Titel: | POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU. |
Fundstelle: | Band 326, Jahrgang 1911, S. 749 |
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POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU.
Polytechnische Rundeschau.
Die A. E G.-Verbundkontroller für Hafenkrane bedeuten
einen weiteren Fortschritt in der Ausgestaltung des elektrischen Antriebes von
Hebezeugen. Die gesteigerten Ansprüche des Weltverkehrs und die Rücksicht auf die
Rentabilität derin den großen Seeschiffen und ihrer Ladung festliegenden Kapitalien
lassen es erforderlich erscheinen, daß die Abfertigung in den Häfen möglichst
schnell vonstatten geht und dadurch die Fahrtdauer abgekürzt wird.
Textabbildung Bd. 326, S. 748
Fig. 1.28 Portalkrane von 3 t Tragkraft im Hamburger Hafen, ausgerüstet
mit A. E. G.-Verbundkontrollern.
Seit Einführung des elektrischen Antriebes bei den für den Lösch- und
Ladebetrieb der Schiffe benutzten Kaikranen ist die A. E. G. bestrebt gewesen, durch
Ausbildung geeigneter Motoren und Steuerapparate die Leistungsfähigkeit dieser Krane
immer mehr zu steigern.
Es ist allgemein bekannt, daß für größere Hafenanlagen Gleichstrom den Vorzug
verdient, u.a. weil mit dem Hauptstrommotor der leere Haken doppelt so schnell
gehoben wird als die volle Last. Die A. E. G. hat in dem bekannten WD-Motor einen
Typ geschaffen, der sich im Kranbetrieb sehr bewährt hat. Ebenso wichtig wie die
richtige Wahl des Motors ist die Ausbildung der Steuerung.
Eine gute Steuerung muß folgenden Bedingungen genügen. Die Bedienung des Kontrollers
soll so einfach wie möglich sein, um eine falsche Einschaltung auszuschließen, die
Schaltbewegungen müssen also sympathisch mit der gewünschten Lastbewegungsrichtung
ausgeführt werden. Der Kontroller muß einen leichten Gang haben, damit der
Kranführer nicht so schnell ermüdet, und es muß ferner eine jede Kontaktstellung,
insbesondere auch die Nullage, bequem fühlbar sein. Der Kontroller muß möglichst wenig Raum
beanspruchen, dabei aber gut zugänglich sein. Es muß ferner dem Kranführer ein
möglichst großes Gesichtsfeld gewährt werden. Vor allem aber ist zu fordern, daß
auch die kleinsten Bewegungsstrecken der Lasten beim Heben wie beim Senken mit
mäßiger Geschwindigkeit zurückgelegt werden können, damit beim Arbeiten in der Luke
und beim Anziehen des Anschlaggeschirres die Güter nicht beschädigt werden.
Textabbildung Bd. 326, S. 749
Fig. 2.
Textabbildung Bd. 326, S. 749
Fig. 3.
Diese Regulierung wird am vollkommensten unter Zuhilfenahme einer mechanischen Bremse
erreicht, weil diese am feinfühligsten wirkt und die Bremskraft in sehr weiten
Grenzen reguliert und schnell verändert werden kann. Beim Drehwerk wird eine
Fußbremse benutzt. Beim Hubwerk wird die als Bandbremse ausgebildete Stoppbremse zum
Halten der Last in der Schwebelage durch einen Bremselektromagneten gelüftet, sobald
der Strom eingeschaltet wird. Diese Bremse kann nun auch durch einen Handhebel, den
sogenannten Bremsbeihebel, gelüftet und festgezogen werden. Die Bedienung erfolgt
mit der Linken, mit der Rechten steuert der Kranführer den Kontroller. Diese
Bremsanordnung hat sich insbesondere bei den Hamburger Hafenkranen in
mehrhundertfacher Ausführung als die beste bewährt, da sie die einfachste und
betriebssicherste ist und die schweren Anforderungen des dortigen forcierten
Kranbetriebes am besten erfüllt.
Textabbildung Bd. 326, S. 749
Fig. 4.
