Titel: | NEUERE ROHÖLMOTOREN. |
Autor: | Ch. Pöhlmann |
Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 229 |
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NEUERE ROHÖLMOTOREN.
Von Dipl.-Ing. Ch. Pöhlmann,
Charlottenburg.
(Schluß von S. 197 d. Bd.)
POEHLMANN: Neuere Rohölmotoren.
Kleinmaschinen
(Diesel).
Auch noch nach anderer Richtung hin hat der Diesel-Motor
festen Fuß gefaßt. Während man es bisher ganz allgemein als unrentabel ansah, Diesel-Maschinen unter 15, ja selbst unter 20 PS zu
bauen, sind die Bestrebungen in dieser Richtung in jüngster Zeit von Erfolg
gekrönt gewesen. Im Sommer vorigen Jahres brachte die Firma Diesel & Co., München, eine fünfpferdige Klein-Diesel-Maschine auf den Markt, welche sehr gute Resultate aufzuweisen hat.
Der Zylinderdurchmesser beträgt 160 mm, der Hub 150 mm, die normale Tourenzahl 600.
Die mit dem Arbeitszylinder einteilig gegossene Verbund-Einblasluftpumpe hat einen Hub von
60 mm und der Kolbendurchmesser 70/24 mm. Die Maschine, welche in Fig. 132 als Diesel-Dynamo
dargestellt ist, wurde am 25. und 27. Juni 1910 von Prof. F. Romberg von der Technischen Hochschule Berlin einer eingehenden Prüfung
unterworfen, deren Resultate in einem Aufsatz in der Z. d. V. d. I. 1910, S. 1897
ff. niedergelegt sind. Die bei dieser Prüfung erzielten Brennstoffverbräuche, müssen
als außerordentlich günstig bezeichnet werden. Der Motor führte einen achtstündigen
Dauerbetrieb anstandslos durch und gestattete auch bei Ueberlastung um etwa 20 v. H.
noch eine gleichzeitige beträchtliche Steigerung der Tourenzahl von 600/828 während
eines längeren Zeitraums. Was die Konstruktion des Motors anbelangt, so ergeben sich
manche erhebliche Abweichungen von der sonst üblichen Bauart. Als Kurbelwellenlager
wurden trotz der verhältnismäßig sehr hohen Belastungen Kugellaufringe verwendet,
wohl hauptsächlich deshalb, um einen einigermaßen annehmbaren mechanischen
Wirkungsgrad zu erzielen. Tatsächlich hatte die Maschine einen mechanischen
Wirkungsgrad von 65 – 66 v. H., was als sehr günstig bezeichnet werden muß, wenn man
bedenkt, daß bei Diesel-Maschinen der Wirkungsgrad durch
die Kompressorarbeit bedeutend herabgedrückt wird. Kolben, Kolbenzapfen und
Treibstange sind außerordentlich leicht, wie bei Automobilmotoren üblich,
ausgeführt. Eine Zylinderbuchse hat der Motor nicht; der Laufmantel ist vielmehr
einteilig mit dem Kühlwassermantel gegossen. Der Zylinderkopf ist tief in den
Zylinder eingelassen und an seinem unteren Ende konisch abgedichtet.
Textabbildung Bd. 327, S. 230
Fig. 132.
Textabbildung Bd. 327, S. 230
Fig. 133.
Textabbildung Bd. 327, S. 230
Fig. 134.
