Titel: | POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU. |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 605 |
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POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU.
Polytechnische Rundschau.
Ueber Verwertung von Teerölen in Dieselmotoren
handelt ein Aufsatz von Bergassesor Rath und Rossenbeck in der Zeitschrift „Glückauf“, dem wir
die nachfolgenden Angaben entnehmen.
Die Erzeugung von Steinkohlenteer hat sich vom Jahre 1906 bis zum Jahre 1910 von
650000 t auf 1000000 t gesteigert, die Produktion des daraus gewonnenen
Steinkohlenteeröls von 170000 t auf 350000 t. Diese Steinkohlenteeröle, die sich als
Nebenprodukte bei der Koksgewinnung ergeben, wachsen zu immer größeren
Beständen an. Man hat daher schon seit langem versucht, sie als billigen
Brennstoff zur Verfeuerung unter Dampfkesseln und zum Betrieb von Dieselmotoren zu
verwerten. Steinkohlenteeröle, welche als Motorentreiböl in Betracht kommen sollen,
müssen bestimmte Bedingungen erfüllen, von denen die wichtigsten hier angeführt
seien.
1. Die Teeröle dürfen nicht mehr als 0,2 v. H. feste in Xylol
unlösliche Bestandtheile enthalten. Der Gehalt an unverbrennlichen
Bestandtheilen soll 0,05 v. H. nicht übersteigen.
Tabelle 1.
Textabbildung Bd. 326, S. 606
Versuch; Datum; Bremsbelastung;
Umdrehungszahl; Effektive Leistung; Verbrauch an Teeröl; Verbrauch an Gasöl;
Teeröl für 1 PSe/Std.; Gasöl für 1 PSe/Std.; Te + Ge; Wärmezufuhr für 1
PSe/Std.; Kühlwasserverbrauch; Kühlwassertemperaturen; Wärmeaufnahme des
Kühlwassers für 1. PSe/Std.; Wärmevertheilung; Bemerkungen; Teeröl; Gasöl;
insgesamt; in 1 Std.; für PSe/Std.; Eintritt; yw. Kompr. und Zylinder; Austritt;
effektive Arbeit; Kühlwasser; Rest; Bremshebelarm; Abgebroch.
Tabelle 2.
Textabbildung Bd. 326, S. 606
Versuch; Effektive Leistung;
stündliche Wärmezufuhr durch Teeröl, Gasöl; Leistung; Wärmezufuhr
2. Der Wasserbestand darf nicht mehr als 1 v. H.
betragen.
3. Der Verkokungsrückstand darf sich höchstens auf 3 v. H.
belaufen.
4. Bei der Siedeanalyse müssen bis 300° mindestens 60 Vol. v.
H. des Oeles überdestillieren.
5. Der untere Heizwert soll nicht weniger als 8800 WE f. 1 kg
betragen.
6. Der Flammpunkt darf nicht unter 65° C liegen.
7. Das Oel muß bei 15° gut flüssig sein. Bei Abkühlung des
Oeles auf 8° C und ruhiger Lagerung bei dieser Temperatur dürfen sich während
einer halben Stunde keine Ausscheidungen bilden.
Der Preis des als Imprägnieröl verwendeten Teeröls beträgt 5,– M für 100 kg. Es hat
sich jedoch gezeigt, daß dieser Preis für die Verwendung als Motorentreiböl noch zu
hoch ist. Deshalb erfolgt die Abgabe zu genanntem Zweck zum Preise von 4,00 M für
100 kg.
Am besten wird das Teeröl von verhältnismäßig großen Motoren verarbeitet, wie
sie beispielsweise neuerdings von der MAN auf den Markt gebracht werden. Bei
Maschinenleistungen unter 50 PS hatte man wiederholt mit Schwierigkeiten zu kämpfen.
Die Schwierigkeit bei der Verarbeitung von Teerölen liegt hauptsächlich in dem hohen
Entflammungspunkt dieser Oele. Gewöhnliches Erdöl oder Gasöl entzündet sich sofort,
wenn es in die hocherhitzte Kompressionsluft des Dieselmotors übertritt. Da aber
Teeröl verhältnismäßig wenig Wasserstoff enthält, liegt der Entflammungspunkt so
hoch, daß die Zündung nur zögernd oder gar nicht eintreten würde. Es gibt nun zwei
Wege, um diesem Uebelstand zu begegnen: entweder führt man die Maschinen mit einer
viel höheren Verdichtung aus, als es bei gewöhnlichen Dieselmaschinen üblich ist,
oder aber man leitet die Zündung durch ein leichteres Oel ein. Beide Wege sind schon
mit Erfolg beschritten worden. Im ersten Fall resultiert
Tabelle 3.
Versuch
1
2
8
7
3
4
9
10
Effektive Leistung in PS
57,42
57,66
60,23
69,79
46,03
29,41
31,27
16,06
Brennstoffkostenfür 1 PS/Std. in
Pf.
TeerölGasöl
0,7970,084
0,8540,070
0,8140,074
0,8060,064
0,8500,087
0,9250,166
0,8640,190
1,0850,419
zusammen
0,881
0,924
0,888
0,870
0,937
1,091
1,054
1,504
Tabelle 4. Rentabilitätsberechnung.
Textabbildung Bd. 326, S. 607
Anlage von 1000 PS Anlage von 440
PS Anlage von 120 PS; Jährliche Betriebszeit Jährliche Betriebszeit Jährliche
Betriebszeit; A. Anlagekosten.; 1. Anlage samt Zubehör einschl. Aufstellung; 2.
