Titel: | SEEFISCHEREI-MOTOREN. |
Autor: | F. Romberg |
Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 17 |
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SEEFISCHEREI-MOTOREN.
Von F. Romberg,
Charlottenburg.
(Fortsetzung von S. 7 d. Bd.)
ROMBERG, Seefischerei-Motoren.
Der jungaufstrebende Brons-Motor wird in der Zahl der
Ausführungen für die Seefischerei heute noch weit übertroffen von dem
Glühhaubenmotor, der ein ganz anderes System darstellt und wesentlich infolge seiner
Einfachheit und Billigkeit vorherrschend ist. Den Namen trägt diese Maschine von
jener Haube, welche, auf dem Zylinder sitzend und mit ihm dauernd räumlich
verbunden, durch die Verbrennung im Innern während des Betriebes sich selbsttätig
glühend erhält. Da in ihr auch der Brennstoff nach der Einspritzung vergast, so ist
wieder die grundlegende Forderung erfüllt, nach welcher für Fischereimotoren
verwickelte Vergasungs- und Zündungsvorrichtungen vermieden werden sollen.
Textabbildung Bd. 327, S. 17
Fig. 41. Diagramm eines Daevei-Motors.
Das Wesen des Glühkopfmotors, einer englischen Erfindung, die aber in Skandinavien
erst völlig betriebsbrauchbar durchgebildet worden ist, liegt in seiner
unübertrefflichen baulichen und betriebstechnischen Einfachheit, welche sogar etwas
Primitives hat. Er ist darum auch kein hochwertiger Motor mit hoher Kompression und
geringem Wärmeverbrauch wie der Diesel- oder Brons-Motor, aber er ist die einfachste
Kolbenkraftmaschine, die man sich denken kann, einfacher als eine Dampfmaschine,
selbst wenn man von dem Dampferzeuger absieht und nur die Maschinen miteinander
vergleicht. Diese Einfachheit ist für den Fischereibetrieb geradezu ideal. Sie ist
die beste Grundlage der Betriebssicherheit bei einem Maschinenwärter, der oftmals
vorher in seinem ganzen Leben noch keine Maschine sah.
Die bau- und betriebstechnische Einfachheit dieser Motoren ist aber auch mit mehreren
Nachteilen verbunden, die alle wieder auch dem Wesen der Glühhaube entspringen, ganz
ebenso wie die Vorteile. Die Haube muß vor Beginn des Betriebes zunächst 10-15
Minuten lang mittels Heizlampe stark gewärmt werden, und dann erst kann die
Maschine angehen. Bei richtiger Ausbildung bleibt die Haube im Betriebe infolge der
Verbrennung hinlänglich warm, so daß Vergasung und Zündung an den schwachglühenden
Wänden sicher erfolgen. Nach jedem längeren Stillstand ist neues Anheizen und selbst
bei geringer Belastung ist schon ein Nachheizen erforderlich, wenn die Haube nicht
ganz geschickt gestaltet und bemessen wurde. Das verleiht dem Betrieb eine gewisse
Umständlichkeit und nimmt dem Glühkopfmotor in hohem Grade jenen Vorzug, der
Oelmotoren sonst eigen ist und sie weit über die Dampfmaschine erhebt: die stete und
schnelle Betriebsbereitschaft. Und noch ein wichtiger Nachteil ist vorhanden. Der
Brennstoff wird in die Haube eingespritzt und vergast darin, das Gas mischt sich mit
der vom Zylinder eindringenden Luft, welche durch den Kolben verdichtet wird. Das
Gasluftgemisch gelangt am Ende der Verdichtung an die glühende Haubenwandung und
entzündet sich. Da dieser Vorgang Zeit erfordert, so muß die Einspritzung schon
früh, nicht lange nach Beginn der Verdichtung, erfolgen. Es wird also während
längerer Zeit nicht nur Luft, sondern Gasgemisch verdichtet. Dadurch entsteht die
Gefahr der vorzeitigen Zündung, der Frühzündung, die um so größer wird, je höher die
Verdichtung. Die Kompression ist also beschränkt auf relativ geringe Drucke, ebenso
auch die Verpuffung. Wir haben es hier mit einem Niederdruckmotor zu tun. Obschon
dies einen Vorteil bedeutet für die Beherrschung der Druck- und
Temperaturverhältnisse, so sind andererseits wesentliche Nachteile gegeben in der
geringeren Wärmeausnutzung und in der geringen Völligkeit des Diagramms. Der
Brennstoffverbrauch des Glühkopfmotors ist also relativ ungünstiger, und infolge des
geringen mittleren Drucks ergeben sich größere Abmessungen. Die praktischen
Wirkungen dieser Nachteile sind freilich nicht
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Fig. 42 bis 43a. 8 PS Daevel-Glühhaubenmotor.
allzu erheblich. Der größere Brennstoffverbrauch wird
dadurch beim Glühkopfmotor geringer Größe erträglich, daß billige Rohöle verwendbar
sind, und die geringen Pressungen bewahren dem Motor die ihm charakteristische
Einfachheit und Billigkeit.
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Fig. 44 u. 45. Zylinder eines Daevel-Motors.
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Fig. 46 bis 49. Zylinderdeckel und Zylinderhaube eines Daevel-Motors.
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Fig. 50. Einlaßventil eines Daevel-Motors.
