Titel: | NEUERE ROHÖLMOTOREN. |
Autor: | Ch. Pöhlmann |
Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 97 |
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NEUERE ROHÖLMOTOREN.
Von Dipl.-Ing. Ch. Pöhlmann,
Charlottenburg.
(Fortsetzung von S. 87 d. Bd.)
PÖHLMANN: Neuere Rohölmotoren.
Einen dem Augsburger Typ sehr ähnlichen Schnelläufer baut die Gasmotorenfabrik Deutz (Fig.
89). Nur die den Deutzer Diesel-Motoren
eigentümliche liegende Anordnung des Einblasekompressors an der Stirnseite der
Maschine wurde auch hier nicht verlassen, obwohl bei der gedrungenen Bauart der
Maschine die senkrechte Anordnung vielleicht schöner gewirkt hätte. Allerdings
bleibt bei der gewählten liegenden Anordnung die Möglichkeit bestehen, sämtliche
Einzelaggregate einer größeren Anlage ohne Kompressor auszuführen und die
Einblaseluft für sämtliche Motoren in einer besonderen Kompressorzentrale zu
erzeugen.
Textabbildung Bd. 327, S. 97
Fig. 89.
Die Arbeitsluft für die Zylinder wird wie bei der Augsburger Maschine durch das
Gehäuse hindurch angesaugt.
Das Umstellen der Anlaß- und Brennstoffhebel von Ruhelage auf Anlassen und Betrieb
wird ähnlich wie beim Görlitzer Motor durch Drehen einer durchlaufenden
Ventilhebelwelle besorgt, wodurch die Umstellvorrichtungen für die einzelnen
Zylinder sowie eine besondere Umstellwelle entbehrlich werden.
Die in Fig. 91 dargestellte Maschine ist ein
dreizylindriger Schnelläufer von 450 PSe, welche im
Jahre 1909 für das Elektrizitätswerk Friedenau geliefert
wurde und nach einem Zeugnis der dortigen Verwaltung bei 215 minutl. Umdrehungen
ziemlich erschütterungsfrei läuft. Im Betriebe sowie hinsichtlich des Brennstoff-
und Schmierölverbrauchs soll sich die Maschine gut bewährt haben.
Textabbildung Bd. 327, S. 97
Fig. 90.
Der Schnelläufer von Franco Tosi ähnelt – bis auf den
sternförmigen Reavell-Kompressor – bei oberflächlicher
Betrachtung ebenfalls der Augsburger Type, doch tritt seine größere Einfachheit sehr
vorteilhaft in Erscheinung. Umstell-, Abstell- und Regulierwelle fehlen vollständig.
Die sämtlichen Brennstoffpumpen sind an den dem Regulator benachbarten Zylinder verlegt
worden, und die Regulierung erfolgt mittels einer einzigen kurzen Stange, welche den
Muffenhebel des Regulators mit dem Regulierhebel der Brennstoffpumpe verbindet.
Textabbildung Bd. 327, S. 98
Fig. 91.
Textabbildung Bd. 327, S. 98
Fig. 92.
Wie die Langsamläufer der Firma Franco Tosi, so fällt auch
diese Maschine durch elegante Formgebung und geschmackvolle Ausrüstung angenehm
auf.
Auch die Maschinenbauanstalt Breslau, deren langsam
laufende Motoren im vorigen Kapitel besprochen wurden, beschäftigt sich neuerdings
mit dem Bau von Diesel-Schnelläufern. Die Maschinen
zeigen äußerlich eine ziemliche Aehnlichkeit mit dem Augsburger Typ, weshalb hier
wohl auf das über die Augsburger Maschinen bereits Gesagte verwiesen werden kann.
Fig. 90 zeigt die Ansicht eines 2 × 35pferdigen
Schnelläufers, während in den folgenden Fig. 92 bis
97 der Rohrplan dieser Maschine dargestellt ist.
