Titel: | ÜBER DAS AUSKNICKEN STABFÖRMIGER KÖRPER. |
Autor: | Otto Mies |
Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 198 |
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ÜBER DAS AUSKNICKEN STABFÖRMIGER
KÖRPER.
Von Otto Mies,
Charlottenburg.
(Fortsetzung von S. 181 d. Bd.)
MIES: Ueber das Ausknicken stabförmiger Körper.
4. Bisher war von der Knickung eines Stabes die Rede, an dessen Enden je eine
Druckkraft angreift, dessen Achsenendpunkte auf einer Geraden frei verschieblich
sind und dessen Querschnitte gleiches Trägheitsmoment besitzen. Es fragt sich nun,
wie der Gleichgewichtszustand eines Stabes zu untersuchen ist, der in einer
beliebigen Anzahl von Punkten durch achsial gerichtete Kräfte so belastet ist, daß
in allen Querschnitten Druckspannungen herrschen, von dem beliebig viele Punkte in
gemeinsamer Geraden verschieblich gelagert sind, gleichgültig, ob dort die Stabachse
gezwungen ist, ihre ursprüngliche Richtung beizubehalten oder nicht, und der sich
aus einer beliebigen endlichen Anzahl von Teilen zusammensetzt, deren Querschnitte
verschiedene Trägheitsmomente besitzen.Vergl.
Wittenbauer, Die Knicklast mehrfach
befestigter Stäbe, Zeitschr. d. Vereins deutsch. Ing. 1902, S. 501. Desgl.
Die Verallgemeinerung der Eulerschen Knicklast,
Zeitschrift d. Vereins deutsch. Ing. 1903, S. 245. Dondorf, Die Knickfestigkeit des geraden Stabes... 1907, Diss.
Aachen.
Es sei zunächst vorausgesetzt, daß die Kräfte in der ursprünglichen Stabachse wirken.
Dann kann nirgendwo eine zur Stabachse senkrechte Kraft auftreten. Die elastische
Linie des Stabes setzt sich aus einer Anzahl von Aesten zusammen, von denen jeder
für einen Stabteil gültig ist, auf dessen Länge der Ausdruck
m=\frac{P}{E\,J} konstant ist, unter P die auf jeden Querschnitt des Stabteiles wirkende Druckkraft verstanden.
Jeder dieser Aeste der elastischen Linie ist dargestellt durch eine Gleichung von
der Form
y=\frakfamily{A}\,\mbox{sin}\,\sqrt{m}\,x+\frakfamily{B}\,\mbox{cos}\,\sqrt{m}\,x.
s. Gleichung 3, S. 177.
Besitzt die elastische Linie des Stabes n Aeste, so sind
in deren Gleichungen 2 n Integrationskonstanten
\frakfamily{A} und \frakfamily{B}
enthalten. Die an den Auflagerstellen sowie zwischen zwei benachbarten Aesten zu
erfüllenden Grenzbedingungen liefern ein System von linearen Gleichungen für die
Integrationskonstanten, deren Koeffizienten Funktionen der den Stab belastenden
Kräfte darstellen. Im vorliegenden Falle sind die Gleichungen homogen, da die
Gleichungen der einzelnen Aeste der elastischen Linie keine von den Unbekannten
freie Glieder enthalten. Sie sind also für alle Werte der Koeffizienten erfüllt,
wenn sämtliche Integrationskonstante gleichzeitig gleich Null sind, d.h. wenn der
Stab gerade ist; oder aber für beliebige Werte der Integrationskonstanten, d.h. bei
beliebiger Verbiegung des Stabes, wenn die aus den Koeffizienten gebildete
Determinante N = 0. Da die Koeffizienten Funktionen der
am Stabe angreifenden Druckkräfte sind, stellt die Gleichung N = 0 eine Beziehung zwischen diesen Kräften dar. Für jedes System von
Kräften, welches diese Gleichung befriedigt, sind die Größen der Durchbiegungen des
Stabes beliebig, d.h. der Stab befindet sich unter Wirkung eines solchen
Kräftesystems im indifferenten Gleichgewicht. Bei einem Kräftesystem, welches die
Bedingung N = 0 nicht befriedigt, ist das Gleichgewicht
des Stabes im geraden Zustande entweder stabil oder labil, und zwar im allgemeinen
stabil, wenn irgend eine der Kräfte kleiner ist als diejenige, welche im Verein mit
den übrigen die Gleichung N = 0 erfüllen würde, labil,
wenn sie größer ist. Die Gleichung N = 0 kann man
demnach als die Knickbedingung bezeichnen. Sie läßt sich in jedem Belastungs- und
Lagerungsfalle mit geringer Mühe anschreiben.
