Titel: | AUSGLEICHUNG BELASTETER, IN SENKRECHTER EBENE SCHWINGENDER KRANAUSLEGER. |
Autor: | Proetel |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 715 |
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AUSGLEICHUNG BELASTETER, IN SENKRECHTER EBENE
SCHWINGENDER KRANAUSLEGER.
Von Regierungsbaumeister Proetel in Saßnitz.
(Fortsetzung von S. 696 d. Bd.)
PROETEL: Ausgleichung belasteter, in senkrechter Ebene schwingender
Kranausleger.
Aus vorstehender Untersuchung ist nun folgendes zu schließen:
a) Es gibt keinen endlichen Wert von n, für welchen die
Zunahme von M gleich Null ist.
b) Es gibt auch keinen Wert von n, der die Zunahme von
M zu einem Kleinstwerte macht; denn läßt man
n von Null bis + ∞ anwachsen, so ändert sich der
absolute Wert der Zunahme von M von Null über einen
Größtwert zu Null; der den Größtwert erzeugende Wert von n ist bei allen Auslegerstellungen nicht weit von dem Wert 1 entfernt.
c) Um möglichst vollkommene Ausgleichung zu erzielen, muß man also dafür sorgen,
daß er entweder möglichst größer als 1, oder möglichst kleiner als 1 wird, d.h. man
muß die Strecke b möglichst verschieden von l wählen. Da sie aus praktischen Gründen nicht
wesentlich größer als l sein kann, wird man
n=\frac{b}{l} lieber geringer als 1, und zwar möglichst klein
zu wählen haben, um den Einfluß der Aenderung des Faktors M tunlichst herabzumindern; dabei ist jedoch eine Schranke gesetzt, denn
zu kleine Werte von n ergeben auch sehr kleine Werte
von M, und, weil λ M sich
dem Wert 1 nähern muß, zu große Werte von λ. Man hat
also in jedem Einzelfall zunächst zu prüfen, wie groß die das
Uebersetzungsverhältnis der Flaschenzüge bezeichnende Größe λ höchstens sein darf; daraus ergibt sich dann der kleinste brauchbare
Wert von M und der zugehörige zweckmäßigste Wert von
n.
Textabbildung Bd. 326, S. 715
Fig. 5.
Um einen Anhalt zu gewinnen, wie groß X etwa gewählt
werden kann, betrachte man den oben eingeführten Ausdruck
\lambda=\frac{l+c\,.\,k_2\,k_3}{k_1}. Die Uebersetzung k1 des Lastflaschenzugs
wird man bei größeren Kränen mindestens = 4 wählen müssen; c ist nahezu = 1; k2
k3 wird man, wenn die
Bewegung des Auslegers nicht zu langsam werden soll, nicht über 10 bis 11 annehmen
dürfen; mithin wird λ nicht größer als
\frac{1+11}{4}, d.h. 3, sein können. Hierzu gehört
M=\frac{1}{\lambda}=0,33. Setzt man diesen Wert in den
Ausdruck M=\frac{n}{\sqrt{n^2+1-2\,n\,\mbox{sin}\,\alpha}} ein
und löst die Gleichung nach /z, so erhält man
n=-0,124\,\mbox{sin}\,\alpha+\sqrt{0,0154\,\mbox{sin}^2\,\alpha+0,124}.
Pur einen mittleren Neigungswinkel a = 50° ergibt sich n
= + 0,27 oder rd. 0,3. Kleiner wird man n auch deshalb
nicht wählen können, weil sonst zu große Seitenkräfte auf den Säulenhals wirken
würden.
Die zu n = 0,3 gehörigen Werte von M ergeben sich für verschiedene Neigungswinkel a wie folgt:
n = 0,3
a
M
25°
0,328
35°
0,347
45°
0,367
55°
0,387
65°
0,406
75°
0,420
Textabbildung Bd. 326, S. 715
Fig. 6.
Die Größen M schwanken also von rd. 0,33 bis 0,42; der
Mittelwert ist \frac{1}{2}\,(0,33+0,42)=0,375, hierzu gehört
\lambda=\frac{1}{M}=2,67. Die Abweichungen der Endwerte von
M vom Mittelwert betragen ± 12 v. H.
Es ist klar, daß auch die erzielte Ausgleichung des Lastmoments um dasselbe Maß von
der vollständigen Ausgleichung abweicht, denn die Werte M sind den Lastsenkungen dt proportional, die
ein Maß für die Arbeit der Ausgleichung darstellen.
