Titel: | DER ANTRIEB DER KRIEGSSCHIFFE. |
Autor: | Züblin, Steglitz |
Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 225 |
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DER ANTRIEB DER KRIEGSSCHIFFE.
Von Züblin, Steglitz.
ZÜBLIN: Der Antrieb der
Kriegsschiffe.
Inhaltsübersicht.
Es wird die Ansicht eines französischen Offiziers über die jetzt
in Frage stehenden Maschinen arten zum Antrieb der Kriegsschiffe wiedergegeben. In
dem Artikel werden hauptsächlich die Verhältnisse in der französischen Marine
berücksichtigt und wertvolle Angaben über die dort gewonnenen Erfahrungen
gemacht.
––––––––––
Ueber dieses immer noch aktuelle Thema veröffentlicht ein französischer
Marineoffizier einen längeren Artikel in: La technique moderne, aus dessen
interessanten Inhalt folgendes wiedergegeben sei:
Die Ausrüstung und Panzerung der modernen Panzerschiffe geschieht nach nahezu
einheitlichen Gesichtspunkten, die im Einklang sowohl mit den Forderungen der
Schiffsoffiziere als auch mit denjenigen der Konstrukteure der Geschütze und Schiffe
stehen. Im Gegensatz hierzu ist man von der endgültigen Lösung der verschiedenen
Fragen, die sich auf den Antrieb der Dreadnoughts beziehen, noch weit entfernt, am
meisten in der französischen Marine. Diese Fragen sind allerdings zahlreich und
verwickelt und bieten sich nicht in der klaren und exakten Weise dar wie z.B. die
Wahl eines Geschützkalibers oder der Panzerstärke. Die Lösung führt zu einem
Kompromiß zwischen den vielen, oft entgegengesetzten Forderungen der angenommenen
Marinetaktik, der technischen Eigenschaften des Propellers, der natürlichen und
industriellen Quellen des Landes und sogar der öffentlichen Meinung, deren Vertrauen
man selbst unter finanziellen Opfern gewinnen muß. Das französische Volk scheint das
Problem des Antriebs der Kriegsschiffe wie folgt gelöst zu haben: „Die Parsons-Schiffsturbinen sind gut; denn die englische
Marine und die großen Reedereien verwenden sie ausschließlich. Es ist daher
wichtig, daß wir auch so handeln, denn solche Autoritäten werden ohne genügende
Gründe sich nicht hierzu entschließen. Unsere Kriegsschiffe würden sonst
offenbar minderwertiger sein als diejenigen unserer Nachbarn“.
Die französischen Konstrukteure müssen nach dem Stapellauf der 18000 t-Linienschiffe
vom Typ Voltaire & Condorcet derselben Ansicht gewesen sein, denn in jener Zeit ist ein
einziges Torpedoboot von 84 t, Nr. 293, mit Parsons-Turbinen ausgestattet worden. In bezug auf die Konstruktion der
Schiffsmaschinen wiegen selbst die zuverlässigsten Erkundigungen nicht die selbst
gemachten täglichen Erfahrungen auf. Die äußerste Einfachheit des Mechanismus der
Turbine ergab die Sicherheit, daß ihre Verwendung und sogar ihre Konstruktion durch
unerfahrene Ingenieure nur zu sehr wenigen Versagern führen würde, und daß die
Einführung der Parsons-Turbine in den gebräuchlichsten
Fällen stets ihre gute Brauchbarkeit erweisen würde. Anderseits wurde man ziemlich
ungünstig belehrt über ihre Oekonomie bei reduzierter Fahrt und über ihre
Manövrierfähigkeit, so daß man zögerte, die Turbine an Stelle der Kolbenmaschine zu
setzen, welch letztere bei 10 bis 14 kn Fahrt einen äußerst geringen Dampfverbrauch
zeigt und die ihr maximales Drehmoment unverändert bei Vorwärts- und bei
Rückwärtsgang mit einem Dampfverbrauch entsprechend der erzeugten Leistung
entwickelt. In der Tat schwankt der Dampfverbrauch, je nach dem Grad der Dichtigkeit
der Kolben und Schieber, bei den Dreifach-Expansionsmaschinen der Waldeck-Rousseau-Klasse zwischen 5,4 und 6,8 kg. Wenn
ferner die französische Marine eine Taktik angenommen hätte, die fortwährende
Manöver oder verminderte Abstände der einzelnen Schiffe verlangt, so wäre es
ziemlich gefährlich, die Flotte mit solchen in bezug auf die rasche
Manövrierfähigkeit unvollkommenen Schiffen auszustatten. Bei 14 kn Geschwindigkeit
ist der notwendige Schiffsabstand bei Turbinenschiffen dreimal so groß als
derjenige, der bei Kolbenmaschinen gebräuchlich ist. Ferner hätte die bedeutende
Verminderung der verfügbaren Dampfstrecke infolge der ausschließlichen Einführung
der Turbine zur Folge, daß große Kreuzer und große Aktionsstrecken nicht in
Anwendung kommen dürfen, um so mehr, als unsere Flotte nicht mit ausreichenden
Mitteln ausgerüstet wäre, um fern von der Heimatküste die Kohlenvorräte zu ergänzen.