5. Fallen die Wirkungslinien der Kräfte nicht mit der ursprünglichen Stabachse
zusammen, sondern bilden sie kleine Winkel φ mit
derselben, oder besitzen sie ihr gegenüber kleine Exzentrizitäten e, so wirken an den Belastungs- und Auflagerstellen
auch Kräfte senkrecht zur Stabachse, deren Größen von e
und φ abhängig sind. Die elastische Linie setzt sich in
diesem Falle aus so viel Aesten zusammen, als Stabteile vorhanden sind, die keine
Unstetigkeiten in Belastung und Querschnittsform aufweisen. Die Gleichung eines
jeden dieser Aeste der elastischen Linie hat, wenn wieder
m=\frac{P}{E\,J} gesetzt wird, die Form
y=\frakfamily{A}\,\mbox{sin}\,\sqrt{m}\,x+\frakfamily{B}\,\mbox{cos}\,\sqrt{m}\,x+\frac{S}{P}\,(s+x),
wo S die Querkraft des
Querschnittes mit der Abszisse x bedeutet und s + x
deren Hebelarm, also s deren Abstand von der Stelle x = 0. Die Querkräfte S sind abhängig von der Größe der Druckkräfte P, der Lage ihrer Angriffspunkte und den
Exzentrizitäten bezw. Winkelneigungen φ. Wenn die
Gleichgewichtsbedingungen zur Bestimmung der Querkräfte S und ihrer Hebelarme s nicht ausreichen,
sind in den Gleichungen der einzelnen Aeste der elastischen Linie außer den
Integrationskonstanten \frakfamily{A} und
\frakfamily{B} noch andere Unbekannte enthalten.
Zur Bestimmung sämtlicher Unbekannten läßt sich mit Hilfe der Grenzbedingungen stets
eine genügende Anzahl von Gleichungen aufstellen. Diese bilden dann ein System homogener
linearer Gleichungen, wenn sämtliche Exzentrizitäten e
und sämtliche Winkel φ nicht konstante Werte besitzen,
sondern vom Durchbiegungszustand abhängig sind. Das ist z.B. der Fall, wenn die
Kräfte ursprünglich in der Stabachse wirken, sich aber bei der Durchbiegung des
Stabes so verschieben, daß ihr Angriffspunkt auf der Stabachse bleibt, oder ihre
Richtung so ändern, daß dieselbe stets parallel zur Tangente an die Stabachse
bleibt. Bezeichnet man die Determinante aus den Koeffizienten der Unbekannten der
aufgestellten Gleichungen mit N, so ist auch hier N = 0
die Knickbedingung.
Textabbildung Bd. 327, S. 198
Fig. 5.
Sind jedoch die Exzentrizitäten e oder die Winkel φ zum Teil oder insgesamt konstant, d.h. von der
Durchbiegung unabhängig, so besitzen die aus den Grenzbedingungen gewonnenen
Gleichungen von Unbekannten freie Glieder, d.h. sie sind nicht mehr homogen.
Dasselbe ist der Fall, wenn auf den Stab noch irgendwelche konstante Kräfte
senkrecht zur Achse wirken. Durch das gleichzeitige Verschwinden sämtlicher
Unbekannten werden die Gleichungen jetzt nicht mehr befriedigt, d.h. ein
Gleichgewichtszustand des Stabes bei gerader Stabachse ist nicht mehr vorhanden, der
Stab beginnt vielmehr sich bei der geringsten Belastung zu krümmen. Die zwischen
Durchbiegungen und Belastungen bestehenden Beziehungen lassen sich stets durch
Auflösen der aufgestellten Gleichungen bestimmen. In allen Fällen ergeben sich aus
der Rechnung unendlich große Werte für die Unbekannten, d.h. unendlich große
Durchbiegungen, wenn die Determinante N aus den
Koeffizienten der Unbekannten gleich Null ist. Wenn auch diese Lösung der
Gleichungen keine physikalische Bedeutung hat,Vergl. Artikel 3. so hat man damit doch ein System von
Belastungen gekennzeichnet, das für den Stab unbedingt gefährlich ist. Dieses System
ist von den konstanten Werten der Exzentrizitäten e,
der Winkelneigungen φ und der zur Achse senkrecht
wirkenden Kräfte unabhängig, es ist, wie sich leicht einsehen läßt, dasselbe, bei
welchem für genau zentrisch wirkende Belastung der Gleichgewichtszustand des geraden
Stabes indifferent wird.
