Titel: | ÜBER DIE KONSTRUKTION VON FEINMESSMASCHINEN. |
Autor: | Ernst Preger |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 633 |
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ÜBER DIE KONSTRUKTION VON
FEINMESSMASCHINEN.
Von Dipl.-Ing. Ernst
Preger, Kiel.
PREGER: Über die Konstruktion von Feinmessmaschinen.
Inhaltsübersicht.
Es werden verschiedene Ausführungen von Feinmeßmaschinen, wie sie
in Präzisionsweikstätten benutzt werden, eingehend beschrieben und einige
Bemerkungen über die zu erzielenden Genauigkeiten und die Arbeitsweise der Maschinen
gegeben.
I. Konstruktionen von
Meßmaschinen.
Der größte Teil der Meßmaschinen ist eine Weiterbildung der allgemein bekannten
Mikrometerschraubenlehren mit Reibungskupplung, wie eine solche in Fig. 1 dargestellt ist. Die Reibungskupplung hat den
Zweck, die Mikrometerschraube mit stets gleichem Druck gegen das zu messende Stück
(im späteren Verlauf dieses Aufsatzes „Meßstück“ genannt) zu drücken, also zu
bewirken, daß der Bügel, der das Gestell bildet, sich stets um den gleichen Betrag
aufbiegt und die Schraube sich stets um den gleichen Betrag in das Meßstück
eindrückt.
Textabbildung Bd. 326, S. 633
Fig. 1.Mikrometerschraubenlehre von Hommel
Für Messungen von größerer Genauigkeit als 1/100 mm ist die
Reibungskupplung in der gezeichneten oder in ähnlicher Bauart nicht mehr zuverlässig
genug, weil der Anpressungsdruck der Schraube von der Beschaffenheit der Schmierung
der Reibflächen abhängt und sich also unter Umständen sogar mit der Temperatur und
der dadurch beeinflußten verschiedenen Dickflüssigkeit des Oeles ändert. Ganz
abgesehen davon tritt an der Stirnfläche der Mikrometerschraube, d.h. da, wo diese
das Meßstück berührt, Spurzapfenreibung auf. Je glatter demnach die Oberfläche des
Meßstückes ist, um so stärker kann die Schraube mit der Reibungskupplung angezogen
und an das Meßstück angepreßt werden.
Der zuletzt erwähnte Umstand hat auf die Messungen einen größeren Einfluß als
die geringe Verschiedenheit des Reibungsmomentes in der Kupplung. Deswegen wird bei
allen Meßmaschinen, die genauer als 1/100 mm messen sollen,
eine Drehung der Meßfläche auf dem Meßstück vermieden. Die bei Anwendung von
Mikrometerschrauben nicht zu umgehende Spurflächenreibung wird in die Maschine
selbst hineingelegt, so daß sie wenigstens praktisch stets den gleichen Betrag
behält, weil stets dieselben Teile aufeinander reiben.
Der Hauptunterschied zwischen den verschiedenen Konstruktionen der Meßmaschinen mit
Mikrometerschraube bildet die Art, wie der stets gleiche Meßdruck angezeigt
wird.
Außer den Maschinen mit Mikrometerschraube werden wir noch einige wenige kennen
lernen, welche durch direktes Anlegen eines Maßstabes in der Richtung der
Verlängerung des Meßstückes arbeiten. Auch bei diesen Maschinen muß darauf gesehen
werden, daß der Meßdruck stets der gleiche bleibt, damit sich das Gestell der
Maschine stets um denselben Betrag aufbiegt.
1. Meßmaschine von J. E. Reinecker,
Chemnitz-Gablenz. (Fig. 2–5.)
In Deutschland baute Reinecker bereits im Jahre 1882 seine klassische
Meßmaschine, bei welcher der Meßdruck durch eine mit gekochtem Wasser gefüllte
Meßdose beobachtet wird. Die in Fig. 2–5 dargestellte Maschine ist die modernste
Ausführung für Werkstattsgebrauch. . Sie ist zum Vergleich von Lehren,
Meßklötzen und anderen Meßstücken mit den Teilen eines Satzes Normalendmaße
bestimmt, die jeder Maschine beigegeben werden, und deren Länge von der
physikalisch-technischen Reichsanstalt oder von der Firma selbst auf einer
besonders genau messenden Maschine bestimmt wird. Die Normalendmaße sind mit
einem Gummiüberzug versehen, der nur die Enden frei läßt, um sie gegen die
Körperwärme der messenden Person zu isolieren.
Fig. 2 zeigt den Aufbau der Maschine. Auf dem
rechten Ende eines sehr steifen Bettes ist der Spindelstock befestigt. Ihm gegenüber ist der Meßdruckanzeiger durch ein Handrad und eine längs im Bett gelagerte
Schraubenspindel verschiebbar angeordnet, so daß auf der Maschine Längen von
0–250 mm gemessen werden können.