Man hat früher für Heben und Drehen je einen besonderen Kontroller benutzt und diese
durch die sogen. Universalsteuerung zum Zwecke der Bedienung durch einen einzigen
wagerechten Hebel mittels Rädern und Gelenken miteinander verbunden.
Eine Weiterentwicklung und wesentliche Verbesserung bildet der Verbundkontroller
(D. R. P.). Bei diesem befinden sich die Kontakte für beide Motoren in einem
einzigen Gehäuse (Fig. 2 und 3). Für das Heben und Senken ist ein auf- und abwärts
bewegter Kontaktschlitten und für das Drehen eine Schaltwalze vorhanden. Durch diese
Anordnung ist ein kleiner, übersichtlicher, wenig Raum einnehmender, leicht zu
handhabender Apparat geschaffen, bei dem die früher für das Kreuzgelenk nothwendigen
Kegel- und Stirnräder sowie Gestänge fortfallen. Die Bedienung erfolgt durch einen
einarmigen Handgriff, der beim Heben der Last nach oben und beim Senken nach unten
bewegt wird und unmittelbar ohne jedes Zwischenglied die Kontakte betätigt. Zum
Schwenken ist eine Drehung des Griffes erforderlich, und zwar nach rechts, falls
sich die Last nach rechts bewegen soll, und nach Fig.
3. links, falls ein Linksschwenken beabsichtigt wird. Jede Bewegung kann
einzeln oder auch gleichzeitige mit der anderen ausgeführt werden.
Besondere Sorgfalt ist auf eine kräftige Markierung der Nullage durch einen federnden
Anschlag verwendet, damit nicht beim Ausschalten der Hubbewegung versehentlich
Gegenstrom gegeben werden kann; dies konnte bisher in gleich wirksamer Weise nicht
erreicht werden. Die Markierung der Nullage ist namentlich bei Nachtbetrieb wichtig,
weil dann das Kranhaus dunkel sein muß, damit das Arbeitsfeld möglichst hell
erscheint und der Kranführer nur nach dem Gefühl steuern kann.
Textabbildung Bd. 326, S. 749
Fig. 5.
Die Figuren zeigen die Bauart des Kontrollers. Die Kontaktsegmente, die vom
Kontaktschlitten bestrichen werden, sind auf bestem feuerfesten Isoliermaterial (D.
R. G. M.) befestigt
und durch Zwischenwände aus gleichem Material gegen ein Ueberspringen der Funken
geschützt. Je zwei kräftig wirkende Spulen sorgen für sofortige Unterbrechung des
Abreißfunkens. Besondere Sorgfalt wurde auch auf die Konstruktion der Kontaktfinger
(D. R. P.)verwendet. Diese sind in der Schaltrichtung freibeweglich, so daß ein
Stauchen oder Verbiegen der Finger auch bei Schmelztropfbildung auf den
Kontaktbahnen unmöglich gemacht ist; ein Schmoren im Gelenk kann ebenfalls nicht
auftreten.
Textabbildung Bd. 326, S. 750
Fig. 1.
Die Fig. 4 (S. 749) zeigt, wie bequem der Kontroller
revidiert werden kann, er wird zu diesem Zwecke umgelegt.
Die Fig. 5 (S. 749) führt den Kontroller im
betriebsfertigen Zustand vor. Es ist daraus ersichtlich, daß der Kranführer infolge
der gedrängten Anordnung der Steuerung dicht am Fenster stehen kann und somit ein
großes Gesichtsfeld vor sich hat.
Die Vorzüge der Verbundkontroller sind nach allem folgende:
Einfache, sichere Handhabung.
Fortfall aller Uebersetzungs bezw. Zwischenelemente zwischen Handgriff und
Schaltkontakten, wodurch exakte Stufenschaltung erreicht wird.
Fest markierte und sicher fühlbare Nullstellung.
Selbsthätiger Rücklauf des Steuergriffs aus den Senkstellungen in die Nullage.
Kleine äußere Abmessungen.
