Titel: | NEUERE ROHÖLMOTOREN. |
Autor: | Ch. Pöhlmann |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 689 |
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NEUERE ROHÖLMOTOREN.
Von Dipl.-Ing. Ch. Pöhlmann, Charlottenburg.
(Fortsetzung von S. 676 d. Bd.)
POEHLMANN: Neuere Rohölmotoren.
Textabbildung Bd. 326, S. 689
Fig. 41.
Einen Viertakt-Diesel-Motor von interessanter Bauart, der mit dem später zu
besprechenden Sulzer Motor einige Aehnlichkeit hat, bauen
Carels Frères in Gand. Die Fig. 41–50 zeigen Schnitte durch die
Arbeitszylinder und durch den eigenartigen Kompressor dieser Maschine. Die
Hauptbauteile zeigen keine große Abweichung von der in Augsburg üblichen
Bauart.
Textabbildung Bd. 326, S. 689
Fig. 42.
Höchstens dürfte die außerordentlich große Wandstärke des
Kolbenbodens auffallen, welche für die Carels sehen Konstruktionen typisch ist. Die
Auspuffventile sind bei der im Bilde dargestellten Maschine (Fig. 42 und 46) mit
Wasserkühlung versehen, da es sich hier um eine immerhin schon recht beträchtliche
Leistung von 700 PSe handelt.
Textabbildung Bd. 326, S. 690
Fig. 43.
Textabbildung Bd. 326, S. 690
Fig. 44.
Dafür sind aber die Ventileinsätze ohne Wasserkühlung
ausgeführt (Fig. 42–44). Die Schmierung der Kurbelwellenlager besteht aus der üblichen
Ringschmierung, die Kurbelzapfen sind mit Schleuderschmierung ausgestattet. Die
Zylinder werden durch besondere kleine Schmierölpreßpumpen mit Oel versorgt.
Die Brennstoffpumpen, von denen ein Stück für Ein-, Zwei- und Dreizylindermaschinen,
zwei Stück für Vierzylindermaschinen vorhanden sind, liegen wagerecht und
symmetrisch zur senkrechten Steuerwelle, von welcher sie angetrieben und reguliert
werden. In Fig. 45 sind zwei Exzenterpaare
bemerkbar, von denen das obere die beiden Pumpenkolben, das untere die beiden
Regulierkolben betätigt. Das obere Exzenterpaar ist fest auf die senkrechte
Steuerwelle aufgekeilt, das untere hingegen sitzt auf einer Hülse, welche von dem
darunter befindlichen Achsenregler verdreht wird. Durch die unteren Exzenter werden
kleine Steuerstängchen angetrieben, welche durch Vermittlung kleiner Winkelhebel den
Schluß des Saugventils beeinflussen. Mit Hilfe einer rechtwinklig dazu angeordneten
Abstellvorrichtung, welche das Brennstoffpumpensaugventil direkt zu öffnen vermag,
kann die Brennstofförderung zur Maschine unterbrochen und der Motor gestoppt werden.
Diese Abstellvorrichtung, bestehend aus einer durch den Brennstoffpumpenboden
mittels steilgängigem Gewinde geführten dünnen Stange, kann durch Drehen in drei
verschiedene durch Rasten gesicherte Höhenlagen gebracht werden. In der untersten
Lage, der Betriebslage, gewährt sie dem Brennstoffpumpensaugventil freies Spiel; in
der mittleren, der Stopplage, verhindert sie vollständig den
Textabbildung Bd. 326, S. 691
Fig. 45.
Schluß dieses Ventils; in der dritten und höchsten Lage
endlich hebt sie auch das Druckventil an, so daß die sämtlichen Leitungen mit
Petrolem aufgefüllt werden können. Das Aufpumpen der Leitungen kann auch, wenn
dieselben nicht unter Druck stehen, mit Hilfe einer kleinen Handaufpumpvorrichtung
erfolgen.
Textabbildung Bd. 326, S. 692
Fig. 46.
Bei Verwendung einer einzigen Pumpe für zwei oder drei Zylinder werden in die
Brennstoffdruckleitung Verteiler eingebaut, welche außer einem Rückschlagventil noch
eine Regulierschraube enthalten, um die jedem Zylinder zuzuführende Brennstoffmenge
genau einstellen zu können.
Textabbildung Bd. 326, S. 692
Fig. 47.
Der Achsenregler besteht im wesentlichen aus zwei beweglichen Schwungmassen in
wagerechter Anordnung, die an. zwei Federn aufgehängt und durch zwei Lenker mit
einer um die senkrechte Steuerwelle drehbaren Hülse verbunden sind, welch letztere
das steuernde Exzenter trägt. Wenn die Schwungmassen auszuschlagen beginnen,
bewirken sie ein Nacheilen des Exzenters relativ zur Steuerwelle, wodurch ein
längerdauerndes Oeffnen des Brennstoff-Saugventils bewirkt wird, so daß ein Teil des
Brennstoffpumpenhubes unwirksam bleibt, weil das während dieses Teilhubes geförderte
Petroleum wieder in den Saugraum zurückfließt.
