Titel: | POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU. |
Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 205 |
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POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU.
Polytechnische Rundschau.
Textabbildung Bd. 327, S. 205
Fig. 1. Preßluft-Kniehebel-Nietmaschine von 2500 mm Ausladung mit Blechschluß
Vorrichtung.
Textabbildung Bd. 327, S. 205
Fig. 2. Spezial-Kniehebel-Nietmaschine für Eisenkonstruktionen. Die Maschine
läuft in einem Ring mit drei Rädern und ist außerordentlich beweglich.
Dampfdichte Nietung mit Druckluft-Maschinen. Die
Einführung des mechanischen Nietverfahrens macht erhebliche Fortschritte. Nicht nur
schaffen die Staatsbetriebe fortgesetzt unter Ausschaltung der langsamen und weit
weniger verläßlichen Handnietung weitere mechanische Nietmittel an, sondern auch die
einschlägigen Industriewerke sehen sich durch den immer schärfer werdenden
Konkurrenzkampf geradezu gezwungen, ihre Arbeitsmethoden der Neuzeit anzupassen und
rationeller zu gestalten, indem sie für wirkungsvollen Ersatz der Handarbeit bemüht
sind. Hierbei machen sich nun die hydraulischen, elektrischen und pneumatischen
Nietmaschinen den Vorrang streitig. Am meisten benachteiligt sind die hydraulischen
Maschinen, wenn die Bewegungsmöglichkeit resp. die Transportfähigkeit in Betracht
gezogen wird. Die elektrischen Maschinen sind, obgleich sie schon etliche Jahre auf
dem Markt sind, doch noch zu wenig eingeführt, um ein vollgültiges Urteil
fällen zu können. Sie kommen also noch nicht als ernstlicher Rivale mit in Betracht,
obschon nicht abzustreiten ist, daß hier und dort gute Erfolge mit ihnen zu
verzeichnen waren. Es konkurrieren demnach zurzeit immer noch die hydraulische und
die pneumatische Arbeitsweise miteinander. Das Jahre hindurch gegen die
Preßluftmaschinen gerichtete Vorurteil, daß ihre Nietarbeit hinsichtlich der Dichte
und Gleichmäßigkeit hinter der hydraulischen weit zurückbleibe, beginnt endlich
rapide zu schwinden. Auch seitens der Dampfkessel-Revisionsvereine, die doch
gewissermaßen als kompetent, jedenfalls aber doch als unparteiisch angesehen werden
können, wird ohne weiteres zugegeben, daß nach den gemachten Erfahrungen die
pneumatisch genieteten Kessel den mit hydraulischen Maschinen fertiggestellten in
keiner Weise nachstehen und Beanstandungen in neuerer Zeit, nachdem die
pneumatischen Nietmittel die nötigen Verbesserungen erfahren haben, in keinem Falle
konstatiert werden konnten.
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Fig. 3. Fahrbare Kniehebel-Nietmaschine von 500 mm Ausladung, für einen
besonderen Zweck verschiebbar und drehbar ausgeführt.
Die Vorteile des Druckluftbetriebes sind schon oftmals hervorgehoben worden. Sie
resultieren aus der Vielseitigkeit des pneumatischen Triebmittels, das außer zum
Nieten auch mit denkbar größtem Nutzeffekt zum Bohren, Aufreiben, Gewindeschneiden,
Siederohrbördeln, Verstemmen, Meißeln, Kesselsteinklopfen, Stampfen, für
Zylinder-Hebezeuge, Winden, Flaschenzüge und noch für alle möglichen sonstigen
Arbeiten herangezogen werden kann. Mithin ist die Rentabilität einer Druckluftanlage
in keinem einzigen Falle in Frage gestellt, während sich beispielsweise eine
hydraulische Anlage bei weitem nicht für jeden Betrieb rentieren kann.
Von eminenter Wichtigkeit ist aber die vorzügliche Bewegungsmöglichkeit der
pneumatischen Maschinen. Diesem Umstand verdankt das pneumatische Nietverfahren
unstreitig einen großen Teil seiner Erfolge. Selbst Maschinen mit 3 m
Bügelausladung, für 32 er Niete geeignet, werden noch mit der sogen.
Universal-Aufhängung ausgerüstet, die es möglich macht, die Maschine in jedem Winkel
und in jeder Lage zu gebrauchen.
