Titel: VERSUCHSEINRICHTUNGEN ZUR PRÜFUNG VON LUFTSCHRAUBEN.
Autor: Paul Bèjeuhr
Fundstelle: Band 327, Jahrgang 1912, S. 232
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VERSUCHSEINRICHTUNGEN ZUR PRÜFUNG VON LUFTSCHRAUBEN. Von Paul Bèjeuhr, Berlin. (Fortsetzung von S. 212 d. Bd.) BEJEUHR: Versuchseinrichtungen zur Prüfung von Luftschrauben. Bei allen bisherigen Einrichtungen gehen die Reibungswiderstände des Motors und der Uebertragung in unliebsamer und auch unkontrollierbarer Weise in das Resultat ein, was für exakte Messungen jedenfalls vermieden werden muß. So hat denn Riabouchinsky in seinem aerodynamischen Laboratorium in Koutchino für Standversuche eine Einrichtung getroffen, mit der es möglich ist, die eingeleitete Arbeit nur für die Schraube und einen kleinen Teil des Antriebsmechanismus für sich zu messen (Fig. 9). Die Vorrichtung sollte vornehmlich dem Studium der Hubschrauben dienen, daher arbeitet der Propeller senkrecht nach oben gegen die freie Atmosphäre und ist über einen hohen Lagerbock montiert. Die lange, senkrechte Schraubenwelle W stützt sich auf das Spurlager L, das einem Hebel H eingebaut ist, der einerseits an einem festen Stützpunkt, andererseits an der Spiralfeder F hängt, durch deren Vermittlung sich der Schub direkt ablesen läßt. Die Messung der eingeleiteten Arbeit geschieht mittels eines Vorgeleges. Auf einer gut geführten, hohl über die Propellerwelle geschobenen Buchse sitzt unten das Schneckenrad S, das durch eine Schnecke und verschiedene Stufenscheiben vom Elektromotor aus seinen Antrieb erhält; ebenfalls fest mit der Buchse verkeilt ist das große Kegelrad K1 das nun durch Vermittlung des kleinen Kegelrades K2 ein entgegengesetzt montiertes, sonst aber gleichdimensioniertes Rad K3 antreibt. Letzteres sowie die Achse A des kleinen Rades drehen sich leicht mittels Kugellager auf der Buchse, in das obensitzende Kegelrad K3 sind nun zwei Mitnehmerbolzen B eingeschraubt, gegen die sich die Rollen eines fest mit der Propellerwelle verbundenen Armes M legen, wodurch der Propeller in Drehung versetzt wird. Die Rollen sind deshalb am Arm angebracht, damit eine durch den Schraubenschub eingeleitete Längsverschiebung der Propellerachse in keiner Weise gehindert wird. Die Schraubenhemmung hat nun das Bestreben, das obere große Kegelrad zurückzuhalten, so daß das kleine Rad, durch das untere K2 in Drehung versetzt, sich auf dem großen abrollen und dadurch einen Ausschlag seines Achshebels A hervorrufen würde. Dies wird nun in passender Weise durch einen Schnurzug und angehängte Gewichte G1 verhindert, deren Größe unter Berücksichtigung der Hebelverhältnisse dann dem Drehmoment entspricht, wobei nur die Lagerreibungswiderstände der Propellerwelle mitberücksichtigt werden, die sich durch Kugellager in kleinen Grenzen halten lassen. Die Uebertragung und der Motor sind aber jedenfalls ganz ausgeschaltet. Textabbildung Bd. 327, S. 233 Fig. 9. Auch die aus Mitteln der Jubiläumsstiftung der deutschen Industrie errichtete Geschäftsstelle für Flugtechnik verfügt über eine ähnliche Prüfvorrichtung. Die Untersuchungen sollten sich in der Hauptsache auf Hubschrauben erstrecken, deren Arbeitsverhältnisse im späteren Betrieb tunlichst nachzuahmen waren. So wurde denn auch hier eine senkrechte Welle vorgesehen, die ein Arbeiten der Schraube gegen die freie Atmosphäre ermöglichen sollte; und zwar konnte durch leichte Demontage die Vorrichtung zum Betriebe in der Halle als auch im Freien eingerichtet werden. Um den Einfluß zweier gleichachsig, aber entgegengesetzt rotierender Propeller kennen zu lernen, waren zwei Wellen ineinander vorgesehen, die gegenläufig betrieben wurden (Fig. 10). Der senkrecht wirkende Schub wird bei dieser Anlage ebenfalls durch Spurlager und Hebel, allerdings