Die beiden Regulatorfedern sind mit Kniehebeln verbunden, die sich mit dem andern Arm
wiederum auf einen in Richtung der Steuerwelle verschiebbaren Teller stützen.
Durch Längsverschieben dieses Tellers wird die Spannung: der Regulatorfedern und
mithin die Tourenzahl der Maschine geändert. Der Teller ruht seinerseits auf einer
verschiebbaren Hülse, die in einem Halslager der senkrechten Steuerwelle drehbar
gelagert ist. Der untere Teil der Hülse sitzt in einer Pfanne, welche mittels einer
durch eine Schneckenradübersetzung angetriebenen Schraubenführung in senkrechter
Richtung verstellt werden kann. Diese Verstellung kann entweder von Hand oder mit
Hilfe eines kleinen Elektromotors als Fern-Touren-Verstellung ausgeführt werden.
Fig. 46 zeigt eine Draufsicht auf Zylinderdeckel und
Steuerung, Fig. 47 einen Horizontalschnitt durch den
Zylinderdeckel und Fig. 48 einen solchen durch
Kolben und Zylinder der Maschine.
Textabbildung Bd. 326, S. 692
Fig. 48.
Der Kompressor des Carels Motors besitzt sternförmige
Bauart und wird direkt mittels Stirnkurbel von der Kurbelwelle aus angetrieben. Die
dargestellte 700 pferdige Maschine besitzt an jedem Kurbelwellenende einen solchen
Kompressor; diese Anordnung ist hier möglich gewesen, da die Arbeit in der Mitte der
Maschine abgeleitet wird.
Der Kompressor (Fig. 49 und 50) ist nach den Patenten von Reavell &
Co. in Ipswich gebaut. Er besitzt vier Zylinder und verdichtet die Luft in drei
Stufen. Sämtliche vier Treibstangen erhalten ihren Antrieb von einem einzigen
Kurbelzapfen aus.
Das Kompressorgehäuse ist konzentrisch zum Kurbelwellenzapfen in die Grundplatte
eingelassen und mit dieser verschraubt, wodurch eine vollkommene Zentrierung
erreicht wird.
Textabbildung Bd. 326, S. 693
Fig. 49.
Als Niederdruckstufen dienen die beiden wagerecht angeordneten Zylinder. Die in der
ersten Stufe verdichtete Luft gelangt sodann durch Kühlrohre nach dem in der Figur
links ersichtlichen Receiver oder Zwischenkühler. Nachdem sie dort abgekühlt und von
dem mitgerissenen Oel und Wasser befreit worden ist, gelangt sie zu dem unteren, als
zweite Stufe dienenden Zylinder, wo sie von neuem komprimiert und nach Passieren
einer zweiten Kühlschlange in den rechts liegenden Kühler gedrückt wird. Von hier
gelangt sie nach dem oben liegenden Hochdruckteil, von wo sie nach Durchströmen
einer dritten Kühlschlange dem Einblasegefäß zugedrückt wird. Die Zylinder sind nach
dem Abnehmen der vier Gehäusedeckel leicht zu demontieren. Der Raum zwischen
Zylindern und Gehäuse ist mit Kühlwasser angefüllt. Die Pleuelstangen sind, da sie
kugelige Kolbenzapfen besitzen, leicht nach vorn herausnehmbar, ohne daß die
Zylinder demontiert zu werden brauchten.
Die Niederdruckzylinder saugen die Luft durch seitliche Schlitze im Zylinder an,
welche von entsprechenden Schlitzen in dem kugelförmigen Kolbenzapfen gesteuert
werden. Man kann nicht sagen, daß bei der relativen Kleinheit dieser Schlitze ein
guter volumetrischer Wirkungsgrad erzielt wird. Auch wird beim Ausgleich des am
Anfang des Saughubes entstandenen Unterdruckes ein ziemlich starkes Geräusch
auftreten. Sehr vorteilhaft ist dagegen die Kühlung des Kolbenzapfens durch die ihn
durchströmende kalte Ansaugeluft. Die übrigen Zylinder sind mit je zwei leicht
demontierbaren Ventilen versehen, welche so angeordnet sind, daß sie bei einem
eventl. Bruch nicht in den Zylinder fallen können. Durch die vierzylindrige
Anordnung des Kompressors wird ein sehr gleichförmiges Drehmoment erzielt.
Textabbildung Bd. 326, S. 693
Fig. 50.
Durch die Unterteilung des Kompressors in drei Stufen und die zweimalige
Zwischenkühlung wird sowohl der volumetrische wie der mechanische Wirkungsgrad ein
guter.
(Fortsetzung folgt.)