In den Figuren bedeutet:
A die Anlaßleitung,
B die Einblaseleitung,
C die Saugleitung des
Luftpumpen-Niederdruckzylinders,
D die Druckleitung des
Luftpumpen-Niederdruckzylinders nach dem Kühlgefäß,
E die Saugleitung des
Luftpumpen-Hochdruckzylinders aus dem Kühlgefäß,
F die Druckleitung des
Luftpumpen-Hochdruckzylinders bis Kühlrohr,
G die Druckleitung des
Luftpumpen-Hochdruckzylinders vom Kühlrohr bis Einblasegefäß,
H die Manometerleitung,
Textabbildung Bd. 327, S. 99
Fig. 93.
J die Hauptzuflußwasserleitung bis
Abzweigung vor der Luftpumpe,
K den Wasserzufluß zur
Luftpumpe,
L die Verbindungsleitung zwischen
Luftpumpendeckel und I. Zylinder,
M die Wasserzuflußleitung zum II.
Zylinder nach Abzweigung zur Luftpumpe,
N die Verbindungswasserleitung
zwischen Zylinderdeckel und Auspuffventil,
O die Verbindungswasserleitung
zwischen Auspuffventil und Auspuffleitung,
P die Entwässerungsleitung des
Auspuffrohres,
Q die Abflußleitung vom
Auspuffrohr,
R die Entwässerungsleitung des
Kühlgefäßes,
T die Brennstoffzuflußleitung zum
Schwimmersupport,
U die Verbindungsleitung zwischen
Schwimmersupport und Brennstoffpumpe,
V die Verbindungsleitung zwischen
Brennstoffpumpe und Düse,
W die Saugleitung der
Schmierölförderpumpe,
X die Druckleitung der
Schmierölförderpumpe bis ⊤-Stück,
Y die Druckleitung der
Schmierölförderpumpe für die Kurbelwellenlager,
Z die Schmierölzuflußleitung zu
den Lagern,
a die Schmierölüberlaufleitung der
Druckleitung,
b die
Schmierölmanometerleitung,
c die Leitung für die
Schmierölpreßpumpen,
d die Zuflußleitung zu den
Schmierölpreßpumpen,
e die Druckleitung der
Schmierölpreßpumpen zu den Zylindern,
f die Oelzuflußleitung zu den
Hebelachsen,
g die Oelzuflußleitung zu den
Exzentern der Brennstoffpumpe,
h die Oelzuflußleitung zu dem
Regulatorlager,
i die Oelabflußleitung von dem
Regulatorlager,
k die Oelabflußleitung von den
Verschalungen der Steuerscheiben,
l die Druckleitungen der
Schmierpresse für die Luftpumpe.
Textabbildung Bd. 327, S. 100
Fig. 94.
Schnittzeichnungen konnte die Firma leider noch nicht zur Verfügung stellen;
allein schon aus den im Rohrplan gegebenen Umrissen ist ersichtlich, daß man es hier
mit einer Maschine gedrängtester Bauart und schöner allgemeiner Formgebung zu tun
hat.
Eine außerordentlich gedrängte Bauart besitzt der Schnelläufer von Carels Frères (Fig. 98).
Die sehr kurzen A-Gestelle sind breitspurig ausgebildet
und ergeben zusammenmontiert die ungefähren äußeren Umrisse eines Kastengestells.
Kastengestelle haben sich nicht sehr bewährt. Es kamen vielmehr – trotz niedrig
bemessener Beanspruchung – nicht selten schwere Deckenbrüche vor. Die meisten Firmen
haben sich daher veranlaßt gesehen, die Kastengestellform entweder ganz zu verlassen
und zum altbewährten A-Gestell zurückzukehren, oder das
Kastengestell mit bis zur Grundplatte durchlaufenden schmiedeeisernen Ankern
auszurüsten (vgl. später Sulzer-Motor).
Auf den Gestellen des Carelsschen Schnelläufers sind
mittels sehr kräftiger, rechteckiger Flanschen die Zylinder befestigt. Durch diese
rechteckige Ausführung der unteren Zylinderflanschen wird erreicht, daß die
Gestelldeckefrei von Biegungsbeanspruchungen bleibt. Die Schraubenkräfte werden nur
an den vier Kanten der Gestelle übertragen, wodurch nahezu reine Zugbeanspruchung in
den Ständern hervorgerufen wird. Allerdings treten dafür infolge der weiten
Entfernung der Schraubenbolzen vom Zylinder am unteren Rand des Zylindermantels
beträchtliche Biegungsspannungen auf, welchen der Konstrukteur durch reichlich hohe
Dimensionierung des Zylinderflansches und stark geschweiften Uebergang in den
Zylindermantel zu begegnen suchte.