Es zeigt sich also, daß der Einfluß von Abweichungen der Kraftrichtungen von der
ursprünglichen Stabachse in diesem allgemeinen Belastungsfalle derselbe ist, wie er
im Artikel 3 für den Spezialfall des nur an den Enden belasteten Stabes geschildert
ist.
6. Zur Erläuterung der beiden letzten Artikel mögen einige einfache Beispiele hier
Platz finden:
a. Ein Stab sei durch zwei Kräfte P belastet, deren
Wirkungslinie in die ursprüngliche Stabachse fällt (Fig. 5). Die Enden der Stabachse A und B seien drehbar und verschieblich auf einer festen
Geraden gelagert. Die eine der Kräfte P greife an einem
Stabende an, die andere an einem Punkte C der
ursprünglichen Stabachse, so daß an dieser Stelle auf den Stabquerschnitt eine
Druckkraft und ein der Durchbiegung proportionales Biegungsmoment übertragen wird.
Das in Frage kommende Hauptträgheitsmoment des Stabquerschnittes auf dem Teil a sei mit Ja, das auf dem Teil b
mit Jb bezeichnet. Alle
übrigen Bezeichnungen sind aus der Figur zu entnehmen. Es soll die Knickbedingung
gesucht werden. Die elastische Linie des Stabes setzt sich aus zwei Aesten zusammen,
von denen sich der eine über den Teil a, der andere
über den Teil b erstreckt. Die Differentialgleichungen
der beiden Aeste lauten
E\,J_a\,\frac{d^2\,y_a}{d\,{x_a}^2}=-P\,y_a
E\,J_b\,\frac{d^2\,y_b}{d\,{x_b}^2}=0
Textabbildung Bd. 327, S. 198
Fig. 6.
Durch Integration folgt mit
m=\frac{P}{E\,J_a} . . . . 8)
y_a=\frakfamily{A}_a\,\mbox{sin}\,\sqrt{m}\,x_a+\frakfamily{B}_a\,\mbox{cos}\,\sqrt{m}\,x_a
y_b=\frakfamily{A}_b\,x_b+\frakfamily{B}_b,
als Gleichungen der elastischen Linie, deren
Integrationskonstante \frakfamily{A} und
\frakfamily{B} sich aus den Grenzbedingungen
ya bezw. yb = 0
für xa bezw. xb = 0
ya = yb
und \frac{d\,y_a}{d\,x_a}=-\frac{d\,y_b}{d\,x_b}
„ xa = a und xb = b
bestimmen. Es finden sich die Gleichungen
\frakfamily{B}_a=0
\frakfamily{B}_b=0
A_a\,\mbox{sin}\,\sqrt{m}\,a
-\frakfamily{A}_b\,b=0
A_a\,\sqrt{m}\,\mbox{cos}\,\sqrt{m}\,a
+\frakfamily{A}_b=0
Bezeichnet man die Knickkraft mit Pk und setzt entsprechend Gleichung 8
m=\frac{P_k}{E\,J_a} . . . . 8a)
so ergibt sich die Knickbedingung als die Nenner-Determinante
des homogenen Gleichungspaares
\left|\begin{matrix}\mbox{sin}\,\sqrt{m}\,a\ \ \ \
&-b\\\sqrt{m}\,\mbox{cos}\sqrt{m}\,a&1 \end{matrix}\right|=0 .