So müssen die Vorteile der Turbinen bezahlt werden durch einschneidende Aenderungen
der Taktik und führen zur Einrichtung großer Kohlenlager und vor allem mächtiger
Transportmittel, um rasch die Kohlen in die Schiffe zu fördern und in gewissen Fällen den
Geschwadern nachzufahren.
Solche Ueberlegungen waren für die englische Marine von geringerer Bedeutung, weil
sie über ausgezeichnete Kohle zu nahezu dem halben Preis verfügt und bereits seit
mehreren Jahren ungeheure Fahrzeuge von über 15000 t Deplacement besitzt, die mit
ihrer großen Zahl von Lademasten und Temperley-Apparaten
imstande sind, in wenigen Stunden Tausende Tons Kohlen auf vier an der Seite
liegende Panzerschiffe zu fördern. Die amerikanische Marine besitzt
Hochsee-Kohlenschiffe von 12000 t Deplacement. Diese können den Schiffen mit 15 kn
Geschwindigkeit folgen, sind gegen Torpedojäger geschützt und können an jeder
Bordseite ein Schiff bekohlen. Durch solche gewaltige Hilfsmittel verliert der
Kohlenverbrauch der Turbinen, so hoch er auch sein mag, an Bedeutung. Gleichwohl
wird eine Verminderung desselben und damit eine Ersparnis dieser teueren
Hilfsapparate vorteilhaft für die französische Marine sein, denn diese wird es mit
Recht vorziehen, die ziemlich schwachen Quellen ihres Landes zu schonen und statt
Kohlenschiffe Schlachtschiffe zu bauen.
Die Vorteile der Parsons-Turbine liegen hauptsächlich in
ihrer großen Betriebssicherheit. Die entsprechenden Vorsichtsmaßregeln erstrecken
sich darauf, jede gelegentliche Berührung zwischen den festen und rotierenden Teilen
zu vermeiden. Jedem, der einer Probefahrt auf einem Kreuzer oder Torpedojäger
beigewohnt hat, wird der Eifer aufgefallen sein, mit dem das technische Personal die
zahlreichen Reibungsflächen beobachtet, um ein Heißlaufen zu verhindern. In der Tat
sind es äußerst unwichtige Zufälle, z.B. das Versagen einer der vielen
Schmierstellen, die den größten Teil der Havarien bei Kolbenmaschinen hervorrufen,
In letzter Zeit sind jedoch große Fortschritte in bezug auf die Wirksamkeit,
Anordnung und Beaufsichtigung der Schmierapparate zu verzeichnen. Bei den letzten
acht Kolbenmaschinenschiffen, die von der Staatswerft in
Indret geliefert wurden, sind trotz starker Beanspruchung während 102 Versuchen
keine Betriebsstörungen zu verzeichnen gewesen.
Die Turbinenlager sind verhältnismäßig nicht höher belastet und werden mit Drucköl
geschmiert. Erschütterungen oder Schläge, die die Lager zerstören, sind bei den
Turbinen unbekannt. Ferner vermindert der Fortfall der inneren Schmierung bei den
Hauptmaschinen die Verschmutzung der Kessel und die Gefahr der Stichflammen, die
durch Oelablagerungen entstehen. Des größeren Dampfverbrauches wegen wird der Heizer
eine erhöhte Leistung vollbringen müssen, während dem Maschinisten im Gegenteil
seine Lasten nicht bloß während der Fahrt, sondern auch während der Instandhaltung
vermindert werden.