Die guten Resultate, die mit dem Verbundkontroller in forcierten Hafenbetrieben
erzielt wurden, lassen erwarten, daß dieser Typ bei Gleichstrom-Hafenkranen
bald allgemein verwendet werden wird.
–––––
Station Nauen, die der Telefunkengesellschaft gehörige
Riesenstation, ist die weitaus größte radiotelegraphische Versuchsstation der Welt
und erregt seit Jahren größtes Interesse in wissenschaftlichen Kreisen. Seit ihrer
Errichtung 1906 wurde sie von mehr als 10000 Personen aus aller Herren Länder
besichtigt und fast alle Regierungen der Welt ordneten Fachkommissionen zum Studium
der dortigen Einrichtungen ab.
Die Fig. 1 und 2
zeigen Sender und Empfänger der Station.
Der Zweck der Station ist, neue Maschinen und Apparate für Fernverbindungen
durchzubilden und unter wirklichen Betriebsverhältnissen zu erproben, außerdem
werden ständig Antennenversuche und Reichweitenproben im größten Stil
vorgenommen.
Während im Jahre 1906 auf der Station ein Sender mit einer Hochfrequenzleistung von
etwa 10 KW und einer Reichweite von 2000 bis 3000 km durchgebildet und einer
Dauerprobe unterzogen wurde, gelang es, 1909/10 die Sendeleistung auf 25 KW und 1911
sogar auf 35 KW Hochfrequenz zu erhöhen.
Textabbildung Bd. 326, S. 750
Fig. 2.
Diese Leistungen entsprechen denen der großen Marconistationen, welche den Verkehr
Irland-Kanada vermitteln.
Der hierbei zu leistenden Reichweite von etwa 3400 km über See sind die beiden
1909–1911 entstandenen Telefunkensender ohne weiteres gewachsen, denn bereits mit der 25
KW-Type konnten 1910 Zeichen auf etwa 5000 km an den Dampfer „Bosnia“
übermittelt werden. Mit derselben Type wurden Verbindungen mit Pola (900 km) und
Madrid (1900 km) über sehr hohes Gebirge hergestellt, was erfahrungsgemäß einer
dreifachen Reichweitenleistung über See entspricht.
Beide Typen für 25 und 35 KW sind jetzt als Normalstationen für Garantieleistungen
bis zu 4000 km über See lieferbar und entwickeln bei einem Kraftverbrauch von nur
75–100 PS eine Hochfrequenzenergie wie sie bisher, außer auf zwei Marconistationen,
überhaupt noch nie dargestellt werden konnte.
Diese großen Telefunkenstationen werden u.a. auch bei der Herstellung eines
radiotelegraphischen Netzes in Australien und Neuseeland verwendet, woselbst zurzeit
vier derartige Stationen, und zwar in Sydney, Fremantle, Doubtleß Bay, Bluff,
errichtet werden.
Die Station Nauen wird jetzt auf etwa sechs Monate außer Betrieb gesetzt und im
nächsten Jahr mit neuen Maschinen und Apparaten für noch höhere Leistungen wieder
eröffnet.