Die Niederdruckventile der Luftpumpe sind seitlich angeordnet, die Hochdruckventile
achsial in einem besonderen Einsatz. Der Zwischenkühler ist in einfachster Weise im
Kühlwasserraum des Luftpumpenzylinders angeordnet. Die Luft gelangt aus dem
Niederdruckventil in eine durch zwei Zwischenwände abgeschlossene Kammer des
Kühlraums und tritt, nachdem sie diese durchströmt hat, unmittelbar in das
Hochdrucksaugventil ein. Um die Luftpumpe nicht nutzlose Arbeit verrichten zu
lassen, wenn eine Zeitlang ein geringerer Luftbedarf herrscht, ist eine sehr
sinnreiche Einrichtung getroffen, die Einblase- und Anlaßflasche mit
Ueberdruckventilen zu versehen. Ist die Einblaseflasche gefüllt, so öffnet sich das
Ventil nach der Anlaßflasche selbsttätig und die Luftpumpe pumpt die Anlaßflasche
auf. Sobald in dieser der vorgeschriebene Druck von etwa 60 at herrscht, öffnet sich ein zweites
Ueberdruckventil, welches die überschüssig zugepumpte Luft nach dem Niederdruckteil
des Kompressors zurückleitet. Dadurch bleibt das Saugventil des Niederdruckzylinders
so lange geschlossen, bis wieder Luftbedarf eintritt, und der Kompressor hat während
dieser Zeit nur eine geringfügige Arbeit zu leisten.
Textabbildung Bd. 327, S. 231
Fig. 135.
Die Steuerwelle ist senkrecht gekreuzt zur Kurbelwelle angeordnet, wodurch sich der
Antrieb in einfachster Weise durch ein einziges Paar Schraubenräder erzielen läßt.
Diese Konstruktion hat aber andererseits den Nachteil, daß sie sich nur für
Einzylindermaschinen verwenden läßt und für Mehrzylindermaschinen Modelländerungen
nötig werden. Dasselbe gilt von der einteiligen Herstellung von Arbeits- und
Kompressorzylinder. Bei Zweizylindermaschinen kommt man vielleicht noch durch
Vergrößerung des Kornpressorhubes mit demselben Zylindermodell aus. Bei
Mehrzylindermaschinen ist dies indessen vollkommen ausgeschlossen. Außerdem ist für
die Mehrzylinderanordnung auch das Gehäusemodell nicht mehr verwendbar. Die von Diesel & Co. mittlerweile gebauten
Mehrzylindermaschinen welchen auch in der Tat in ihrem Aussehen wesentlich von der
eben besprochenen Type ab (Fig. 133 und 134). Man kann also nicht sagen, daß die Maschine auf
Massenfabrikation zugeschnitten ist. Immerhin bildeten das Erscheinen der Maschine
und ihre günstigen Betriebsresultate ein Ereignis auf dem deutschen Markt, und
namhafte Firmen haben sich bereits veranlaßt gesehen, den Bau dieses Motors
aufzunehmen.
Stationäre stehende
Zweitakt-Diesel-Maschinen.
Denselben Bestrebungen, die zur Schaffung der doppeltwirkenden Oelmaschine
führten, und der Schnelläufer verdanken auch dem Zweitakt-Rohölmotor ihr Entstehen.
Einerseits drängte die fortschreitende Größenentwicklung der Oelmaschinen zur
Anwendung des Zweitaktprinzips, um bei erträglich großen Zylinderabmessungen höhere
Leistungen erzielen zu können – andererseits machte sich, besonders bei größeren
Einheiten, gebieterisch das Bedürfnis nach einer billigen Maschine geltend.
Textabbildung Bd. 327, S. 231
Fig. 136.
Textabbildung Bd. 327, S. 231
Fig. 137.
Textabbildung Bd. 327, S. 231
Fig. 138.
Die technischen Schwierigkeiten, die sich der Ausbildung einer guten Zweitakt-Diesel-Maschine entgegenstellten, waren nicht besonders
groß; jedenfalls mußte es leichter sein, auf eine nur mit Luftverdichtung arbeitende
Maschine das Zweitaktprinzip anzuwenden, wie auf eine Maschine mit
Gemengeverdichtung. Die Hauptübelstände der letzteren Maschinengattung:
Empfindlichkeit der Spülungseinrichtung wie Vorzündungen bei unrichtiger Wahl der
Spülspannung, Gasverluste, Störung der Schichtung durch Wirbelbildung usw. fällen
bei der Diesel-Maschine vollkommen fort. Die Hauptaufgabe
des Konstrukteurs bestand also darin, eine möglichst günstige Anordnung der Maschine
zu finden und die Triebwerksteile derart durchzubilden, zubilden, daß die aus dem
Zweitaktverfahren sich ergebende vermehrte Wärmeabfuhr ermöglicht wurde.
