl. die beiden letzten Spalten) vorgenommen worden, indem Vb und Kb mit dem Verhältnis
V1 : V1 und K1 : K1 multipliziert wurde.
V1 und K1 sind die aus den
Versuchen bei einem bestimmten Verhältnis von Lokomotiv- zu Wagengewicht gemessenen
Wasser- und Kohlenverbrauch. Diese werden durch die letzte Rechnung auf ein
Verhältnis:
\frac{\mbox{Lokomotivgewicht}}{\mbox{Wagengewicht}}=1\,:\,5
reduziert.
(Schluß folgt.)