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Die Verwendung der drahtlosen Telegraphie in unserer
Hochseefischerei ist schon öfters empfohlen und ihre Nothwendigkeit in der
letzten Zeit auch von allen maßgebenden Stellen betont worden. Es sollen dadurch in
Zukunft jene Unglücksfälle möglichst verhütet werden, die dadurch entstehen, daß die
Fischer, welche sich oft mehrere Tage ohne Nachricht vom Lande auf See befinden, von
schwerem Wetter überrascht werden. Die größten Schwierigkeiten, denen der Plan
begegnete, betrafen hauptsächlich die Kostenfrage; denn der Preis einer
vollständigen Station beträgt ungefähr die Hälfte der Gesamtanschaffungskosten für
einen Kutter. Es wurde daher von E. F. Huth
vorgeschlagen, den Fischern zunächst nur Empfangsapparate in die Hand zu geben und
sie so einfach in der Bedienung und so wohlfeil herzustellen, daß zu ihrer
Anschaffung keine größeren Mittel nötig sind. Er hat eine solche Empfangsstation
konstruiert, die nicht größer ist als eine photographische Kamera und auch nicht
viel mehr kostet und von jedermann ohne weiteres bedient werden kann. Auf
Veranlassung des deutschen Seefischerei-Vereins sind sofort drei Kutter für die
Ausrüstung mit solchen Stationen ausersehen worden. Zwei von ihnen, der Blankeneser
Kutter Maria-Klausine und der Finkenwärder Kutter Meta-Margareta besitzen die
Apparate bereits; der dritte Kutter wird demnächst ausgerüstet werden und weitere
werden folgen. Beide Kutter empfangen von der Station Nördlich jeden Mittag das
Zeitsignal, und im Anschluß daran die Wetterberichte, die in 25 Worten eine
Uebersicht über die am Morgen um 8 Uhr über Europa beobachtete Luftdruckverteilung,
Angaben über die Windverhältnisse der Nord- und Ostsee und besonders eine die
zu erwartenden Winde betreffende Wettervorhersage enthalten. Auf diese Weise werden
die Fischer in den Stand gesetzt, bei drohendem Unwetter rechtzeitig den schützenden
Hafen aufzusuchen.
Wären früher die Hochseefischkutter schon mit Empfangsapparaten für Sturmwarnungen
ausgerüstet gewesen, so würden sich wohl derartige Unfälle wie das große
Finkenwärder Unglück schwerlich ereignet haben.
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Eine interessante gewerberechtliche Entscheidung,
betreffend die Haftung des Rechtsanwalts für einen verlorenen Prozeß, hat das
Reichsgericht getroffen. Ein Unternehmer war wegen fahrlässiger Körperverletzung zu
Schadenersatz verurteilt worden, weil sein Anwalt es unterlassen hatte, einen
Einwand vorzubringen, der dem Beklagten nach dem Unfall-Versicherungsgesetz zustand.
Als der Unternehmer von anderer Seite auf den groben Unterlassungsfehler seines
Rechtsanwalts aufmerksam gemacht wurde, strengte er gegen diesen eine
Schadenersatzklage an.
Das Reichsgericht, welches in letzter Instanz über die Schadenersatzklage zu
entscheiden hatte, hat die Verurteilung des Rechtsanwalts zur Leistung von
Schadenersatz für gerechtfertigt erachtet. Der Beklagte hat trotz seiner angeblichen
Kenntnis der fraglichen Bestimmung des Unfall-Versicherungsgesetzes den Einwand
nicht vorgebracht, welcher dem Unternehmer einen günstigen Ausgang seines Prozesses
gesichert hätte. Das Gericht erblickt hierin eine fahrlässige Pflichtverletzung des
beklagten Anwalts. Es ist Pflicht jedes Anwalts, seine Partei auf Grund der eigenen
Rechtskenntnisse auf das Beste zu beraten und alle für eine wirksame Vertretung
desselben geeigneten Schritte zu unternehmen. Der Anwalt durfte auch nicht die
Initiative der klagenden Partei abwarten oder sich auf die knappen Informationen
verlassen, die von seinem Bureauvorsteher aufgenommen waren. Er war zu eigener
selbständiger sachverständiger Prüfung der Rechtslage verpflichtet. Hätte er diese
Prüfung gewissenhaft vorgenommen, so wäre ihm der fragliche Einwand nicht entgangen.
Ein eigenes Verschulden des Klägers, das der Anwalt behauptet hatte, liegt nicht
vor. Allerdings hat jede Partei die Pflicht, den Anwalt zu informieren und ihm alle
erheblichen Tatsachen mitzuteilen, aber doch nur innerhalb der Schranken der eigenen
Denkweise, Fähigkeiten und Rechtskenntnisse. Vom Kläger konnte aber nicht erwartet
werden, daß er von der für ihn günstigen Gesetzesbestimmung Kenntnis besaß. Es war
Sache seines Anwalts, diese Gesetzesbestimmungen zu verwerten, und den Kläger trifft
in dieser Beziehung kein Vorwurf. [Entscheidungen des Reichsgerichts vom 4. April
1911.]