Die Firma Gebr. Sulzer in Winterthur unterzog sich als
erste dieser Aufgabe und gelangte zu einer glücklichen Lösung. Heute baut diese
Firma bereits Zweitaktmotore mit Einheitsleistungen von mehreren tausend
Pferdestärken. In Fig. 135 z.B. ist ein
vierzylindriger Sulzerscher Zweitakt-Diesel-Motor von
2400 PSe dargestellt, was eine Zylinderleistung von
600 PSe repräsentiert. In den Fig. 136–138 sind
Längs- und Querschnitt des Zylinders sowie der Querschnitt durch den Zylinderkopf
wiedergegeben. Grundplatte und Gestell unterscheiden sich nicht viel von den bei
Viertaktmaschinen gebräuchlichen Ausführungen. Der Auspuff der Maschine wird durch
in der Zylinderbuchse angeordnete Schlitze gesteuert, welche in einen ringförmig
angeordneten Auspuff-Sammelraum münden, der selbst von einem breiten, ringförmigen
Kühlmantel umgeben ist. An den Auspuff-Sammelraum schließt sich ein wassergekühlter
Auspuffkrümmer und ein gekühltes Auspuffrohr an. Die zwischen den Auspuffschlitzen
stehen gebliebenen Stege sind mit Bohrungen k versehen,
um sie intensiv zu kühlen und eine lebhafte Wasserzirkulation vom unteren zum oberen
Mantelkühlraum herzustellen.
Die von einer doppeltwirkenden Zwillingsspülpumpe erzeugte Spülluft wird in einem am
Maschinengestell gelagerten zylindrischen Receiver aufgespeichert und gelangt von
dort nach dem Zylinderkopf (Fig. 137 und 138). Derselbe enthält vier Spülventile, ein
Brennstoff- und ein Anlaßventil. Den Spülventilen vorgelagert befindet sich ein
exzentrisch-ringförmiger Verteilungsraum, in welchem sich die Spülluft nach den
einzelnen Ventilen verteilt. Die Anordnung hat auch den Zweck, die
Beschleunigungsarbeit für die Spülluft zu verringern. Da sich stets eine größere
Menge Luft unmittelbar vor den Spülventilen befindet, wird die Spülung rasch und
gleichmäßig erfolgen können, ohne daß man zur Anwendung unverhältnismäßig großer
Spülventile genötigt wäre. Die Anordnung der Steuerung ist dieselbe wie bei dem
zuletzt beschriebenen Sulzer-Schnelläufer oder dem großen Langsamläufer von Franco Tosi. Der Kolben der Maschine ist mit Oelkühlung
versehen.
Betriebsresultate dieser Zweitaktmaschine liegen zurzeit leider noch nicht vor; doch
ist anzunehmen, daß die Firma nicht an den Bau solch großer Aggregate herangetreten
wäre, wenn nicht schon zufriedenstellende Ergebnisse mit kleineren Typen erzielt
wären.
Stationäre liegende
Zweitakt-Diesel-Maschinen.
Dieselben sind bis jetzt kaum gebaut worden. Die einzige Maschine dieser Bauart, die
Junkers-Maschine, welche in jüngster Zeit viel von
sich reden machte, befindet sich noch im Versuchsstadium und soll in einer später
erscheinenden Artikelfolge, welche sich außerdem mit Motoren offener
Düsenkonstruktion, Schiffsmotoren und transportablen Motoren befaßt, behandelt
werden.