. . . 9)
Dieselbe stellt eine transzendente Gleichung zur Bestimmung
von \frakfamily{m} bezw. Pk dar.
b. Die Belastung des Stabes sei jetzt in der Weise abgeändert, daß (Fig. 6) die bei C
angreifende Kraft P einen konstanten Hebelarm e gegenüber der ursprünglichen Stabachse besitze, und
daß außerdem dort eine zur Stabachse senkrechte Kraft Q wirke. Die bei A und B auftretenden Auflagerkräfte haben dabei die in der
Figur eingeschriebene Größe. Für die beiden Aeste der elastischen Linie finden sich
aus den Differentialgleichungen
E\,J_a\,\frac{d^2\,y_a}{d\,{x_a}^2}=-P\,y_a+\left(P\,\frac{e}{l}-Q\,\frac{b}{l}\right)\,x_a
E\,J_b\,\frac{d^2\,y_b}{d\,{x_b}^2}=-\left(P\,\frac{e}{l}+Q\,\frac{a}{l}\right)\,x_b
die Gleichungen in endlicher Form
y_a=\frakfamily{A}_a\,\mbox{sin}\,\sqrt{m}\,x_a+\mbox{B}_a\,\mbox{cos}\,\sqrt{m}\,x_a+\left(\frac{e}{l}-\frac{Q}{P}\,\frac{b}{l}\right)\,x_a
y_b=-\left(P\,\frac{e}{l}+Q\,\frac{a}{l}\right)\,\frac{{x_b}^3}{6\,E\,J_b}+\frakfamily{A}_b\,x_b+\frakfamily{B}_b,
woraus sich mit Hilfe der für den Fall a angegebenen
Grenzbedingungen die Gleichungen
\frakfamily{A}_a\,\mbox{sin}\,\sqrt{m}\,a-\frakfamily{A}_b\,.\,b=-\left(P\,\frac{e}{l}+Q\,\frac{a}{l}\right)\,\frac{b^3}{6\,E\,J_b}-\left(\frac{e}{l}-\frac{Q}{P}\,\frac{b}{l}\right)\,a
\frakfamily{A}_a\,\sqrt{m}\,\mbox{cos}\,\sqrt{m}\,a+\frakfamily{A}_b=\left(P\,\frac{e}{l}+Q\,\frac{a}{l}\right)\,\frac{b^2}{2\,E\,J_b}-\left(\frac{e}{l}-\frac{Q}{P}\,\frac{b}{l}\right)
und unter Berücksichtigung der Gleichung 8a die Knickbedingung
Gleichung 9 ergibt. Die Knickbedingung hat sich demnach, wie in Artikel 5 allgemein
begründet ist, durch Einführung der konstanten Exzentrizität sowie der Kraft Q nicht geändert. Jedoch ergaben sich in diesem Falle
für die Knickkraft rechnungsmäßig unendlich große Durchbiegungen, während dieselben
im vorigen Fall unbestimmt blieben.
Textabbildung Bd. 327, S. 199
Fig. 7.
c. Die Anfangsbelastung sei die unter a behandelte, doch sei die Kraft genötigt,
ihren ursprünglichen Angriffspunkt auf der gebogenen Stabachse beizubehalten, also
die Verschiebung f des Angriffspunktes C mitzumachen (Fig. 7).
Die Differentialgleichungen der beiden Aeste der elastischen Linie lauten jetzt
E\,J_a\,\frac{d^2\,y_a}{d\,{x_a}^2}=-P\,y_a+P\,\frac{f}{l}\,x_a
E\,J_b\,\frac{d^2\,y_b}{d\,{x_b}^2}=-P\,\frac{f}{l}\,x_b
woraus durch Integration folgt
y_a=\frakfamily{A}_a\,\mbox{sin}\,\sqrt{m}\,x_a+\frakfamily{B}_a\,\mbox{cos}\,\sqrt{m}\,x_a+\frac{f}{l}\,x_a
y_b=-P\,\frac{f}{l}\,\frac{{x_b}^3}{6\,E\,J_b}+\frakfamily{A}_b\,x_b=\frakfamily{B}_b.
Mit den Grenzbedingungen,
ya = 0
bezw.
yb = 0
für
xa = 0
bezw.