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Fig. 51–53. Brennstoffdüse eines Daevel-Motors.
Die Mehrkosten des Betriebes werden durch die geringeren
Anlagekosten und ihre Folgen mindestens zum Teil wieder ausgeglichen. So erscheinen
gute Glühhaubenmotoren im Fischereibetrieb wohl lebensfähig. Immer wieder bleibt
die Einfachheit des Betriebes zu beachten, die Sicherheit gegen Störungen,
welche alle wirtschaftlichen Erwägungen hinfällig machen können.
Textabbildung Bd. 327, S. 19
Fig. 54 u. 55. Kurbelgehäuse eines Daevel-Motors.
Glühhaubenmotoren können naturgemäß mit Viertakt- oder Zweitaktwirkung ausgeführt
werden, wobei zu bemerken ist, daß deutsche Firmen neuerdings mehr zur letzteren
Bauart neigen. Einen bewährten Viertakt-Glühkopfmotor baut z.B. die K. M. A. G.
vorm. C. Daevel, Kiel. Die folgenden Figuren sind
Darstellungen einer zweizylindrigen Ausführung von 8 PS. Aus dem Diagramm (Fig. 41) wird das Arbeitsverfahren dieser Maschine
ersichtlich; dasselbe bestätigt meine vorhergehenden Darlegungen in den wichtigsten
Punkten. Das Wesentliche des Aufbaus geht aus der Zusammenstellung (Fig. 42 bis 43a)
hervor, Anordnung der Zylinder, der Steuerung und der Ventile, der Glühhaube und der
Kurbeln, weiter der Zusammenbau mit der Kupplung, dem Drucklager und der
Umsteuerschraube. Der Motor ist in allen Teilen sehr kräftig gehalten, wie
namentlich die Einzelheiten klar erkennen lassen. Einige der wichtigsten kommen in
den folgenden Figuren zur Darstellung: Zylinder mit Ventilgehäuse (Fig. 44 u. 45), das
Einlaßventil (Fig. 50) ist selbsttätig, das
Auslaßventil gesteuert; weiter der Zylinderdeckel, der ungekühlt ist, die einfache
Glühhaube (Fig.
46 bis 49), die Brennstoffdüse (Fig. 51 bis 53), das
Kurbelgehäuse (Fig. 54 und 55) und endlich die
Regelung (Fig.
56 bis 59), die dadurch erfolgt, daß ein Zentrifugalregler einen Stufennocken verschiebt,
welcher den Hub der Brennstoffpumpen und somit die Brennstoffmenge beeinflußt.
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Fig. 56 bis 58. Regelung eines Daevel-Motors. Fig. 59. Brennstoffpumpe eines
Daevel-Motors.
Die Zweitaktbauart gestaltet sich für Kleinmotoren dieses Systems einfacher als der
Viertakt, wesentlich weil es möglich ist, die Steuerung zu vereinfachen. Letztere
ist ohne Ventile am Zylinder ausführbar, allein mit Schlitzen, die der Arbeitskolben
steuert. Allerdings verlangt der Zweitakt eine Spülpumpe zum Austreiben der Abgase
und zum Laden des Zylinders mit frischer Verbrennungsluft (Fig. 60). Saug- und Auspuffhub des Viertakts müssen hier ja in Wegfall
kommen. Die Spülpumpe ist eine bauliche Komplikation, aber sie wird ziemlich
unerheblich durch die Verwendung des Kurbelkastens als Pumpengehäuse und des
Arbeitskolbens als Pumpenkolben. Daß dies keine hochwertige Pumpe ergibt, ist für
diese Kleinmotoren unwesentlich, wesentlich dagegen, daß sie sich einfach gestaltet
und die Zahl der Bauteile sich nicht erheblich vermehrt: es wird nur ein Saugventil
am Kurbelkasten und ein Spülluftkanal zum Zylinder erforderlich.
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Fig. 60. Diagramm eines Swiderski-Zweitaktmotors.
Weitere Vorteile des Zweitakts sind: die Verminderung der Zylinderabmessungen wegen
der Verdopplung der Krafthübe, die Verkleinerung des Schwungrads, die aus beiden
Ursachen folgende Verminderung des Gesamtgewichts und die größere Gleichförmigkeit
des Umlaufs. Auch ist es beim Zweitakt leichter, die Glühhaube im Betriebe warm zu
erhalten, weil die Zündungen häufiger sind. Nachteilig ist dagegen bei dieser
Zweitaktbauart gegenüber dem Viertakt, daß sich im Innern der Maschine größere
Wärmemengen anhäufen, welche die Kühlung empfindlicher Teile, wie des Kolbenbolzens,
erschweren, daß die Zugänglichkeit des Triebwerks leidet, weil das Kurbelgehäuse
möglichst klein sein muß, um hinreichende Spülspannung zu erhalten, daß sich die
Völligkeit des Diagramms verringert und die Verbrennung im Zylinder verschlechtert.
Trotzdem aber ist der Brennstoffverbrauch von Zweitaktmotoren f. d. PSe-Std. häufig sogar besser als bei
Viertaktausführungen. Diese Tatsache ist, sofern sie auch bei der gleichen
Verdichtung auftritt, wohl auf die günstigere Ausnutzung des Triebwerks
zurückzuführen, welche eine Erhöhung des mechanischen Wirkungsgrads bewirkt.
(Fortsetzung folgt.)