Die ersten Unfälle bei Parsons-Turbinen sind meistens auf
ungenügendes Spiel zwischen dem Rotor und dem Gehäuse zurückzuführen. Es ist klar,
daß, um die Verluste, die gewöhnlich 6 bis 8 v. H. der durchfließenden Dampfmenge
betragen, zu vermeiden, man bestrebt ist, die radialen Spielräume am Umfang der
Schaufeln und zwischen den Dummies auf das Minimum zu verkleinern. Die
erreichbare Grenze hängt ab von der elastischen Formänderung der Teile infolge der
Druckwirkung und der Wärmedehnung. Solchen Havarien sind am meisten die Marsch- und
Rückwärtsturbinen ausgesetzt. Bei den ersteren sind die Radialabmessungen
verhältnismäßig sehr gering, jedoch die dort herrschenden Drücke und Temperaturen
sehr hoch. Bei den Rückwärtsturbinen ist die Gefahr am größten, wenn sie unerwartet
in kaltem Zustande in Gang gebracht werden. In Zukunft werden die Turbinen viel
weniger solchen Störungen ausgesetzt sein, weil die Elemente im Hoch- und
Mitteldruckteil wahrscheinlich stets aus reinen Aktionsschaufeln mit 1 bis 3
Geschwindigkeitsstufen bestehen werden, die die erwünschten reichlichen Spielräume
zulassen, ohne die Oekonomie der Turbine zu beeinträchtigen. Die Schiffsturbinen,
die kürzlich von John Brown für den englischen Kreuzer
Bristol geliefert wurden, bestehen aus sieben Curtis-Rädern mit zusammen 24 Laufschaufelkränzen, denen sich eine Parsons-Reaktionstrommel mit 22 verschiedenen Stufen
anschließt. Die Turbinen für die Torpedojäger Fourche und Faulx, die nach den Plänen
von Prof. Rateau von De la Brosse
et Fouché gebaut sind, bestehen ebenfalls aus Aktionsrädern mit zwei
Geschwindigkeitsstufen und daran anschließender Niederdrucktrommel.
Leider scheint es nicht möglich zu sein, den Dampfverbrauch bei
Marschgeschwindigkeiten zu vermindern, ohne gleichzeitig das Gesamtgewicht des
Motors zu verdoppeln oder gar zu verdreifachen. Denn, um dieses zu umgehen, ist es
vor allem nötig, die Zahl der Wärmestufen, d.h. die Zahl der Schaufelkränze einer
Druckstufe je nach der Verminderung der Umfangsgeschwindigkeit zu vergrößern.
Bei den jetzigen verfügbaren Mitteln und den natürlichen und industriellen Quellen
Frankreichs wird es am vorteilhaftesten sein, die Vorteile der Kolbenmaschine und
der Turbine zu verbinden. Vor allem sei bemerkt, daß die heutigen Kolbenmaschinen
fast ebenso betriebssicher sind wie die Turbinen, und daß infolge der erhöhten
Präzision der Werkstättenarbeit die Verteilung der spez. Drücke und der Spannungen
viel gleichmäßiger stattfindet. Eine Vereinigung von Kolbenmaschine und Turbine
erfolgte aus den gleichen Gründen bereits auf dem Dampfer Olympic der White Star-Linie. Die beiden Dreifach-Expansionsmaschinen
geben ihren Abdampf an die mittschiffs liegende Niederdruckturbine. Auch
„Rochambeau“ der Compagnie générale
transatlantique erhält eine solche Anlage. Professor R a t e a u hat seit
mehreren Jahren Anlagen gebaut, bei denen der Abdampf der Kolbenmaschine durch einen
Akkumulator geht und in einer Niederdruckturbine völlig expandiert. In einem Vortrag
vor der Association des Ingenieurs des mines de Belgique
hat Rateau die Vorzüge solcher Anlagen erläutert. Diese
kombinierten Anlagen gestatten allein den Dampf bis auf das 50- bis 80fache seines
Eintrittsvolumens zu expandieren, wobei der thermische und mechanische Wirkungsgrad
bei den verschiedenen Expansionsstufen nahezu der gleiche bleibt. Die Kolben eignen sich besser für
die höheren Drücke und den kleineren Expansionsgraden 8 bis 16; die Turbine hingegen
ist unübertrefflich für die niedrigen Drücke und die gewaltigen spez. Volumen, die
bei der genannten starken Expansion vorkommen. Der Wirkungsgrad des Hochdruck- und
Mitteldruckzylinders normaler Kriegsschiffsmaschinen beträgt im Mittel 70 v. H.,
derjenige des Niederdruckzylinders höchstens 45 bis 50 v. H. Wegen des höheren
Kondensatorverlustes ist es unmöglich, die Expansion unter das 8- bis 16 fache zu
treiben, da der Konstruktion von Zylindern von 6 m ∅ bei 1 m Hub unüberwindliche
Schwierigkeiten entgegenstehen. Die Niederdruck-Schiffsturbinen hingegen erlauben
den Dampf auszunutzen zwischen 1,5 kg und 0,1 kg mit einem Wirkungsgrad von 0,68 bis
0,70 bei nur 45 bis 60 m Umfangsgeschwindigkeit. Für ein Kriegsschiff von 28000 PS
würde die Anlage sich etwa zusammensetzen aus:
Textabbildung Bd. 327, S. 227
Fig. 1.