xb = 0
ya = f
„
yb = f
„
xa = a
„
xb = b
\frac{d\,y_a}{d\,x_a}=-\frac{d\,y_b}{d\,x_b}
„
xa = a
„
xb = b
findet sich das Gleichungssystem
\frakfamily{A}_a\,\mbox{sin}\,\sqrt{m}\,a-f\,\frac{b}{l}=0
\frakfamily{A}_a\,\sqrt{m}\,\mbox{cos}\,\sqrt{m}\,a+\frakfamily{A}_b+f\,\frac{1}{l}\,\left(1-\frac{P}{E\,J_b}\,\frac{b^2}{2}\right)=0
\frakfamily{A}_b\,b-f\,\left(1+\frac{P}{E\,J_b}\,\frac{b^3}{6\,l}\right)=0
und daraus unter Berücksichtigung der Gleichung 8a die
Knickbedingung
\left|\begin{matrix}\mbox{sin}\,\sqrt{m}\,a\ \ \
&0&-\frac{b}{l}\ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \
\\\sqrt{m}\,\mbox{cos}\sqrt{m}\,a&1&\frac{1}{l}\,\left(1-\frac{P}{E\,J_b}\,\frac{b^2}{2}\right)\\0\
\ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \
&b&-\left(1+\frac{P}{E\,J_b}\,\frac{b^3}{6\,l}\right)
\end{matrix}\right|=0
oder nach einer einfachen Umrechnung
\left|\begin{matrix}\mbox{sin}\,\sqrt{m}\,a\ \ \ \
&-b\ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \
\\\sqrt{m}\,\mbox{cos}\sqrt{m}\,a&1+\frac{l}{b}-\frac{P}{E\,J_b}\,\frac{b^2}{3}\end{matrix}\right|=0
. . 10)
Textabbildung Bd. 327, S. 199
Fig. 8.
d. Die zwischen den Stützen angreifende Druckkraft sei jetzt genötigt, stets in
tangentialer Richtung an die elastische Linie zu wirken (Fig. 8). Der Winkel, den sie mit der ursprünglichen Stabachse bildet, sei
mit φ bezeichnet. Die in die Richtung der
ursprünglichen Stabachse fallende Komponente sei gleich P, dann ist die dazu senkrechte Komponente gleich P tg φ. Die bei A und B entstehenden Auflagerkräfte besitzen
die in Fig. 8 eingetragen Werte. Die Gleichungen der
beiden Aeste der elastischen Linien lauten jetzt
y_a=\frakfamily{A}_a\,\mbox{sin}\,\sqrt{m}\,x_a+\frakfamily{B}_a\,\mbox{cos}\,\sqrt{m}\,x_a+\left(\frac{f}{l}+\mbox{tg}\,\varphi\,\frac{b}{l}\right)\,x_a
y_b=\frac{P}{E\,J_b}\,\left(\frac{f}{l}-\mbox{tg}\,\varphi\,\frac{a}{l}\right)\,\frac{{x_b}^3}{6}+\frakfamily{A}_b\,x_b+\frakfamily{B}_b,
woraus mit den Grenzbedingungen
ya = 0
bezw.
yb = 0
für
xa = 0
bezw.
xb = 0
ya = f
„
yb = f
„
xa = a
„
xb = b
\frac{d\,y_a}{d\,x_a}=\mbox{tg}\,\varphi
„
\frac{d\,y_b}{d\,x_b}=-\frakfamily{tg}\,\varphi
„
xa = a
„
xb = b
folgt
\frakfamily{A}_a\,\mbox{sin}\,\sqrt{m}\,a-f\,\frac{b}{l}+\mbox{tg}\,\varphi\,\frac{a\,b}{l}=0
\frakfamily{A}_a\,\sqrt{m}\,\mbox{cos}\,\sqrt{m}\,a+\frac{f}{l}-\mbox{tg}\,\varphi\,\frac{a}{l}=0
\frakfamily{A}_b\,b-f\,\left(1-\frac{P}{E\,J_b}\,\frac{b^3}{6\,l}\right)-\mbox{tg}\,\varphi\,\frac{P}{E\,J_b}\,\frac{a\,b^3}{6\,l}=0
\frakfamily{A}_b+f\,\frac{P}{E\,J_b}\,\frac{b^2}{2\,l}-\mbox{tg}\,\varphi\,\left(1+\frac{P}{E\,J_b}\,\frac{a\,b^2}{2\,l}\right)=0,
so daß die Knickbedingung sich in folgender Form anschreiben
läßt:
\left|\begin{matrix}\mbox{sin}\,\sqrt{m}\,a\ \ \ \
&0-\frac{b}{l}\ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ &\frac{a\,b}{l}\ \ \ \ \ \ \
\ \ \ \ \ \ \ \\\sqrt{m}\,\mbox{cos}\sqrt{m}\,a&0-\frac{1}{l}\ \ \ \ \ \ \ \
\ \ \ \ \ \ \ &-\frac{a}{l}\ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \\0\ \ \ \ \ \
\ \ \ \ \ \
&b-\left(1-\frac{P}{E\,J_b}\,\frac{b^2}{6\,l}\right)&-\frac{P}{E\,J_b}\,\frac{a\,b^2}{6\,l}\
\ \ \ \ \ \ \ \ \\0\ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \
&1-\frac{P}{E\,J_b}\,\frac{b^2}{2\,l}\ \ \ \ \ \ \ \
&-\left(1+\frac{P}{E\,J_b}\,\frac{a\,b^2}{2\,l}\right)\end{matrix}\right|=0
Durch Addition der mit \frac{1}{a}
multiplizierten letzten Kolonne zur vorletzten findet sich
\left|\begin{matrix}\mbox{sin}\,\sqrt{m}\,a\ \ \ \
&-b\\\sqrt{m}\,\mbox{cos}\sqrt{m}\,a&1\end{matrix}\right|=0
d.h. dieselbe Knickbedingung wie im Fall a.