Meistens wird jedoch eine so geringe Säulenhöhe wie b =
0,3 l nicht zulässig sein. Ist n = 0,5 gewählt – ein Maß, das bej Kränen, die für größere Lasten bestimmt
sind, wohl nicht unterschritten werden kann – so ergeben sich Werte M von 0,549 bis 0,941, also im Mittel 0,745, d.h., es
würden bei den äußersten Auslegerstellungen 26 v. H. des Lastmoments (mehr als ein
Viertel!) unausgeglichen bleiben. Günstigere Ergebnisse sind nur zu erreichen, wenn
die Grenzen der zwischen 25° und 75° angenommenen Auslegerbewegung enger gesetzt
werden.
Die Vorrichtung kann also keine vollkommene Ausgleichung bewirken; sie bietet dagegen
sehr günstige statische Verhältnisse für die Auslegerkonstruktion und ist schon aus
diesem Grunde bei großen Ausführungen den übrigen bekannten Vorrichtungen
überlegen.
3. Ausgleichvorrichtung der Firma Ludwig
Stuckenholz.Deutsche
Patentschrift Nr. 177525/35 b.) (Vergl. Fig. 5.)
Von den beiden Seilsträngen s1 und s2, die
von der Unterflasche U des Lastflaschenzugs ausgehen,
ist s1 über die Rollen in den Blöcken
R1, R3, R4 zum Windwerk
geführt, während s2
über R2
R3 geht, alsdann
mehrere Male um weitere Rollen in den Blöcken R3 und R4 flaschenzugartig herumgeschlungen und schließlich
an R3 oder R4 befestigt ist.
Zwischen den Rollenblöcken R3 und R4 ist
die Hubspindel Sp eingebaut. Wird nun der Ausleger
gehoben, so nähert sich der Rollenblock R3 dem Block R4 dadurch verkürzt sich der Flaschenzug R3
R4 und der Seilstrang
s2 wird
nachgelassen. Durch eine angemessene Uebersetzung der Flaschenzüge R3
R4 und R1
U sowie durch passende geometrische Anordnung der Lage
der Rollenblöcke kann erreicht werden, daß ein großer Teil des Lastmoments
ausgeglichen wird.
Bezeichnet gemäß Fig. 6
A den Auslegerdrehpunkt, B
und C die Mittelpunkte der Rollenblöcke R3 und R4, l die Auslegerlänge von A
bis zum Mittelpunkt des Rollenblockes R1, h die Höhe des
letzteren über der Wagerechten durch den Auslegerdrehpunkt A, l1 die Strecke A B, b die Strecke A C und e die Entfernung der Punkte B und C und sind außerdem a, β, γ die Winkel zwischen l und der Wagerechten, zwischen l und l1 und zwischen l1 und b, und ist ferner k1 das Uebersetzungsverhältnis des Flaschenzuges R1
U und k2 dasjenige des Flaschenzuges R8
R4, so läßt sich die
Ausgleichung wie folgt berechnen.
Es verkürzt sich infolge einer Drehung des Auslegers nach oben die Strecke e um ∆ e, daher ist die
Senkung ∆ t der Last gegen den Rollenblock R1
\Delta\,t=\frac{k_2}{k_1}\,.\,\Delta\,e,
oder, wenn das Verhältnis
\frac{k_2}{k_1}=\lambda gesetzt wird,
∆ t = λ ∆e
Textabbildung Bd. 326, S. 716
Fig. 7.
und bei einer unendlich kleinen Drehung
dt = λ • d e.
Durch Betrachtung des Dreiecks A B
C findet man
e2 = b2 + l12 – 2bl1 cos γ;
hieraus ergibt sich durch Differenzieren
2 e d e = 2 b l1 sin γ d γ;
d\,e=\frac{b\,l_1\,\mbox{sin}\,\gamma}{e}\,d\,\gamma.
Beachtet man, daß d γ = – da ist, und daß die Winkelsumme γ + a einen konstanten Wert φ hat, so wird
d\,e=-\frac{b\,.\,l_1\,\mbox{sin}\,(\varphi-\alpha)}{e}\,d\,\alpha
und
d\,t=-\lambda\,.\,\frac{b\,.\,l_1\,\mbox{sin}\,(\varphi-\alpha)}{e}\,d\,\alpha; .
. . . . . . . . 1)
dagegen ist die Zunahme von h
d h = d (l sin a) = l cos a d
a. . . . . . . 2)
Die beiden Ausdrücke 1 und 2 werden am gleichartigsten, wenn φ
= 90° gewählt wird; dann ist
d\,t=-\lambda\,\frac{b\,.\,l_1}{e}\,\mbox{cos}\,\alpha\,d\,\alpha
. . . . . . 1 a)
Die Bedingung für vollständige Ausgleichung ist;
– d t = d h, d.h. -d\,t=d\,h, d. h.