Fundamente; zusammen; B. Betriebskosten unter normalen Verhältnissen.; 1.
Verzinsung 4 v. H., Tilgung der Anlagekosten 7 v. H.,; Unterhaltung 1 v. H.,
zusammen 12 v. H; 2. Bedienung: 1 Maschinist, 1 Schmierer; 2 Maschinisten, 2
Schmierer; 3. Verbrauch an Teer- und Zündöl von 9000–10000 WE/kg, 0,215 kg für 1
PS/Std. (100 kg = 4,25 M); bei 3000 jährlichen Betriebsstunden = rd; Verbrauch
an Teer- und Zündöl von 9000–10000; WE/kg, 0,215 kg für 1 PS/Std. (100 kg = 4,25
M); bei 8600 jährlichen Betriebsstunden = rd; 4. Schmier- und Putzmaterial;
zusammen Demnach betragen in 1 PSe/Std. die; Betriebskosten;
Brennstoffkosten.
eine bedeutend höhere Beanspruchung sämtlicher
Triebwerkstheile; die Erwärmung von Kolben, Zylinder und Zylinderdeckel sowie der
Triebwerkszapfen wird eine stärkere sein; durch das Kühlwasser muß verhältnismäßig
mehr Wärme abgeführt werden. Da dies immerhin erhebliche Nachtheile sind, so
erschien der zweite Weg, den z.B. die MAN eingeschlagen
hat, als der gangbarere. Die ersten diesbezüglichen Versuche fanden in der MAN zu Anfang des Jahres 1909 statt. Die Brennstoffdüsen
erhielten neben der Bohrung für den Hauptbrennstoff, das Teeröl, eine zweite weiter
unten mündende Bohrung für den Zündbrennstoff (Gasöl oder Paraffinöl). Zur Förderung
des Zündöls mußten die Maschinen eigene kleine Zündölpumpen erhalten, welche eine
bei allen Belastungen konstante Menge Zündöl von etwa 5–10 v. H. des erforderlichen
Treiböls lieferten. Von einer Regulierung des Zündöls konnte mit Vortheil abgesehen
werden, da schon bei Betrieb mit gewöhnlichem Treiböl die Zündung bei kleinen
Belastungen mangelhaft wurde, bezw. zu spät einsetzte. Diesem Uebelstand wird durch
den verhältnismäßig reicheren Zusatz von Zündöl bei kleinen Belastungen in
wirksamer Weise begegnet. Es wurden in letzterer Zeit auch Versuche gemacht, statt
des Paraffin- oder Gasöls zur Einleitung der Zündung Schwerbenzol zu benutzen.
Ergebnisse darüber liegen jedoch noch nicht vor. Man hat auch versucht, die
Einleitung der Zündung bei den Teerölen in anderer Weise zu erreichen. Es wurden –
beispielsweise von der MAN – die Auspuffgase und das abfließende Kühlwasser dazu
verwendet, das dickflüssige Teeröl in einem besonderen, mit Rohrschlangen versehenen
Gefäß vor der Verwendung so weit vorzuwärmen, daß es dünnflüssig wird und durch die
Luft feiner zerstäubt werden kann. Man hat auf diese Weise erreicht, daß die Motore
theilweise ohne Zündöl laufen konnten, und es ist nicht ausgeschlossen, daß man
dahin gelangen wird, das Zündöl nur so lange benutzen zu müssen, bis der Motor
betriebswarm ist.
Ein dreimonatlicher Betrieb mit solchen Maschinen hat sehr gute Resultate ergeben. Es
trat kein Verschmutzen der Ventile und keine Steigerung des Brennstoffverbrauchs nach länger
dauerndem Betrieb ein. Es hat sich aber ergeben, daß das Teeröl niemals mit Kupfer
oder Zinn oder irgendwelchen Legierungen dieser Metalle in Berührung kommen darf, da
der Schwefel, der meist in geringen Mengen im Teeröl enthalten ist, Maschinentheile,
die aus diesen Materialien hergestellt wurden, angreift. Die sonst in Rotguß oder
Phosphorbronze ausgeführten Theile der Maschine werden daher bei Verwendung von
Teeröl am besten aus reinem Nickel oder 25 prozentigen Nickelstahl ausgeführt.
Der Teerölverbrauch f. d. PSe/Std. ergab sich im
Dauerbetrieb zu etwa 0,22 kg, was einem Preis von etwa 0,9 Pfg. f. d. PSe/Std.
entspricht.
Weitere Versuche wurden von Professor Dr. Ing. Nägel im
April 1910 auf dem Versuchsstand der Gasmotorenfabrik
Deutz vorgenommen. Zu diesen Versuchen wurde ein
Dieselmotor von 375 mm Bohrung und 550 mm Hub benutzt, der bei 170 Umdrehungen i. d.
Min. 60 PSe leistete. Die Versuche sind in den Tab.
1 und 2 zusammengestellt. Die Werte der Tab. 2 sind außerdem noch zu einer
graphischen Darstellung vereinigt, die ein anschauliches Bild von der
Wirthschaftlichkeit der Verwendung des Teeröls gibt. Tab. 3 und 4 geben Aufschluß
über die Rentabilität von Teerölmotorenanlagen. Es ist daraus zu entnehmen, daß der
Teerölmotor eine Maschine von hoher Wirthschaftlichkeit darstellt, die ihn auch zur
Verwendung in unseren Steinkohlenrevieren trotz der dort vorhandenen billigen Kohlen
in hervorragendem Maße geeignet erscheinen lassen. [Glückauf Jahrgang 47, Nr.
19.]