1. Zwei Compoundmaschinen von je 7000 PS. Die Eintrittsspannung
würde 16 bis 18 kg betragen, die bis auf etwa 1,8 kg expandieren würden. Diese
Kolbenmaschinen würden die äußeren Wellen antreiben, damit die gute
Manövrierfähigkeit dieser Maschinenart möglichst ausgenutzt werden kann.
2. Aus zwei Niederdruckturbinen, die an die Kolbenmaschinen
angeschlossen würden.
Jeder Satz, Kolbenmaschine und Turbine, ist völlig selbständig. Eine solche
Kombination gestattet nicht nur Kohlen- und Wasserverbräuche zu erzielen, die
denjenigen der besten Kolbenmaschinen nicht nachstehen, sondern sie vergrößert
die Oekonomie um 10 bis 15 v. H., bezogen auf die Propellerleistung. Der
Wirkungsgrad des Diagramms ist erheblich besser durch die Verwendung langsam
gehender Schrauben. Hierdurch können die Schiffe den bisher üblichen taktischen
Forderungen entsprechen und dabei sogar 10 v. H. an Kohle sparen. Für einen 20000
t-Panzer von 25000 PS, der 1800 t Kohlen mit sich führt, beträgt alsdann die
Gewichtsersparnis etwa 260 t entsprechend 800 t Deplacement, wozu das geringere
Gewicht und der kleinere Raumbedarf der Kesselanlage hinzukommt. Das Bestehen
zweierlei Maschinengattungen erschwert keineswegs den täglichen Betrieb und erhöht
auch nicht die Anzahl der Reserveteile.
Die Verminderung des Kohlenverbrauchs ist gleichzeitig eine Verminderung der
zahlreichen Gefahren, die aus der Ermüdung der Heizer entstehen können. Die
Geschwindigkeit des Schiffes ist immer abhängig von der Ausdauer der Heizer, daher
bemüht man sich heutzutage, die Heizer auszuschalten, sei es durch die Einführung
der Oelfeuerung, sei es durch die Verwendung der Verbrennungsmotoren, wodurch die
Kessel ganz entbehrlich werden.
Textabbildung Bd. 327, S. 227
Fig. 2.A Améthyst (Parsons-Turbine). B Bristol (Turbines F. Brown
[Curtis-Parsons]). J Jurien de la Gravière (Kolben). G Gambetta id. P Patrie, CT
Torpedojäger 1904 id.