mittels einer Dezimawage gemessen und zwar kann bei Zweischraubenbetrieb der Schub sowohl gemeinsam als auch für jede Schraube gesondert ermittelt werden, was sich durch eine leichte achsiale Verschiebung der Hohlwelle erreichen läßt. Die Arbeitsmessung geschieht in diesem Fall durch eine mit umlaufende Wägevorrichtung; die durch das kleine Kegelrad K1 angetriebenen Räder laufen frei auf den betreffenden Propellerwellen und sind wie oben geschildert mit besonderen Mitnehmerbolzen B versehen, deren Mitnehmer nicht aus starren Armen, sondern aus kurzen Schraubenfedern bestehen und je nach der zu erwartenden Arbeitsmenge passend ausgewechselt werden können. Die Durchbiegung dieser Federn, hervorgerufen durch die Mitnahme der Schraube, wird nun durch eine mitlaufende Meßdose, die aber nur einen kleinen Teil der nötigen Umfangskraft erhält, hydraulisch weitergeleitet und draußen an einer Flüssigkeitssäule angezeigt. Diese hydraulische Druckübertragung gibt eine sehr wohltuende Dämpfung der Schwingungen und ermöglicht eine bequeme Ablesung. Durch das Austauschen der Schraubenfedern ist man in der Lage, den 1,6 m großen Ausschlag der Flüssigkeitssäule völlig auszunutzen und dadurch eine sehr genaue Ablesung herbeizuführen. Die bis jetzt besprochenen Einrichtungen ermöglichen zwar für Standversuche ein durchaus exaktes Arbeiten, schalten doch besonders die zuletzt erwähnten Anlagen die Fehlerquellen fast völlig aus, aber sie geben doch nur einen Einblick in die Arbeitsverhältnisse der Luftschrauben am Fixpunkt; ihre Resultate lassen sich allenfalls auf Hubschrauben direkt übertragen, für die Theorien von Treibschrauben sind sie jedoch nur sehr bedingt zu verwenden. Sie verlangen wegen der Umrechnung und der notwendigen Einführung von Koeffizienten zur Anpassung an die Vorgänge im fahrenden Luftschiff so umfangreiche Erfahrungen auf diesem Gebiet, um die richtigen Schlußfolgerungen zu ziehen, daß eine gewisse Fortbewegungsmöglichkeit der ganzen Anlage unter Beibehaltungaller vorherigen Einrichtungen bereits seit langem angestrebt wurde. Folgerichtig wären diese Versuche in der Luft an irgend einem Fahrzeug vorzunehmen; da diese Fahrzeuge aber erst geschaffen werden sollen und gerade die Luftschrauben ein wichtiges Einzelteil derselben sind, so benutzte man zunächst das einfachere Mittel der Modellversuche, da die Fortbewegung dieser Modelle mit geringeren Schwierigkeiten in die Wege zu leiten war. Textabbildung Bd. 327, S. 233 Fig. 10. So hat Langley einen sehr fein durchdachten Apparat zur Prüfung von Treibschrauben benutzt, der auf einem großen Rundlauf mit den entsprechenden Geschwindigkeiten fortbewegt wurde. Bei diesem Dynamometer-Chronograph, wie ihn Langley nennt (Fig. 11), ist die Antriebswelle des Propellers zweimal unterbrochen; das am Motor sitzende Wellenstück a ist mit einem Hohlzylinder Z fest verkeilt, in den sich ein Hohlkolben K. führt; ein in diesen eingeschraubter Stift S gleitet in einem spiralförmigen Schlitz des Hohlzylinders, so daß eine Verdrehung der beiden zueinander auch ein Auseinanderschieben derselben zur Folge hat. Kolben und Zylinder sind nun durch eine starke Schraubenfeder F1 miteinander verbunden, deren vorher geeichte Verdrehung dem Arbeitsbedarf des Propellers entspricht. Durch die vorhin erwähnte Schlitzführung wird eine mit dem Kolben verbundene Schreibfeder M1 zu einer Achsialbewegung veranlaßt. Die zweite Unterbrechung der Schraubenwelle bezweckt das Messen des Schubes, der im Betriebe die zur Vermittlung der Drehung zwischengeschaltete Feder F2 mehr oder weniger zusammenpreßt und so eine andere Schreibfeder M2 ebenfalls zu einer Achsialbewegung veranlaßt. Die Aufzeichnungen erfolgen auf einer durch ein besonderes Uhrwerk gedrehten Schreibtrommel, auf die ein