\frac{\lambda,b\,.\,l_1}{e}=l, oder
\frac{\lambda\,b}{\sqrt{b^2+{l^2}_1-2\,b\,l_1\,\mbox{sin}\,\alpha}}=\frac{l}{l_1}
. . . . . 3)
Setzt man das Verhältnis \frac{b}{l_1}=n,
so erhält man
\lambda\,.\,\frac{n}{\sqrt{n^2+1-2\,n\,\mbox{sin}\,\alpha}}=\lambda\,M=\frac{l}{l_1}
. . 4)
Diese Ausdrücke entsprechen genau den bei Untersuchung der Benrather Ausgleichvorrichtung aufgestellten Formeln 1 bis 4; auch im
vorliegenden Fall wird die Ausgleichung um so genauer, je mehr in Formel 4 der
Faktor M=\frac{n}{\sqrt{n^2+1-2\,n\,\mbox{sin}\,\alpha}} konstant
wird. Die beiden Vorrichtungen beruhen daher auf dem gleichen Prinzip und die dort
gefundenen Resultate gelten auch hier. Die untere Grenze für n ist hier aber noch mehr beschränkt, weil
\frac{l}{l_1}\,>\,1 mithin das Verhältnis der
Flaschenzugübersetzungen λ =l/l1 unter gleichen Verhältnissen größer als bei der
Benrather Vorrichtung sein muß. Ein zu großes λ ist
hier aber noch unerwünschter, weil das Verhältnis
\lambda=\frac{l/l_1}{M} nicht beliebig gesteigert werden
kann, ohne daß der Flaschenzug R3
R4 übermäßig viele oder
der Flaschenzug R1
U zu wenig Rollen erhält. Die Wirkung der Stuckenholzschen Vorrichtung ist daher unter sonst
gleichen Umständen geringer als diejenige der Benrather. Auch erfordert erstere in
dem Falle, daß das Ausgleichsmoment das Lastmoment zeitweilig übertrifft, ein zug-
und druckfestes Bewegungsorgan (Antriebsspindeln) für den Ausleger.
Ein 100 t- Kran mit dieser Ausgleichvorrichtung ist von der Firma Stuckenholz für die Schiffswerft von Frerichs in Einswarden erbaut worden.Vergl. Michenfelder, Kranbauarten für
Sonderzwecke, Zeitschr. d. V. d. I. 1908. Der Wert n beträgt dort, soweit aus den Zeichnungen festgestellt
werden kann, etwa 0,85.
4. Ausgleichvorrichtung von S. Voß in
Pankow.Deutsche
Patentschrift Nr. 197 230. (vergl. Fig.
7.)
Die Last l ist an einer losen Rolle 2 aufgehängt. Das Lastseil geht mit dem einen Strang
3 über die Rollen 5
und 6 zur Winde, während der andere Strang 4 über die Rolle 7 und
dann auf der krummen Linie 8 geführt ist und an dem
festen Punkt 9 an der Kransäule endigt. Beim Aufrichten
des Auslegers wickelt sich der Seilstrang 4 von der
krummen Linie ab und wird dabei so nachgelassen, daß die Last sich gegen die
Rolle 5 ebensoviel senkt, wie diese Rolle sich
hebt.
Die Bestimmung der Kurve ergibt sich aus einer einfachen Momentengleichung; der
Abstand des eine Tangente an die Kurve bildenden Seilstranges 4 vom Auslegerdrehpunkt muß nämlich durch die
Kurvenform so bestimmt werden, daß die Summe aus den Momenten der Spannkraft dieses
Seiles und des darüberliegenden Seiles 3 gleich dem
Lastmoment wird.
Die Lage der Kurve zwischen Ausleger und Kranmast ist für das Aufrichten des
Auslegers hinderlich. Der Erfinder weiß sich dadurch zu helfen, daß er die Kurve
nicht starr ausbildet, sondern einzelne Punkte durch Spannseile 10 festlegt. Beim Aufrichten des Auslegers werden die
oberen Spannseile schlaff, ihre Verbindungsstellen müssen, wenn der obere Zweig der
Kurve vollständig festgelegt ist, zum Teil mit durch den Rollenblock 7
hindurchgehen.
Wenn auf die genaue Festlegung des oberen Kurvenzweiges verzichtet wird, oder wenn
der Wechsel der Auslegerstellung nur gering ist, scheint diese Anordnung vorteilhaft
zu sein, da sie nichts weiter als einige Seilstücke erfordert.
Kräne dieser Bauart sind unter anderm bei der Ausführung von Hochbauten in Berlin
angewendet worden.
(Fortsetzung folgt.)