Titel: | ÜBERBLICK ÜBER DIE GEBRÄUCHLICHSTEN FESTIGKEITS-PROBIERMASCHINEN. |
Autor: | W. Müller |
Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 162 |
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ÜBERBLICK ÜBER DIE GEBRÄUCHLICHSTEN
FESTIGKEITS-PROBIERMASCHINEN.
Von Dr.-Ing. W. Müller,
Breslau.
(Fortsetzung von S. 153 d. Bd.)
MUELLER: Ueberblick über die gebräulichsten
Festigkeits-Probiermaschinen.
Zerreißmaschinen.
Die Zerreißmaschinen sind im Maschinenbau die weitverbreitetsten
Festigkeitsprobiermaschinen.
Der Zugversuch, der neben dem Druckversuch die einfachste Untersuchung eines
Materials darstellt, steht wohl im Materialprüfungswesen an erster Stelle, da er zum
Unterschied vom Druckversuch die Güte des Materials einwandfreier feststellen läßt.
Hierzu kommt noch der, Umstand, daß die Beanspruchung durch Zug eine wesentlich
größere Rolle in der Festigkeitslehre spielt. Deshalb werden dem Druckversuch fast
nur solche Materialien ausgesetzt, die beim praktischen Gebrauch auch nur Druck
erleiden, wie z.B. Lagermetalle.
Die Zerreißmaschinen sind nun in den verschiedensten Formen konstruiert worden,
jedoch fast stets in Rücksicht auf andere Versuchsarten wie Druck, Biegung, Scherung
usw.
Die Maschinen können der Kraftmessung nach in zwei Hauptgruppen geteilt werden, und
zwar in solche
1. mit Gewichtsbelastung (Wage) und
2. mit Meßdose.
Textabbildung Bd. 327, S. 161
Fig. 8. 50 t Zerreißmaschine mit Reibungsvorgele von Schencka
Dehnungsmesser. b Schreibapparat. c Handkurbel.
Jede dieser Gruppen läßt sich gemäß ihrem Antrieb in mehrere Unterabteilungen
gliedern. Es mögen hier der Reihe nach die Maschinen mit Hand- und Riemenantrieb,
mit indirekt und direkt elektrischem Antrieb, mit hydraulischem Antrieb einer kurzen
Betrachtung unterzogen werden.
Maschinen mit Gewichtsbelastung
(Wage).
Die Maschinen mit Gewichtsbelastung sind zum Unterschied von den Meßdosenmaschinen
die ältere Maschinenart. Bei ihnen wird die Kraft, welche durch den Antrieb auf die
eine Seite des Probekörpers ausgeübt wird, auf der andern Seite durch mittelbaren
Angriff von Gewichten ausgeglichen. Da eine direkte Gewichtsbelastung zu große
Gewichte erfordern und damit unbequem würde, greift man zu dem Prinzip der Dezimalwage und läßt
entsprechend verminderte Gewichte auf ein Hebelsystem wirken, das seinerseits am
zweiten Ende des Probekörpers angreift. Meistens haben die Maschinen mit
Gewichtsbelastung ein Hebelsystem mit einem konstanten Laufgewicht. Dieses
Laufgewicht kann nun von Hand oder durch einen Elektromotor selbsttätig entsprechend
der Maschinenbelastung weiterbewegt werden. Bei beiden Antriebsarten ist jedoch
darauf zu achten, daß auf den Wagenhebel kein Moment ausgeübt wird.
Textabbildung Bd. 327, S. 162
Fig. 9. 50 t-Zerreißmaschine der M. A. N.
Textabbildung Bd. 327, S. 162
Fig. 10. Zerreißmaschine mit direkt elektrischem Antrieb von
Losenhausen.
Textabbildung Bd. 327, S. 162
Fig. 11. 50 t-Zerreißmaschine mit direkt elektrischem Antrieb der M. A.
N.
Fig. 8 zeigt eine 50 t-Maschine mit
Riemenantrieb durch ein Reibungsvorgelege der Maschinenfabrik
Karl Schenck, Darmstadt. Bei ihr ist das Reibrädergetriebe hinter dem
Wagenhebel auf der Grundplatte montiert und wird von der Decke her durch einen
Riemen angetrieben. Zur Erzielung von Geschwindigkeitsänderungen läßt sich das
getriebene Reibrad auf dem treibenden durch ein Kegelrädergetriebe verschieben. Auf
der Welle des getriebenen Reibrades sitzt eine Schnecke, welche ein im
Maschinensockel befindliches und bequem zugängliches Schraubenrad in Bewegung setzt,
dessen Nabe als Mutter für die Spindel ausgebildet ist. Das Ende der Spindel ist mit
seinem Einspannkopf seitwärts an den Maschinensäulen geführt. Die obere
Einspannklaue greift an einem Hebel an, der, auf dem Maschinenquerhaupt in Schneiden
montiert, an einem Ende durch ein Gegengewicht ausgeglichen ist und am anderen Ende
durch eine Stange an dem Laufgewichtshebel angreift. Die Bewegung des Laufgewichtes
geschieht durch ein Handrad, dessen Drehung durch ein Zahnradgetriebe auf die
Laufgewichtsspindel übertragen wird. Die jeweilige Belastung der Probe wird an der
Gleichgewichtsstellung des Laufgewichts auf der Skala des Wagenhebels direkt abgelesen. Außerdem
ist die Maschine mit Dehnungsmesser und Schreibapparat ausgerüstet.