Hierzu kommt, daß die Handhabung der pneumatischen Nietmaschinen so einfach ist, daß
sie jedermann überlassen werden kann. Das pneumatische Triebmittel ist bekanntlich
das gefahrloseste; Unglücksfälle sind vollkommen ausgeschlossen. Ein einziger Hebel
betätigt die Maschine, an der nichts verdorben werden kann, wenn selbst
vorschriftswidrig oder gewissenlos damit gearbeitet wird.
Der geringe Betriebsdruck von 6½ bis 7 at spielt hierbei auch eine Rolle gegenüber
dem hohen Preßdruck der hydraulischen Maschinen, zu deren Nachteilen auch noch die
Unsauberkeit hinzukommt. Es dürfte wahrlich schwer fallen, heute noch irgendwelche
Nachteile des pneumatischen Verfahrens gegenüber dem hydraulischen heraussuchen zu
wollen. Es sollen aber andererseits die Verdienste der Preßwassermaschinen absolut
nicht geschmälert werden, wenn eine Transportfähigkeit unnütz ist, und wenn es sich
um Betriebe handelt, die für sonstige Preßluftwerkzeuge durchaus keine Verwendung
haben.
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Fig. 4. Preßluft-Kniehebel-Nietmaschine von 120 t Enddruck mit
Universal-Aufhängung für Kesselniete bis 35 mm Durchmesser. Bügelausladung 1650
mm.
Es verdient erwähnt zu werden, daß die Kniehebelmaschinen der Deutschen Niles-Werkzeugmaschinen-Fabrik, Oberschöneweide-Berlin, in
erstaunlich kurzer Zeit eine außerordentliche Verbreitung gefunden haben. Diese
Maschinen haben in allen Fällen bewiesen, daß es wirklich möglich ist, auf
pneumatischem Wege einwandfreie, dampfdichte Niete zu pressen. Es mag aber an dieser
Stelle erwähnt werden, daß manchmal, wenn es sich um neueingeführte Maschinen
handelt, in der ersten Zeit die Resultate hinter den Erwartungen zurückbleiben. Die
Gründe hierfür sind folgende: Bei den pneumatischen Kesselnietungen muß darauf
geachtet werden, daß der Döpper resp. der Druckkolben ganz exakt eingestellt wird,
so daß der Kniehebel bei vollem Druck eben über den toten Punkt hinübergleitet. Nur
dann ist Gewähr vorhanden für volle Druckwirkung, für vollkommenes Anpressen der
Platten, ohne die bei pneumatischen Maschinen nur für Spezialarbeiten nötige
Blechschlußvorrichtung und für vollkommenes Ausfüllen des Nietloches. Wird diese
Vorschrift nicht beachtet, so wird wohl der Nietkopf ebenfalls dicht gequetscht,
aber es fehlt dennoch die Sicherheit für absolute Festigkeit der Nietverbindung.
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Fig. 5. Dampfkessel von 12000 mm Länge und 2400 mm Durchmesser, Dampfdruck 10
at, Heizfläche 120 qm, genietet mit einer „Niles“-Nietmaschine von 2 m
Ausladung.
Es herrscht in dieser Beziehung in der Tat noch eine gewisse Verständnislosigkeit;
denn es ist noch nicht als ausreichend anzusehen, wenn der Niet überhaupt gedrückt
wird, sondern es kommt darauf an, wie er gedrückt wird! Auf mangelhafte Sorgfalt bei
der Handhabung der pneumatischen Maschinen sind zweifelsohne die noch in manchen
Kreisen zu findenden Ansichten von der geringeren Güte der pneumatischen Nietung
gegenüber der hydraulischen zurückzuführen. Und doch sind die gegebenen
Vorschriften so unglaublich einfach, daß ihre Beachtung wirklich keine
Schwierigkeiten bereiten dürfte.
Es muß noch hervorgehoben werden, daß eine pneumatische Anlage selbst für kleine
Betriebe sich als nutzbringend erweist und für solche die einzige Möglichkeit
darstellt, den schweren Konkurrenzkampf gegen die großen, mit allen Finessen
eingerichteten Werke heute noch mit sicherem Erfolg aufzunehmen.
Einige bemerkenswerte Darstellungen von Preßluft-Nietmaschinen und ihrer Verwendung
sind in den Fig. 1 bis 5 enthalten.