Das Für und Wider dieser erörterten Fragen läßt sich schwer exakt feststellen, denn
die Vor- und Nachteile der vorgeschlagenen kombinierten Anlage lassen sich nicht
durch feste Zahlen ausdrücken. Weit besser sind die Vorzüge der kombinierten Anlage
aus dem Diagramm Fig. 1 zu erkennen. Diesem
Entropie-Diagramm sind die Indikatordiagramme des Kreuzers Jurien-de-la Gravière
zugrunde gelegt. Sie wurden auf einer 24 stündigen Fahrt bei einer Leistung von 18
226 PSi abgenommen. Aus der Figur erkennt man, daß
die Niederdruckturbine, die anstelle des Niederdruckzylinders tritt, einen
thermischen Effekt haben wird, der nahezu ⅔ von demjenigen der Kolbenmaschinenanlage
ist, wodurch der Wirkungsgrad der Anlage um 12 v. H., genau gerechnet um 15 v. H.,
vergrößert wird. Der Propellerwirkungsgrad erhöht sich von 55 v. H. auf 65 v. H., so
daß der wirkliche Gewinn für die neue Anlage
0,12\,.\,\frac{0,55}{0,65}=10 v.H. sein wird. Man kann sich
leicht überzeugen, daß dieser Gewinn konstant bleibt für alle Gangarten zwischen 14 und 20
kn. In Wirklichkeit ändert sich die Form des Entropiediagramms nicht, denn die
verschiedenen Flächen der einzelnen Zylinderdiagramme behalten, bezogen auf das
Ganze, denselben Wert. Es ändert sich nur der Maßstab der Ordinaten mit der Größe
der Eintrittsspannung. Wenn man somit in Fig. 2 als
Abszisse die Werte von \frac{F}{F_{max}}, das Verhältnis der
Leistung F zur Maximalleistung und als Ordinate den
Dampfverbrauch f. d. PSi und Stunde aufträgt, erhält
man die Kurve C für die kombinierte Anlage. Zum
Vergleich sind die entsprechenden Kurven für verschiedene Schiffe, deren Namen im
Diagramm angegeben sind, aufgezeichnet. Es sind die Leistungen zwischen 0,1 und 0,7,
die gebräuchlichsten, die in der Marine vorkommen, berücksichtigt. In Fig. 3 sind als Ordinaten die erreichbaren
Entfernungen bei verschiedenen Geschwindigkeiten aufgetragen. Die Kurve M C gilt für die kombinierte Anlage, T für Turbinen allein ohne besondere Marschturbine und
K für Kolbenmaschinen allein, hierzu ist ein Schiff
der Patrieklasse gewählt worden. Gleichzeitig ist in dieser Figur der Dampfverbrauch
für verschiedene Geschwindigkeiten aufgetragen. Die Kurve 1 ist die Dampfverbrauchskurve für Turbinenantrieb allein, Kurve 2 für Turbinen mit den üblichen Hilfsmaschinen, 3 desgleichen mit allen Hilfsmaschinen, und 4 gibt den Maximalverbrauch für die Hilfsmaschinen
allein. Um die Kurven zu rechnen, ist als Einheit die Entfernung genommen worden,
die bei der Maximalgeschwindigkeit mit Parsons-Turbinen
allein erreicht werden konnte. Es wurde ferner dabei vorausgesetzt, daß die Turbinen
so bemessen waren, daß der Maximalwirkungsgrad bei einer Geschwindigkeit von wenig
unter 20 kn erreicht wurde. Aus dem Diagramm ergibt sich, daß die durchlaufene
Strecke mit dem gemischten System bei 14 kn schon um 65 v. H. größer ist als mit
reinem Turbinenantrieb, und bei 10 kn sogar über 100 v. H. Bei dem Diagramm Fig. 2 und 3 sind die
zum Betrieb nötigen Hilfsmaschinen mit berücksichtigt, und dabei vorausgesetzt, daß
ihre Konstruktion derart sei, daß der Dampfverbrauch 5 bis 10 v. H. des
Gesamtdampfverbrauches, je nach der Schiffsgeschwindigkeit, nicht überschritten
wird.
Textabbildung Bd. 327, S. 228
Fig. 3.
Man könnte glauben, daß die Gewichte der Turbinen viel größer wären als die
Dampfzylinder, an deren Stelle sie treten sollen. Dies ist jedoch nicht der Fall,
wenn die Turbine eine Trommelturbine ist. Bei einer Umfangsgeschwindigkeit von
45 m und einer Winkelgeschwindigkeit zwischen 295 und 395 Touren und einer
Kolbengeschwindigkeit zwischen 4,5 und 6 m schwankt das Gewicht f. d. PSi bei der Kolbenmaschine zwischen 35 und 40, bei der
Turbine zwischen 32 und 35 kg; der Gewinn wäre somit 10 v. H.
