Titel: | ÜBER DIE BESEITIGUNG DER ANTENNEN BEI DER DRAHTLOSEN TELEGRAPHIE. |
Autor: | L. Zehnder |
Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 138 |
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ÜBER DIE BESEITIGUNG DER ANTENNEN BEI DER
DRAHTLOSEN TELEGRAPHIE.
Von L. Zehnder,
Halensee-Berlin.
ZEHNDER: Ueber die Beseitigung der Antennen bei der drahtlosen
Telegraphie.
Inhaltsübersicht.
Eine erfolgreiche neue Schaltung gerichteter drahtloser
Telegraphie wird beschrieben, bei der die mächtigen Antennentürme durch ganz
einfache Erdungen ersetzt werden, so daß im Kriegsfalle das ganze Apparatsystem der
Zerstörung durch feindliche Geschosse kaum unterliegt. Die Abhängigkeit der
Reichweite vom Wetter und von der Tageszeit wird erläutert.
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Textabbildung Bd. 327, S. 138
Fig. 1.
Vor etwa sieben Jahren nahm ich PatenteOesterreichisches Patent Nr. 26404 vom 15. V. 1905; Englisches Patent
Nr. 10601 vom 20. V. 1905 u.a. für neue Schaltungen drahtloser
Telegraphie, bei denen ich die senkrechten Antennen durch wagerechte, an geeigneten
Stellen geerdete Leiter ersetzte. Nach jahrelangen erfolglosen Bemühungen, Vertreter
der Technik für meine Schaltungen zu gewinnen, ließ ich schließlich meine Patente
wieder fallen, da ich mich außerstande sah, mit eigenen Mitteln größere Stationen
drahtloser Telegraphie zu errichten, um welche es sich ja im vorliegenden Falle
hauptsächlich handeln mußte. Man glaubte eben damals noch allgemein, ohne Antennen
sei eine drahtlose Telegraphie ausgeschlossen. Hierin beginnt sich aber jetzt eine
Wandlung zu vollziehen. Vor ganz kurzer Zeit sind nämlich im Kaiserlichen
Telegraphen-Versuchsamt Berlin Versuche ausgeführt wordenVerhandl d. Deutsch. Physik. Gesellsch. 13. S.
874, 876. 1911; vergl. Elektrotechn. Zeitschr. 32. S. 1101.
1911., denen eine meiner damals patentierten Schaltungen zugrunde liegt.
Mit ganz einfachen, isoliert über Land gespannten Drähten statt der Antennen konnten
auf viele Hunderte von Kilometern Telegramme gegeben und sogar von Kanada über den atlantischen Ozean bis zu der nahe bei
Berlin liegenden Versuchsstelle Telegramme empfangen
werden. Wegen dieser hervorragend günstigen Ergebnisse mit meiner Schaltung mag
dieselbe hier etwas eingehender erörtert werden.
Meine betreffende Schaltung besteht in einem an zwei Stellen, die um eine halbe
Wellenlänge auseinanderliegen, geerdeten schwingungsfähigen Leiter, der in seiner
Mitte von einem Primärschwingungskreis aus erregt und der auf dessen Periode
abgestimmt wird, so daß elektrische Wellen entgegengesetzter Phase von beiden
Erdungen ausstrahlen. Der genannte Leiter hat in seiner Mitte irgend eine geeignete
Wechselstromquelle, z.B. eine Spule (Fig. 1), die
mit dem primären Schwingungskreis gekoppelt ist. In den Leiter können Kapazitäten
eingeschaltet werden, z.B. an seinen beiden Enden, die an die inneren Belegungen von
Kondensatoren angeschlossen sind, während deren äußere Belegungen geerdet werden.
Daher kann der ganze Leiter (Sender oder Empfänger), ausgenommen etwa die Erdungen,
ganz im Inneren eines Gebäudes, einer Festung, eines
Kriegsschiffs usw. angeordnet werden, wo er der Zerstörung am wenigsten
unterliegt.