dritter Schreibstift M3 die Zeit vermerkt. Der um F2 gelegte Hohlzylinder dient lediglich zur Führung. Textabbildung Bd. 327, S. 234 Fig. 11. Ein anderer Weg wurde in den übrigen Laboratorien beschritten; hier wurde nicht der Propeller gegen die Luft bewegt, sondern man verlieh der Luft eine Relativgeschwindigkeit gegenüber der Luftschraube, wodurch die Uebersichtlichkeit der Prüfung sehr viel größer wurde. Zunächst ist hier wiederum eine Einrichtung der Brigata specialisti nach den Entwürfen von Capitaine Crocco zu erwähnen, die in geschickter Weise das von Renard vorgeschlagene Prinzip verbessert und einmal den Zu- und Abstrom der Luft zur Schraube in keiner Weise behindert, dann aber auch die Möglichkeit bietet, den Propeller normal oder schief in den Windstrom eines Ventilators zu bringen, um ihn so in bewegter Luft zu untersuchen. Der Apparat besteht aus einem leicht gefügten Rahmen, der kardanisch aufgehängt ist und sich nach jeder Richtung frei bewegen kann. Geeignete, mit dem Rahmen fest verbundene Hebel mit Gewichten gleichen einen Ausschlag des Rahmens wieder aus und ermöglichen so ein direktes Ablesen von Schub und Drehmoment. Riabouchinsky verwendet einen kleinen Apparat, der das Ablesen dieser beiden Größen nicht gleichzeitig sondern hintereinander gestattet (Fig. 12). Die Prüfungen gehen im sogen. Windkanal vor sich, einem 15 m langen Rohr von etwa 1,6 m ∅, an dessen hinterem Ende ein großer Ventilator zum Heraussaugen der Luft angebracht ist, die aus einem vorn sitzenden Beruhigungsgefäß ziemlich gleichmäßig nachfließt (die gleichmäßige Verteilung der Geschwindigkeit über den ganzen Querschnitt wird durch sich allmählich verengende Kanäle und Siebe erreicht). Textabbildung Bd. 327, S. 234 Fig. 12. Um die Schraube in die Mitte dieses Kanals einführen zu können, sitzt sie am Ende einer langen Stange S und wird durch einen kleinen Kegeltrieb T betätigt. Der kleine Antriebs-Elektromotor ist an zwei senkrecht übereinander gelagerten Wellen W aufgehängt und wird durch Schnurzüge und Gewichte in seiner senkrechten Stellung gehalten, die außerdem durch einen Zeiger an einer Skala in vergrößertem Maßstab angegeben wird. Textabbildung Bd. 327, S. 234 Fig. 13a. Textabbildung Bd. 327, S. 234 Fig. 13b. Je nachdem nun die Schraube in der gezeichneten Lage oder senkrecht zur Zeichenebene angelassen wird (wobei der relative Wind jedoch stets wie gezeichnet weiterfließt), wird mit den Gewichten der Schub oder das Drehmoment abgewogen. Für Hubschrauben, die einem sie senkrecht treffenden Luftstrom ausgesetzt sind (was also einer tragenden Schraube entspricht, die noch irgendwie eine Fig. 13b. Vorwärtsbewegung erhält), wendet Riabouchinsky nach den Vorschlägen von Prof. Joukovsky eine etwas andere Methode an: der Propeller wird mit seinem Antriebsmotor fest gekuppelt und beide in einen leichten Rahmen R (Fig. 13a) eingebaut, der um einen festen Punkt B der Kanalwand frei schwingen kann; die andere Seite des Rahmens hängt mittels Schnurzugs an einer Rolle und wird durch Gewichte im Gleichgewicht gehalten. In dem Rahmen können sich nun Propeller und Motor frei drehen, jedoch nimmt ein kleiner Bügel L den Ausschlag auf und ermöglicht so ebenfalls ein Abwiegen. Um die Luft nicht durch den Rahmen zu stören, ist in letzter Zeit die Auftriebsmessung der Schraube in der Weise vorgenommen, daß Motor und Propeller mittels eines Bügels und passender Stange S (Fig. 13b) direkt auf eine außerhalb des Kanals angebrachte Wage W gestellt werden. Auch die unter Leitung von Prof. Prandtl stehende Göttinger aerodynamische Versuchsanstalt hat in der letzten Zeit eine Propeller-Prüfvorrichtung für den Windkanal gebaut, die aber noch in den Vorarbeiten steckt und über die noch nicht berichtet werden kann. (Fortsetzung folgt.)