Die Luftpumpen und Zirkulationspumpen sind in letzter Zeit verbessert worden, nachdem
man die Vorgänge im Kondensator richtiger erkannt hat. Durch bessere
Durchkonstruktion der Zentrifugalpumpen ist ihr hydraulischer Wirkungsgrad von 40
bis auf 70 v. H., bei Waldeck-Rousseau sogar bis 80 v. H. verbessert worden. Die
Compound-Antriebsmaschinen zeigen Dampfverbräuche unter 8 kg bis zu 100 PS. Unter
solchen Umständen erreicht der Dampfverbrauch der Zirkulations- und Luftpumpe
zusammen bei der größten Schiffsgeschwindigkeit noch nicht 2 v. H. des
Gesamtdampfverbrauches. Es ist übrigens möglich, die Kondensationsanlage zu
vereinfachen und das Gewicht um 60 v. H. zu vermindern, wenn man auf eine Welle die
Pumpen vereinigt und sie mit etwa 2500 Touren durch eine Dampfturbine antreibt.
Obgleich die Abmessungen der Zirkulationspumpen dann weniger günstig sind als bei
300 bis 400 Touren, so wird die Verminderung des hydraulischen Wirkungsgrades nahezu
wieder aufgehoben durch den größeren Wirkungsgrad der Turbine. Merkwürdigerweise
kehrt man zu einer früheren Anordnung zurück, bei der die zur Kondensation
gehörenden Hilfsmaschinen von einer gemeinschaftlichen Dampfmaschine angetrieben
wurden. Diese waren aber den Unregelmäßigkeiten des Drehmomentes ausgesetzt und
ergaben viele Schwierigkeiten beim Anspringen. Durch den Turbinenantrieb ist dies
aber völlig beseitigt. Unter den jetzt vorliegenden Verhältnissen wird, wie eben
dargelegt wurde, das gemischte System die beste Lösung ergeben, um den
Kriegsschiffen eine befriedigende Oekonomie zu sichern. Es ist aber nicht unmöglich,
daß in Zukunft andere Anordnungen den Wirkungsgrad der Turbinen, selbst bei
geringeren Geschwindigkeiten, erhöhen werden.
Wenn man die Kurven des hydraulischen Wirkungsgrades einer Aktionsstufe betrachtet
und diese als Funktion des Wertes
\frac{u}{c}\,\frac{(\mbox{Umfangsgeschwindigkeit})}{\mbox{Eintrittsgeschwindigkeit}}
auftragt, bemerkt man, daß, wenn es möglich wäre, die Eintrittsgeschwindigkeit in
jeder Stufe stets gleich zu halten bei verminderter Gangart, der Dampf verbrauch bei
halber Geschwindigkeit nahezu 20 v. H. geringer wäre, als wenn man die
Geschwindigkeit durch Drosseln der Düsen verminderte. Durch Aenderung der einzelnen
Querschnitte kann dies erreicht werden.
Ist es nun möglich, ein rasches Anspringen eines Zweitakt-Diesel-Motors zu bewerkstelligen, um diesen mit der Turbine in Wettbewerb
treten zu lassen? Es ist kaum (? Die Red.) zu hoffen, daß in kurzer Zeit die
verschiedenen technischen Schwierigkeiten behoben werden können, um den Diesel-Motor für größere Leistungen als Marinemotor zu
verwenden. Dabei sollen die bedeutenden Vorteile des Diesel-Motors nicht verschwiegen werden, die hier kurz zusammengefaßt
seien: 1. Bedeutende Verminderung des Gewichts und der Ausdehnung der
Maschinenanlage. In Wirklichkeit übersteigt das Gewicht f. d. PSi eines Viertaktmotors von ziemlich kleiner
Kolbengeschwindigkeit nicht 40 kg, und der stündliche Brennstoffverbrauch ist
dreimal so klein als derjenige der besten Dampfmaschine, selbst dann, wenn die
Lüftungsarbeit berücksichtigt wird. 2. Verminderung des Einflusses des Personals auf
die wirklich verfügbare Leistung des Motors (keine Heizer und Trimmer, kein
Kohlentransport). 3. Keine Schornsteine, die Quelle zahlreicher Unzuträglichkeiten.
Durch sie wird das Schußfeld der Türme beschränkt und die Dampferzeugung kann durch
Beschädigung der Schornsteine beeinflußt werden. Diese allgemeinen Vorteile werden
in Wirklichkeit aufgehoben durch eine Reihe technischer Schwierigkeiten, die die
Betriebssicherheit und vor allem die Dauerhaftigkeit fragwürdig machen.