Die Drahtleiterlängen zwischen den Erdungen und den Stromquellenpolen werden derart
gewählt, daß die von diesen Polen fortschreitenden Wellenzüge am Empfänger in
gleicher Phase ankommen. Dies geschieht, indem die von der Stromquelle in bestimmter
Länge erzeugten Wellen zur Ausmessung jener Drahtleiterlängen von der Stromquelle zu
den Erdplatten dienen. Es muß nämlich der Bedingung:
\frac{l'-l''}{\lambda}+\frac{x}{\lambda_1}=\frac{1}{2}
Genüge geleistet werden, wobei l'
und l'' die Drahtleiterlängen von der Stromquelle zu
den Erdplatten, x den Abstand der Erdplatten, λ die der Stromquellenperiode entsprechende Wellenlänge im Drahtleiter
gemessen und λ1 die
entsprechende Wellenlänge in der Erde gemessen bezeichnen.
Haben die beiden Erdungen genau den Abstand einer halben Wellenlänge
\frac{\lambda_1}{2}, so kommt die stärkste Ausbreitung der
Wellen in beiden Richtungen der Verbindungslinie beider Erdplatten nach außen
zustande. Verändert man umgekehrt bei einem gegebenen Leiter mit zwei Erdungen die
Wellenlänge unter gleichzeitiger Abstimmung des Leiters auf die geänderte Periode so
lange, bis man im Empfänger die größte Empfangsintensität bekommt, so stellt der
Abstand beider Erdungen eine halbe Wellenlänge
\frac{\lambda_1}{2} oder
(2\,n+1)\,\frac{\lambda_1}{2} dar. Aus dem Ergebnis kann also
die Frage gelöst werden, welche Fortpflanzungsgeschwindigkeit die längs der
Erdoberfläche sich ausbreitenden elektrischen Wellen besitzen, ob ihnen die
Fortpflanzungsgeschwindigkeit elektrischer Wellen in Luft zukommt oder diejenige im
Erdreich, im Wasser, das an die Atmosphäre grenzt, oder ob sich diese beiden
Fortpflanzungsgeschwindigkeiten gegenseitig bedingen?
Die elektrischen Brechungsexponenten der Erde sind längs der festen Erdoberfläche
stark, längs der Meeresoberfläche sehr wenig variabel. Daraus erklärt sich die
größere Reichweite der drahtlosen Telegraphie zur See als über Land, namentlich für
kürzere Wellen, die der Brechung und der Interferenz beim Durchgang durch
Erdschichten verschiedener elektrischer Brechungsexponenten mehr unterliegen
als längere Wellen. Die Hemmungen der Ausbreitung durch unebenes Terrain, durch
Berge müssen gleichfalls auf Brechungen in diesem ungleichartig verlaufenden und
ungleichmäßig beschaffenen Terrain und auf daraus entspringende Interferenzwirkungen
zurückgeführt werden. Besonders ist aber zu betonen, daß sich die Erreichung
größerer Reichweiten bei Nacht als bei Tage aus derselben Ursache erklären läßt (die
Erklärung durch Ionisierung der Luft hat ja bekanntlich in dieser Hinsicht versagt).
Die Sonne verändert nämlich durch ihre Bestrahlung die Temperaturen der
Luftschichten und damit bekanntlich nicht nur ihre akustischen und optischen,
sondern auch ihre elektrischen Brechungsexponenten. Diese Luftschichten wirken aber
auf die Ausbreitung der Wellen im Erdreich zurück, weil die Fortpflanzung der Wellen
von beiden leitenden Medien, vom Erdreich und von den über ihm gelagerten
Luftschichten, abhängig ist. Besonders bei Sonnenschein, bei wechselnder Bewölkung
entstehen benachbarte Luftsäulen ungleicher Temperatur; ferner werden bei Gewittern,
bei vorübergehenden Regenschauern Erdschichten bald trocken, bald wasserhaltig sein.
Aus solchen Ursachen müssen Aenderungen der elektrischen Brechungsexponenten und
daher neue Brechungen, also entsprechende Interferenzwirkungen zustande kommen, die
die Reichweite herabsetzen. Bei gleichmäßigen, über große Ländergebiete sich
erstreckenden Witterungsverhältnissen wird dagegen die größte Reichweite zu erwarten
sein.