Die Steuerung der Maschine zeigt keine bemerkenswerten Einzelheiten. Man sieht
indessen das Bestreben des Konstrukteurs, möglichst an Bauhöhe für die Steuerung zu
sparen.
Auffällig ist, daß für alle drei Zylinder nur eine einzige Brennstoffpumpe vorhanden
ist. Der Brennstoff gelangt von dieser zunächst nach den Verteilungsorganen, welche
(in Fig. 98 gut sichtbar) vor den Zylindern
angeordnet sind. Dieselben besorgen nicht nur die Verteilung des Brennstoffs,
sondern auch der Einblaseluft. Es ist klar, daß diese Verteilungseinrichtung, welche
nur mit Hilfe des Indikators adjustiert werden kann, im Betriebe keine dauernd
gleichmäßige Verteilung des Brennstoffes gewährleistet. Ein großer Nachteil ist dies
indessen nicht. Einer Verschlechterung des Brennstoffverbrauchs dadurch, daß ein
Zylinder zu wenig Petroleum erhält, steht meist eine Verbesserung des
Brennstoffverbrauchs der übrigen Zylinder gegenüber, welche mit größerer Füllung arbeiten.
Die Regulierung ist ähnlich wie beim langsamlaufenden Carelsschen Motor ausgebildet. Unter dem Regulator ist noch ein
Speichenrad bemerkbar, welches eine Tourenverstellung von Hand während des Betriebes
gestattet. Als Kompressor wurde, ebenfalls wie bei den Langsamläufern, ein
dreistufiger Reavell-Kompressor verwendet. Das Schwungrad
ist, wie bei Diesel-Schnelläufern meist üblich, wegen
seiner großen Umfangsgeschwindigkeit als Stahlgußscheibe ausgeführt.
Betriebsresultate über den Carelsschen Schnelläufer liegen
zurzeit leider noch nicht vor.
Fig. 99 zeigt einen als Diesel-Dynamo ausgestalteten Schnelläufer der Leobersdorfer Maschinenfabriks-Aktiengesellschaft, Leobersdorf bei
Wien.
Textabbildung Bd. 327, S. 101
Fig. 95.
Textabbildung Bd. 327, S. 101
Fig. 96.
Textabbildung Bd. 327, S. 101
Fig. 97.
Das Aggregat ist gebaut für eine Leistung von 50 KW bei 450 minutl. Umdrehungen. Der
Zylinderdurchmesser der Arbeitszylinder beträgt 210 mm, der Kolbenhub 300 mm. Die
daraus sich ergebende Kolbengeschwindigkeit der Maschine von 3,15 m/Sek. kann als
sehr mäßig bezeichnet werden.
Der motorische und. der elektrische Teil sind auf einem gemeinsamen Fundamentrahmen
montiert, der in der Mitte mit einer seitlichen Ausbuchtung für das ziemlich große
Schwungrad versehen ist. Auf dem Fundamentrahmen ist zunächst die ziemlich hohe
Grundplatte gelagert, welche nach Art der Schiffsmaschinenrahmen mit großen
Erleichterungslöchern auf der Außenseite versehen ist. Die dreifach gekröpfte
Kurbelwelle ist aus bestem Nickelstahl hergestellt. Sie trägt an dem einen Ende die
warm aufgezogene Kompressorkurbel, am Fig. 97.
anderen Ende den Kupplungsflansch für das gußstählerne Schwungrad.
Das vollkommen öldicht schließende Kastengestell besitzt an der Seite drei
große Fenster, so daß man Pleuelstangen und Kolben nach unten, also ohne Demontage
der Zylinderdeckel, herausnehmen kann. Die Zylinderbüchsen sind besonders aus
Spezialgußeisen hergestellt und in die Kühlmäntel eingepreßt. Die letzteren
erstrecken sich nicht bis zu den Zylinderflanschen herab, so daß die
Zylinderbefestigungsschrauben näher an den Zylinder herangerückt werden konnten, was
eine geringere Deckenbreite des Kastengestells und somit größere Festigkeit bedingt.