Textabbildung Bd. 327, S. 200
Fig. 9.
e. Es sei endlich angenommen, daß die Druckkraft stets durch den Punkt C gehe, daß ihre Richtung aber parallel zur Tangente an
die elastische Linie in ihrem ursprünglichen Angriffspunkt bleibe (Fig. 9). Dann ergeben sich mit den in die Figur
eingetragenen Werten der Kräfte die Gleichungen der beiden Aeste der elastischen
Linie
y_a=\frakfamily{A}_a\,\mbox{sin}\,\sqrt{m}\,x_a+\frakfamily{B}_a\,\mbox{cos}\,\sqrt{m}\,x_a+\mbox{tg}\,\varphi\,\frac{b}{l}\,x_a
y_b=\frac{P}{E\,J_b}\,\mbox{tg}\,\varphi\,\frac{a}{l}\,\frac{{x_b}^3}{6}+\frakfamily{A}_b\,x_b+\frakfamily{B}_b.
Hierzu kommen die Grenzbedingungen
ya = 0
bezw.
yb = 0
für
xa = 0
bezw.
xb = 0
ya = yb
„
xa = a
und
xb = b
\frac{d\,y_a}{d\,x_a}=\mbox{tg}\,\varphi
„
\frac{d\,y_b}{d\,x_b}=-\mbox{tg}\,\varphi
„
xa = a
bezw
xb = b
welche folgendes Gleichungssystem liefern
\frakfamily{A}_a\,\mbox{sin}\,\sqrt{m}\,a-\frakfamily{A}_b\,b+\mbox{tg}\,\varphi\,\left(\frac{a\,b}{l}-\frac{P}{E\,J_b}\,\frac{a\,b^3}{l\,6}\right)=0
\frakfamily{A}_a\,\sqrt{m}\,\mbox{cos}\,\sqrt{m}\,a-\mbox{tg}\,\varphi\,\frac{a}{l}=0
\frakfamily{A}_b+\mbox{tg}\,\varphi\,\left(1+\frac{P}{E\,J_b}\,\frac{a\,b^2}{l\,.\,2}\right)=0,
so daß die Knickbedingung lautet:
\left|\begin{matrix}\mbox{sin}\,\sqrt{m}\,a\ \ \ \
&-b&\frac{a\,b}{l}\,\left(1-\frac\{P}{E\,J_b}\,\frac{b^2}{6}right)\\\sqrt{m}\,\mbox{cos}\sqrt{m}\,a&0&-\frac{a}{l}\
\ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \\0\ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \
&1&1+\frac{P}{E\,J_b}\,\frac{a\,b^2}{2\,l}\ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \
\end{matrix}\right|=0
Daraus findet sich durch Addition der mit b multiplizierten dritten Zeile zur ersten
\left|\begin{matrix}\mbox{sin}\,\sqrt{m}\,a\ \ \ \
&b\,\left(1+\frac{l}{a}+\frac{P}{E\,J_b}\,\frac{b^2}{3}\right)\\\sqrt{m}\,\mbox{cos}\sqrt{m}\,a&-1\
\ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \ \end{matrix}\right|=0 . . .