Zunächst ist der Verbrennungsdruck nicht eine bestimmte Größe wie der Kesseldruck,
denn er hängt von einer Menge Einflüsse ab, wie Zylindertemperatur, Einblasedruck,
Luftzuführung u.s.f. Er kann innerhalb eines Hubes um mehr als 60 v. H. ohne einen
äußerlich ersichtlichen Grund wechseln. Es ist notwendig, die Teile, die dem inneren
Gasdruck ausgesetzt sind, so zu berechnen, daß ihre Elastizitätsgrenze nicht durch
Drücke von 100 kg/qcm erreicht wird. Daraus entstehen ziemlich große konstruktive
Schwierigkeiten, auch in bezug auf die Kühlung. Allerdings kann man die Bohrung der
Stangen zur Einführung von Schmieröl benutzen, man muß aber auch die Oelpumpe
bedeutend vergrößern und umfangreiche Oelkühler einbauen, zu deren Berechnung exakte
Grundlagen fehlen. Die Arbeitsweise aller Steuerungsorgane (Ventile, Rollen usw.)
ist noch nicht so bekannt wie z.B. diejenige der Dampfschieber, insbesondere können
die kleinsten Abweichungen an den Einspritzventilen und ihren Mechanismen einen
großen Einfluß auf die Ruhe des Ganges und selbst auf die Leistung haben. Die
Fabrikation der Diesel-Motoren verlangt eine Genauigkeit,
die in vielen Werkstätten Frankreichs noch unbekannt ist. Anderseits sind die
praktischen Erfahrungen mit einigen Unterseeboots-Motoren noch zu jung, um auf die
Lebensdauer der Uebertragungsorgane zu schließen. Man muß befürchten, daß die
Wellen, die schon bei den Dampfmaschinen mit ihren periodischen Momenten Havarien
ausgesetzt waren, bei den Verbrennungsmaschinen noch mehr zu Brüchen neigen werden.
Das Drehmoment zeigt scharfe Schwingungen, selbst wenn acht Zylinder verwendet
werden.
Die Einführung der Turbine in die Marine bedurfte einiger Jahre trotz ihrer
außerordentlichen Einfachheit und der vollkommenen Kenntnis der Eigenschaften des
Dampfes. Im Gegensatz dazu bringt der Diesel-Motor
(Viertakt und Zweitakt) eine große Anzahl Mechanismen und Organe, über deren
technische Verwendbarkeit noch eine Bestätigung fehlt. Der gute Gang des Motors kann
nur gewährleistet werden nach einer Reihe von längeren experimentellen
Untersuchungen, weshalb nach dem heutigen Stand dieser Frage es unvorsichtig wäre,
einen Panzer ausschließlich mit Diesel-Motoren
auszurüsten. Sollten die Versuche gelingen, d.h. sollte man mit Sicherheit einen
Zweitaktmotor (1000 PS f. d. Zylinder und 200 Touren) in Betrieb stellen können,
dann wäre es nichts Außergewöhnliches, einen Panzer mit einer kombinierten Anlage,
Kolbendampfmaschine und Verbrennungsmotor, auszurüsten. Der letztere würde nur für
kurze Zeit, für die forcierte Fahrt, in Benutzung kommen. Die Dampfmaschine würde
eine Maximalgeschwindigkeit von 17 bis 18 kn erzeugen und am ökonomischsten zwischen
12 und 14 kn sein. Die Schwerölmotoren würden alsdann mit einem mittleren Druck von
nur 5 kg in Vereinigung mit der Dampfmaschine eine Geschwindigkeit von 20 kn
erzeugen können. Es wird auch möglich sein, den mittleren Druck auf 9 kg und mehr zu
erhöhen. Bei vier Wellen würden die beiden mittleren durch Motoren angetrieben
werden. Für ein 20 kn-Schiff von 23000 t würden die Abmessungen der Dampfmaschinen
sein: Länge 9900 mm, Höhe 5900, Breite 3600; diejenigen des Zweitaktmotors
8\,\times\,\frac{620}{820} mm; Länge 10800 mm, Breite 4500,
Höhe 5000.