Die Zylinderdeckel sind, wie dies bei Viertakt-Diesel-Motoren meist üblich ist,
besonders auf die Zylinder aufgeschraubt. Der Kompressor ist als normaler
Verbundkompressor gebaut. Da die Treibstangen der Kompressoren oft eine
unverhältnismäßig große Länge erhalten müssen, wenn man die Kompressorzylinder in
gleicher Höhe wie die Arbeitszylinder anordnet, so wurde hier der Ausbau des
Kastengestells für den Kompressor etwas niedriger gehalten. Der Kompressor reicht
dadurch nur bis zur halben Höhe der Arbeitszylinder empor, was für das allgemeine
Aussehen der Maschine sehr von Vorteil ist. An der Seite des Kompressorausbaues
befindet sich leichtzugänglich der Zwischenkühler angeordnet.
Textabbildung Bd. 327, S. 102
Fig. 98.
Textabbildung Bd. 327, S. 102
Fig. 99.
Die durch Schraubenräder angetriebene senkrechte Steuerwelle trägt einen
Präzisionsregler mit durchgehender Welle und eine Touren – Verstellvorrichtung,
welche eine Aenderung der Umlaufzahl von 427 auf 472 gestattet. Die wagerechte
Steuerwelle wird ebenfalls in der üblichen Weise durch Schraubenräder angetrieben.
Zur Aufnahme der achsialen Kräfte an beiden Steuerwellen wurden Kugellager verwendet
(Kugellager für die wagerechte Steuerwelle in der Figur rechts ersichtlich).
Jeder Zylinder besitzt eine eigene Brennstoffpumpe. Zur Füllungsregulierung
dient eine unterhalb der Steuerwelle gelegene Regulierwelle, welche von der oberen
Regulatorseite aus betätigt wird. Für die Schmierung der Kurbelwelle ist eine
Zahnradpumpe vorgesehen, welche Oel von ⅓ at Ueberdruck in die Hauptlager preßt. Die
Schmierung der Arbeitszylinder hingegen sowie des Kompressors wird von einer
besonderen Schmierpresse besorgt, welche von der wagerechten Steuerwelle aus mittels
Exzenter, Exzenterstange und Sperrklinkenrad angetrieben wird.
Die Maschine macht im ganzen einen guten und gediegenen Eindruck. Man bemerkt das
Bestreben des Konstrukteurs, bei gedrängter Anordnung, geringem Gewicht und größter
Einfachheit und Uebersichtlichkeit eine für die verschiedensten Zwecke, insbesondere
auch als Schiffshilfsmaschine brauchbare Maschine zu erzielen.
Durch Abwägen der fertigen Maschine wurden folgende Gewichte festgestellt:
Motor inkl. Kompressor, Kühlwasserpumpe
und Rohrleitungen am Motor
2600 kg
Schwungrad für \delta=\frac{1}{150}
1430 „
Fundamentplatte
1042 kg
Dynamo komplett
1565 „
Gesamtgewicht
6637 „
Die Firma hat bisher zwei Stück solcher Diesel-Dynamos
ausgeführt, die folgende Resultate ergaben: Bei der Uebergabeprüfung wurde ein
12stündiger Dauerbetrieb mit anschließender einstündiger Ueberlastung auf 60 KW
durchgeführt.
Es wurden folgende Brennstoff verbrauche festgestellt:
Motor Nr. 1
Motor Nr. 2
Brennstoffverbrauch
g/KW-Std.
g/PSe-Std.
g/KW-Std.
g/PSe-Std.
⅓ Belastung
410
257
¾ Belastung
346
225
1/1 Belastung
301
199
304
201
20 v. H. Ueberlastung
344
227
320
211
Der Brennstoffverbrauch von im Mittel 200 g für die effektive Pferdekraftstunde muß
in Anbetracht der geringen Zylindergröße als sehr günstig betrachtet werden.
(Fortsetzung folgt.)