Textabbildung Bd. 327, S. 163
Fig. 13a bis 13d. Vorrichtungen zu den Losenhausen-Maschinen. Fig. 13a.
Vorrichtung für Biegeversuche. – Fig. 13b. Vorrichtung für Druckversuche. Fig.
13c. Vorrichtung für Scherversuche. – Fig. 13d. Kugeldruckeinrichtung zur
Druckvorrichtung.
Fig. 9 stellt eine 50 t-Zerreißmaschine mit
Riemenantrieb der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg dar.
Ein wesentlicher Unterschied gegenüber der Maschine Fig.
8 besteht darin, daß das Reibungsrädervorgelege an die Decke verlegt ist.
Von hier aus wird die Maschine durch einen Riemen angetrieben, der auf eine
Riemenscheibe wirkt, welche ihrerseits die Schnecke in Bewegung setzt. Die Verlegung
des Rädergetriebes nach der Decke hat den Vorteil größerer Raumersparnis; es ist
jedoch damit eine geringere Uebersichtlichkeit des Antriebsorganes verbunden. Im
übrigen ist die Ausführung dieser Maschine ganz ähnlich der vorigen.
Textabbildung Bd. 327, S. 163
Fig. 14a und 14b. Vorrichtungen zu den M. A. N.-Maschinen. Fig. 14a.
Vorrichtung für Biegeversuche. Fig. 14b. Vorrichtung für Druckversuche.
Textabbildung Bd. 327, S. 163
Fig. 12. Zerreißmaschine mit hydraulischem Antrieb von Losenhausen.
Die Maschine Fig. 10 stellt schematisch eine
Anordnung mit direkt elektrischem Antrieb der Losenhausen
A.-G. dar. Hierbei ist statt des Reibungsvorgeleges ein Elektromotor direkt mit der
Schneckenwelle gekuppelt. Um die Vorschubgeschwindigkeit der Maschine in weiten
Grenzen genügend variieren zu können, ist dem Motor ein besonderer Anlaßwiderstand
beigegeben, der zum bequemen Bedienen vor dem Wagenhebel aufgestellt ist. Diese Maschine kann auch
mit Handantrieb versehen werden, in welchem Falle sie die punktiert eingezeichnete
Kurbel erhält.
Textabbildung Bd. 327, S. 164
Tafel I, Fig. 1 bis 17. Einspannvorrichtungen und Stabformen zu den
Losenhausen-Maschinen.
Während bei dieser Zerreißmaschine der Motor getrennt auf die gemeinsame
Fundamentplatte montiert ist, zeigt die Maschine (Fig.
11) der M. A. N. einen Flanschenmotor, der direkt an den Maschinensockel
durch einen Flansch angeschlossen ist. Es stellt diese Art der Ausführung ohne
Zweifel eine elegante Lösung des elektrischen Antriebes dar.
Als letzte Antriebsart dieser Maschinengattung möge noch der hydraulische Betrieb
betrachtet werden.
Der hydraulische Antrieb kommt hauptsächlich bei schweren Maschinen zur Anwendung,
trotzdem eignet er sich aber auch vortrefflich für leichtere Maschinen. Um die
vorher erwähnten Maschinen mit hydraulischem Antrieb auszurüsten, muß an Stelle
der Schraubenspindel und des Schraubenrades nunmehr der Preßzylinder treten.
Die schematisch dargestellte Maschine (Fig. 12) wird
von der Losenhausen A.-G. gebaut. Als Antriebsmittel
dient eine Pumpe. Wie eingangs erwähnt, bedürfen die hydraulischen Maschinen einer
sorgfältigen Behandlung, wofür sich dann aber auch der Betrieb ohne Anstände
gestaltet.
In den Fig.
13 sind VorrichtungenVorrichtungnn für Biege-, Druck- und Scherversuche abgebildet, welche leicht in die Losenhausen-Maschinen eingebaut werden können. Die Biege-
und Druckvorrichtung besteht aus einer Traverse, gegen die sich der Probekörper
legt; die Traverse ist durch zwei Zugstangen mit der oberen Einspannung verbunden,
während das Druckstück resp. die Druckplatte an der unteren Einspannung befestigt
ist. Die Schervorrichtung dürfte sich aus der Figur ergeben.
Auf ähnliche Weise wie die Losenhausen-Maschinen
können auch diejenigen der M. A. N. zu Biege- und Druckversuchen herangezogen
werden. Zu diesem Zweck werden die Maschinen, um den lästigen Umbau möglichst zu
vermeiden, mit der in Fig. 14 dargestellten
Einrichtung versehen. Hierin ist der Biegebalken zugleich als Einspannkopf
ausgebildet und bleibt demgemäß stets in der Maschine. Soll ein Biege- oder
Druckversuch ausgeführt werden, so sind auf diese Weise nur die seitlichen Laschen
für die Einspannvorrichtungen einzubauen. Der Biegebalken ist so eingerichtet, daß
je nach Probengröße die Entfernung der Seitenlaschen geändert werden kann.
In Taf. I (Fig.
1 bis 17) sind einige Stabformen und Einspannvorrichtungen der Losenhausen A.-G. veranschaulicht, wie sie sich für
Drähte, flache und runde Stäbe, Hanfseile, Ketten und Betonkörper als zweckmäßig
erwiesen haben.
(Fortsetzung folgt.)