Fig. 3 ist ein Längsschnitt durch den
Spindelstock der Maschine. Die so genau als technisch möglich geschnittene
Mikrometerschraube A ist von der Mutter B umschlossen. Diese ist auf einer Seite längs auf
gespalten und hat einen etwas kleineren Gewindedurchmesser als die Schraube; sie
umfaßt also die Schraube federnd ohne jeden toten Gang. Die Mutter ist wieder
von der Seite her in das Druckstück C eingeführt
und wird in diesem ohne toten Gang in der Längsrichtung gehalten und außerdem
durch einen Keil an der Drehung verhindert. Bei der Drehung der
Mikrometerschraube wird also das Druckstück in seiner Längsrichtung
verschoben. Die grobe Einstellung der Schraube erfolgt durch das Rädchen D am rechten End der Maschine, die feine
Einstellung durch das Schneckenradsegment E mittels
der Schneckenwelle F die ohne Spiel federnd in die
Schneckenverzahnung eingreift. Das Teilrad G von
304 mm ist in 1000 Teile geteilt. Mittels des Nonius können noch 1/10000 Umdrehungen der Schraube abgelesen werden.
Die Steigung der Mikrometerschraube beträgt genau 1 mm. so daß man also 1/10000 mm auf der Maschine ablesen kann.
Textabbildung Bd. 326, S. 634
Fig. 2.Meßmaschine von Reinecker
Textabbildung Bd. 326, S. 634
Fig. 3.Spindelstock zur Feimneßmaschine von Reinecker
Textabbildung Bd. 326, S. 634
Fig. 4.Meßdruckanzeiger der Meßmaschine von Reinecker
So feine Ablesungen werden allerdings in der Werkstatt selten gebraucht. Meistens
wird man sich mit ganzem Tausendstel-Millimeter begnügen können. Der Maschine
wird von der Firma eine Tabelle zur Korrektur der Ablesungen beigegeben. Die
Mikrometerschraube soll bei einer Messung so wenig als möglich verstellt
werden.
Ueberhaupt soll nur immer ein und dasselbe Stück der Schraube von etwa 25 mm
Länge verwendet werden, um die Einwirkung von Steigungsfehlern der Schraube
möglichst hintan zu halten.
Der Meßdruckanzeiger ist in Fig. 4 dargestellt. Den eigentlichen Meßdruck übt die schwache
Stahldrahtfeder A aus. Dieselbe wird beim Messen so
weit zusammengedrückt, daß der Meßklotz B die
Spitze der Scheibe C leicht berührt, und das in der
durch C abgeschlossenen Dose befindliche Wasser in
dem engen Haarröhrchen bis zu der Höhenmarke emporsteigt. Der hierzu nötige
Druck ist sehr gering im Vergleich zu dem an sich schon niedrigen Druck der
Feder A. Die Höhenmarke ist in weiten Grenzen
verstellbar. Der Meßdruck kann deswegen auch innerhalb gewisser Grenzen
verändert werden.
Textabbildung Bd. 326, S. 635
Fig. 5.Feinmeßmaschine von Reinecker
Fig. 5 zeigt eine Photographie der Reineckerschen Meßmaschine. Man erkennt rechts die
Feineinstellung mittels Schneckentrieb, das Teilrad, den Nonius, die beiden
Enden des Meßklotzes, die Verschlußscheibe der Meßdose, das Haarröhrchen
aus Glas, die Höhenmarke und das Handrad zur groben Einstellung des
Meßdruckanzeigers je nach der Länge des Meßstückes.
Die Handhabung der Maschine ist folgende. Das
Normalendmaß, dessen Länge auf 1/10000 oder 1/1000 mm genau bekannt ist, wird
zwischen die Meßflächen gebracht und die Meßspindel so lange angezogen, bis der
Wasserspiegel im Röhrchen die Höhenmarke erreicht. Die Ablesung am Teilrade wird
notiert. Hierauf wird die Meßspindel zu rückgedreht, das Normalendmaß gegen das
Meßstück ausgewechselt und eine zweite Ablesung in der gleichen Weise wie vorher
gemacht. Der Unterschied der beiden Ablesungen ist gleich der Abweichung der
Länge des Meßstückes von der des Normalendmaßes.
Die Reineckersche Meßmaschine ist in ihrer
grundlegenden Gestalt Schon lange auf dem Markt und bekannt. Ich habe sie etwas
ausführlich beschrieben, weil ihre Konstruktion grundlegend für mehrere andere
Meßmaschinen geworden ist.
(Fortsetzung folgt.)