. 11)
Um aus den gefundenen Knickbedingungen die Knickkräfte zu ermitteln, setze man
√m a = ϕ . . . . . . 12)
oder gemäß Gleichung 8a
P_k=\varphi^2\,\frac{E\,J_a}{a^2} . . . 12a)
und löse die durch die Knickbedingungen dargestellten
transzendenten Gleichungen nach φ auf. Man erhält
demnach für die Knickkräfte stets Beziehungen von der Form der Gleichung 12a, welche
als allgemeiner Fall die sogen. Eulerschen Fälle in sich
schließt.
f. Zum Schluß sei noch ein Beispiel behandelt, bei dem drei Kräfte auf den Stab
wirken. Fig. 10 kennzeichnet die Art der Belastung
und Lagerung des Stabes. Auf dem Stabteil c sei das
Trägheitsmoment wie auf dem Stabteil b gleich Jb. Die elastische
Linie setzt sich aus drei Aesten zusammen, deren Differentialgleichungen lauten
E\,J_a\,\frac{d^2\,y_a}{d\,{x_a}^2}=-P\,y_a
E\,J_b\,\frac{d^2\,y_b}{d\,{x_b}^2}=-P_2\,y_b
E\,J_b\,\frac{d^2\,y_c}{d\,{x_c}^2}=-P_2\,y_c
woraus nach Integration mit
\left{{m=\frac{P}{E\,J_a}}\atop{n=\frac{P_2}{E\,J_b}}}\right\}\ .\ .\
.\ .\ 13)
folgt
y_a=\frakfamily{A}_a\,\mbox{sin}\,\sqrt{m}\,x_a+\frakfamily{B}_a\,\mbox{cos}\,\sqrt{m}\,x_a
y_b=\frakfamily{A}_b\,\mbox{sin}\,\sqrt{n}\,x_b+\frakfamily{B}_b\,\mbox{cos}\,\sqrt{n}\,x_b
y_c=\frakfamily{A}_c\,\mbox{sin}\,\sqrt{n}\,x_c+\frakfamily{B}_c\,\mbox{cos}\,\sqrt{n}\,x_c.
Daraus finden sich mit Hilfe der Grenzbedingungen
ya = 0 bezw. yb = 0 bezw. yc = 0
für xa = 0 bezw.
xb = 0 bezw. xc = 0
ya = yb
für
xa = a
und
xb = b
\frac{d\,y_a}{d\,x_a}=-\frac{d\,y_b}{d\,x_b}
„
xa = a
„
xb = b
\frac{d\,y_b}{d\,x_b}=\frac{d\,y_c}{d\,x_c}
„
xb = 0
„
xc = 0,
Textabbildung Bd. 327, S. 200
Fig. 10.
die Gleichungen
\frakfamily{A}_a\,\mbox{sin}\,\sqrt{m}\,a-\frakfamily{A}_b\,\mbox{sin}\,\sqrt{n}\,b=0
\frakfamily{A}_a\,\sqrt{m}\,\mbox{cos}\,\sqrt{m}\,a+\frakfamily{A}_b\,\sqrt{n}\,\mbox{cos}\,\sqrt{n}\,b=0
\frakfamily{A}_b-\frakfamily{A}_e=0
Kennzeichnet man die die Knickung herbeiführenden Kräfte durch den Index k und setzt entsprechend den Gleichungen 13
\left{{m=\frac{P_k}{E\,J_a}}\atop{n=\frac{P_{2k}}{E\,J_b}}}\right\}\
.\ .\ .\ 13\mbox{a})
so ergibt sich die Knickbedingung
\left|\begin{matrix}\mbox{sin}\,\sqrt{m}\,a\ \ \ \
&-\mbox{sin}\,\sqrt{n}\,b\ \ \
\\\sqrt{m}\,\mbox{cos}\sqrt{m}\,a&\sqrt{n}\,\mbox{cos}\,\sqrt{n}\,b\end{matrix}\right|=0
. . . 14)
Zur Auflösung setze man
\sqrt{\frakfamily{m}\,a=\varphi und
\sqrt{\frakfamily{n}}\,b=\psi . . . 15)
und entsprechend Gleichung 13a
P_k=\varphi^2\,\frac{E\,J_2}{a^2} und
P_{2k}=\varphi^2\,\frac{E\,J_b}{b^2} . . . 15a)
so daß sich als Gleichung zur Bestimmung zusammengehöriger
Werte von φ und ψ
ergibt
\left|\begin{matrix}\mbox{sin}\,\varphi\ \ \ \
&-\mbox{sin}\,\phi\ \
\\\varphi\,\mbox{cos}\,\varphi&\frac{a}{b}\,\phi\,\mbox{cos}\,\phi\end{matrix}\right|=0
. . . . 16)
(Schluß folgt.)